Pfusch_2016.doc Institut für Volkswirtschaftslehre

Ähnliche Dokumente
Der Einfluss der Wirtschaftskrise auf die Schattenwirtschaft in Deutschland: Ein (erneuter) Anstieg

Pressemitteilung. Tübingen und Linz, 6. Februar 2013

Wintersaison 2014/2015 bis März: Ankünfte +4% und Nächtigungen +2%

Entwicklung des realen BIP im Krisenjahr 2009

Zweite Schätzung für das erste Quartal 2015 BIP im Euroraum und in der EU28 um 0,4% gestiegen +1,0% bzw. +1,5% im Vergleich zum ersten Quartal 2014

Energieeffizienz in Zahlen 2015

Arbeitskostenerhebung 2012 in der EU28 Arbeitskosten im Finanz- und Versicherungsbereich. Dreimal höher als im Bereich Gastgewerbe & Gastronomie

Öffentlicher Schuldenstand*

Zweites Halbjahr 2013 verglichen mit zweitem Halbjahr 2012 Strompreise für Haushalte in der EU28 stiegen um 2,8% und Gaspreise um 1,0%

2008: Verdienste in Deutschland und Arbeitskosten im EU-Vergleich

Internetnutzung (Teil 1)

Nachhaltigkeitsindex. Pensionssysteme. Presseaussendung. Quelle: Allianz Asset Management.

Unternehmensbesteuerung

15/ Januar Anteil innovativer Unternehmen in der Europäischen Union, (in % der Unternehmen)

Busunternehmen Taxi und Autovermietung Billigfluglinien & Charter Airlines Andere

Schattenwirtschaft, Sozialbetrug und Steuerhinterziehung in Österreich: Wer verursacht wie viel?

Anhang zum Altersübergangs-Report

Deutsch als Fremdsprache

Report Datum Report Währung. Öffentliche Pfandbriefe bzw. öffentliche fundierte Bankschuldverschreibungen

Soziale Sicherung auf dem Prüfstand Stimmt die Balance zwischen Fördern F Fordern?

Binnenmarktanzeiger Leistung nach Mitgliedstaat Rumänien

EUROPÄISCHE POSTLEITZAHLEN. Deutschland

Inhaltsverzeichnis. 1 Drei Sektoren. 1.1 Primärsektor. 1.2 Sekundärsektor. Inhaltsverzeichnis 1

Läuft der Politik die Wählerschaft weg? Wahlenthaltung eine Herausforderung für unsere Demokratie

Eurobarometer-Umfrage*, Angaben in in Prozent der der Bevölkerung**, Europäische Union Union und und ausgewählte europäische Staaten, Ende 2005

Begutachtungen von Pflegebedürftigkeit des Medizinischen Dienstes in Staaten des europäischen Wirtschaftsraumes und der Schweiz

Wirtschaftliches Umfeld und Finanzmärkte

Grundlagen der Sozialpolitik

Report Datum Report Währung. Hypothekarische Pfandbriefe bzw. hypothekarische fundierte Bankschuldverschreibungen

5. Ausgaben für Bildungseinrichtungen 3 Jahre bis Schuleintritt 2009 (OECD-34)

Report Datum Report Währung. Hypothekarische Pfandbriefe bzw. hypothekarische fundierte Bankschuldverschreibungen

Weiterhin vergleichsweise tiefe Steuerbelastung in der Schweiz

Aufbau der IBAN (International Bank Account Number)

Mitteilungen der Juristischen Zentrale

ANTRAG AUF HINTERBLIEBENENRENTE

Für die Abrechnung der Reisekosten ab gelten z.b. die folgenden Regelungen:

WDVS in Europa WDVS in Europa Dr. Wolfgang Setzler. Institut für Absatzforschung und kundenorientiertes Marketing

Einspeisevergütungsregelungen in der Europäischen Union

EN ISO ÖNORM. Zahnheilkunde Drähte für die Kieferorthopädie. Ausgabe: (ISO 15841:2014)

ANTRAG AUF ALTERSRENTE. Bitte reichen Sie eine Kopie Ihrer Geburtsurkunde mit dem Rentenantrag ein. Privat - Anschrift

Antrag auf Gleichwertigkeitsfeststellung

Amt der Oö. Landesregierung Direktion Präsidium Information der Abt. Statistik. Außenhandel Oberösterreich vorläufige Ergebnisse


VOLKSBANK WIEN AG* Report Datum Report Währung

1. Überweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) 1 in Euro oder in anderen EWR- Währungen 2

