Urteil: Tatbestand: Die Parteien streiten über restliche Vergütung für die Jahre 2008 bis 2011.



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Transkript:

LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG 4 Sa 724/12 2 Ca 1171/11 (Arbeitsgericht Bamberg) Datum: 04.12.2013 Rechtsvorschriften: 280 BGB, 2 NachwG Leitsatz: Keine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers bei unterbliebenem Hinweis auf die Geltung tariflicher Regelungen (hier Ausschlussfrist) bei unbekannter Tarifbindung des Arbeitnehmers. Urteil: 1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 05.09.2012, Az.: 2 Ca 1171/11, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand: Die Parteien streiten über restliche Vergütung für die Jahre 2008 bis 2011. Der am 13.01.1953 geborene Kläger war bei dem Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.11.2007 (Kopie Bl. 50-52 d.a.) ab dem 01.12.2007 als Kraftfahrer beschäftigt und bezog eine monatliche Vergütung in Höhe von EUR 1.400,-- brutto bzw. EUR 1.600,-- brutto.

- 2 - Das Arbeitsverhältnis endete durch die Kündigung des Klägers zum 31.08.2011. Beide Vertragsparteien waren während der Dauer des Arbeitsverhältnisses tarifgebunden. Die Tarifbindung des Klägers war dem Beklagten ebenso unbekannt, wie umgekehrt die Tarifbindung des Beklagten dem Kläger; während des Arbeitsverhältnisses war zwischen den Parteien hiervon niemals die Rede. Der Kläger begehrte erstmals mit Schreiben vom 22.09.2011 die Differenz zwischen der tarifvertraglich geschuldeten und der aufgrund des Arbeitsvertrages geleisteten Vergütung einschließlich der für Überstunden. Da der Beklagte der Zahlungsaufforderung nicht nachkam, verfolgt der Kläger mit seiner am 31.10.2011 beim Arbeitsgericht Bamberg eingereichten Klage vom 26.10.2011 sein Zahlungsbegehren gerichtlich weiter. Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens in dem erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das Arbeitsgericht Bamberg hat mit Endurteil vom 05.09.2012 den Beklagten zur Zahlung der Differenz der Grundvergütung für die Monate Juni bis August 2011 in Höhe von insgesamt EUR 1.365,-- brutto verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Begründet wird die Abweisung der Klage hinsichtlich der Überstundenvergütung für die Monate Juni bis August 2011 damit, aus den vorgelegten Tourenaufzeichnungen ergäben sich die vom Kläger behaupteten zusätzlichen Arbeitszeiten nicht. Die Vergütungsansprüche vor dem Monat Juni 2011 seien allesamt wegen der zu beachtenden tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.11.2012 zugestellte Urteil hat dieser mit Telefax vom 20.12.2012 Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis 26.02.2013 verlängerten Begründungsfrist mit Telefax von diesem Tag begründet. Der Kläger meint, der Beklagte sei aufgrund des Nachweisgesetzes verpflichtet gewesen, auf seine eigene Tarifbindung hinzuweisen. Da er dies unterlassen habe, schulde er dem Kläger die streitgegenständlichen Differenzbeträge als Schadensersatz.

- 3 - Dieser umfasse auch die geltend gemachte Vergütung für Überstunden. Die Arbeitszeit für den jeweiligen Arbeitstag sei durch die Uhrzeit des Beginns und des Endes der Fahrt ausreichend konkret angegeben. Dies gelte insbesondere auch für die Monate Juni bis August 2011. Pausenzeiten seien nicht angefallen, denn er habe allenfalls beim Tanken oder beim Be- und Entladen kurz gegessen und seine persönlichen Verrichtungen durchgeführt. Hierbei sei er jedoch ständig in Arbeitsbereitschaft gewesen, falls der jeweilige Kunde etwas von ihm gebraucht hätte. Zur Arbeitszeit zähle nicht lediglich die reine Lenkzeit, sondern auch die Be- und Abladevorgänge, das Tanken, die Sicherung des LKW durch Rundgänge und ähnliches. Um länger fahren zu können, habe er bei der elektronischen Zeiterfassung auf Pause gedrückt. Der Kläger und Berufungskläger beantragt: 1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 05.09.2012 wird aufgehoben. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.769,44 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.10.2011 zu bezahlen. 3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.189,97 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.10.2011 zu bezahlen. 4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.869,63 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.10.2011 zu bezahlen. 5. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.064,07 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.10.2011 zu bezahlen. Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt: 1. Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 22.11.2012, Az.: 2 Ca 1171/11, zugestellt am 23.11.2012, wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

