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Transkript:

Sebastian Kürschner. 2008. Deklinationsklassen-Wandel. Eine diachron-kontrastive Studie zur Entwicklung der Pluralallomorphie im Deutschen, Niederländischen, Schwedischen und Dänischen (Studia Linguistica Germanica 92). Berlin, New York: Walter de Gruyter. xii, 410 S. Claudia Wich-Reif Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Am Hof 1d D-53113 Bonn claudia.wich-reif@uni-bonn.de Sebastian Kürschners diachron-kontrastive Studie zum Deklinationsklassen-Wandel ist eine leicht überarbeitete Version seiner Dissertationsschrift. Im Zentrum der Untersuchung steht die Entwicklung der Pluralallomorphe im Deutschen, Niederländischen, Schwedischen und Dänischen. Das Werk ist in sechs Großkapitel von unterschiedlicher Komplexität gegliedert. In einem einleitenden Teil (Kap. I, S. 1-6) weist der Verfasser auf die großen Unterschiede der Pluralbildung in den germanischen Sprachen hin, die Anlass für die Untersuchung der Übereinstimmungen und Abweichungen derselben dem Germanischen sind. [D]ie Arbeit [ist] im Bereich der kontrastiven germanistischen Linguistik sprachhistorischer Ausprägung anzusiedeln (S. 4). Anhand einer Komplexitätsskala zur Pluralallomorphie am Substantiv in zehn germanischen Sprachen (S. 8), auf der das Deutsche, das Schwedische, das Dänische und das Niederländische nebeneinander im mittleren Bereich angesiedelt sind, begründet Kürschner seine Auswahl. Es folgt ein terminologisch-theoretisch-methodisches ZRS, Band 2, Heft 1 Walter de Gruyter 2010 Downloaded from PubFactory at 07/21/2016 DOI 10.15/zrs.2010.018 04:58:40AM

Sebastian Kürschner. Deklinationsklassen-Wandel 91 Kapitel zu Deklinationsklassen und Pluralallomorphie im Allgemeinen (Kap. II, S. 7-70). Hier begründet der Verfasser aus gegenwartssprachlicher Perspektive die Relevanz der Pluralformen für die Zuweisung zu Flexionsklassen, er stellt die Natürlichkeits-, die Ökonomie- und die Schematheorie als Erklärungsmodelle für den Flexionsklassenwandel vor und erläutert den zentralen Terminus Konditionierung, der als die im Germanischen beginnende Bindung der formalen Varianz (also der Deklinationsklassen) an Substantivgruppen (S. 3) verstanden wird, in Abgrenzung zum Indogermanischen, wo die Einteilung aufgrund des stammbildenden Suffixes nach semantischen Kriterien erfolgt. Kapitel III (S. 71-232) ist am umfangreichsten und bildet zusammen mit Kapitel IV (S. 233-337) das Zentrum der Studie. In Kapitel III wird eingangs die Substantivflexion des Indogermanischen als Ausgangssprache dargestellt. Die Unterkapitel behandeln die vier Sprachen nach einem einheitlichen Vorgehen: Auf die Beschreibung des morphologischen Wandels von der ältesten Sprachstufe bis zur Gegenwartssprache folgen Ausführungen zur Genuskonditionierung, zur semantischen, zur morphologischen, zur prosodischen und zur Auslautkonditionierung sowie deren Dominanzstruktur. Ein Schwerpunkt liegt auf der Darstellung des Deutschen. 1 Das Ungleichgewicht begründet Kürschner mit der Forschungslage und der unterschiedlichen Komplexität der Sprachen. Im Verlauf der Ausführungen zu den Einzelsprachen werden die vorher abgehandelten Sprachen vergleichend einbezogen, so etwa im Kontext der phonologischen Konditionierung des Dänischen auf S. 228: Zwar ist in gewissem Umfang eine Trochäenpräferenz zu verzeichnen, jedoch ist diese nicht so wichtig, dass unter fast allen Umständen Pluralformen auf trochäischem Fuß entstünden wie im Deutschen und Niederländischen. Das ist legitim, ist die Studie doch in deutscher Sprache abgefasst und somit auch in erster Linie für einen deutschsprachigen Rezipientenkreis verfasst. In Kapitel IV werden die Ergebnisse der Kapitel III.1-4 unter kontrastiven Gesichtspunkten ausgewertet und es wird eine Typologie erstellt. Kapitel V thematisiert die Prinzipien des Flexionsklassenwandels und die Folgerungen für die morphologische Theoriebildung (S. 339-368). Wesentliche Grundlagen und Ergebnisse der vorangehenden Kapitel werden hier noch einmal zusammenfassend dargestellt: Das Deutsche, das Niederländische, das Schwedische und das Dänische zeigen im Sprachwandelprozess eine immer ausgeprägtere Numerusprofilierung bei gleichzeitiger Kasusnivellierung. Numerus wird so zur relevanten grammatischen Kategorie des Substantivs. Die Wandelprozesse 1 Deutsch (S. 79-144), Niederländisch (S. 145-173), Schwedisch (S. 173-206) und Dänisch (S. 206-232).

