Sicherheit durch ein zeitnahes Angebot an Täter/innen Arbeit mit den Gefährdern ist Opferschutz Vorschlag zur Verankerung der Datenweiterleitung der Gefährder an Gewaltberatungseinrichtungen im Rahmen der sicherheitspolizeilichen Gesetzgebung 38a SPG Betretungsverbot und Wegweisung zum Schutz vor Gewalt Dalpra Arno DSA Psychotherapeut, Gewaltberater, Mediator, Supervisor ifs-gewaltberatung Vorarlberg
Sicherheit durch ein zeitnahes Angebot an Täter/innen Vorschlag zur Verankerung der Datenweiterleitung der Gefährder an Gewaltberatungseinrichtungen im Rahmen der sicherheitspolizeilichen Gesetzgebung 38a SPG Betretungsverbot und Wegweisung zum Schutz vor Gewalt 38a Abs. 4 legt dezidiert die Informationsverpflichtung öffentlicher Sicherheitsdienste bezüglich der Gefährdeten fest. Den Gefährdeten werden verpflichtend Informationen bezüglich geeigneter Opferschutzeinrichtungen ( 25 Abs. 3) erteilt. Eine ähnliche Formulierung hinsichtlich der Gefährder und der verpflichtenden Information durch die öffentlichen Sicherheitsdienste über geeignete Gewaltberatungseinrichtungenkönnte dort (etwa: 38a Abs 4 Z 1a SPG) eingegliedert werden. Auf der Homepage der Autonome Österreichische Frauenhäuser wird erläutert, dass im Rahmen eines ausgesprochenen Betretungsverbots die örtlich zuständigen Gewaltschutzzentren bzw. Interventionsstellen innerhalb kurzer Zeit verständigt werden würden. Diese Einrichtungen würden sich daraufhin mit den Gefährdeten in Kontakt setzen und rechtliche sowie psychosoziale Unterstützung anbieten. Ein ähnliches Modell betreffend der Gefährder, wurde in Vorarlberg in Kooperation mit Polizei und der ifs Gewaltberatung bereits eingeführt und etabliert. Allerdings basiert diese Vereinbarung einerseits auf Eigeninitiative der Polizei, andererseits wird für die Weiterleitung der Kontaktdaten an die ifs Gewaltberatung die Zustimmung der Gefährder benötigt. In der sicherheitspolizeilichen Gesetzgebung sollte die Datenweiterleitung der Gefährdeten, als auch der Gefährder gleichermaßen verankert werden, um auch den Gefährdern die Möglichkeit zu bieten sich mit der Tat und deren Konsequenzen zeitnah und konfrontativ auseinandersetzen zu können. Das würde die Ergänzung des 56 Abs 1 SPG erfordern. Wiederholt wird im Rahmen der polizeilichen Informationspflicht die Aushändigung von Informationsblättern an Gefährdete sowie Gefährder erwähnt. Die für den Gefährder verfasste Version listet vordergründig Unterkunftsmöglichkeiten, sowie rechtliche Gebote und Verbote hinsichtlich der Wegweisung und des Betretungsverbots auf. An dieser Stelle wäre die Publikation der Kontaktdaten örtlich ansässiger Gewaltberatungsangeboten sinnvoll.
