Ausgewählte Fragen zum Widerrufsrecht nach 8, 9 VVG Dr. Peter Reusch Düsseldorf 26.10.2012
Überblick 1. Textform 2. Zeitpunkt der Widerrufsbelehrung 3. Musterbelehrung nach 8 Abs. 5 VVG 4. Abweichungen vom amtlichen Muster 5. Vollständige Erfüllung nach 8 Abs. 3 S. 2 VVG 6. Verhältnis von 8 Abs. 3 S. 2 zu 9 S. 2 2. Halbsatz VVG Dr. Peter Reusch 26.10.2012 2
1. Textform 8 Abs. 1 S. 2 VVG Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären. Art. 6 Abs. 6 Fernabsatzrichtlinie II: "Übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht aus, so teilt er dies vor Fristablauf unter Beachtung der ihm gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe 4 d) gegebenen praktischen Hinweise in einer Weise mit, die einen Nachweis entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ermöglicht. Die Frist gilt als gewahrt, wenn die Mitteilung, sofern sie in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften, dem Empfänger zur Verfügung stehenden und ihm zugänglichen Datenträger erfolgt, vor Fristablauf abgesandt wird." Dr. Peter Reusch 26.10.2012 3
2. Zeitpunkt der Widerrufsbelehrung Gesetz gibt keinen Zeitpunkt vor. 7 VVG i. V.m. 1 Abs. 1 Nr. 13 VVG-InfoV Belehrung rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung ist möglich. BGH NJW 2002, 3396 Belehrung darf nicht bereits vor Abgabe der Vertragserklärung erfolgen. Widerrufsrecht wird VN nur dann klar genug vor Augen geführt, wenn er die Belehrung im Zusammenhang mit seiner Vertragserklärung zur Kenntnis nimmt. Dr. Peter Reusch 26.10.2012 4
Verhältnis 8 VVG zu 7 Abs. 1 VVG i. V. m. 1 Abs. 1 Nr. 13 VVG-InfoV Varianten des Antragsmodells in der Praxis Verpflichtung, wiederholt zu belehren? Invitatiomodell Dr. Peter Reusch 26.10.2012 5
3. Musterbelehrung nach 8 Abs. 5 VVG Antragsmodell Invitatiomodell Musterbelehrung hier nicht ohne Änderungen einsetzbar, weil im Anwendungsbereich der Fernabsatzrichtlinie II richtlinienwidrig - Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Nr. 3a und Art. 6 Abs. 1 S. 3 erster Spiegelstrich - auch Verstoß gegen Art. 35 der Lebensversicherungsrichtlinie Schwierigkeiten, VN auf den Fristbeginn hinzuweisen. Dr. Peter Reusch 26.10.2012 6
4. Abweichungen vom amtlichen Muster für die Widerrufsbelehrung Gesetzliche Fiktion bei vollständiger Übernahme Was gilt, wenn Versicherer einen Teil weglässt? Widerrufsfolgen Im Fall eines wirksamen Widerrufs endet der Versicherungsschutz, und wir erstatten Ihnen den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien, wenn Sie zugestimmt haben, dass der Versicherungsschutz vor dem Ende der Widerrufsfrist beginnt. Den Teil der Prämie, der auf die Zeit bis zum Zugang des Widerrufs entfällt, dürfen wir in diesem Fall einbehalten; dabei handelt es sich um [einen Betrag i. H. v. ]. Die Erstattung zurückzuzahlender Beträge erfolgt unverzüglich, spätestens 30 Tage nach Zugang des Widerrufs. Beginnt der Versicherungsschutz nicht vor dem Ende der Widerrufsfrist, hat der wirksame Widerruf zur Folge, dass empfangene Leistungen zurückzugewähren und gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben sind. Gestaltungshinweise Der Betrag kann auch in anderen Unterlagen, z. B. im Antrag, ausgewiesen sein; dann lautet der Klammerzusatz je nach Ausgestaltung:»den im Antrag/im... auf Seite.../unter Ziffer... ausgewiesenen Betrag«. Dr. Peter Reusch 26.10.2012 7
5. Vollständige Erfüllung nach 8 Abs. 3 S. 2 VVG Widerrufsrecht erlischt, wenn der Vertrag sowohl vom Versicherer als auch vom VN auf ausdrücklichen Wunsch des VN vollständig erfüllt ist, bevor dieser sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. a) venire contra factum proprium Versicherungsvertrag ist Dauerschuldverhältnis b) Erlöschen nur der Hauptleistungspflicht? Bestehen Informations- und Belehrungspflichten fort? c) Positive Kenntnis des VN Dr. Peter Reusch 26.10.2012 8
6. Verhältnis von 8 Abs. 3 S. 2 zu 9 S. 2 2. Halbsatz VVG Was bedeutet Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen nach 9 S. 2 2. Halbsatz im Verhältnis zur vollständigen Erfüllung nach 8 Abs. 3 S. 2 VVG? Regelmäßig keine Überschneidung der Anwendungsbereiche Ausnahme: 1 - seltene - Fallgestaltung Dr. Peter Reusch 26.10.2012 9
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Peter Reusch 26.10.2012 12