Kabarett & Comedy Wo liegt der Unterschied? (endgültige Fassung) von HuZim MayXX http://huzimmayxx.wordpress.com Dieses Werk steht unter einer Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell- KeineBearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.
Eigentlich mache ich Kabarett. Es steht aber Comedy auf dem Plakat, weil sonst keiner kommt. Dieter Nuhr Siebzehn Jahre. Siebzehn Jahre verfolge ich (mehr oder minder) Comedy und Kabarett-Sendungen im Fernsehen. Vom Scheibenwischer hin zu RTL Samstag Nacht über NightWash bis hin zum Quatsch Comedy Club und Neues aus der Anstalt oder auch der heute-show. Dabei hat sich mir ein Bild über den Unterschied zwischen Kabarett und Comedy ins Hirn gebrannt, das anscheinend der Großteil nicht teilt. Das gängige Bild über den Unterschied zwischen Comedy und Kabarett ist, dass Kabarett immer politisch ist. Und sobald irgendwas politisches erwähnt wird, es sofort nicht mehr Comedy sondern Kabarett ist. Doch Kabarett ist mehr als nur Comedy mit politischem Inhalt. Kabarett gibt es in mehr als einer Form. Es gibt da zum einen das bekannte politische Kabarett (oder kurz Polit-Kabarett ), welches wohl die größte Verbreitung der kabarettistischen Formen hat. Deshalb alles kabarettistische über einen Kamm zu scheren oder gar normale Comedians, nur weil sie politischen Inhalt vorweisen können, direkt als Kabarettisten zu bezeichnen, könnte falscher nicht sein. Es gibt aber auch das musikalische Kabarett (oder Musik-Kabarett ). Es gibt das lyrische Kabarett (große Teile des Poetry Slam ), das Alltags- Kabarett, das Sketch-Kabarett und noch viele andere Formen (deren Aufzählung hier zuviel wäre), die sich alle unter dem Begriff Kabarett vereinen. Genau so gibt es auch verschiedene Formen der Comedy. Da gibt es Stand-Up Comedy, Sketch-Comedy, Ethno-Comedy, Alltags-Comedy, Proll-Comedy (manchmal auch Aggro-Comedy genannt), Polit-Comedy (ja, die gibt es auch) und noch weitere Formen, deren komplette Aufzählung (wie schon bei Kabarett) hier zuviel wäre. Da sich der Begriff Polit-Comedy immer mehr als Begriff durchsetzen will, und es sich nicht mehr so einfach alles, was politisch ist, ist Kabarett sagen lässt, ist natürlich die Frage Wenn Comedy auch politisch sein kann, worin liegt dann der Unterschied zwischen Kabarett und Comedy?
Was ist der Unterschied zwischen einem Comedian und einem Kabarettisten? Der Comedian macht es wegen dem Geld. Der Kabarettist macht es wegen des Geldes. gängiger Witz unter Kabarettisten So oberflächlich und arrogant dieser Witz sein mag, so könnte er richtiger gar nicht sein. Es verdeutlicht, dass es keinen großen Unterschied zwischen Kabarett und Comedy gibt. Wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass in den Sätzen Der Comedian macht es wegen dem Geld und Der Kabarettist macht es wegen des Geldes die gleiche Aussage getroffen wird. Und das ist auch bei Kabarett und Comedy so. Inhaltlich können beide gleich sein nur in der Art und Weise, wie der Inhalt dargeboten wird, unterscheiden sie sich ( wegen dem Geld / wegen des Geldes ). Wie man vielleicht von z.b. von Dieter Nuhr, Vince Ebert oder Eckart von Hirschhausen her kennt, sind Kabarettisten (die erwähnten Personen gehören eher zu jener Gruppe) nicht unbedingt auf eine möglichst hohe Lachdichte aus. Das ist das Ziel von Comedians. Denn, wie der Name schon sagt, ist das Ziel eines Comedians, Leute so oft wie möglich zum Lachen zu bringen inhaltlich ist es da egal womit, solange es jemanden zum Lachen bringt. Und je mehr