Auszug aus der Masterarbeit Evaluation von BNE-Prozessen am Beispiel schulischer Energiesparprojekte Eingereicht von Rudert, Bettina am 31.01.2013 an der Universität Rostock, Fernstudium Umwelt & Bildung Beauftragt durch das Unabhängige Institut für Umweltfragen e.v. Für Rückfragen kontaktieren Sie bitte bettina@rudert-home.de oder malte.schmidthals@ufu.de
Interpretation der Ergebnisse An dieser Stelle soll die zu Beginn der Evaluation aufgestellte Forschungsfrage Wie konkret und differenziert wirkt sich die wissenschaftliche Begleitung von schulischen Energiesparprojekten bei Auftragserteilung an das UfU e.v. aus?" beantwortet werden. Dies geschieht, indem die Befunde aus den verschiedenen Erhebungsinstrumenten den Indikatoren zugeordnet und eingeschätzt werden, die Summe der Erkenntnisse gibt Auskunft über den Zustand eines Kriteriums und die Summe der Kriterienzustände beantwortet die (Teil)Forschungsfrage. Wie aktuell und relevant sind die Inhalte schulischer Energiesparprojekte des UfU e.v. für die jeweilige Situation der Schule? Die vom UfU e.v. durchgeführten und begleiteten Energiesparprojekte waren auf die jeweiligen Bedürfnisse der Schule zugeschnitten. Die Projekte waren für die Schüler anspruchsvoll. Begründung: Während des ersten Termins wurden die Besonderheiten der Schule zur Sprache gebracht. Es ging immer um die speziellen lokalen Gegebenheiten, sei es bezüglich der Bausubstanz, Veränderungen und Entwicklungen seit dem letzten Energiesparprojekt und Themenwünsche seitens der Schule. In der Wilhelm-Hauff- Grundschule wurden z.b. die dezem-messstation und die teilweise vorhandene LED- Beleuchtung Bestandteile des Projekts. Die Kursleiter stellten sich auf Klasse ein. So wurde auf Wunsch des Lehrers den Schülern Zeit zum Abschreiben des Tafelbildes gegeben, eine zusätzliche Projektstunde vereinbart und der Energierundgang in zwei Gruppen durchgeführt, damit der Lehrer mit der jeweils anderen Gruppe eine Klassenarbeit vorbereiten kann. Die Kursleiter arbeiteten sich kurzfristig in neue Themen ein, wie dies bei der dezem-messstation geschah. Die Energiesparprojekte sind anspruchsvoll. 29 von 44 Schülern gaben an, dass sie viel Neues erfuhren und der Lehrer der Wilhelm-Hauff-Grundschule bestätigte dies. Wie gut stellen die durch das UfU e.v. bereitgestellten Materialien eine Arbeitsgrundlage für Lehrer und Kursleiter dar? Die von den Kursleitern des UfU e.v. den Lehrern bereitgestellten Materialien zur Vorbereitung selbst durchzuführender Projektstunden stellen eine gute theoretische Einführung in das Energiesparthema einerseits und deren didaktischen Vermittlung andererseits dar. Der praktische Nachweis konnte in dieser Arbeit nicht erbracht werden, da kein Lehrer als Kursleiter fungiert hat. Die Kursleiter des UfU e.v. benutzen
zu ihrer Vorbereitung darüber hinausgehende Materialien. Begründung: Die Lehrerin der Otfried-Preußler-Grundschule nutzte die Materialien für sich zur Vorbereitung der zusätzlichen Vertiefungsstunde. Sie hat sich sehr positiv zu ihnen geäußert. Dem Kursleiter ist aufgefallen, dass die Lehrerin aus der Broschüre Kleines Handbuch für Klimaretter" Kopiervorlagen benutzte. Die beiden anderen Lehrer konnten die Materialien nicht beurteilen. Die Broschüre Schulpaket fifty/ fifty Energiesparen an Schulen" ist logisch aufgebaut und verständlich erklärt. Wenn für die Experimente Zusatzmaterial gebraucht wird, wie z.b. Erde, sind sie gut beschaffbar. Messgeräte müssten sich die Lehrer eventuell ausleihen. Die Auflistung der in der Broschüre vorgeschlagenen Lehr- und Lernarrangement zeigt, dass eine Vielzahl unterschiedlicher BNE-förderlichen Lehrund Lernarrangements zum Einsatz kommen kann. Für die Kursleiter kann die Broschüre Schulpaket fifty/fifty- Energiesparen an Schulen" nur als Grundlage dienen. Jeder Kursleiter hat eine Fülle von Zusatzmaterialien, teilweise selbst zusammengestellt, die der Vorbereitung dienten. Wie beurteilen Lehrer und Schüler die durchgeführten Projektstunden im Vergleich zu normalem Unterricht? Der Lehrer war mit dem Projekt sehr zufrieden. Die Mehrheit der Schüler