Forst Aktuelle Waldschutzsituation Information der Hauptstelle für Waldschutz Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE) Fachbereich Waldentwicklung / Monitoring Ausgabe 05/2014 vom 12.08.2014
Inhalt Situationsbericht zum Auftreten von Schaderregern und Schäden im Land Brandenburg: Bestandesschädlinge an Eiche und Kiefer 1 Eichenprozessionsspinner und Frühjahrsfraßgemeinschaft PSM-Einsatz und Fraßschäden 1.1 Aktuelle Situation 1.2 Ergebnisse der Eichenfraßkartierung 2014 1.2.1 Eichenprozessionsspinner 1.2.2 Frühjahrsfraßgemeinschaft 1.3 Bewertung der Schäden 1.4 Bewertung des Risikos und Folgeüberwachung 2 Kiefernschadinsekten: Kiefernspinner, Kiefernspanner, Kiefernbuschhornblattwespen 2.1 Situation/Überwachung in den Befallsgebieten des Kiefernspinners 2.2 Zum Regenerationsvermögen der Kiefer 2.3 Prognose Herbstfraß von Kiefernspanner und Kiefernbuschhornblattwespen 2
1 Eichenprozessionsspinner und Frühjahrsfraßgemeinschaft 1.1 Aktuelle Situation Der sehr zeitige Schlupf der Eichenprozessionsspinnerräupchen und der gleichfalls frühe Austrieb der Eichen ermöglichten zwar einen zeitigen Beginn des Insektizideinsatzes, gleichzeitig mussten aber erneut Einschränkungen auf Grund begrenzter Flugkapazitäten und teilweise ungünstiger Witterungsverhältnisse hingenommen werden. Der relativ große Umfang der im Frühjahr zu behandelnden Flächen (Kiefernspinner, Nonne, Eichenprozessionsspinner und Eichenfrühjahrsfraßgesellschaft) und die zumeist hohe Dringlichkeit des Beginns erforderte - auch wegen lokal wechselnder Witterungsprobleme - eine große Flexibilität von allen Beteiligten. So kam es in einigen Bereichen auch 2014 schon vor dem Applikationszeitpunkt zu starken Fraßschäden. Trotzdem konnten aber Kahlfraß und starke Fraßschäden der Eichenbestände auf großer Fläche verhindert werden. Insektizide wurden im Mai gegen den Eichenprozessionsspinner auf insgesamt ca. 1.360 ha Wald (Dipel ES als PSM- bzw. Biozidanwendung) und gegen die Frühjahrsfraßgesellschaft auf 383 ha (Dipel ES, Dimilin) ausgebracht (Stand 20.05.2014). 1.2 Ergebnisse der Eichenfraßkartierung 2014 Insgesamt wurden 2014 annähernd 5.680 ha Eichenwald durch Fraß von Eichenprozessionsspinner und Frühjahrsfraßgemeinschaft der Eiche geschädigt (Tab. 1). Davon wurde aber für fast 70 % nur maximal leichter Fraß registriert. Betroffen sind neben Trauben- und Stiel-Eiche auch viele Rot-Eichenbestände. Tab. 1: Ergebnis der Fraßkartierung Eiche 2014, Stand 21.07.2014 Fraßintensität leicht merklich stark kahl Gesamt Eichenprozessionsspinner gesamt 3.485,69 407,54 166,37 40,8 4.100,40 davon Landeswald 1310,86 97,55 107,21 0 1.515,62 Nicht-Landeswald 2174,83 309,99 59,16 40,80 2584,78 Eichenfraßgemeinschaft gesamt 464,28 823,16 267,51 23,75 1.578,70 davon Landeswald 187,55 223,05 132,47 11,52 554,59 Nicht-Landeswald 276,73 600,11 135,04 12,32 1.024,11 Gesamt 3.949,97 1.230,70 433,88 64,55 5.679,10 3
Eichenprozessionsspinner und Eichenfraßgesellschaft kahl leicht merklich stark Abb. 1: Übersicht der 2014 in den Revieren erfolgten Kartierung der Fraßschäden durch Eichenprozessionsspinner und Eichenfraßgesellschaft (GIS: Becker und Ebert) 4
1.2.1 Eichenprozessionsspinner Nach der von 2008 bis 2012 stetigen und intensiven Zunahme der Fraßschäden hatten die flächigen Insektizidmaßnahmen (Dipel ES) im Frühjahr 2013 diesen Trend deutlich unterbrochen (Abb. 1-3). Die Zulassung von Dipel ES als Biozid im April 2013 hat die Möglichkeiten einer effektiven Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners für insbesondere Waldränder und Siedlungsbereiche deutlich verbessert. Sowohl der Umfang des Insektizid-Einsatzes im Frühjahr 2014 als auch die Auswertung der Fraßkartierung zeigen, dass Befallsfläche und intensität entsprechend weiter abgenommen haben. Bei der Interpretation der Flächengrößen in den einzelnen Fraßkategorien (Abb. 1 3) muss berücksichtigt werden, dass in der Kategorie leichter Fraß alle Flächen erfasst wurden, die entweder Blattmasseverluste unter 30 % oder allein