92 Claudia Wich-Reif sind aber zum Teil unterschiedlicher Art und finden zu verschiedenen Zeiten statt. Das Schwedische weist als dominanten systemprägenden Faktor Genus auf trotz der Zweiteilung des Genussystems in Utrum (ehemals Femininum und Maskulinum) und Neutrum wie auch im Dänischen und Niederländischen und bleibt so in puncto Komplexität mit dem Germanischen vergleichbar. In den drei anderen Sprachen werden die Deklinationsklassen (deutlich) mehr formalisiert, was zu einem Komplexitätsabbau führt. Das Niederländische weist den höchsten Grad an Formalisierung auf und ist v. a. prosodisch konditioniert, im Deutschen sind prosodische Konditionierung und Genuskonditionierung gleichermaßen dominant. Die semantische Konditionierung greift in allen vier Sprachen deutlich weniger weit. Semantisch konditionierte Kleingruppen, die aus häufig gebrauchten Lexemen gebildet werden wie die Hühnerhofklasse (S. 278) der Neutra mit er-suffix, weisen die größten Abweichungen von regelmäßigen Mustern auf. Festzuhalten ist, dass sich die west- und die nordgermanischen Sprachen nicht in allen Aspekten gleich verändern. So sind das Deutsche und das Schwedische genuskonditionierende Typen, das Niederländische und das Dänische nicht. Das Schlusskapitel rundet die Studie zusammenfassend ab. 33 Abbildungen, 73 Tabellen sowie ein aus vier umfangreicheren Tabellen bestehender Anhang zur synchron-gegenwartssprachlichen Flexion der vier untersuchten Sprachen illustrieren den Text. Kürschner kann durch die einzelsprachlichen Darstellungen der Entwicklung der Flexionsklassen mit besonderer Berücksichtigung der Pluralallomorphe und deren Vergleich deutlich machen, dass sich Flexionsklassen nicht zwingend und nicht einfach in Richtung einer 1:1- Konditionierung wandeln, was aus typologischer Perspektive sicherlich wünschenswert wäre: Flexionsklassenwandel [läuft] vor allem in Form des Konditionierungswandels komplexer [ab], als [Wolfgang Ullrich] Wurzel es in seiner Theorie beschreibt (S. 345). Die Studie ist im Kontext weiterer sprachvergleichender Studien wie auch der phonologisch-typologischen Monographie von Szczepaniak (2007) angesiedelt, in der ausgeführt wird, wie sich das Deutsche von einer Silben- zu einer Wortsprache entwickelt haben soll. 2 2 Im Kontext der Resilbifizierung von Komposita im Althochdeutschen gebrauchen sowohl Kürschner als auch Szczepaniak (2007: 105) das Beispielwort klasaugi Glausauge [sic] (Kürschner S. 62). Die Form entspricht der neuhochdeutschen Form Glasauge; sie bedeutet wohl der graue Star (so KFW IV: 301) oder Auge, das aufgrund einer Verletzung des Sehnervs wie Glas bleibt (so Meineke 1984: 172). Während Szczepaniak (2007: 105) als Quelle die 1911 publizierte Studie von Otto Gröger nennt, führt Kürschner die Form ohne Verweise an. Diese wären auch deswegen wichtig, weil die Form keine