fand das Projekt abwechslungsreicher als normalen Unterricht und viele von ihnen können sich vorstellen, an ähnlichen Projekten wieder teilzunehmen. Begründung: Die Erwartungen des Lehrers der Wilhelm-Hauff-Grundschule wurden erfüllt. Das Projekt bedeutete für ihn einen Gewinn für seinen Unterricht. Die Zusammenarbeit mit dem Kursleiter des UfU e.v. verlief reibungslos. Der Lehrer lernte keine neuen Unterrichtsmethoden kennen. Das schien für ihn aber kein Manko zu sein. Er nahm neue Ideen für seine tägliche Arbeit mit und fühlte sich für weitere Projekte gut vorbereitet. Nach Auskunft des Lehrers waren die Schüler angemessen gefordert. 66% der Schüler gaben an, viel Neues, 20% der Schüler gab an, einiges Neues gelernt zu haben. Für 28 von 44 Schülern waren die Projektstunden abwechslungsreicher als normaler Unterricht, fünf Schüler stimmten dem nicht zu. 21 von 44 Schülern möchten Projekte dieser Art gerne wieder durchführen. Welche Faktoren sind für eine erfolgreiche Projektdurchführung von entscheidender Bedeutung? Aus den Befunden der verschiedenen Erhebungsinstrumente entstand unten stehende Grafik. Die Erfolgsfaktoren lassen sich in vier Bereiche Schule, UfU e.v., Schulträger
und Technik clustern. Erwähnt werden, weil bisher kaum geschehen, sind die Erfolgsfaktoren aktiver Hausmeister, Vorbildfunktion der Lehrer, Verbindlichkeit der im Projekt vorgeschlagenen Maßnahmen seitens der Schule und Durchführung zugesagter Reparaturen seitens des Schulträgers. Abbildung 1: Erfolgsfaktoren für ein schulisches Energiesparprojekt Wie motiviert sind die Schüler und Lehrer vor Beginn des Energiesparprojekts? Die Lehrer waren sehr motiviert und freuten sich auf das Projekt. Die Mehrheit der Schüler gab an, sich zu freuen, aber es war eine Tendenz in Richtung abwartende Haltung zu erkennen. Begründung: Alle drei Lehrer hatten eine sehr positive Erwartungshaltung bezüglich des anstehenden Energiesparprojekts, die Vorbereitung mit den Kursleitern des UfU e.v. verlief sehr gut. Die Lehrer erhofften sich neue Impulse und Ideen für ihre tägliche Arbeit mit den Schülern. Sie erwarteten nicht unbedingt, dass sie neue Unterrichts-
methoden kennen lernen. Zwei Lehrer wurden von ihren Direktoren bei dem Energiesparprojekt unterstützt, einer war sich der Unterstützung nicht sicher. Das gezeigte Engagement wurde bei den Kollegen zweier Lehrer wahrgenommen und honoriert. 40 von 62 Schülern waren auf das Projekt gespannt, 17 Schüler hatten aber auch gemischte Gefühle. Während der Beobachtungen stellte sich heraus, dass den Schülern nicht klar war, dass sie nun das Energiesparteam der Schule waren und damit Verantwortung übernahmen und Rechte und Pflichten hatten. Welche Schwierigkeiten und Chancen stellen sich den Kursleitern des UfU e.v. bei Vorbereitung und Durchführung schulischer Energiesparprojekte? Sind signifikante bzw. viele Erfolgsfaktoren (siehe Abbildung 1) nicht vorhanden, hat der Kursleiter eine Reihe von Schwierigkeiten zu bewältigen. Eine der großen Herausforderungen für die Kursleiter ist es, sich bei jedem Projekt auf eine neue Klasse mit ihren Besonderheiten einzustellen. Dies bietet, neben den damit nicht zu unterschätzenden Schwierigkeiten, immer wieder die Chance, Erfahrungen aus den anderen Projekten einbringen und noch flexibler agieren zu können. Die begrenzte Anzahl der Projektstunden wirft immer wieder Probleme auf. Kann das Lernziel in einer Stunde nicht erreicht werden, ist dies kaum noch in der nächsten Projektstunde aufzuholen bzw. an anderer Stelle muss gekürzt werden. Die Möglichkeit einer zusätzlichen Projektstunde wie in der Wilhelm-Hauff-Grundschule anzubieten, ist die Ausnahme. Ungenügendes Vorwissen und viele neue Fremdwörter behindern den Projektfortschritt. Die Schüler sind in dieser Altersstufe selten in der Lage, Projektergebnisse aufzubereiten und Präsentationen vorzubereiten. Klimawandel und Klimaschutz sind für die Schüler sehr abstrakte Themen. Der Lebensbezug zu den Schülern muss in Zukunft besser hergestellt werden. Wechselnde betreuende Lehrer während der Projektstunden führt zu Unruhe, Disziplinprobleme behindern ganze Projektstunden. Inwieweit zeigen die Energiesparprojekte eine langanhaltende nachhaltige Wirkung? Die Energiesparprojekte waren Einstiegspunkt für einige Schulen, dieses spezielle Thema oder ein anderes aus dem Bereich Klimaschutz langfristig weiter zu verfolgen. Dazu bedarf es in Zukunft allerdings mehr Unterstützung durch Schulleitung und Kollegium. Eine weitere Begleitung und Unterstützung durch das UfU e.v. wurde gewünscht. Begründung: Keine der drei Schulen hat in dem Evaluationszeitraum ihr Schulprofil