- 4 - Zur Begründung trägt er vor, das Arbeitsgericht Bamberg habe die geltend gemachten Vergütungsansprüche zu Recht wegen der geltenden tarifvertraglichen Ausschlussfrist abgewiesen. Er habe erst aufgrund des gewerkschaftlichen Schreibens vom 22.09.2011 von der Gewerkschaftszugehörigkeit des Klägers erfahren. Im Rahmen des Vertragsschlusses sei es ihm verwehrt gewesen, nach einer möglichen Gewerkschaftszugehörigkeit des Klägers zu fragen. Auf seine Tarifbindung habe der Kläger in der Folgezeit nicht hingewiesen. Insoweit könne ihm ein schuldhaftes Verhalten nicht angelastet werden und sei er deshalb auch nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Ein Verweis auf geltendes Tarifrecht sei in dem schriftlichen Arbeitsvertrag des Klägers nach dem Nachweisgesetz nur geschuldet, wenn ihm die beidseitige Tarifgebundenheit bei Abschluss des Vertrages bekannt gewesen wäre, der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden sei oder der Tarifvertrag aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Anwendung gelangen sollte. Es sei auch nicht treuwidrig, den erst nachträglich geltend gemachten Ansprüchen aus dem Tarifvertrag die dort geregelte Ausschlussfrist entgegenzuhalten. Die vom Kläger behaupteten Überstunden seien nicht angefallen, denn die Berechnung des Klägers kranke daran, dass von ihm nicht differenziert werde zwischen der vergütungspflichtigen Arbeitszeit und nicht vergütungspflichtigen Lenkzeitunterbrechungen, Pausen und Ruhezeiten. Auch bei Bereitschafts- und Liegezeiten handele es sich um keine vergütungspflichtige Arbeitszeit. Insoweit erweise sich die gesamte Berechnung des Klägers als unschlüssig und unbegründet. Dies auch für die Monate, die der tarifvertraglichen Ausschlussfrist noch nicht unterfallen seien, diesbezüglich werde auf die Arbeitszeitausdrucke der einzelnen Arbeitstage in den Monaten Juni bis August 2011 verwiesen. Die elektronischen Aufzeichnungen auf der Fahrerkarte beruhten hinsichtlich der nicht vergütungspflichtigen Zeitanteile auf den eigenen Eingaben des Klägers. Es werde bestritten, dass der Kläger bei Abladetätigkeiten auf Pause gedrückt habe, um länger fahren zu können. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

- 5 - Die Parteien haben übereinstimmend die Aufhebung des Termins zur Fortsetzung der Berufungsverhandlung beantragt und um eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ersucht. Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO. Die Parteien haben im Nachgang der mündlichen Berufungsverhandlung vom 11.09.2013 in zulässiger Weise beantragt, von einer weiteren mündlichen Verhandlung abzusehen und eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach 128 Abs. 2 ZPO zu treffen (vgl. Germelmann u.a., ArbGG, 8. Aufl., 64 Rz. 129). II. Die Berufung ist sachlich nicht begründet. Dem Kläger stehen über den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag keine weitergehenden Zahlungsansprüche gegenüber dem Beklagten zu. Insoweit wurde die Klage vom Erstgericht mit zutreffender Begründung abgewiesen.

