Biomechanik und aktive Bewegung beim Pferd; Analysieren von funktionellen Bewegungsabläufen und deren Nutzen für die Therapie. Weiterbildung 17./18. Mai 08 mit Dr.med.vet. Robert Stodulka, Fachtierarzt für Physiotherapie und Rehabilitationsmedizin, Wien Ich möchte in der kurzen Zusammenfassung dieser 2 Tage einige Punkte dokumentieren die mich persönlich fachlich und teilweise auch emotionell stark angesprochen haben. Es soll auf keinen Fall eine vollständige Zusammenfassung der Weiterbildung darstellen. Einige Gedanken zur klassischen Reitlehre und der Sportreiterei Ein arabisches Sprichwort lautet: "Sag nicht, das ist mein Pferd, sondern das ist mein Sohn". Dieser Satz sagt mehr als tausend Worte, was das Pferd für eine Wertschätzung zu erfahren haben sollte. Sei es in der Freizeitreiterei oder der Sportreiterei! Allein das Pferd ist der Einzige, der im Sport und der Reiterei nicht freiwillig dabei ist. Unter Training bezeichnet man die Kunst die individuelle Leistungsfähigkeit durch systematische Übungen, zweckentsprechende Nahrung und die den ganzen Organismus umfassende, zielbewusste Pflege zu erhöhen. Wir können das Training eines Pferdes grob in 3 Abschnitte einteilen: Adaptationstraining an der Longe und unter dem Reiter; von 3-5 Jahre = junge Remonte (u.a. Autoequiliberation auf Zirkel an der Longe ohne Hilfszügel, suchen der Balance auf der Kreisbahn) Kraftraining; von 5-7 Jahre = alte Remonte (gemäss Heeresdienstvorschrift HDV 12 = Schulpferd) Ausdauertraining; von 6-7 Jahre = fertig ausgebildetes Lektionenpferd Wichtig ist der Grundsatz, dass wir ausbilden wollen, nicht reparieren, sondern verhindern von Fehl- und Überbelastungen. Es gibt viele Wege zum Ziel, wichtig ist, das er dem Pferd weder physisch noch psychisch schadet. Die Klassische Reitweise geht zurück auf die grossen alten Reitmeister wie Xenophon, Pluvinel, La Guérinière, Seeger, Steinbrecht, Baucher und andere. Sie ist weder an eine bestimmte Pferderasse noch an eine bestimmte Epoche gebunden. Zur klassischen Reitweise gehört: die Versammlung als grundlegender Gehorsam, die korrekte Kopfposition, die Berücksichtigung der Anatomie und Biomechanik und der ausbalancierte, unabhängige 3- Punktsitz. Einen wichtigen Punkt auf dem Weg zur Versammlung spielt das Abkauen. Es soll durch das Anheben der Trense ein Ablutschen erreicht werden und nicht ein Öffnen des Mauls, was einem Entziehen entsprechen würde. Ein Druck auf die Zunge löst eine Gegenspannung aus. Das Anheben jedoch hat eine Lockerung zur Folge. Damit das Pferd diese Kaubewegung gelöst ausführen kann, muss ihm unbedingt genug Bewegungsfreiheit des Maules gewährleistet werden. Zu eng verschnallte Sperriemen behindern diese Aktivität und lösen über die untere Muskelkette M.masseter - M.brachiocephalicus etc. eine Erhöhung der Spannung aus. Nur ein im Maul gelöstes Pferd, das ruhig abkauen kann, geht mit einer gelösten Vorhand und dadurch auch gelöst in der Hinterhand. Was bewirkt der beruhigende Kauvorgang anatomisch gesehen?
Es gibt verschiedene Punkte, die eine positive Auswirkung haben: Durch das Kauen wird der Parasympathikus aktiviert, weil die Durchblutung angeregt wird und der Lymphabfluss im Kopf-Kieferbereich gefördert wird. Über die Mm. Omohyoideus, Sternohyoideus und Sternocephalicus haben wir eine direkte Verbindung vom Hyoid bzw. Mandibula zur vorderen Extremität. Sind diese Muskeln gelöst, kann die Vorhand auch raumgreifend arbeiten. Wir können diese Muskeln auch über den Druck des Halsriemen beeinflussen und so ein Abkauen ohne Trense erreichen. Der Komplex Hyoid-Kiefer- obere HWS ist über die Dura mater mit dem Sacrum direkt verbunden. Somit haben wir eine direkte Beeinflussung der Losgelassenheit und Aktivität der Hinterhand.
Die untere, mittlere und obere Muskelkette verbindet Kiefer-Kopf und Vorhand und Hinterhand miteinander WICHTIGE VERBINDUNGEN ZWISCHEN CRANIAL UND CAUDAL Schädel dorsal Becken (obere Kette) M.SPLENIUS FASCIA THORACOLUMBALIS M.GLUTAEUS Schädel ventral Becken (mittlere Kette) M.LONGUS COLLI DIAPHRAGMA M.PSOAS Vorhand Becken (untere Kette) M.LATISSIMUS DORSI - FASCIA THORACOLUMBALIS M.GLUTAEUS
Wie sieht es in der Praxis aus: Abkauen an der Hand durch Anheben der Trense Abkauen und gleichzeitige Seitwärtsbiegung Seitwärtsbiegung ist nur mit normaler oder tiefer Kopf-Halshaltung möglich, bei hoher KH-Haltung ist nur Stellen möglich, da C2/C3 in Aufrichtung verschlossene Facettengelenke aufweist.
Seitwärtsbiegung an der Hand mit Hilfe von einseitigem Anheben der Trense Dehnung vorwärts abwärts an der Hand Mit Hilfe des Anhebens der Trense