ILNAS-EN ISO 15841:2014

Tempolimits in Europa

Intelligente Energie Europa

S Sparkasse. SEPA: Letzte Umstellungen zum 1. Februar 2016 vornehmen

Bankenkonzentration. Schweiz 54. Frankreich. Japan ** 42. Spanien 38. Großbritannien. Italien 24 USA ** 13. Deutschland 17

Überblick über Datenquellen und Ursachendimensionen

1. LAGE DER ABA INVEST IN AUSTRIA

Das europäische Bildungsprogramm ERASMUS ein Motor der Internationalisierung

77/ Mai 2012

5 Minuten Terrine. Die CAP auf 1 Blick

Asylgeschäftsstatistik

Bankgeschäfte. Online-Banking

INFOS FÜR MENSCHEN AUS DEM AUSLAND WENN SIE FÜR EINEN FREIWILLIGEN-DIENST NACH DEUTSCHLAND KOMMEN WOLLEN: IN DIESEM TEXT SIND ALLE WICHTIGEN INFOS.

Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik

- Ort / Datum - - Unterschrift des Antragstellers -

Kulturstatistik Die Kulturwirtschaft und kulturelle Aktivitäten in der EU27 In der EU27 fast fünf Millionen Menschen im Kulturbereich beschäftigt

Antrag auf Gleichwertigkeitsfeststellung

Studiengebühren in Europa

Leistungsbeschreibung sipgate team Flatrate

Flash Eurobarometer 345 ZUGÄNGLICHKEIT ZUSAMMENFASSUNG

Sparkasse. Der Standard in Europa: IBAN und BIC.

DA Seite 1 3 bis 6 SGB IV. Gesetzestext. 3 SGB IV Persönlicher und räumlicher Geltungsbereich

Ergebnisse der UNICEF-Vergleichsstudie Kinderarmut in reichen Ländern: Mittelplatz für Deutschland

Information zum deutschen Rentensystems ganz kurz

Migration und Arbeitslosigkeit

KPMG s Corporate and Indirect Tax Survey 2010 Oktober 2010

S Sparkasse. Der Standard in Europa: IBAN und BIC.

Antrag auf Gleichwertigkeitsfeststellung

3. IRG Rail Annual Market Monitoring Report Österreichische Bahn im europäischen Vergleich

s Sparkasse SEPA Lastschrift: Euro paweit und zu Hause bequem per Lastschrift bezahlen

TomTom WEBFLEET neue Abonnements und Preise

Gleichstellung am Arbeitsmarkt und Familienpolitik im internationalen Vergleich

Raiffeisen Forum Linz Energiepolitische Perspektiven Oberösterreich 2050

Steuerwettbewerb und Direktinvestitionen

Neueste Daten zum Stand der Onliner und Offliner. Österreich im EU-Vergleich. Dr. Konrad Pesendorfer Fachstatistischer Generaldirektor

Öffentliche Konsultation zur Bewertung der Handelsvertreter-Richtlinie

Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente

Die Entwicklung der rumänischen Wirtschaft in 2013

72/ April 2015

Steuerreform Grafische Darstellungen und internationale Vergleiche

Das Leben von Frauen und Männern in Europa (LQVWDWLVWLVFKHV3RUWUlWYRQ)UDXHQXQG 0lQQHUQLQDOOHQ/HEHQVDEVFKQLWWHQ

Deutsch-Chinesischer Zahlungs- und Kapitalverkehr

Winware Zahlungsverkehr mit Lieferanten

Ältere Menschen in Deutschland - online oder offline?

Ausgaben für Recht, öffentliche Ordnung und Verteidigung

Umsatzsteuer-Anpassung in Online Shops

ÖNORM EN ISO Zahnheilkunde Künstliche Zähne für Dentalprothesen (ISO 22112:2005)

Tourismusstatistik. Wintersaison 2014/15

DIDAKTIK FINANZ THEMENBLÄTTER WIRTSCHAFT & FINANZEN DIDAKTIK. Die Bedeutung des Euro für Wirtschaft und Bevölkerung INITIATIVE WISSEN

Auslandsleistungen. KKF-Verlag. Leistungen im Ausland? Aktuelle Informationen, wenn Sie zur Behandlung ins Ausland reisen oder dort erkranken.