Sebastian Kürschner. Deklinationsklassen-Wandel 93 Um den Zusammenhang von Sprachwandel und Zeitlichkeit, in deren Rahmen sprachliche Wandelerscheinungen in den Einzelsprachen auftreten, im Vergleich besser nachvollziehen zu können, wäre eine tabellarische, die Periodisierung betreffende Übersicht hilfreich: 3 Zeit Zeit Deutsch Zeit Niederländisch Schwedisch Zeit Dänisch 500-1050 Altniederländisch 1050-1350 Altschwedisch 1350-1650 17. Jh. Neudänisch Neuhochdeutsch Althochdeutsch 800-1200 Frühaltdänisch 1200-1500 16. Jh. Mittelniederländisch 1200-1500 16. Jh. Mittelhochdeutsch 1050-1350 Frühneuhochdeutsch 1350-1500 16. Jh. Spätaltdänisch Neuniederländisch Neuschwedisch Dabei interessieren dann auch Fragen und Probleme zur Periodisierung an sich, 4 gerade weil für die beiden nordgermanischen Sprachen nur zwei Perioden genannt werden zumindest im Rahmen von weiterweisender Literatur. Um vier Sprachen unter diachroner Perspektive flexionsmorphologisch angemessen beschreiben zu können, ist es sicherlich unerlässlich, die Argumentation auf der Basis grammatischer Beschreibungen zu entfalten. Der Lektüreertrag wäre größer, wenn der Sprachvergleich sich möglichst immer in direkt vergleichbaren Wortbelegen widerspiegeln würde wie etwa in Tabelle 51 (S. 281) zu den Verwandtschaftsbezeichnungen oder in Tabelle 54 (S. 291), in der ent- typische ist, und zwar weder bezüglich der Schreibung/Lautung (k für g, au für ou) noch bezüglich des Flexionsmorphems; vgl. auch KFW (IV: 301) und Braune/Reiffenstein (2004: 48f., 141-143, 207). An anderen Stellen verwendet Kürschner das typische Flexionsparadigma von ouga bzw. ouge, so S. 85 und 111. Ausführungen zur Überlieferung von klasaugi bei Meineke (1984: 171-173). 3 Alle Periodisierungen zusammen nur im Abkürzungsverzeichnis, S. 410. 4 Für das Deutsche vgl. Roelcke (1995).

94 Claudia Wich-Reif lehnte gleichförmige Derivationssuffixe und Wortausgänge einander gegenübergestellt werden. 5 Kürschner formuliert: Gegenüber der einzelsprachlichen Linguistik ist ein Vorteil der kontrastiven Linguistik darin zu sehen, dass einzelsprachliche Strukturen nicht einfach als existent hingenommen werden, sondern dass aus der Perspektive des Sprachkontrasts Strukturunterschiede auffallen, die Fragen zu bestehenden Strukturen überhaupt erst aufkommen lassen gerade bei nah verwandten Sprachen. (S. 68) Die eigentliche Schwierigkeit scheint es zu sein, bei kontrastiv-typologischen Untersuchungen nicht zu sehr zu verallgemeinern darauf versucht Kürschner zu achten, und er weist auch immer wieder auf dialektale Varianten hin, die er ausblenden muss bzw. nicht berücksichtigen kann. 6 Allerdings sollte Besonderem nicht der Status von Typologischem zugewiesen werden (vgl. etwa Anm. 2). Mit einer der abschließenden Formulierungen Viele Fragen zu Wesen und Funktion der Flexionsklasse wurden gestellt, nur wenige konnten jedoch wirklich befriedigend beantwortet werden. (S. 380) zeigt sich der Verfasser der soliden Studie zu bescheiden. Gerade durch seine nicht typisch typologische Methode kann er Gemeinsamkeiten und Abweichungen im flexionsmorphologischen Strukturwandel von vier germanischen Sprachen im Kontrast präsentieren, ohne 5 Kürschner nennt für das Germanische für die a-klasse *dagaz Tag und *wurða n