Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT Leistungsbereich Internationale Beziehungen Ressort Europäische Zusammenarbeit Laura Antonelli Müdespacher Effingerstrasse 27 3003 Bern Zürich, 15. Mai 2012 Anhörung zur Verordnung über den Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) für Abschlüsse der Berufsbildung - Stellungnahme des Kantons Zürich Sehr geehrte Frau Antonelli Müdespacher Wir danken Ihnen für die Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen der Anhörung zur Verordnung über den Nationalen Qualifikationsrahmen für Abschlüsse der Berufsbildung. Unsere Stellungnahme orientiert sich im Wesentlichen an derjenigen der Schweizerischen Berufsbildungsämterkonferenz (SBBK). Nicht zuletzt aufgrund der besonderen Stellung des Kantons Zürich als Hochschulstandort mit Universität, Eidgenössischer Technischer Hochschule, Fachhochschulen und Pädagogischer Hochschule sind wir der Auffassung, dass bei der Erarbeitung des Nationalen Qualifikaitonsrahmens für Abschlüsse der Berufsbildung auch die Interessen der Hochschulen zu berücksichtigen sind. Die vorliegende Stellungnahme enthält deshalb zentrale Anliegen des Tertiär-A-Bereichs. Allgemeine Einschätzung - Anerkennung der Berufsbildung als Herausforderung Die schweizerische duale Berufsbildung enweist sich als leistungsfähig und bedarfsgerecht. Die enge Verknüpfung von schulischer und praktischer Ausbildung trägt wesentlich zu ihrer Qualität bei. Allerdings bewerten Personen und Interessengruppe, die nicht oder nur wenig mit dem dualen System vertraut sind, praktische Ausbildungen und Ausbildungsteile oft als weniger qualifizierend verglichen mit schulischen und akademischen Ausbildungen. Um die schweizerische Berufsbildung zu stärken, muss deshalb die Leistungsfähigkeit und Qualität des Systems sowohl im Inland und noch viel mehr im Ausland für breite Kreise nachvollziehbar aufgezeigt werden. Unter anderem geht es darum, die Abschlüsse der schweizerischen Berufsbildung international vergleichend darzustellen und zu positionieren. Bildungsdirektion Kanton Zürich Walcheplatz 2, Postfach Telefon 043 259 23 01 www.bildungsdirektion.zh.ch 8090 Zürich
Die Positionierung der Berufsbildungsabschlüsse in der Bildungssystematik ist auch aus Sicht der Hochschulen angezeigt. Die Errichtung von Fachhochschulen als Hochschulinstitutionen mit einem Regelzugang aus der Berufsbildung hat zwar zu institutionellen Reformen geführt, in vielerlei Hinsicht aber nicht ausreichend Klärung erbracht. So wurden die Fachhochschulen teilweise aus Institutionen der früheren höheren Berufsbildung geschaffen. Mit der Beibehaltung des Tertiär-B-Bereichs wurde aber eine neue Dualität geschaffen. Diese beeinflusst die internationale Wahrnehmung bzw. Anerkennung. So werden beispielsweise die Fachhochschulen in den Augen einiger Exponentinnen und Exponenten mit Elementen der höheren Berufsbildung in Verbindung gebracht..&.- Die Berufsbildung soll die Arbeitsmarktfähigkeit der Absolventinnen und Absolventen sicherstellen respektive verbessern und ihre Mobilität im Inland wie im Ausland fördern. Dazu müssen Berufsleute möglichst einfach nachweisen können, welche Kompetenzen sie mit ihrem Berufsabschluss erworben haben. In der Erklärung 2011 zu den gemeinsamen bildungspolitischen Zielen für den Bildungsraum Schweiz" haben das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) und die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) im Ziel 4 festgehalten, dass die Abschlüsse der