($ ) ' & *&+%,- % . "/*% &" & -,- *! 3&&") 4' /*%- &"# $ -1/ /* '$ - 6,- . / *- ' &"($ /-7. ( 89!$ 4)// &"',- :!&") / : *7 /

Transkript:

Prof. Dr. Friedrich Schneider 14. Jänner 2016 Johannes Kepler Universität Linz Pfusch_2016.doc Institut für Volkswirtschaftslehre Erste Version Altenbergerstraße 69 A-4040 Linz-Auhof Tel.: 0043-732-2468-7340, Fax: -7341 E-mail: friedrich.schneider@jku.at http://www.econ.jku.at/schneider Trotz gegenläufiger Tendenzen (Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Flüchtlinge) ein Rückgang der Schattenwirtschaft (des Pfusch) in Österreich in 2016 1. Einleitung und Fragestellung In Österreich werden das Ausmaß und die Entwicklung der Schattenwirtschaft (des Pfusches ) seit langem intensiv und kontrovers diskutiert. Im kommenden Jahr 2016 ist eine Prognose/Abschätzung der Schattenwirtschaft in Österreich besonders schwierig, da es stark gegenläufige Tendenzen, die einen Einfluss auf den Pfusch haben werden, zu beobachten sind. Zum einen wird die Entlastung der Steuerzahler durch die Absenkung der Lohn- und Einkommenssteuertarife einen Rückgang der Schattenwirtschaft bewirken, zum anderen werden der Anstieg der Arbeitslosigkeit um nahezu 50.000 Personen gegenüber dem Jahr 2014 und mögliche Schattenwirtschaftsaktivitäten von circa 50.000 Flüchtlingen einen positiven (ansteigenden) Effekt auf die Schattenwirtschaft haben. Welcher Effekt nun letztlich dominiert ist schwierig abzuschätzen und wird im Folgenden dargestellt. In Teil 2 erfolgt eine kurze Darstellung der Entwicklung der Schattenwirtschaft in Österreich und in den Bundesländern bis 2016. In Teil 3 erfolgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse und in Teil 4 werden einige konkrete wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Verringerung des Pfusches erörtert. Seite 1 von 11

2. Das Ausmaß an Schattenwirtschaft (Pfusch) bis 2016 Die neuesten Ziffern über die Entwicklung der Schattenwirtschaft sind in Tabelle 2.1 für alle 9 Bundesländer als auch für Gesamtösterreich von 1990 bis 2016 aufgeführt 1. Für 2016 sind dies neueste Berechnungen, die die Prognosen des WIFO und des IHS eines Anstieges des offiziellen BIP um 1,4% berücksichtigen. Die Schattenwirtschaft ging seit dem Jahr 2005 zurück und dieser negative Trend setzte sich bis zum Jahr 2008 fort. In Zahlen: Im Jahr 2007 sank die Schattenwirtschaft von 21,2 Mrd. Euro (Jahr 2006) auf 20,8 Mrd. Euro (Jahr 2007); dies entspricht einem Rückgang von 1,89% (vergleiche Tabelle 2.1 und Figur 2.1). Im Jahr 2008 erreichte die Schattenwirtschaft in Österreich lediglich ein Volumen von 19,92 Mrd. Euro d.h. sie war zum vierten Mal rückläufig, d.h. sie sank um 880 Mio. Euro bzw. der prozentuale Rückgang betrug 4,23%. Aufgrund der Wirtschaftskrise und der damit verbundenen Kurzarbeit und steigender Arbeitslosigkeit stieg die Schattenwirtschaft im Jahr 2009 auf 20,5 Mrd. Euro an, das einem Zuwachs von 2,91% entspricht. Im Jahr 2010 sank sie wegen des einsetzenden Aufschwungs auf 20,25 Mrd. Euro (oder 8,10% des offiziellen BIP). Im Jahr 2013 verringerte sie sich aufgrund der positiven Wirtschaftsentwicklung weiter auf 19,32 Mrd. Euro oder 7,52% des offiziellen BIP; ein prozentueller Rückgang um 1,48% (siehe Tabelle 2.1 und Figur 2.1). Im Jahr 2014 stieg die Schattenwirtschaft aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit und wegen der hohen Steuer- und Sozialabgabenbelastung zum ersten Mal wieder auf 20,43 Mrd. Euro oder 7.84% des BIP an. Im Jahr 2015 ist sie ebenso wegen der weiterhin zunehmenden Arbeitslosigkeit als auch wegen der konstant hohen Steuer- und Sozialabgabenbelastung auf den Faktor Arbeit auf 21,35 Mrd. Euro oder auf 8,14% des BIP gestiegen. Der jährliche Zuwachs des "Pfusches" in 2015 betrug 4,50%; neben der Steigung von 5,75% in 2014 der höchste Wert seit 2001 (vergleiche Tabelle 2.1 und Figur 2.1). Eine Vorausschau über die Entwicklung der Schattenwirtschaft im Jahr 2016 ist für das kommende Jahr besonders schwierig, da es zwei Trends gibt, die die Schattenwirtschaft (den Pfusch) in Österreich senken und zwei, die sie positiv ansteigen lassen. Die gegenläufigen Effekte sind in der Tabelle 2.2 dargestellt. Aus Tabelle 2.2 erkennt man, dass die Entlastung durch die Steuerreform den Pfusch bei Variante 1 um 1,85 Mrd. Euro und bei Variante 2 um 2,25 Mrd. Euro sinken lässt. Die unterschiedlichen Varianten ergeben sich daraus, welche Annahme getroffen wird, wie viel aufgrund des zusätzlichen Einkommens durch die Steu- 1 Zur Berechnungsmethode erfolgen hier keine Ausführungen; es gibt hierzu eine umfangreiche Literatur. Vergleiche hierzu Friedrich Schneider, 2015, Schattenwirtschaft und Schattenarbeitsmarkt: Die Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre, PWP, 16(1), pp. 3-25; und Friedrich Schneider and Colin C. Williams, 2013, The Shadow Economy, The Institute of Economic Affairs, IEA, London, 2013. Seite 2 von 11