man bei einem Comedian lacht (je höher die Lachdichte), desto besser ist er. Bei einem Kabarettisten ist die Lachdichte sekundär, weshalb auch wenn einige sagen, dass der Unterschied zwischen Kabarett und Comedy nur noch im Kopf besteht man diese Komiker (würde ich als Überbegriff für Comedians und Kabarettisten nehmen), die sich einer möglichst hohen Lachdichte verweigern oder nicht darauf abzielen, nicht mit jenen in einen Topf geworfen werden sollten, die auf eine hohe Lachdichte aus sind. Das wäre so, als würde man einen Rosamunde Pilcher-Film mit einer romantischen Komödie auf eine Stufe stellen, nur weil in beiden Filmen eine Liebesgeschichte erzählt wird. Und das ist wirklich nicht im Sinn der Sache. Dass Kabarett und Comedy wirklich nur die Art der Darstellung, und die damit verbundene Höhe der Lachdichte, unterscheidet, sieht man am besten an den Beispielen von Mario Barth (welcher bekanntlich Comedian ist) und Horst Schroth (welcher bekanntlich Kabarettist, obwohl selten politisch, ist). In einigen seiner Programme vor 2008 erzählt Horst Schroth nämlich auch viel über den Unterschied zwischen Mann und Frau, ähnlich wie es Mario Barth tut. Naja, nicht wirklich ähnlich, da Horst Schroth nicht
auf eine hohe Lachdichte abzielt und es daher gemütlicher, ruhiger (oder auch langweiliger ) angeht. Da zeigt sich, meiner Meinung nach, recht eindeutig der Unterschied zwischen Comedy und Kabarett. Wäre dies die Web-Fassung, würden hier zwei Videos zu sehen sein. Eines mit Mario Barth, das andere mit Horst Schroth. Link zum Video mit Mario Barth Link zum Video mit Horst Schroth Ich glaube, dass diese beiden Videos für sich sprechen. Auch, wenn nicht jeder so hibbelig wie Mario Barth ist und Horst Schroth in dem Video etwas hektischer ist als sonst, so kommt doch ein gutes Bild rüber über den Unterschied zwischen Comedy und Kabarett. Man schaue sich nur die Art der Darstellung an und vergleiche sie mit anderen Künstlern, die Comedians oder Kabarettisten genannt werden, und man bemerkt einige Ähnlichkeiten. Hinzu muss ich sagen, dass mir beide Formen der Komik gefallen. Keine von beiden will ich missen. Doch zu sagen, dass es keinen Unterschied gibt, sollte nach dem Schauen der beiden Videos, eindeutig als falsch auffallen zumindest meiner Meinung nach. Das heißt aber natürlich nicht, dass Comedians und Kabarettisten nicht harmonieren können. Sie können es. Sie können es sogar sehr gut. Das zeigen unzählige Formate in denen Kabarett als Comedy oder Comedy als Kabarett verkauft wird, sowie einige andere Formate, in denen es Comedy und Kabarett erlaubt ist zu koexistieren und das auf der gleichen Bühne. Manchmal sogar zeitgleich. Allerdings gibt es natürlich diese Feindschaft zwischen Comedy und Kabarett, die seit der Abkapslung der Comedy vom Kabarett besteht. Damals, Anfang der 90er, wurde der Begriff Comedy ein eigenständiger Begriff (vorher lief alles unter Kabarett, zumindest laut meiner Erinnerung die natürlich täuschen könnte), da diese neue Form des Humors ein eher jüngeres Publikum ansprach als die des Kabaretts. Seitdem gilt auch Kabarett unter nicht wenigen Comedy-Fans auch als Humor für Rentner und daher wollte man eine strikte Trennung zwischen Kabarett und Comedy. Auch heute sind einige Fans nicht unbedingt besser, da manche meinen Komiker, die keine hohe/gute Lachdichte haben, sind keine guten Komiker, so dass Kabarettisten generell schlecht sind (aufgrund zu niedriger Lachdichte), wenn sie nicht zufälligerweise in Wirklichkeit Comedians sind.