- 6 - Vom Kläger sind für Überstunden geschuldete Zahlungsansprüche für die Monate Juni bis August 2011 nicht ausreichend konkret dargelegt und unter Beweis gestellt worden. Zahlungsansprüche für die Beschäftigungsmonate vor Juni 2011 sind tarifvertraglich verfallen und von dem Beklagten auch nicht als Schadensersatz geschuldet. Es kann auf die zutreffenden Ausführungen im Ersturteil verwiesen und von einer rein wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind noch folgende ergänzende Ausführungen veranlasst: 1. Dem Kläger steht für die Monate Juni bis August 2011 keine Überstundenvergütung nebst Zulagen zu. Diesbezüglich hat das Erstgericht angesichts der vorgelegten Ausdrucke der elektronischen Zeiterfassung (Kopie Bl. 57 80 d.a.) zutreffend auf die fehlende Schlüssigkeit der Berechnung der vergütungspflichtigen Arbeitszeit hingewiesen. Für die Darlegung zusätzlicher tarifvertraglicher Vergütungsanspruche genügt es nämlich nicht, für den jeweiligen Arbeitstag lediglich die Uhrzeit des Arbeitsbeginns und des Arbeitsendes im Rahmen des 8 a Abs. I Ziffer 2 des anzuwendenden Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer/innen des Speditions-, Transport-, und Logistikgewerbes in Bayern in der Fassung vom 07.12.2010 (künftig MTV) anzugeben, denn nicht zu dieser tarifvertraglichen Arbeitszeit zählen gemäß 8 a Abs. I Ziffer 3 MTV Lenkzeitunterbrechungen im Sinne der EU-Vorschriften, Pausen und Ruhezeiten, sowie Bereitschaftszeiten gem. 8 a Abs. I Ziffer 4 MTV. Nach den Regelungen in 8 a Abs. IV und V MTV sind Liegezeiten, Pausen und Ruhezeiten sowie Teile der Bereitschaftszeiten nicht zu vergüten. In diesem Zusammenhang ist es Aufgabe des Kraftfahrers, neben der von dem Zeiterfassungsgerät seines LKW automatisch aufgezeichneten Lenkzeit die zusätzlich zu erfassenden Arbeitszeiten, Lenkzeitunterbrechungen, Pausen und Ruhezeiten sowie Bereitschaftszeiten einzugeben. Der Kläger selbst hat für die streitgegenständlichen Arbeitstage Ruhezeiten in die elektronische Zeiterfassung eingegeben hat, die in erheblichem zeitlichen Umfang

- 7 - auch zwischen den angegebenen Uhrzeiten des Arbeitsbeginns und des Arbeitsendes gelegen haben. Insoweit ist die von ihm vorgenommene Berechnung der zusätzlichen Überstundenvergütung angesichts der tarifvertraglichen Vergütungsregelungen nicht nachvollziehbar. Hierauf hat bereits das Erstgericht in der angegriffenen Entscheidung hingewiesen, ohne dass in der Berufungsbegründung der bisherige Sachvortrag unter Berücksichtigung der zu beachtenden tarifvertraglichen Regelungen ergänzt worden ist. Auch auf den gerichtlichen Hinweis in der Berufungsverhandlung vom 11.09.2013 erfolgte kein weiterer konkreter Sachvortrag in Bezug auf die vorgelegten Tagesausdrucke. Für seine von der Beklagten bestrittene Behauptung, er habe Pause gedrückt, ohne jeweils solche gemacht zu haben, um länger fahren zu können, hat der Kläger keinen Beweis angetreten. Von ihm bei Lenkzeitunterbrechungen eingegeben worden ist tatsächlich zudem Ruhezeit, und zwar mehrfach. Insoweit wäre es seine prozessuale Obliegenheit gewesen, hinsichtlich der von ihm erfassten Ruhezeiten anzugeben, um welche vergütungspflichtige Lenkzeitunterbrechung es sich hierbei gehandelt haben sollte. Dem ist der Kläger nicht nachgekommen. 2. Der Kläger berechnet auch die Überstundenvergütung für die Monate vor Juni 2011 auf dieselbe unspezifizierte Weise. Insofern treffen diesbezüglich dieselben Einwände zu, denn es wird von ihm den tarifvertraglichen Differenzierungen nicht Rechnung getragen. 3. Zutreffend hat das Erstgericht sämtliche Vergütungsansprüche für die Zeit vor Juni 2011 gem. 24 Abs. 1 MTV als tarifvertraglich verfallen beurteilt. Dies wird vom Kläger in der Berufungsbegründung nicht angegriffen, sondern vielmehr für die nunmehr geltend gemachten Schadensersatzanspruch ausdrücklich unterstellt. 4. Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten kein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Nachweispflicht gemäß 280 Abs. 1 Satz 1 BGB i.v.m. 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10, Abs. 3 NachwG zu.