Erläuterungen: Begründung In Krisenzeiten ist einerseits die Bereitschaft der Gefährder zur Teilnahme an Gewaltberatungsprogrammen erhöht, andererseits besteht aber auch eine hohe Gefahr erneuter Gewaltausübung. Daher ist es aus unserer Sicht unerlässlich den Kontakt zwischen Gefährder und Gewaltberatungseinrichtungen in zeitlicher Nähe zur Gewalttat herzustellen. Kurze Zeit nach einem Gewaltvorfall ist die Einsichtsfähigkeit der Gefährder in das eigene Fehlerverhalten am höchsten ausgeprägt. Ausgangssituation Polizeikooperation bei Wegweisungen in Vorarlberg Die Polizeiinspektion Feldkirch, trat 2010 mit folgenden Anliegen an Klartext - IfS- Gewaltberatung heran: Bei Wegweisungen trete immer mehr neben der Amtshandlung der Wegweisung die Frage auf, wohin sich der weggewiesene Mann / Frau mit ihren Anliegen von Quartiersuche bis zur Auseinandersetzung mit ihrer Gewalttätigkeit wenden könne. Die Handlungskompetenz der Exekutive ist klar geregelt. Für das danach bestand Handlungsbedarf. Von Seiten der Polizei wurde neben der Notwendigkeit der Wegweisung auch die Ratlosigkeit des Weggewiesenen beschrieben. Die Klarheit der Wegweisung steht im klaren Widerspruch zur teilweisen Hilflosigkeit und Unklarheit der Gefährder/in in Hinblick auf seine Zukunft. Neben der Amtshandlung, die von Seiten der Polizei sehr viel Feingefühl und Klarheit erfordert, ist für die Beamten die Hilflosigkeit und Desorientierung des/r Täters/in eine emotionale Belastung. Die Aufgabenstellung der Exekutive ist generell eine andere wie die Aufgabenstellung der IfS Gewaltberatung-Vorarlberg. Das gemeinsame Ziel besteht darin, durch eine vernetzte Zusammenarbeit Gewalt (nachhaltig) zu beenden. Verankerung im Gesetz: Im Falle eines ausgesprochenen Betretungsverbots werden die ansässigen Gewaltschutzzentren unmittelbar informiert und somit dem Opfer ein schneller und einfacher Zugang zu einem Beratungsangebot ermöglicht. Dies ist eine effektive Vorgehensweise um den Schutz des Opfers zu erhöhen jedoch nicht weitreichend genug um Gewalt zu beenden. Der Verursacher wird durch diese Gesetzgebung jedoch, was die psychosoziale Interventionen betrifft, weitgehend außer Acht gelassen. Wird die Datenweiterleitung der Gefährder/innen an geeignete Beratungsstellen im Gesetz verankert, so ist es möglich diese Personen zeitnah zur Tat mit ihren Handlungen zu konfrontieren. Somit könnte das sensible Zeitfenster zwischen persönlicher Betroffenheit und einsetzen von Verdrängungsmechanismen zielgerichtet genützt werden. Überlässt man dieses Beratungsangebot den Selbstorganisationsfähigkeiten des Täters/in, bzw. seiner freiwilligen Zustimmung, so wird eine wesentliche Chance zur Verhaltensveränderung vertan.
Der Spielraum welcher Tätern/innen dadurch zur Verfügung gestellt wird, stellt somit ein weiteres Risiko für die mögliche Wiederholung von Taten dar, ohne dass sich der Täter/in mit seinem destruktiven Verhalten auseinandersetzen muss. Eine solche Verankerung im Gesetz erfordert jedoch auch die notwendigen Ressourcen für Täter/innen Beratungsstellen, sowohl in finanzieller, als auch in personeller Weise, um dieser Klientengruppe ein professionelles Beratungsangebot zu unterbreiten. Gewalt kann nicht nachhaltig bearbeitet werden, ohne die psychosoziale Intervention beim Verursacher, dem Täter/in. Erfolgt diese nicht, so wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit, davon ausgehend, dass Gewalt ein sich wiederholendes Phänomen ist, zu weiteren Übergriffen kommen. Zielgruppe Gefährder und Gefährderinnen, welche von der Exekutive mit einer Wegweisung konfrontiert oder weggewiesen wurden. Ziel: Die zeitnahen Kontaktaufnahme mit dem Täter nach der Tat, mit dem Ziel Gefährdern/Gefährderinnen einen Zugang zu einem Beratungsangebot zu ermöglichen. Die Zeitnähe zur Tat ist ein entscheidender Faktor betreffend der Motivation der Gefährder/Gefährderinnen eine Beratung zu beginnen, da Verdrängungsmechanismen und Bagatellisierungen noch nicht eingesetzt haben. Somit ist die Wahrscheinlichkeit einen Täter bzw. eine Täterin mit dem Angebot der Gewaltberatung zu erreichen am höchsten.