Wort, für die ō-klasse *wullo Wolle, für die i-klasse *gastiz Gast und *dēðiz Tat, für das Althochdeutsche an den entsprechenden Stellen tag, wort, gëba, gast und anst. Für das Altniederländische führt der Verfasser die Lexeme dag und wort für die a-klasse, fuot und craft für die i-klasse an, für das Altschwedische fisker Fisch und skip Schiff für die a-, ark Kasten für die ō-, smiþer Schmied und færþ Fahrt für die i-klasse, für das Altdänische fisk Fisch und skip Schiff für die a-, ørk Kiste für die ō-, gæst Gast und færth Fahrt für die i-klasse, um nur ausgewählte Beispiele zu nennen. Wechselt ein Lexem im Laufe der Sprachgeschichte die Klasse (ahd. geba st., mhd. gebe sw.), kann es natürlich nicht weiter verwendet werden, verschwindet ein Lexem (anst nur im Ahd. und Mhd.) ebenfalls nicht. Zumindest sollte die Problematik angesprochen werden, direkt vergleichbare Lexeme in allen vier Sprachen durch alle Sprachperioden hindurch zu finden. 6 Wobei doch grundsätzlich darauf hingewiesen werden muss, dass die schriftlichen Zeugnisse, aus denen die grammatischen Regularitäten einer Sprachstufe gewonnen werden, sehr lange dialektale bzw. regiolektale Ausprägungen zeigen. So greift es m.e. etwa zu kurz, für das Deutsche nur die Ablösung einer Sprachperiode durch die nächste zu thematisieren und darauf hinzuweisen, dass das Frühneuhochdeutsche von einer große[n] Dynamik gekennzeichnet sei (S. 79f.). Für das Dänische hingegen vermerkt Kürschner ausdrücklich, dass er sich für die älteste Sprachstufe auf das Altostdänische bezieht (S. 207).

Sebastian Kürschner. Deklinationsklassen-Wandel 95 dabei aus den Augen zu verlieren, dass die notwendigen Verallgemeinerungen sprachliche Phänomene ausblenden, die ebenfalls einer Untersuchung bedürften. Literatur Wilhelm Braune. 2004. Althochdeutsche Grammatik I: Laut- und Formenlehre (Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte. A. Hauptreihe Nr. 5/1). 15. Aufl. bearb. von Ingo Reiffenstein. Tübingen: Max Niemeyer. Gröger, Otto. 1911. Die althochdeutsche und altsächsische Kompositionsfuge mit Verzeichnis der althochdeutschen und altsächsischen Composita (Abhandlungen hg. von der Gesellschaft für deutsche Sprache in Zürich XI). Zürich: Zürcher & Furrer. [KFW] Große, Rudolf (Hg.). 1986-2002. Althochdeutsches Wörterbuch. Auf Grund der von Elias von Steinmeyer hinterlassenen Sammlungen, im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Begründet von Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings. Band IV: G-J. Berlin: Akademie-Verlag. Meineke, Eckhard. 1984. Bernstein im Althochdeutschen. Mit Untersuchungen zum Glossar Rb (Studien zum Althochdeutschen 6). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Roelcke Thorsten. 1995. Periodisierung der deutschen Sprachgeschichte. Analysen und Tabellen (Studia Linguistica Germanica 40). Berlin, New York: Walter de Gruyter. Szczepaniak, Renata. 2007. Der phonologisch-typologische Wandel des Deutschen von einer Silben- zu einer Wortsprache (Studia Linguistica Germanica 85). Berlin, New York: Walter de Gruyter.