Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

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Transkript:

1 Ws 50/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht 025 Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss In der Strafsache g e g e n w e g e n gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln hat der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch am 4. Juni 2004 b e s c h l o s s e n : Es wird festgestellt, dass der Verzicht des Angeklagten auf Einlegung von Rechtsmitteln gegen das Urteil des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 22. August 2003 wirksam ist. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 23. Dezember 2003 wird mit der Maßgabe als unbegründet zurückgewiesen, dass der Tenor der angefochtenen Entscheidung lautet: Das Rechtsmittel des Verteidigers vom 29. August 2003 gegen das Urteil des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 22. August 2003 wird als unzulässig verworfen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sowie der sofortigen Beschwerde und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat der Angeklagte zu tragen.

- 2 - G r ü n d e : I. Mit Urteil vom 22. August 2003 hat das Amtsgericht Königs Wusterhausen - Jugendrichter - den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darüber hinaus hat es sichergestellte Betäubungsmittel eingezogen und hinsichtlich eines sichergestellten Geldbetrages den Verfall angeordnet. Ausweislich des Wortlautes des Sitzungsprotokolls hat der Angeklagte nach Verkündung des Urteils und erfolgter Rechtsmittelbelehrung erklärt: "Ich verzichte auf Rechtsmittel gegen das heute gefällte Urteil". Diese Erklärung wurde durch den Jugendrichter laut diktiert und vom Angeklagten sodann genehmigt. Mit Schriftsatz vom 29. August 2003, eingegangen beim Amtsgericht Königs Wusterhausen am 30. August 2003 hat der Verteidiger des Angeklagten Rechtsmittel gegen das Urteil vom 22. August 2003 eingelegt. Er hat vorgetragen, der Angeklagte sei Heranwachsender und der deutschen Sprache vollständig unkundig. Er sei in der Hauptverhandlung vom 22. August 2003 unverteidigt gewesen. Nach erfolgter Verurteilung und erklärtem Rechtsmittelverzicht habe er wegen des hohen Strafmaßes in Tränen aufgelöst bei ihm angerufen und um Rechtsmitteleinlegung gebeten. Daran sei zu erkennen, dass der Angeklagte nicht über die Tragweite eines Rechtsmittelverzichts aufgeklärt worden sei und er diese Tragweite nicht bei seiner Erklärung habe berücksichtigen können. Der erklärte Verzicht auf Rechtsmittel sei demnach unwirksam. Das Landgericht Potsdam hat das eingelegte Rechtsmittel der Verteidigung als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewertet und diesen kostenpflichtig zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die rechtzeitige sofortige Beschwerde vom 13. Januar 2004. II.

- 3 - Die zulässige sofortige Beschwerde hat letztlich in der Sache keinen Erfolg. Zwar ist der Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 23. Dezember 2003, mit dem ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kostenpflichtig zurückgewiesen wurde, inhaltlich unzutreffend, da das von dem Verteidiger eingelegte Rechtsmittel nicht als Antrag auf Wiedereinsetzung sondern als Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil aufzufassen war. Allerdings ist der Beschluss des Landgerichts richtigerweise als Zurückweisung des Rechtsmittels auszulegen. Nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung, der in Fällen inkorrekter Entscheidungen greift, ist davon auszugehen, dass das Landgericht bei richtiger Sachbehandlung das Rechtsmittel des Verteidigers als Berufung gegen das Urteil des Jugendrichters behandelt hätte, denn für einen Antrag auf Wiedereinsetzung war wegen des innerhalb der Wochenfrist eingelegten Rechtsmittels kein Raum. Auch wurde in den Gründen der Entscheidung des Landgerichts Potsdam ausschließlich auf den erklärten Rechtsmittelverzicht und nicht etwa auf eine Fristversäumnis abgestellt. Das Berufungsgericht hat gem. 322 Abs. 1 StPO die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn die Vorschriften über deren Einlegung nicht beachtet wurden. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn durch den Rechtsmittelführer wirksam auf Rechtsmittel gegen die Entscheidung verzichtet wurde. Die vom Verteidiger eingelegte Berufung war demgemäß zu verwerfen, denn der vom Angeklagten am Ende der Hauptverhandlung erklärte Rechtsmittelverzicht gegen das verkündete Urteil ist wirksam. Anhaltspunkte dafür, dass der Rechtsmittelverzicht unwirksam sein könnte, liegen nicht vor. Wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt, ist die vom Verurteilten abgegebene Erklärung: Ich verzichte auf Rechtsmittel gegen das heute gefällte Urteil., laut in das Protokoll diktiert und anschließend von ihm genehmigt worden. Dieser Vermerk nimmt somit an der Beweiskraft des Protokolls gem. 274 StPO teil, denn der Jugendrichter hat die Beurkundungsform des 273 Abs. 3 StPO gewählt. Zwar ist es mit der prozessualen Fürsorgepflicht unvereinbar, auf die Abgabe von Erklärungen hinzuwirken, deren Tragweite und Verbindlichkeit der Erklärende nicht überschaut. Diese Gefahr der übereilten Erklärung besteht regelmäßig, wenn dem nicht durch einen Verteidiger vertretenen Angeklagten zugemutet wird, unter dem unmittelbaren Eindruck der Hauptverhandlung und Urteilsverkündung auf prozessuale Rechte zu verzichten. Aus diesem Grund