erentlastung weniger im Pfusch gearbeitet, also Wertschöpfung erbracht wird. Dies abzuschätzen ist sehr schwierig und eine genaue Abschätzung kann erst durchgeführt werden, wenn die vom Verfasser dieser Arbeit durchgeführte Umfrage im März 2016 vorliegt. Ebenso würde ein Handwerkerbonus, wenn er im Jahr 2016 tatsächlich weiterhin gewährt würde, den Pfusch reduzieren. Da nicht klar ist, wie hoch der Handwerkerbonus im kommenden Jahr ausfallen wird, wird hier wieder ein Korridor zwischen 500 Mio. Euro und 1 Mrd. Euro angenommen. 2 Die gegenläufigen (erhöhenden) Faktoren sind der Anstieg der Arbeitslosigkeit um ca. 50.000 Personen gegenüber dem Jahr 2014. Darüber hinaus wird versucht abzuschätzen, inwieweit die Flüchtlinge aufgrund der langen Wartezeiten, bevor sie in den offiziellen Arbeitsmarkt integriert werden können, im Pfusch aktiv werden. Hier wird einmal angenommen, dass 50.000 Flüchtlinge im Jahr 2016 im Pfusch tätig werden und zum anderen 100.000. 3 Bei 50.000 Flüchtlingen (Variante 1) beträgt die Zunahme der Schattenwirtschaft 240 Mio. Euro und bei 100.000 Flüchtlingen (Variante 2) 480 Mio. Euro. Bildet man nun den Saldo aus diesen rückläufigen Entwicklungen, einmal mit und einmal ohne Handwerkerbonus, so sinkt die Schattenwirtschaft bei Variante 1 ohne Handwerkerbonus um 720 Mio. Euro bzw. mit Handwerkerbonus um 1,22 Mrd. Euro. Bei Variante 2 sinkt die Schattenwirtschaft um 710 Mio. Euro ohne Berücksichtigung des Handwerkerbonus und um 1,71 Mrd. Euro mit Handwerkerbonus. Im Folgenden wird nun von der konservativsten Variante, einem Sinken der Schattenwirtschaft um 720 Mio. Euro, ausgegangen. Dies auch deshalb, da ja noch nicht sicher ist, ob der Handwerkerbonus im Jahr 2016 wieder gewährt wird. Dies bedeutet also, dass die Schattenwirtschaft im Jahr 2016 um mindestens 720 Mio. Euro sinken wird, bzw. wenn der Handwerkerbonus gewährt wird und sich alle Effekte voll entfalten, die Schattenwirtschaft um 1,71 Mrd. Euro zurückgehen würde. Die Schattenwirtschaft beträgt damit bei Variante (1) 20,64 Mrd. Euro oder 7,76% des offiziellen BIP. Dies ist ein Rückgang der Schattenwirtschaft gegenüber dem Jahr 2015 von 3,33%. Wie in Gesamtösterreich steigt auch die Schattenwirtschaft (Pfusch) in den einzelnen Bundesländern im Jahr 2015 erneut an (siehe Tabelle 2.1). Quantitativ am bedeutendsten ist die Schattenwirtschaft in Wien mit 5,88 Mrd. Euro, gefolgt von Oberösterreich mit 3,57 und Niederösterreich mit 3,46 Mrd. Euro. 2 Vergleiche hierzu die Studie: Friedrich Schneider (2015), Volkswirtschaftliche Analyse der Auswirkung des Feldversuchs über die Einführung des Handwerkerbonus auf den Pfusch/die Schattenwirtschaft, Institut für Volkswirtschaftslehre, Johannes Kepler Universität Linz, Linz. 3 Die Annahmen hierbei sind, dass ein Flüchtling in der Stunde ca. 5 Euro verdienen würde, er zunächst aufgrund von Sprach- und anderen Integrationsschwierigkeiten nur 20 Stunden die Woche arbeiten kann, also im Monat ca. 400 Euro und im Jahr 4.800 Euro verdienen würde. Seite 3 von 11

