REGIERUNGSRAT 30. August 2017 17.138 Interpellation Barbara Portmann-Müller, GLP, Lenzburg (Sprecherin), Jeanine Glarner, FDP, Möriken-Wildegg, Alois Huber, SVP, Möriken-Wildegg, und Dr. Roland Frauchiger, EVP, Thalheim, vom 20. Juni 2017 betreffend Streichung des Halts des Regionalexpress Wettingen- Baden-Aarau-Olten in Wildegg; Beantwortung I. Text und Begründung der Interpellation wurden den Mitgliedern des Grossen Rats unmittelbar nach der Einreichung zugestellt. II. Der Regierungsrat antwortet wie folgt: Vorbemerkungen Gemäss den Planungen der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) fallen vorübergehend in Wildegg ab Fahrplanwechsel im Dezember 2017 in Fahrtrichtung Brugg die Halte um 07.48 Uhr, 16.48 Uhr und 17.48 Uhr sowie in Fahrrichtung Aarau Olten die Halte um 07.11 Uhr und 08.11 Uhr weg. Ab Dezember 2018 können in Fahrrichtung Aarau Olten vier weitere Züge nicht mehr in Wildegg anhalten, nämlich die Züge mit Halt um 16.11 Uhr bis 19.11 Uhr. Mit Inbetriebnahme der durchgehenden Vierspur Olten Aarau ab Dezember 2020 können alle RegioExpress-Züge (RE) Wettingen Baden Aarau Olten wieder in Wildegg halten. Die wegfallenden Halte in Wildegg haben verschiedene Ursachen und sind nicht nur durch die Langsamfahrstellen wegen der Baustellen zwischen Aarau und Olten begründet: Ab Dezember 2017 fährt die S3 Aarau Lenzburg Dietikon Zürich Effretikon Wetzikon neu in den Spitzenzeiten im 30-Minutentakt. Die zusätzlichen Züge fahren jeweils Aarau ab.47 (Aarau an.11) und die betriebliche Verknüpfung mit den RE Aarau Lenzburg Zürich wird in Spitzenzeiten aufgehoben. Ab Dezember 2018 wird die S26 Rotkreuz Wohlen Lenzburg Aarau jede Stunde nach Olten verlängert. Die betrieblichen Durchbindungen in Aarau mit der S29 Aarau Turgi fallen weg und die S29 endet und wendet immer in Aarau. Der bereits heute schwierige Betriebsablauf im Bahnhof Aarau wird mit zusätzlichen Wendemanövern und Querfahrten belastet. Die Zusatz-IC Bern Zürich (Durchfahrt durch den Bahnhof Aarau ~ 07.45 Uhr, ~ 16.45 Uhr und ~ 17.45 Uhr) sowie Zürich Bern (Durchfahrt in Aarau ~ 07.15 Uhr und ~ 08.15 Uhr) verkehren weiterhin. In den Spitzenzeiten belasten diese Züge die Gleisanlagen in Aarau stark, da sich die RE Olten Wettingen, IR Bern Olten Brugg Zürich und die S3 auch jeweils zu den Minuten.45 und.15 in Aarau aufhalten.
Zwischen Aarau und Olten fehlt bis Dezember 2020 die durchgehende Vierspur und der Spielraum wird durch die veränderten S-Bahnen S3, S26 und S29 noch kleiner. Die Kantone Aargau und Solothurn stellen seit vielen Jahren die Forderung an die SBB, dass die Angebotsverbesserungen der S-Bahn Aargau 2016 ff. und insbesondere die Taktverdichtung der S3 möglichst bald realisiert werden können. Die SBB haben dem Druck der Kantone nachgegeben und die Umsetzung ab Dezember 2017 beziehungsweise Dezember 2018 ermöglicht. Damit das Bahnangebot verbessert werden kann, wird ein temporäres Wendegleis westlich von Aarau vor dem Tunnelportal des Eppenbergtunnels gebaut. Der Kanton Aargau hat im Rahmen der (13.223) Kreditbotschaft S-Bahn Aargau 2016 ff. die Finanzierung dieses Wendegleises beschlossen. Trotz dem Wendegleis bestehen vor allem in den Spitzenzeiten zu den Minuten.15 und.45 immer noch unlösbare Konflikte, die nun zum Wegfall einzelner Halte in Wildegg führen: In Fahrtrichtung West Ost sind Konflikte im Bahnhof Aarau zwischen den Zusatz-IC Bern Zürich (Durchfahrt Aarau bisher zur Minute.47) und den neuen S3-Zügen (Abfahrt in Aarau zur Minute.47) vorhanden. Vorgesehene Lösung: Die Zusatz-IC müssen ab Dezember 2017 zwei Minuten früher, also genau in der heutigen Taktlage des RE Olten Aarau Brugg Wettingen verkehren. Da in der westlichen Zufahrt nach Aarau noch keine Vierspur vorhanden