- 4 - sind generelle Bedenken gegen eine solche Praxis anzumelden, wenn nicht gesichert ist, dass der Angeklagte die Bedeutung seiner Erklärung in allen Konsequenzen - insbesondere hinsichtlich der Unwiderruflichkeit - erwogen hat. (vgl. BGHSt 18, 257, 260; 30, 64, 68; BGH Strafverteidiger 1983, 268; OLG Stuttgart NJW 1982, 1472). Handelt es sich um Jugendliche, Heranwachsende oder der deutschen Sprache nicht mächtige Ausländer ohne anwaltlichen Beistand, sind diese Bedenken in besonderem Maße begründet (vgl. OLG Hamburg NJW 1964, 1039f. OLG Frankfurt NJW 1966, 1376; OLG Hamm NJW 1983, 530f.) Der im Protokoll festgehaltene Vorgang und die gewählte Formulierung legt jedoch nahe, dass der Anfechtungsberechtigte zu einer gründlichen und durchdachten Prüfung des Für und Wider eines Rechtsmittels veranlasst worden ist, um ihn vor übereilten Erklärungen zu bewahren. Ein Richter, der einem ausländischen Angeklagten ohne anwaltlichen Beistand zumutet, unter dem unmittelbaren Eindruck der Hauptverhandlung auf prozessuale Rechte zu verzichten, muss dafür Sorge tragen, dass dies nicht unüberlegt und vorschnell geschieht. Dies ist ausweislich der vom Landgericht eingeholten Stellungnahme des Dolmetschers auch geschehen. Danach ist dem Angeklagten die Problematik eines Verzichts auf Einlegung von Rechtsmitteln und deren Bedeutung klar gemacht worden. Der Dolmetscher hat ferner ausgeführt, den Eindruck gehabt zu haben, dass der Angeklagte die rechtliche Problematik auch ausreichend verstanden hatte. Auf die Einholung einer dienstlichen Äußerung des Jugendrichters konnte somit verzichtet werden, insbesondere da auch davon auszugehen ist, dass der Jugendrichter die förmliche Protokollierung des Verzichts nur vorgenommen hat, weil er sicher davon ausgegangen war, dass der Angeklagte die Erklärung im Bewusstsein ihrer Tragweite abgegeben hat. Dass der Angeklagte den Rechtsmittelverzicht nicht erklärt hätte, wird vom Verteidiger indes auch nicht behauptet - auch nicht, dass der Angeklagte über die Bedeutung des Verzichts nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Einzig aus der Tatsache, dass er seinen Verteidiger dennoch um Einlegung eines Rechtsmittels gebeten hat, lässt nicht den Schluss zu, dass ihm die Tragweite seines Verzichts zum Zeitpunkt der Abgabe nicht bewusst gewesen wäre. Es besteht vorliegend kein Anlass daran zu zweifeln, dass die durch den Rechtsmittelverzicht ausgelöste Rechtswirkung dem wirklich Gewollten entspricht. Dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Abgabe der Verzichtserklärung in seiner Verhandlungsfähigkeit eingeschränkt oder in seiner freien Willensbildung unzulässig beeinflusst gewesen wäre, ist nicht ersichtlich.

- 5 - Die Bindungswirkung des Rechtsmittelverzichts entfällt auch nicht allein deswegen, weil der Angeklagte als Ausländer die deutsche Sprache nicht beherrscht (vgl. OLG Düsseldorf, VRS 97, 357; BGH, NStZ 2000, 441). Der Rechtsmittelverzicht ist auch nicht unwirksam, weil der Angeklagte vor der Abgabe seiner Erklärung keine Gelegenheit zur Rücksprache mit seinem Verteidiger hatte. Ein Fall der notwendigen Verteidigung lag nicht vor und der Verteidiger des Angeklagten war zum Hauptverhandlungstermin ordnungsgemäß geladen worden. Ein Terminsverlegungsantrag wegen anderweitiger Termine war nicht gestellt worden (vgl. BayObLG, NStE Nr. 20 zu 302; KG Berlin, StV 1998, 646; OLG Hamm, NJW 1983, 530; OLG Zweibrücken, StV 1994, 362). Ein wirksam erklärter Rechtsmittelverzicht ist indes grundsätzlich unwiderruflich und nicht anfechtbar. Auch eine unüberlegte und voreilige Annahme der Entscheidung durch den Angeklagten vermag hieran nichts zu ändern. (vgl. KK-Ruß StPO, 5. Aufl. 2003, 302 Rn.15 m.w.n.; Meyer-Goßner StPO, 47. Aufl. 2004, 302 Rn. 21 m.w.n.; BGH NStZ 1984, 181; BGH NStE Nr. 1 zu 302 StPO). Der im Ergebnis zutreffende Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 23. Dezember 2003 war inhaltlich wie folgt zu ergänzen: Da der Rechtsmittelverzicht in seiner Wirksamkeit vom Verteidiger in Frage gestellt wird, war die Wirksamkeit förmlich festzustellen. Zur Klarstellung und Richtigstellung der Entscheidung des Landgerichts hat der Senat desweiteren in analoger Anwendung des 309 Abs. 2 StPO die Verwerfung des - wegen des durch den Angeklagten erklärten wirksamen Rechtsmittelverzichts - unzulässigen Rechtsmittels des Verteidigers ausdrücklich in den Tenor aufgenommen. Die Kostenentscheidung folgt aus 473 Abs. 1 StPO.