nur Anwesenheitsmerkmale des Eichenprozessionsspinners aufwiesen (auch Einzelnester oder Raupen). Entscheidend für die Bewertung der Wirksamkeit der Insektizidapplikation ist das Niveau in den Schadkategorien merklicher Fraß Kahlfraß, das etwas unter dem des Vorjahres liegt und damit sehr deutlich unter dem der Kulminationsjahre 2011 und 2012. Bei Einbeziehung der Flächengröße der PSM- Applikation (Abb. 3) muss wieder einkalkuliert werden, dass sich PSM-Flächen und insbesondere Flächen mit registriertem leichten Befall in der Realität teilweise überschneiden. Die nicht 100 %ige Wirkung des Mittels Dipel ES bei z. T. noch hohen Ausgangspopulationen lässt das nicht anders erwarten. 6000 5000 4000 ha 3000 2000 1000 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 kahl stark merklich leicht Abb. 2: Ergebnis der Fraßkartierungen in der Eiche für den Eichenprozessionsspinner 5
14000 12000 10000 8000 ha 6000 4000 2000 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 kahl stark merklich leicht PSM Biozid Abb. 3: Ergebnis der Fraßkartierungen in der Eiche für den Eichenprozessionsspinner mit Angabe der Insektizidbehandlungsfläche 1.2.2 Frühjahrsfraßgesellschaft Außerhalb der Eichenprozessionsspinner- Befallsgebiete fanden PSM-Applikationen gegen die Eichenfrühjahrsfraßgesellschaft statt. Hauptzielorganismen waren die Frostspannerarten, deren Massenvermehrung weiter angehalten hat. Problematisch für die Prognose ist seit einigen Jahren der sehr differenzierte, teilweise aber sehr hohe Anteil an Frühlingseulen und anderen Arten, für die kein Monitoring etabliert ist bzw. der Aufwand für die Überwachung jeder einzelnen Art zu hoch wäre. Deshalb und auf Grund des großen Bedarfs an Hubschrauberkapazitäten sowohl in Eichen- als auch Kiefernbeständen sowie Einschränkungen durch ungünstige Witterungsbedingungen kam für einige der durch die Eichenfraßgesellschaft bedrohten Flächen der Einsatz erneut verspätet. 6
1.3 Bewertung der Schäden In Beständen mit wiederholten schweren Fraßschäden bis hin zu Kahlfraß muss mit einer intensiven Gefährdung der Eichen gerechnet werden. Blattmasseverluste werden als entscheidender Faktor im Prozess der Eichenkomplexerkrankung angesehen, somit Insektizideinsätze als einzige kurzfristig greifende Möglichkeit, auf den Schadfaktorenkomplex Einfluss zu nehmen. Gegenüber anderen Stressfaktoren, wie Mehltaubefall und schwer kalkulierbare Witterungsextreme - u. a. intensive Winterfröste und lange Dürreperioden - sowie holz- und rindenbrütende Insekten erhöht sich die Disposition der Eichen. Die Vitalität der Eichen vermindert sich so immer weiter bis hin zum Absterben (siehe Eberswalder Forstliche Schriftenreihe Bd. 53, als pdf im Internet unter www.forst.brandenburg.de ). Eine Auflösung der Eichenbestände wird häufig als ein über Jahre andauernder Prozess eingeleitet. Auch 2014 finden sich bereits häufig Informationen in den Zusatzmeldungen des Monatlichen Meldedienstes über erhöhte Absterberaten. In einigen Revieren werden die Abgänge in den Alteichen als extrem hoch angesehen. 1.4 Bewertung des Risikos und Folgeüberwachung Risikobestände, in denen von einer Bestandesgefährdung/Gefährdung der Waldfunktionen auszugehen ist und somit Bekämpfungsmaßnahmen notwendig werden können, sind: Bestände mit drohenden mehrjährigen starken Fraßschäden bis hin zum Kahlfraß Bestände mit ausgeprägten Symptomen der Eichenkomplexkrankheit und der Prognose Kahlfraß Saatgut- und Wertholzbestände mit der Prognose mindestens starker Fraßschäden Prognose drohender mindestens starker Fraßschäden durch die Frühjahrsfraßgesellschaft (mit/ohne Eichenprozessionsspinner) und Prognose mindestens merklicher Fraßschäden durch Schwammspinner Dementsprechend sind Überwachungsmaßnahmen in folgenden Beständen notwendig: Bestände mit starken Fraßschäden bzw. Kahlfraß 2014 Bestände mit ausgeprägten Symptomen der Eichenkomplexkrankheit und mindestens merklichen Fraßschäden 2014 Saatgut- und Wertholzbestände im Befallsgebiet von Frühjahrsfraßgesellschaft/ Eichenprozessionsspinner Bestände mit Fraßschäden 2014 unter Beteiligung des Schwammspinners, dem auf Grund des relativ späten Fraßes im Hinblick auf eine weitere negative Beeinflussung der Eichenvitalität besondere Bedeutung zukommt. Befallsbestände des Eichenprozessionsspinners, die im Hinblick auf eine Gesundheitsgefährdung (Nähe Siedlung, Alleen...) als Rückzugsgebiete angesehen werden 7