ist, bleibt als einzige Lösung, die verzögerte Abfahrt des RE in Olten und die spätere Ankunft- beziehungsweise Abfahrt in Aarau. Damit die Züge in Brugg weiterhin alle Anschlüsse auf die Busse herstellen können, müssen drei Halte in Wildegg wegfallen. Eine spätere Ankunft in Brugg hätte gravierendere Probleme für die ÖV-Benutzenden zur Folge (Anschlussbrüche, Fahrzeitverlängerung von 30 Minuten). In Fahrtrichtung Ost West sind in Aarau Abkreuzungskonflikte bei der S26 (im Fahrplanjahr 2018) und bei der S29 (im Fahrplanjahr 2019) vorhanden, die sich mit den zusätzlichen S-Bahnen verschärfen. Vorgesehene Lösung: Der RE von Wettingen Brugg muss bereits zur Minute.11 in Aarau eintreffen. Nur mit dieser frühen RE-Ankunftszeit ist gewährleistet, dass die S26 (2018) o- der S29 (ab 2019) kurz nach der Ankunft des RE über das gesamte Gleisfeld zum Güterbahnhof Aarau kreuzen kann, ohne den übrigen Bahnverkehr zu beeinträchtigen. In einer Erstbeurteilung sah es so aus, dass die Konflikte während des ganzen Tages bestehen und die RE den ganzen Tag in Wildegg nicht anhalten können. Aufgrund detaillierter Abklärungen konnte das schlimmste Szenario verhindert werden. In den Nebenverkehrszeiten kann die wendende S26 respektive S29 das Wendegleis westlich von Aarau benutzen. In den Spitzenzeiten ist dies nicht möglich, da der RE Zürich Aarau im Wendegleis steht (Ankunft in Aarau.05 und Abfahrt in Aarau.53). Zur Frage 1 "Ist man sich beim Kanton der Tragweite der geplanten Streichung des Halts bewusst?" In der (13.223) Kreditbotschaft zur S-Bahn Aargau 2016 ff. wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass für eine vorzeitige Inbetriebnahme gewisser Angebotselemente bis Dezember 2020, also vor Fertigstellung aller Bauwerke, gewisse Einschränkungen in Kauf genommen werden müssen. Die Inbetriebnahme des 30-Minutentakts auf der S-Bahnlinie S3 am Morgen und Abend ab Dezember 2017 und die ganztägige Verlängerung der S26 von Aarau nach Olten haben Auswirkungen auf die bestehenden Angebote der S29 Aarau Turgi und des RE Olten Aarau Brugg Wettingen. In der umfassenden Interessenabwägung wurden die Verbesserungen auf der Heitersberglinie und vom Freiamt nach Olten höher gewichtet, als die damit verbundenen Nachteile für Wildegg. Die Verdichtung der S3 ist sehr wichtig, um die steigende Nachfrage auf dieser S-Bahnlinie (Kostendeckung > 90 %) bewältigen zu können. Den Fahrgästen aus dem Raum Limmattal und Rohrdorferberg-Reusstal nach Lenzburg Aarau wird neu in Spitzenzeiten der 30-Minutentakt geboten. Gleichzeitig profitieren auch Aarau und Lenzburg neu von halbstündlichen Verbindungen ins Limmattal und weiter nach Zürich HB, Zürich Stadelhofen Effretikon Wetzikon. 2 von 5
Als Kompensation für die wegfallenden RE-Halte in Wildegg, werden auf der S29 Aarau Turgi mit Halt in Wildegg ab Dezember 2017 die letzten Taktlücken geschlossen. Neu gilt von Montag bis Freitag während des ganzen Tags der durchgehende 30-Minutentakt. Ab Dezember 2018 wird auch am Abend bis ~ 22.00 Uhr und am Wochenende der durchgehende 30-Minutentakt angeboten. Ein wichtiger Grund für diese Angebotsverdichtung ist der Wegfall der S26-Bedienung von Rupperswil im Fahrplan 2019 (siehe auch Antwort zur Frage 5). Zur Frage 2 "Ist der Regierungsrat damit einverstanden?" Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (Abteilung Verkehr) des Kantons Aargau wurde von der SBB frühzeitig in alle Planungen und Fahrplanänderungen einbezogen. Die kantonalen Fachleute kennen und verstehen die Gründe, wieso die RE in Wildegg nicht mehr halten können. Gemeinsam mit den SBB wurden Alternativen gesucht, doch ist der Spielraum stark eingeschränkt und es bestehen keine sinnvollen Handlungsalternativen. Der Vorsteher des Departements Bau, Verkehr und Umwelt hat die Gemeinden entlang der betroffenen S-Bahnlinien am 30. August 2016 auf die Veränderungen beim S-Bahnangebot im Zusammenhang mit der S-Bahn Aargau 2016 ff. aufmerksam gemacht. Eine Alternative wäre ein Verzicht auf die Angebotsausbauten der S3 im Dezember 2017 und der S26 im Dezember 2018 gewesen. In Anbetracht der grossen Bedeutung der beiden Ausbauschritte und der Kompensationsmassnahmen auf der S29 ist der Regierungsrat der Ansicht, dass der vorübergehende (bis Dezember 2020) Wegfall der Halte in Wildegg in Kauf genommen werden müsse. Zur Frage 3 "Ist dem Regierungsrat bekannt, wie viele Reisende davon betroffen sind (unter Berücksichtigung allfällig notwendiger Änderungen im Busangebot)?" Die durchschnittliche Nachfrage 2016 (Montag bis Freitag) bei den zur Diskussion stehenden RE-Halten ist in der folgenden Tabelle aufgelistet. RE Wettingen Aarau Olten (2016) RE Olten Aarau Wettingen (2016) Wildegg an/ab Einsteigende Aussteigende Wildegg an/ab Einsteigende Aussteigende 07.11 Uhr 61 Personen 17 Personen 07.48 Uhr 28 Personen 9 Personen 08.11 Uhr 24 Personen 7 Personen 16.11 Uhr 11 Personen 15 Personen 16.48 Uhr 13 Personen 43 Personen 17.11 Uhr 15 Personen 34 Personen 17.48 Uhr 13 Personen 40 Personen 18.11 Uhr 9 Personen 33 Personen 19.11 Uhr 6 Personen 16 Personen Fett: Züge halten ab Dezember 2017 Dezember 2020 nicht; Normalschrift: Züge halten ab Dezember 2018 Dezember 2020 nicht Davon betroffen ist auch ein Teil Umsteigeverkehr von den Buslinien aus Schinznach Dorf Auenstein und Möriken. Die Sektion öffentlicher Verkehr passt, basierend auf den Fahrplanentwürfen der Bahn, das Busangebot der Buslinie Schinznach Dorf Auenstein Wildegg an. Die Linie aus dem Ortsteil Möriken bietet bereits Anschlüsse auf die S29 und wird nicht verändert. Die Gemeinden wurden im Frühjahr 2017 über die bevorstehenden Änderungen informiert und die Fahrpläne lagen vom 29. Mai 2017 bis 18. Juni 2017 öffentlich auf. Die Busfahrpläne sind weiterhin auf die Schulzeiten abgestimmt und im Rahmen des Fahrplanverfahrens sind keine weiteren Begehren eingegangen. 3 von 5
Zur Frage 4 "Ist der Kanton bereit, sich engagiert für eine Verhinderung des Wegfalls der einzigen sinnvollen Verbindung für eine ganze Region ab Wildegg nach/von Basel, Bern und Luzern in den Hauptverkehrszeiten einzusetzen?" Der vorübergehende Wegfall der RE-Halte in Wildegg kann nicht rückgängig gemacht werden, da die Abhängigkeiten zu den vorgesehenen Ausbauschritten auf der S3 und der S26 zu gross sind. Ab Dezember 2020 werden wieder alle RE in Wildegg halten. Zur Frage 5 "Sind andernorts weitere Halte temporär oder dauerhaft gefährdet?" Bereits in frühen Planungsphasen war bekannt, dass im Zusammenhang mit der S-Bahn Aargau 2016 ff. verschiedene Angebote dauerhaft verändert werden und auch vorübergehend Nachteile in Kauf genommen werden müssen. Vor allem die knappen Kapazitäten auf den Ost-West-Hauptlinien führen bis zur Inbetriebnahme der durchgehenden Vierspur Olten Aarau zu Einschränkungen. Die Abteilung Verkehr sucht dabei gemeinsam mit den SBB Lösungen, die möglichst wenig Fahrgäste benachteiligen und die Dauer der Einschränkungen kurz halten. In der (13.223) Botschaft zur S-Bahn Aargau 2016 ff. ist beschrieben, dass Rupperswil mit der Verlängerung der S26 von Aarau nach Olten von dieser S-Bahnlinie nicht mehr bedient werden kann. Als Kompensation für den Wegfall der S26-Halte ist der Ausbau des Angebots auf der S29 vorgesehen (siehe Antwort zur Frage 1). In der Kreditbotschaft steht ausserdem geschrieben, dass die S3-Verdichtungen zum 30-Minutentakt vorübergehend in Othmarsingen nicht halten können. Ab Dezember 2017 werden die S3-Verdichtungen in Spitzenzeiten eingeführt, mit Halt