oder -programm hinsichtlich Energiesparthemen aktualisiert. Eine Schule signalisierte, dass sie mit der Bewerbung um den Titel Berliner Klima Schule" das Thema langfristig fest verankern möchte. Eine zweite Schule strebt eine Weiterverfolgung des Themas 'klimafreundliche Schule' u.a. über das Einbringen beim Schülerparlament an. Möglich ist, dass im späteren Verlauf das Schulprofil angepasst wird. Dies ist meist ein langwieriger Prozess und daher ist es nicht verwunderlich, wenn sich in der kurzen Evaluationsperiode keine offiziellen Veränderungen ergaben Der Lehrer der Wilhelm-Hauff-Grundschule würde des das Projekt uneingeschränkt anderen Klassen und anderen Schulen empfehlen. Der Wunsch nach Nachfolgeprojekten wurde auch von einer anderen Schule geäußert. Die Unterstützung durch den jeweiligen Direktor und durch die Kollegen ist eine notwendige Voraussetzung, bei den meisten Schulen aber verbesserungswürdig, um einen langfristigen Erfolg zu garantieren. Der Lehrer der Wilhelm-Hauff-Grundschule lernte während der Projektlaufzeit keine neuen Methoden kennen, nimmt aber neue Ideen für seine tägliche Arbeit mit und fühlt sich für weitere Projekte gut vorbereitet. Welchen Lernerfolg kann man bei den Schülern nach einem schulischen Energiesparprojekt feststellen? Die Identifikation mit dem Thema Energienutzung und -sparen und die Verantwortungsübernahme der Schüler erhöhten sich, können aber noch verbessert werden. Komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge wurden von Schülern teilweise besser verstanden. Keine Aussage kann zur Stellungnahme der Schüler zu aktuellen Energiethemen gemacht werden. Begründung: 25 von 44 Schülern achteten nach eigener Aussage seit dem Beginn des Energiesparprojekts oft auf energiesparendes Verhalten in der Schule. Das heißt auch, dass 19 Schüler dies nur selten oder gar nicht taten. Es war ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Schulen auszumachen. 77% der Schüler die das Projekt vor neun Monaten durchführten, achteten auf energiesparendes Verhalten, aber nur 36% der Schüler, die gerade am Projekt teilnahmen. Nach Auskunft des Lehrers sind (trotzdem) Problem- und Verantwortungsbewusstsein der Schüler gestiegen und das umweltgerechte Verhalten nahm zu. Zum Abschluss der schulischen Energiesparprojekte sollten die Ergebnisse bzw. erarbeiteten Energiesparmaßnahmen anderen Klassen vorgestellt werden. Die Schüler der Wilhelm-Hauff-Grundschule waren mit der Vorbereitung noch nicht fertig, als sie die Erfahrungsanalyse ausfüllten. In der Clemens-Brentano-Grundschule bot sich ein uneinheitliches Bild bei der Beantwortung der zwei Fragen zu dem Thema. Zehn von
22 Schülern sind der Meinung, anderen Klassen das Projekt vorgestellt zu haben, fünf Schüler konnten sich nicht daran erinnern. Die Kontrolle von Maßnahmen wird von zwölf Schülern wahrgenommen. Hier zeigt sich Verbesserungspotential für zukünftige Projekte. Drei Viertel der Schüler erzählten ihren Eltern von dem Energiesparprojekt. Dies lässt darauf schließen, dass das Thema sie beschäftigte und übertrifft die Erwartungen. Die Schüler füllen mit unterschiedlichen Erfahrungs- und Alltagswissen die Fragebögen aus. Obwohl das Datenmaterial für einen Vorher-Nachher-Vergleich eher spärlich war, so war doch eine Tendenz zu erkennen, dass die Schüler mehr Begriffe nach dem Projekt kannten als vor dem Projekt und die Begriffe auch besser erklären konnten. Am Beispiel der Wilhelm-Hauff-Grundschule ist zu sehen, dass die Schüler nach dem Projekt die Begrifflichkeiten besser verstehen und erklären konnten, die