Zum Vergleich sind in Tabelle 2.3 die Werte der Schattenwirtschaft für die 28 EU-Staaten von 2003-2016 angeführt. Innerhalb der EU ist Österreich mit 7,8% im Jahr 2016 das Land mit der geringsten Schattenwirtschaft, dicht gefolgt von Luxemburg mit 8,4% und den Niederlanden mit 8,8%. Die Schattenwirtschaft ist von 8,2% in 2015 auf 7,8% in 2016 gesunken. Abschließend erfolgt noch eine Aufteilung der Schattenwirtschaft in Wirtschafts- und Dienstleistungssektoren für Österreich. Diese ist beispielhaft für die Bundesländer Oberösterreich, Niederösterreich und Wien dargestellt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2.4 aufgeführt. Aus Tabelle 2.4 erkennt man, dass das Baugewerbe und der Handwerksbetrieb (inkl. Reparatur) den größten Anteil an der Schattenwirtschaft mit ca. 39% halten. In 2016 werden in Österreich in diesen Bereichen der Schattenwirtschaft 8,05 Mrd. Euro umgesetzt, in Wien 2,22 Mrd. Euro, in Niederösterreich 1,31 Mrd. Euro und in Oberösterreich 1,35 Mrd. Euro. Es folgen die sonstigen Gewerbebetriebe und haushaltsnahen Dienstleistungen mit 17% bzw. 3,51 Mrd. Euro in Österreich, in Wien 966 Mio. Euro, 570 Mio. Euro in Niederösterreich und 587 Mio. Euro in Oberösterreich. Danach folgen die Sektoren "andere Gewerbe- und Industriebetriebe", und "Dienstleistungsbetriebe" (Hotels, Gaststätten, etc.), wobei in Österreich in beiden Sektoren je 3,30 Mrd. Euro umgesetzt werden, in Wien je 909 Mio. Euro, in Niederösterreich 536 Mio. Euro und in Oberösterreich 553 Mio. Euro. Den geringsten Anteil hat die Unterhaltungs- und Vergnügungsbranche mit 2,48 Mrd. Euro in Österreich, in Wien 682 Mio. Euro, 402 Mio. Euro in Niederösterreich und 415 Mio. Euro in Oberösterreich. Seite 4 von 11

Tabelle 2.1: Die Entwicklung der Schattenwirtschaft (Pfusch) in Gesamt-Österreich und in den einzelnen Bundesländern von 1990 bis 2016 (Regionale) Wertschöpfung ( BIP ) in der Schattenwirtschaft (Pfusch) zu laufenden Preisen in Mrd. ; Schätz-Methode für Gesamtösterreich: MIMIC Verfahren unter Zuhilfenahme des Bargeldansatzes Jahr B Mrd. K Mrd. NÖ Mrd. OÖ Mrd. S Mrd. ST Mrd. T Mrd. V Mrd. W Mrd. Gesamt Ö Mrd. in % des off.bip 1990 0,11 0,31 1,12 1,13 0,38 0,81 0,56 0,23 1,44 6,09 5,47% 1995 0,27 0,75 1,96 2,01 0,91 1,40 0,95 0,55 3,48 12,28 7,32% 2000 0,46 1,21 3,14 3,21 1,49 2,24 1,53 0,91 5,46 19,65 10,07% 2001 0,49 1,30 3,36 3,44 1,60 2,40 1,64 0,98 5,84 21,05 10,52% 2002 0,51 1,34 3,49 3,57 1,65 2,49 1,70 1,01 6,02 21,78 10,69% 2003 0,53 1,38 3,60 3,68 1,70 2,57 1,75 1,04 6,21 22,46 10,86% 2004 0,54 1,42 3,70 3,78 1,75 2,64 1,80 1,07 6,38 23,00 11,00% 2005 0,50 1,34 3,59 3,68 1,66 2,50 1,70 1,01 6,09 22,00 10,27% 2006 0,49 1,29 3,44 3,54 1,59 2,41 1,64 0,98 5,84 21,20 9,51% 2007 0,47 1,26 3,38 3,47 1,56 2,38 1,61 0,96 5,73 20,80 9,06% 2008 0,45 1,21 3,23 3,32 1,49 2,28 1,54 0,92 5,49 19,92 8,07% 2009 0,46 1,25 3,32 3,42 1,53 2,35 1,58 0,95 5,65 20,50 8,47% 2010 0,45 1,23 3,28 3,38 1,51 2,32 1,56 0,91 5,58 20,25 8,10% 2011 0,44 1,21 3,22 3,30 1,48 2,27 1,53 0,83 5,46 19,83 7,86% 2012 0,44 1,20 3,18 3,26 1,46 2,25 1,51 0,88 5,40 19,61 7,69% 2013 0,43 1,18 3,13 3,21 1,44 2,22 1,47 0,87 5,32 19,32 7,52% 2014 0,45 1,25 3,31 3,42 1,52 2,35 1,55 0,92 5,63 20,43 7,84% 2015 0,47 1,31 3,46 3,57 1,59 2,46 1,62 0,96 5,88 21,35 8,14% 2016 1) 0,45 1,27 3,35 3,45 1,53 2,38 1,57 0,93 5,68 20,64 7,76% 1) Vorläufige Berechnungen aufgrund der Gesamtschätzung für Österreich. Die angenommene Wachstumsrate des offiziellen BIP für 2016 beträgt 1,4%. Quelle: Eigene Berechnungen, Dezember 2015. Prof. Dr. Friedrich Schneider. Universität Linz. Seite 5 von 11