höheren Berufsbildung international vergleichbar sein sollen. Damit soll insbesondere auch dem Verfassungsauftrag nachgelebt werden, wonach Bund und Kantone verpflichtet sind, sich für eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung von allgemein bildenden und berufsbezogenen Bildungswegen einzusetzen (Art. 61a Abs. 3 BV). Somit wird deutlich, dass es bei der Anerkennung der Berufsbildung um eine mehrfache Herausforderung geht: Valorisierung der berufsbildnerischen Leistungen im internationalen Kontext, Gleichwertigkeit zu allgemein bildenden Wegen und Einordnung in der Bildungssystematik; namentlich auf Tertiärstufe. Der Vorentwurf zu einer Verordnung über den nationalen Qualifikationsrahmen für Abschlüsse der Berufsbildung ist in diesem Kontext zu beurteilen. Für den Kanton Zürich spielt es im Weiteren eine Rolle, ob neue Aufgaben mit vertretbarem administrativem und finanziellem Aufwand gelöst werden können. Grundsätzliche Einschätzung des Vorentwurfs Gemäss Vorentwurf sollen die Grundlagen geschaffen werden, dass alle Abschlüsse der Berufsbildung in einem nationalen Qualifikationsrahmen einer von acht Niveaustufen zugeordnet werden können. Zusätzlich soll zu jedem Abschluss ein Diplomzusatz abgegeben werden, der insbesondere die Fertigkeiten und Kompetenzen beschreibt. Der Kanton Zürich begrüsst grundsätzlich den Nationalen Qualifikationsrahmen. Die Umsetzung, wie sie im Vorentwurf und im erläuternden Bericht festgehalten ist, wird allerdings kritisch beurteilt (siehe unten). 2/5
Ausserdem stellt sich eine wichtige Frage, wie mit der geplanten Inkraftsetzung eines eigenständigen Nationalen Qualifikationsrahmens für Abschlüsse der Berufsbildung die Verbindung zu den Hochschulen (Tertiär A) sichergestellt werden kann. Eine gemeinsame Sichtweise würde eine bessere bildungssystematische Einordnung auf Tertiärstufe ermöglichen. Zuordnung zu Niveaustufen In der Vorlage wird ausgeführt, dass sämtliche Abschlüsse der Berufsbildung nach sehr differenzierten Kriterien und unter Beizug der Organisationen der Arbeitswelt den einzelnen Niveaustufen zugeordnet werden. Dabei werden ausdrücklich alle acht Niveaustufen in Betracht gezogen. # Wir sehen keine Notwendigkeit, dass die Berufsbildungsabschlüsse EBA und EFZ differenziert beurteilt und zugeordnet werden müssen. International wird dies kaum Mehnwert bringen. Innerhalb der Verbundpartnerschaft wird dies zu einem grossen administrativen Aufwand und zu einem Kampf um die Niveaustufen führen. Welcher Beruf wird schon bereit sein, ein tieferes Niveau zu akzeptieren? Die Folge wird sein, dass die Anforderungen in den Berufen weiter hochgeschraubt werden. Es besteht die Gefahr, dass vermehrt Jugendliche von der Berufsbildung ausgeschlossen werden. Für die EBA und EFZ Berufe könnten zwei max. drei Niveaustufen reserviert werden, wie dies Deutschland bereits im Rahmen einer Vereinbarung mit den Sozialpartnern beschlossen hat. Dort sollen die zweijährigen Berufslehren in Niveau 3, die drei bzw. dreieinhalbjährigen Lehren in Niveau 4 eingeteilt werden. Falls dennoch an der differenzierten Zuordnung gemäss Vorentwurf festgehalten wird, so muss diese unbedingt durch ein unabhängiges Expertengremium gemacht werden. Wir beantragen, dass die Zuordnung der EBA und EFZ Berufe zu Niveaustufen vorerst zurückgestellt wird, bis man sich im Rahmen der Verbundpartnerschaft auf ein einfaches System geeinigt hat. Mit höchster Priorität soll die Zuordnung der Abschlüsse der höheren Berufsbildung