während des Projekts eine wichtige Rolle spielten (z.b. Lux und kwh). Die Anzahl der Schüler, die die Erfahrungsanalyse ausfüllten, war um fast 50% geringer als die Anzahl derer, die die Erwartungsanalyse ausfüllten. Daher war die Anzahl der Nennungen bei den Energiespartipps auch geringer, allerdings um mehr als die Hälfte. Dies ist kein zufriedenstellendes Ergebnis. Von den Energiespartipps der Schüler der Wilhelm-Hauff-Grundschule waren immer noch einige falsch bzw. unverständlich. Die Bandbreite der Vorschläge nahm ebenfalls ab und konzentrierte sich auf die im Energiesparprojekt am meisten beachteten Bereiche Licht ausschalten, richtiges Lüften und Heizung richtig einstellen. Alle Energiespartipps bzw. Beispiele zu Auswirkungen der Klimaveränderungen waren bei der Klasse der Clemens-Brentano- Grundschule richtig. Als erfreulich einzuschätzen ist, dass 27 von 44 Schülern angaben, sich zutrauen, mit anderen Menschen über Energiesparen zu sprechen. In den beobachteten Projektstunden wurde deutlich, dass sich meist nur die gleichen Schüler an Diskussionen beteiligten. Aufgrund der knappen Zeitvorgaben war es nicht möglich, aktuelle Energiethemen schülergerecht aufzubereiten und zu diskutieren.
Zusammenfassung und Ausblick Mittels einer Evaluation sollte der Frage nachgegangen werden Wie konkret und differenziert wirkt sich die wissenschaftliche Begleitung von schulischen Energiesparprojekten bei Auftragserteilung an das UfU e.v. aus?". Schulische Energiesparprojekte können eine Menge Bewirken und Bewegen. Durch Änderung des Nutzerverhaltens in der Schule wird weniger Energie verbraucht, die damit einhergehenden Kosteneinsparungen entlasten die Budgets der Schulträger und der Ausstoß des Treibhausgases CO 2 wird vermindert. Die schulischen Energiesparprojekte sind meist in den normalen Stundenplan integriert, behalten aber ihren Projektcharakter. Dadurch können sich die Schüler Wissen aneignen und Kompetenzen verbessern, die sie immer mehr befähigen werden, am Prozess einer nachhaltigen Entwicklung zu partizipieren und zu fundierten Positionen bei komplexen Fragestellungen zu gelangen. (BMU 2009, S. 23) Sie sollen in naher Zukunft in der Lage sein, zukunftsfähige, ressourcenschonende und sozial verträgliche Lebensstiele zu entwickeln und zu praktizieren. Dieses Projekt kann nicht das alles auf einmal leisten, aber es ist ein Baustein auf dem Weg dorthin. Die zu Beginn der Evaluation eingegrenzten Untersuchungsbereiche sollten durch den Einsatz verschiedener Erhebungsinstrumente Befunde liefern, die dann analysiert und ausgewertet wurden. Zu Beginn der Evaluationsplanung ging der Evaluator von sechs Grundschulen mit je einer Klasse aus der 4.-6. Klassenstufe und ihrem Lehrer und Direktor aus, die in die Praxisanalyse einbezogen werden sollten. Letztendlich haben die Schüler nur einer Klasse beide Fragebögen, die Erwartungs- und Erfahrungsanalyse, ausgefüllt. Von drei anderen Klassen liegt nur die Erwartungsanalyse und von einer Klasse nur die Erfahrungsanalyse vor. Damit hat sich die erwartete Datenmenge halbiert und die Intention einiger Fragekonstrukte kam nicht zum Tragen. Die Ergebnisse der Analyse sind als exemplarisch, aber nicht als repräsentativ zu betrachten. Interviews mit den Kursleitern des UfU e.v. und dem Fachgebietsleiter Klimaschutz & Umweltbildung e.v. sowie die Dokumentenanalyse wurden wie geplant durchgeführt, außerdem wurde bei vier Projektstunden hospitiert, zwei mehr als geplant. Das Unabhängige Institut für Umweltfragen e.v. begleitet seit 16 Jahren wissenschaftlich schulische Energiesparprojekte. Die Herausforderungen mit denen die Kursleiter jedes Mal konfrontiert werden, sind die nur sehr begrenzt zur Verfügung stehenden Anzahl der Projektstunden und die Tatsache, dass sich jede Klasse anders ist. Anders bezogen auf den Wissensstand, die Motivation und die Entwicklung der
sozialen Kompetenzen. Die zusammengetragenen Ergebnisse zeigen, dass die durch die Kursleiter des UfU e.v. wissenschaftlich begleiteten Projekte bewirken und bewegen in unterschiedlichem Ausmaß und in unterschiedlichem Tempo.