Auch Plagiat-Vorwürfe sieht man seitens der Comedy-Fans immer, wenn sie an Kabarett denken, weil dieses die Stilmittel der Comedy klaut, eher schlecht als recht auch wenn diesen Leuten eigentlich klar sein sollte, dass es Stilmittel des Humors sind, und auf Humor beruhen beide komödiantischen Genre, die sich, wie gesagt, nur in der Art der Darstellung unterscheiden. Ein Vergleich zwischen Kabarett mit US-amerikanischer Comedy, zu der selbstverständlich auch Polit-Comedy von u. a. Jon Stewart und Stephen Colbert zählt, möchte ich nicht ziehen, da es unter US-Amerikanern durchaus gängiger ist, sich für Politik zu interessieren, als es in Deutschland üblich ist. Wäre es in Deutschland üblicher, würde dieser Vergleich mit dem Anteil des politischen Inhalts gar nicht aufkommen. Und Comedy könnte auch hier in Deutschland politisch sein. Aber Comedy kann, laut uns Deutschen, gar nicht politisch sein. Dafür sind wir einfach zu Politikverdrossen. Entweder es wird als Kabarett oder als Satire hingestellt. So eben auch bei der heute-show und den beiden US-Amerikanern, die vorhin erwähnt wurden. Die gelten hier alle als Satire, obwohl es eigentlich ganz klar zu erkennen ist, dass es Comedy Sendungen sind. Und das ist auch eine Sache, die ich sehr suspekt finde: die Deutschen scheinen den Unterschied zwischen Comedy und Satire nicht wirklich zu kennen. Wer Satire kennt, weiß, dass die heute-show, The Daily Show und The Colbert Report keine Satire sind. Satire wären eher Sendungen wie Fiktiv das einzig wahre Magazin (kabel eins, 1998). Zur Information: Fiktiv war ein Format, dass wie Extra, Explosiv, taff oder brisant aufgebaut war heimlich aber Akte [Jahrgang hier einsetzen] als Vorbild hatte. Alles wurde so dargestellt, als wäre es echt. Ein ernster Moderator, ernster Gesichtsausdruck, ernste Stimmlage, ernste Berichte wie man sie auch von Extra oder viel eher vom vorhin erwähnten Akte [Jahrgang hier einsetzen] erwartet hätte. Nur eben alles erstunken und erlogen und total abstrus. Man hätte fast meinen können, es wäre Titanic-TV nur ernster, realistischer und professioneller. Und natürlich ohne den Warnhinweis, dass es sich um Satire handelt. Weshalb auch nicht wenige Zuschauer mit dem Programm nicht zurecht kamen und es für echt hielten. So echt, dass nach zehn Folgen der Stecker gezogen wurde. Aber hier geht es nicht um Satire, sondern um den Unterschied zwischen Kabarett und Comedy. Also zurück zum Thema.
Es ist nicht schlimm, wenn [bei Kabarett] mal keiner lacht. Es besteht kein Lachzwang. Georg Schramm Wenn bei Kabarett mal keiner lacht, ist der Kabarettist nicht unbedingt gescheitert. Es gibt sogar einige kabarettistische Nummern, bei denen man gar nicht lachen sollte/kann oder wo die Witze sehr gut versteckt sind. Wenn bei Comedy keiner lacht, ist der Comedian gescheitert (zur Erinnerung: das Ziel der Comedy sind lachende Gesichter). Oder das Publikum ist schuld, weil es viel zu alt wäre. Wenn bei einem Comedian mal keiner lacht, ist es leider nicht mehr selten so, dass Comedy-Fans sofort über das Publikum herziehen. Als ob nur eine Form des Humors die Richtige wäre. Die gleichen Leute werfen auch Kabarettisten und Kabarett-Liebhabern vor, das nur zu mögen, weil man ja so intelligent wäre und nur Kabarett toll ist, und Comedy gar nicht weil jeder Kabarettist oder Kabarett-Liebhaber Comedy hasst. Wobei es bei einigen bestimmt auch zutrifft, doch so eine Verallgemeinerung ist wie in nicht wenigen Fällen eine schlechte Art der Schubladisierung und nicht wenig hetzerisch. Es gibt sehr viel Hass zwischen Comedy und Kabarett, noch heute. Auch von Seiten des Kabaretts gibt es nicht wenig Hass gegenüber der Comedy, die angeblich viel zu dumm, viel zu prollig oder zu niveaulos sind. Aber das wurde in der Vergangenheit schon viel zu oft und zu lange beredet, so dass es mir hier unsinnig erscheint, alles noch einmal durchzukauen. Fakt ist, dass der Hass gleichermaßen von beiden Seiten kommt. Und dass dieser Hass besteht, ist sehr traurig, da beide Arten ihre Daseinsberechtigung haben. Aber zurück zum Thema: Dadurch, dass man Comedy so definieren würde, dass sie Leute möglichst oft zum Lachen bringen soll, würde nicht weniges, was früher aufgrund des politischen Inhalts als Kabarett galt, auf einmal Polit-Comedy sein. Damit wären Leute wie z.b. Mathias Richling auch kein reinrassiger Kabarettist mehr sondern vielmehr Polit- Comedian. Irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass dies beide Lager nicht wollen. Comedy-Fans würden Mathias Richling vermutlich ablehnen; Kabarett-Liebhaber wären entsetzt darüber, dass eines der Aushängeschilder des politischen Kabaretts plötzlich keines mehr ist. Weshalb es wohl im Interesse beider Gruppierungen liegt, dass das gängige Bild ( alles, was politisch ist, ist Kabarett ) bestehen bleibt.
Zumindest vermute ich dies. So kann man sich viel besser hassen und sich selber gegenüber der anderen Gruppe produzieren. Und das machen Menschen manchmal lieber als alles andere. geschrieben am 23. Januar 2010 endgültige Fassung erstellt am 24. Juli 2011 PDF erstellt am 1. August 2011