- 8 - a. Befindet sich ein Arbeitgeber mit der Aushändigung der nach 2 NachwG geschuldeten Niederschrift in Verzug, hat er gemäß 280 Abs. 1 Satz 1 BGB den hierdurch adäquat verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch ist auf Naturalrestitution gerichtet, 249 Abs. 1 BGB. Deshalb kann ein Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber verlangen, so gestellt zu werden, als wäre sein Zahlungsanspruch nicht untergegangen, wenn ein solcher Anspruch nur wegen Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers bestehen würde (vgl. BAG vom 21.02.2012 9 AZR 486/10 NZA 2012, 750, 753). Bei der Prüfung der adäquaten Verursachung kommt dem Arbeitnehmer die Vermutung eines aufklärungsgemäßen Verhaltens zugute. Danach ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Jedermann bei ausreichender Information seine Eigeninteressen in vernünftiger Weise wahrt. Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG ist zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die tarifliche Ausschlussfrist beachtet hätte, wenn der Arbeitgeber ihn auf die Geltung des Tarifvertrags hingewiesen hätte. Dem Arbeitgeber bleibt die Möglichkeit, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen (so BAG aao). b. Nach 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Der Nachweis hat die wesentlichen Arbeitsbedingungen zu enthalten. Hierzu zählt gemäß 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 10 und Abs. 3 NachwG auch ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag. Dies nicht nur dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien sich einvernehmlich auf die Anwendung eines bestimmten Tarifvertrages ohne einzelner tarifvertraglicher Bestimmungen geeinigt haben. Der Nachweis ist vom Arbeitgeber auch dann geschuldet, wenn der Tarifvertrag wegen seiner Allgemeinverbindlicherklärung oder der Tarifgebundenheit der beiden Arbeitsvertragsparteien auf das Arbeitsverhältnis kraft seiner normativen Wirkung Anwendung findet, 5 Abs. 4 bzw. 4 Abs. 1 TVG. Der Gesetzeswortlaut unterscheidet bei der Hinweispflicht nämlich nicht