2 Kiefernschadinsekten: Kiefernspinner, Kiefernspanner, Kiefernbuschhornblattwespen 2.1 Situation/Überwachung in den Befallsgebieten des Kiefernspinners In Südbrandenburg bleibt der Kiefernspinner Schwerpunkt des Waldschutzmonitorings. Im Spätsommer stehen jetzt die jungen Raupen der nächsten Generation im Fokus. Das betrifft insbesondere auch das Umfeld der infolge einer Auflage der Genehmigung des BVL vom PSM- Einsatz ausgeschlossenen Bestände in Naturschutzgebieten. Als Grundlage für eine Entscheidung über den Einsatz von Insektiziden im Herbst wird ab Ende August bis Anfang September die Überwachung des Kiefernspinners mit Hilfe von Kotfallkontrollen und Probefällungen erfolgen. Es ist davon auszugehen, dass in den Kahlfraßbereichen ein PSM-Einsatz jetzt nur noch marginalen Einfluss auf die Vitalität der Kiefern, d. h. deren Regeneration/Überleben hätte. In den Kahlfraßbereichen kann deshalb auf das Monitoring/eine Fällung verzichtet werden. Auf Grund der durch Nahrungsmangel und Stress verminderten Vitalität der Raupen und Puppen ist dort einerseits mit einer geschwächten Schädlingspopulation und andererseits nach dem Überschreiten der Kulmination der Massenvermehrung mit einem großen Potenzial natürlicher Gegenspieler (Parasitoide, räuberische Insekten, Viren, Bakterien...) zu rechnen. Es gilt eher, dieses in die Nachbarbestände ausstrahlende Potenzial unbeeinflusst wirken zu lassen. Widerspiegeln die Raupenzahlen bei den jetzt anstehenden Probefällungen in keinster Weise die Erwartungen entsprechend des Fraßgeschehens bzw. der Eiablagen sind die Kiefernspinnereier auf Befall durch Zwergwespen zu kontrollieren (Abb. 4). Winzige Wespen an den Eiern bzw. stecknadelgroße Ausfluglöcher sind Hinweis auf eine Parasitierung. Erfahrungen auch der Massenvermehrung des Kiefernspinners 2004 2006 zeigen, dass Zwergwespen eine Gradation abrupt flächig beenden können. Abb. 4: Zwergwespen (Telenomus laeviusculus) an Eiern des Kiefernspinners, sichtbar sind auch deren Ausschlupflöcher (Foto: Andreas Reichling) 8
2.2 Zum Regenerationsvermögen der Kiefer Kiefern mit einer Restbenadelung von mehr als 10 % nach dem Fraß weisen zumeist ein hohes Regenerationsvermögen auf. Bei Bäumen mit einer Restbenadelung unter 10 % muss mit einer erhöhten Mortalitätsrate gerechnet werden. Bei völlig kahl gefressenen Kronen können die Absterberaten bis zu 60 % erreichen, unter ungünstigen Witterungsbedingungen (Trockenheit!) und/oder dem Einfluss holz- und rindenbrütender Insekten bis 100 %. Eine reale Einschätzung der Regenerationsfähigkeit des Einzelbaumes ist erst nach dem Maitrieb 2015 möglich. Detaillierte Untersuchungsergebnisse zum Thema finden Sie auch in der Eberswalder Forstlichen Schriftenreihe, Bd. 51, Beitrag von M. Wenk & K. Möller als pdf auch im Internet). 2.3 Prognose Herbstfraß von Kiefernspanner und Kiefernbuschhornblattwespen Probefällungen in den mit erhöhten Dichten des Kiefernspanners, Bupalus piniaria, registrierten Beständen in der Obf. Neuendorf Mitte Juli ergaben nur geringe Funde an Eiräupchen. Dort ist kein auffälliger Herbstfraß zu erwarten. Im Gegenteil dazu erfordern in der Obf. Neuendorf die bei Probefällungen ermittelten Larvenzahlen der Gemeinen Kiefernbuschhornblattwespe, Diprion pini, und erste Kokonfunde in den Kronen deren weitere Überwachung, um die Intensität einer 2. Generation und damit das Ausmaß des Herbstfraßes einschätzen zu können. Bearbeiter: Dr. Katrin Möller Pascal Ebert gez. Dr. Katrin Möller Leiterin der Hauptstelle für Waldschutz Titelbild: Differenzierte Fraßschäden in einem Eichenbestand (Foto: Klaus Schwabe) 9