Daten 2012/13/14/15: Evaluationsergebnis/ Gewaltberatung nach Wegweisung Jänner bis Dezember 2012 96 Zuweisungen 15,63 14,58 35,42 25,00 9,38 Nicht erreicht/kein Kontakt Sprachbarriere Beratung abgelehnt bis zu 5 Gespräche Beratung /Therapie Wegweisung Klienten Nicht erreicht/kein Kontakt 14,00 Sprachbarriere 9,00 Beratung abgelehnt 24,00 bis zu 5 Gespräche 34,00 Beratung /Therapie 15,00 Gesamt : 96 Wegweisungen
Wegweisungen / Klienten Jänner bis Dezember 2013 6 1 7 2 15 Nicht erreicht/kein Kontakt Sprachbarriere Beratung abgelehnt bis zu 5 Gespräche über 5 Gespräche Therapie 31 Wegweisung Klienten % Nicht erreicht/kein Kontakt 7,00 11,29 Sprachbarriere 2,00 3,23 Beratung abgelehnt 15,00 24,19 bis zu 5 Gespräche 31,00 50,00 über 5 Gespräche 6,00 9,68 Therapie 1,00 1,61 Gesamt 62,00
Wegweisungen / Klienten Jänner bis Dezember 2014 0,00 4,00 2,00 25,00 14,00 Nicht erreicht/kein Kontakt Sprachbarriere Beratung abgelehnt bis zu 5 Gespräche über 5 Gespräche 20,00 Wegweisung Klienten % Nicht erreicht/kein Kontakt 4,00 6,15 Sprachbarriere 2,00 3,08 Beratung abgelehnt 14,00 21,54 bis zu 5 Gespräche 20,00 30,77 über 5 Gespräche 25,00 38,46 Therapie 0,00 0,00 Gesamt 65,00
Wegweisungen / Klienten Jänner bis Dezember 2015 25,00 20,00 21,00 20,00 15,00 10,00 5,00 0,00 1,00 6,00 13,00 0,00 Klienten Wegweisung Klienten % Nicht erreicht/kein Kontakt 21,00 34,43 Sprachbarriere 1,00 1,64 Beratung abgelehnt 6,00 9,84 bis zu 5 Gespräche 20,00 32,79 über 5 Gespräche 13,00 21,31 Therapie 0,00 0,00 Gesamt 61,00
Zusammenfassung Diese Auswertungen zeigen auf, dass jeweils über 50% der Personen, die einer Datenweiteleitung an die Ifs-Gewaltberatung zugestimmt haben, mit unserem Angebot erreicht wurden. Im Zuge dieser Kontakte fanden sowohl Informationsgespräche, als auch Beratungen sowie Therapiegespräche statt. Die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und der ifs-gewaltberatung veranschaulicht, das Potential, welches in der zeitnahen Konfrontation der Gefährder/Gefährderinnen steckt. In diesem Zusammenhang ist noch interessant das die INASC Bedarfsorientierte Unterstützung der Opfer von Partnergewalt durch Polizei und Justiz - EU Forschungsprojekt (Laufzeit: 1. Februar 2014 bis 31. März 2016/Helga Amesberger/Birgitt Haller) zur Feststellung gelangt: Dass 73% der Anzeigen wegen familiärer Gewalt im Erhebungszeitraum Jänner 2014 von der Staatsanwaltschaft Wien eingestellt wurden. Unbeantwortet bleibt ob die Gefährder durch psychosoziale Einrichtungen/ Gewaltfachstellen kontaktiert wurden. Österreich/Vorarlberg Zahlen 2013/14 Betretungsverbote im Jahr 2013 in Vorarlberg: Betretungsverbote im Jahr 2013 in Österreich: Betretungsverbote im Jahr 2014 in Vorarlberg: Betretungsverbote im Jahr 2014 in Österreich: Betretungsverbote im Jahr 2015 in Vorarlberg: 246 7810 281 7587 262