- 9 - nach dem Grund für die Anwendbarkeit des Tarifvertrags (so BAG, aao). c. Wegen der beidseitigen Tarifgebundenheit im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages wäre danach ein Nachweis objektiv geschuldet. Eine Schadensersatzpflicht trifft den Beklagten im konkreten Fall dennoch nicht, da er den unterlassenen Nachweis gemäß 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu vertreten hat. Unstreitig hatte der Beklagte von der Gewerkschaftszugehörigkeit des Klägers bei Abschluss des Arbeitsvertrages keine Kenntnis. Dies wäre indes Voraussetzung dafür, bereits bei Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages auf dessen Anwendung hinzuweisen. Der streitgegenständliche Tarifvertrag ist nämlich weder allgemeinverbindlich noch wurde seine Anwendung zwischen den Arbeitsvertragsparteien einvernehmlich vereinbart. Den Beklagten traf diesbezüglich auch keine Erkundigungspflicht, vielmehr wäre die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit bei Begründung des Arbeitsverhältnisses sogar unzulässig (vgl. EK-Preiß, 14. Aufl., 611 BGB Rz 278, m.w.n.). Die Tarifbindung des Klägers war unstreitig während der gesamten Laufzeit des Vertrages nicht Gegenstand einer Unterredung oder eines einseitigen Hinweises. Ohne eine entsprechende Offenlegung seitens des Arbeitnehmers ist der tarifgebundene Arbeitgeber nicht in der Lage, kollektivrechtliche Verpflichtungen zu erkennen und zu erfüllen und seiner gesetzlichen Nachweispflicht nachzukommen. Hierbei handelt es sich um eine Obliegenheit des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Wahrnehmung seiner eigenen Interessen in Bezug auf die ihm im Tarifvertrag eingeräumten Rechtspositionen. Der Kläger ist dieser Obliegenheit nicht nachgekommen, weshalb nach dem subjektiven Kenntnisstand des Beklagten auch während des gesamten Beschäftigungsverhältnisses keine Veranlassung bestand, auf einen für das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gelangenden Tarifvertrag zu verweisen. Vom Kläger werden im Prozess keine Gründe für den unterlassenen Hinweis auf seine Tarifbindung und die unterlassene Geltendmachung tarifvertraglicher Rechte

- 10 - angegeben. Insofern kann nicht davon ausgegangen werden, an seiner Haltung hätte sich etwas geändert, wenn der Beklagte seinerseits auf seine Tarifgebundenheit hingewiesen hätte. Wäre die Vorstellung des Klägers, der Beklagte sei nicht tarifgebunden, Auslöser für sein eigenes Schweigen und sein Absehen von der Wahrnehmung tarifvertraglicher Rechte gewesen, hätte es wegen der damit verbundenen Verbesserung der eigenen Rechtsposition nahegelegen, während des laufenden Arbeitsverhältnisses diesbezüglich nachzufragen. Der Umstand, dass während des gesamten Arbeitsverhältnisses die beidseitige Tarifbindung nie zwischen den Vertragsparteien problematisiert worden ist, spricht dagegen, dass der Kläger dann seine tarifvertraglichen Rechte in Anspruch genommen hätte, wenn der Beklagte einseitig auf seine Tarifbindung hingewiesen hätte. Selbst wenn hierin ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten gesehen werden könnte, träfe den Kläger wegen der von ihm unterlassenen Information für seine Tarifbindung und die unterlassene Nachfrage ein überwiegendes Verschulden i.s.d. 254 Satz 1 BGB. Es war in seinem Interesse, durch ein aktives Tätigwerden seine Rechtsposition zu verbessern. Hiervon hat er während der gesamten Laufzeit des Vertrages abgesehen. Er hat im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation des Beklagten sogar noch eine Einkommensreduzierung von EUR 1.600,-- auf EUR 1.400,-- brutto akzeptiert. Dieser Umstand spricht zusätzlich gegen eine Geltendmachung tarifvertraglicher Rechte nach einem Hinweis des Beklagten auf seine Tarifbindung. Die Arbeitsvertragsparteien haben sich nämlich veranlasst gesehen, aus wirtschaftlichen Gründen die schon unterhalb des Tariflevels liegenden einzelvertraglichen Leistungen nochmals herabzusetzen. III. 1. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, 97 Abs. 1 ZPO.

- 11-2. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, 72 Abs. 1 und 2 ArbGG. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben; auf 72 a ArbGG wird hingewiesen. Roth Herrmann Weiß Vorsitzender Richter ehrenamtlicher Richter ehrenamtlicher Richter am Landesarbeitsgericht