in Prozent Figur 2.1: Zu- und Abnahme der Schattenwirtschaft in Österreich (in Prozent) basierend auf absoluten Zahlen in Mrd. Euro von 1998 bis 2016 10 8,79 8 7,69 6 5,62 6,57 5,75 4,50 4 3,32 3,21 2,22 2,91 2 0 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016-2 -1,89-1,22-1,11-1,48-2,07-4 -4,35-3,64-4,23-3,33-6 Quelle: Eigene Berechnungen, Dezember 2015, Prof. Dr. Friedrich Schneider, Universität Linz. Seite 6 von 11

Tabelle 2.2: Szenarien über die Größe der Schattenwirtschaft/des Pfusches in 2016 Größe/Variable (1) Entlastung durch die Steuerreform Effekt auf den Pfusch/die Schattenwirtschaft Variante 1 (Mio. Euro) Variante 2 (Mio. Euro) -1.850,0-2.250,0 (2) Handwerkerbonus -500,0-1.000,0 (3) Anstieg Arbeitslosigkeit um 50.000 Personen gegenüber 2014 (4) Pfusch/Schattenwirtschaftsaktivitäten 1) von 50.000 (Variante 1) und 100.000 (Variante 2) Flüchtlingen +890,0 +1.060,0 +240,0 +480,0 Summe (1)+(3)+(4) -720,0-710,0 Summe (1)+(2)+(3)+(4) -1.220,0-1.710,0 Wert der Schattenwirtschaft 2015 21.350,0 Wert der Schattenwirtschaft 2016 (ohne Berücksichtigung des Handwerkerbonus) 20.630,0 20.640,0 1) Annahmen: Flüchtling verdient 5,00 pro Stunde; Arbeit von 20 Stunden pro Woche und insgesamt 80 Stunden im Monat; dies ergibt 400,00 im Monat bzw. 4.800,00 im Jahr; bei 50.000 Flüchtlingen sind dies 240 Mio. und bei 100.000 Flüchtlingen 480 Mio.. Seite 7 von 11