in Lenzburg, Mägenwil, Mellingen Heitersberg und Killwangen-Spreitenbach sowie an allen anderen Bahnhöfen im Limmattal. Aufgrund der knappen Kapazitäten auf der Heitersberglinie kann die S42 aus dem Freiamt nach Zürich nicht mehr in Mägenwil und Mellingen Heitersberg anhalten. Für Othmarsingen bleiben die S42 Verbindungen nach Zürich bestehen und ab Dezember 2020 hält die S3 dann immer auch in Othmarsingen. Aufgrund von Baustellen im Freiamt halten die Zusatzzüge Muri Lenzburg seit einiger Zeit nicht in Hendschiken. In den nächsten Jahren ergeben sich aufgrund einer Baustelle im Bahnhof Wohlen auch zusätzliche Einschränkungen bei der Haltepolitik der S26. Aufgrund der Bauarbeiten an den Perrons und Unterführungen in Wohlen können beispielsweise auch einzelne Zusatzzüge in Wohlen vorübergehend nicht anhalten. Auf den S-Bahnlinien S29 und S23 ergeben sich einige Veränderungen, die vorübergehend auch Nachteile aufweisen. Seit rund zwei Jahren hält die S23 Baden Lenzburg Aarau Olten Langenthal nicht mehr in Dulliken, da die Langsamfahrstellen im Raum Schönenwerd die Fahrzeiten der Züge verlängern und die knappen Zugfolgezeiten drei Halte zwischen Aarau und Olten nicht mehr zulassen. Die S29 wird, mit der Verlängerung der S26 ab Dezember 2018, auf den Abschnitt Aarau Turgi eingekürzt. Erst ab Dezember 2019 wird sie stündlich ohne Halt nach Olten verlängert und mit der bestehenden S8 nach Zofingen Sursee durchgebunden. Ab Dezember 2020 fährt die S29 dann im 30-Minutentakt Turgi Aarau Olten Zofingen( Sursee). Die Veränderungen auf der S23 und S29 führen dazu, dass die umsteigefreien Verbindungen Murgenthal/Rothrist Aarau vorübergehend nur noch im Stundentakt angeboten werden können. Die Zusatzzüge Langenthal Rothrist Olten enden ab Dezember 2018 in Olten und haben auch keine Anschlüsse nach Aarau. Ab Dezember 2020 funktionieren, mit Einführung der halbstündlichen S29 Zofingen Olten Aarau Turgi, die Umsteigeverbindungen in Olten und die Räume Rothrist/Murgenthal und Aarau werden wieder halbstündlich miteinander verbunden (einmal pro Stunde direkt mit S23 und einmal pro Stunde mit Umsteigen S23/S29 in Olten). 4 von 5
Zur Frage 6 "Wenn es bei der temporären Streichung bleibt, ist sichergestellt, dass diese auch wirklich nicht dauerhaft gestrichen wird?" Die SBB haben gemeinsam mit den Kantonen Aargau, Bern, Luzern und Solothurn ein Zielangebot zur S-Bahn Aargau 2016 ff. formuliert, das gemäss aktuellem Kenntnisstand immer noch uneingeschränkt eingeführt werden kann. Die Gründe für den Wegfall der RE-Halte in Wildegg fallen mit der Inbetriebnahme der durchgehenden Vierspur Olten Aarau weg und die RE werden ab Dezember 2020 wieder in Wildegg halten. Zur Frage 7 "Wie hoch wären die Kosten für einen Halt in Wildegg bzw. für eine gleichwertige Lösung?" Alternative Lösungen können auf der Bahn bis Dezember 2017 nicht mehr eingeführt werden, daher ist die gewünschte Kostenangabe gar nicht möglich. Ein Verzicht auf die S3- beziehungsweise S26- Angebotsausbauten ist aus Gesamtsicht nicht sinnvoll. Alternative Lösungen mit Busangeboten sind nicht attraktiv, da die Reisezeiten per Bahn Wildegg Aarau mit ~ 7 Minuten und Wildegg Olten mit ~ 17 Minuten konkurrenzlos kurz sind. Fahrgäste, die in Spitzenzeiten ab Dezember 2017 nach Aarau Olten beziehungsweise umgekehrt fahren, benutzen die S29, die 14 Minuten vorher in Wildegg abfährt respektive 15 Minuten später ankommt. Bei Fahrten nach Brugg Baden verlängern sich die Reisezeiten in Spitzenzeiten, wenn der RE in Wildegg nicht hält, nur um wenige Minuten. Die alternative S29 bietet teilweise sehr gute Anschlüsse in Brugg auf die IR nach Baden Zürich. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 901.80. Regierungsrat Aargau 5 von 5