vorangetrieben werden. Auch hier hat Deutschland bereits einen Entscheid gefällt. Demnach sollen dort Abschlüsse der Höheren Fachschulen und Meister (höhere Fachprüfung bei uns) analog zum Bachelor in den Hochschulen dem Niveau 6 zugeteilt werden. Je nach Anforderungen können für anforderungsreichere Berufsabschlüsse auch höhere Niveaus erschlossen werden (z.b. eidg. dipl. Wirtschaftsprüfer/in). Nachdem Deutschland diesen Entscheid gefällt hat, erachten wir ein ähnliches Commitment zwischen Berufsbildung und Hochschulen als dringend. Ansonsten werden die Abschlüsse der höheren Berufsbildung in der Schweiz noch stärker ins Hintertreffen geraten. 3/5
Wir beantragen, dass möglichst umgehend Verhandlungen mit den Hochschulen aufgenommen werden und ein Commitment analog zu Deutschland angestrebt wird. Ein wichtiger Punkt, der im vorgelegten Verordnungsentwurf nicht angesprochen wird, im Rahmen der übergeordneten Zielsetzung, institutionelle Klarheit und Transparenz bei den Abschlüssen zu bringen, aber wichtig ist, soll hier angesprochen werden. Tendenzen, im Bereich der Berufsbildung, insbesondere in der höheren Berufsbildung, aus eigener Kraft Hochschulniveau anzudeuten beziehungsweise zu behaupten, sind für die Positionierung des Tertiär-B- Bereichs nicht zielführend. Namentlich Verstösse zur Einhchtung von hochschulischen Bachelor- oder Masterabschlüssen im Tertiär-B-Bereich sind sehr kritisch zu hinterfragen. Diplomzusätze Wie bereits erwähnt, begrüssen wir die Diplomzusätze für alle Abschlüsse der Berufsbildung, damit darin die Fertigkeiten und Kompetenzen differenziert aufgezeigt werden können. Allerdings schlagen wir auch hier ein differenziertes Vorgehen in der beruflichen Grundbildung und in der höheren Berufsbildung vor...*s= In der beruflichen Grundbildung müssten die Diplomzusätze möglichst einfach, klar verständlich und kurz ausfallen. Nur so ist es möglich, dass sie durch die Kantone dem EFZ beigelegt werden können. Die Diplomzusätze müssten zudem auf dem Internet zur Verfügung gestellt werden, damit sie auch nachträglich noch heruntergeladen werden können. Das Verfahren, wie in Art. 10 beschrieben, erachten wir für die EBA- und EFZ-Abschlüsse als nicht praktikabel. Das BBT müsste auf die Kantone zurückgreifen, da lediglich diese Kenntnis haben, ob jemand den EBA- oder EFZ-Abschluss tatsächlich auch realisiert hat. : Wir beantragen, das Verfahren mit den Diplomzusätzen in der beruflichen Grundbildung so einfach wie möglich zu gestalten. Gerne bieten wir Hand, die Prozesse im Detail mit dem BBT zu klären. In der höheren Berufsbildung scheint uns wichtig, dass die Diplomzusätze den internationalen Standards entsprechen und einfach verständlich sind. Wir erachten es als zwingend, dass hier das BBT eng mit den Anbietern (insbesondere mit der Konferenz der höheren Fachschulen und den Organisationen der Arbeitswelt) zusammenarbeitet, da letztlich diese die persönlichen Diplomzusätze abgeben müssen. 4/5
Wir beantragen, auf eine Sonderlösung Schweiz zu verzichten und international einheitliche Diplomzusätze zu wählen, sofern damit die Spezifitäten der dualen Ausbildung abgebildet werden können. Wir danken Ihnen für die Berücksichtigung unserer Anliegen. Wir gehen davon aus, dass das BBT den Verbundpartnern die Unterlagen nach Berücksichtigung der Anhörungsergebhisse nochmals unterbreiten wird. Mitlfrei^iillichen Grüssen îrc Kummer, Amtschef, Mittelschul- und Berufsbildungsamt UJL Dr. Sebastian Brändli, Amtschef, Hochschulamt 5/5