Tabelle 2.3: Größe und Entwicklung der Schattenwirtschaft der 28 EU-Staaten von 2003 2016 (in % des offiziellen BIP) Country / Year 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Belgien 21,4 20,7 20,1 19,2 18,3 17,5 17,8 17,4 17,1 16,8 16,4 16,1 16,2 16,1 Bulgarien 35,9 35,3 34,4 34,0 32,7 32,1 32,5 32,6 32,3 31,9 31,2 31,0 30,6 30,2 Dänemark 17,4 17,1 16,5 15,4 14,8 13,9 14,3 14,0 13,8 13,4 13,0 12,8 12,0 11,6 Deutschland 1) 16,7 15,7 15,0 14,5 13,9 13,5 14,3 13,5 12,7 12,5 12,1 11,6 11,2 10,8 Estland 30,7 30,8 30,2 29,6 29,5 29,0 29,6 29,3 28,6 28,2 27,6 27,1 26,2 25,4 Finnland 17,6 17,2 16,6 15,3 14,5 13,8 14,2 14,0 13,7 13,3 13,0 12,9 12,4 12,0 Frankreich 14,7 14,3 13,8 12,4 11,8 11,1 11,6 11,3 11,0 10,8 9,9 10,8 12,3 12,6 Griechenland 28,2 28,1 27,6 26,2 25,1 24,3 25,0 25,4 24,3 24,0 23,6 23,3 22,4 22,0 Irland 15,4 15,2 14,8 13,4 12,7 12,2 13,1 13,0 12,8 12,7 12,2 11,8 11,3 10,8 Italien 26,1 25,2 24,4 23,2 22,3 21,4 22,0 21,8 21,2 21,6 21,1 20,8 20,6 20,2 Kroatien 32,3 32,3 31,5 31,2 30,4 29,6 30,1 29,8 29,5 29,0 28,4 28,0 27,7 27,1 Lettland 30,4 30,0 29,5 29,0 27,5 26,5 27,1 27,3 26,5 26,1 25,5 24,7 23,6 22,9 Litauen 32,0 31,7 31,1 30,6 29,7 29,1 29,6 29,7 29,0 28,5 28,0 27,1 25,8 24,9 Luxemburg 9,8 9,8 9,9 10,0 9,4 8,5 8,8 8,4 8,2 8,2 8,0 8,1 8,3 8,4 Malta 26,7 26,7 26,9 27,2 26,4 25,8 25,9 26,0 25,8 25,3 24,3 24,0 24,3 24,0 Niederlande 12,7 12,5 12,0 10,9 10,1 9,6 10,2 10,0 9,8 9,5 9,1 9,2 9,0 8,8 Österreich 10,8 11,0 10,3 9,7 9,4 8,1 8,5 8,2 7,9 7,6 7,5 7,8 8,2 7,8 Polen 27,7 27,4 27,1 26,8 26,0 25,3 25,9 25,4 25,0 24,4 23,8 23,5 23,3 23,0 Portugal 22,2 21,7 21,2 20,1 19,2 18,7 19,5 19,2 19,4 19,4 19,0 18,7 17,6 17,2 Rumänien 33,6 32,5 32,2 31,4 30,2 29,4 29,4 29,8 29,6 29,1 28,4 28,1 28,0 27,6 Schweden 18,6 18,1 17,5 16,2 15,6 14,9 15,4 15,0 14,7 14,3 13,9 13,6 13,2 12,6 Slowakei 18,4 18,2 17,6 17,3 16,8 16,0 16,8 16,4 16,0 15,5 15,0 14,6 14,1 13,7 Slowenien 26,7 26,5 26,0 25,8 24,7 24,0 24,6 24,3 24,1 23,6 23,1 23,5 23,3 23,1 Spanien 22,2 21,9 21,3 20,2 19,3 18,4 19,5 19,4 19,2 19,2 18,6 18,5 18,2 17,9 Süd-Zypern 28,7 28,3 28,1 27,9 26,5 26,0 26,5 26,2 26,0 25,6 25,2 25,7 24,8 24,2 Tschechische Republik 19,5 19,1 18,5 18,1 17,0 16,6 16,9 16,7 16,4 16,0 15,5 15,3 15,1 14,9 Ungarn 25,0 24,7 24,5 24,4 23,7 23,0 23,5 23,3 22,8 22,5 22,1 21,6 21,9 22,2 Vereinigtes Königreich 12,2 12,3 12,0 11,1 10,6 10,1 10,9 10,7 10,5 10,1 9,7 9,6 9,4 9,0 28 EU-Staaten / Durchschnitt (ungewichtet) 22,6 22,3 21,8 21,1 20,3 19,6 20,1 19,9 19,6 19,3 18,8 18,6 18,3 17,9 Quelle: Eigene Berechnungen, Dezember 2015. Prof. Dr. Friedrich Schneider. Universität Linz. Werte für 2015 und 2016 sind Prognosen auf Basis vorläufiger Werte. 1) Die Schattenwirtschaftswerte für Deutschland wurden aufgrund von Änderungen des offiziellen BIP in den Deutschen Statistiken angepasst. Seite 8 von 11

Tabelle 2.4: Aufteilung der Schattenwirtschaft in Wirtschafts- und Dienstleistungssektoren in Österreich, Niederösterreich, Oberösterreich und Wien für 2016 Sektor Baugewerbe und Handwerksbetrieb (inkl. Reparaturen) Österreich Jahr 2016 Niederösterreich Jahr 2016 Oberösterreich Jahr 2016 Wien Jahr 2016 in % Mio. in % Mio. in % Mio. in % Mio. 39 % 8.050 39 % 1.307 39% 1.348 39% 2.217 Andere Gewerbe- und Industriebetriebe (Kfz, Maschinen, etc.) Dienstleistungsbetriebe (Hotels, Gaststätten, etc.) 16 % 3.303 16 % 536 16% 553 16% 909 16 % 3.303 16 % 536 16% 553 16% 909 Unterhaltungs- und Vergnügungsbranche 12 % 2.478 12 % 402 12% 415 12% 682 Sonstige Gewerbebetriebe und haushaltsnahe Dienstleistungen (Nachhilfe, Friseur, Babysitten) 17 % 3.509 17 % 570 17% 587 17% 966 Gesamte Schattenwirtschaft 100% 20.641 100% 3.352 100% 3.456 100% 5.684 Quelle: Eigene Berechnungen, Dezember 2015, Prof. Dr. Friedrich Schneider, Universität Linz. Seite 9 von 11

3. Zusammenfassung der Ergebnisse Im Jahr 2016 wird die Schattenwirtschaft aufgrund der Steuerreform und möglicherweise der Gewährung des Handwerkerbonus weiter sinken, und die Schattenwirtschaft wird voraussichtlich 20,64 Mrd. Euro oder 7,76 % des offiziellen BIP betragen (Annahme: offizielles Wachstum des BIP von 1,4%). Der Rückgang wäre wesentlich stärker ausgefallen, wenn nicht die Arbeitslosigkeit um ca. 50.000 Personen gegenüber 2014 angestiegen wäre und wenn man nicht berücksichtigt, dass Flüchtlinge (zwischen 50.000 und 100.000), die sehr lange auf eine Arbeitsbewilligung warten müssen, zwischenzeitlich im Pfusch tätig sein können. 4. Konkrete wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Reduktion der Schattenwirtschaft / des Pfusches Immer noch hat in Österreich sowie in den meisten OECD-Ländern die Schattenwirtschaft ein Ausmaß erreicht, welches dringenden politischen Handlungsbedarf erfordert, um sie weiter zu reduzieren. Nur wenn es attraktiv ist, sich in der offiziellen Wirtschaft verstärkt zu engagieren, werden schattenwirtschaftliche und inoffizielle Aktivitäten überführt. Es ist die Aufgabe der staatlichen Institutionen, des Bundes, der Länder, und der Kommunen, sich mit allen Maßnahmen für eine verstärkte (anreizorientierte) Bekämpfung der Schwarzarbeit einzusetzen. Welche konkreten wirtschaftspolitischen Maßnahmen könnten nun noch getroffen werden? I. Befristete Mehrwertsteuerrückvergütung bei arbeitsintensiven Dienstleistungen; II. Fortsetzung des Handwerkerbonus; III. Sperre von öffentlichen Auftragsvergaben für 3 bis 5 Jahre für Firmen, die schwarz arbeiten (lassen!); sowie IV. Senkung der Lohnnebenkosten. Zum Schluss: Wem nützt und schadet der Pfusch? (1) Der größte Verlierer ist der Staat, dem hauptsächlich Sozialversicherungsbeiträge entgehen (Steuer- und Sozialversicherungsausfälle von 2,0 bis 3,5 Milliarden Euro pro Jahr), die Steuerverluste halten sich in Grenzen, da das schwarz verdiente Geld sofort wieder in der offiziellen Wirtschaft ausgegeben wird. Seite 10 von 11

(2) Ein weiterer Verlierer sind die Krankenversicherungen, die die erhöhten Kosten der zusätzlichen Unfälle bzw. Arbeitsunfähigkeit der Pfuscher tragen. (3) 66% der Wertschöpfung kommt von Pfuschern, die selbstständig oder unselbstständig beschäftigt sind, die einen offiziellen Job haben, die volle Steuer- und Abgabenlast tragen und nur die schwarzen Überstunden nicht versteuern. 16% der Wertschöpfung des Pfusches geht auf die organisierte Kriminalität (Prostitution, Bau) zurück und 17% auf Arbeitslose und Frühpensionisten. (4) 40% der Pfuschtätigkeiten sind komplementär, d.h. sie würden in der öffentlichen Wirtschaft zu offiziellem Preis nicht nachgefragt; 35% sind substitutiv und 25% würden im Do-it-yourself erledigt. (5) Vom Pfusch profitieren die Wirtschaft und wir, d.h. jeder, der pfuschen lässt oder selbst pfuscht! Viele Häuser und Eigenheime gäbe es ohne Pfusch nicht. Seite 11 von 11