Vortrag bei dem Deutschen Arbeitsgerichtsverband e.v. Arbeitsgemeinschaft Hamm

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Transkript:

Vortrag bei dem Deutschen Arbeitsgerichtsverband e.v. Arbeitsgemeinschaft Hamm Die Durchführung von Betriebsratswahlen unter Berücksichtigung aktueller arbeitsgerichtlicher Entscheidungen Walter Korte, Geschäftsführer der Landesvereinigung der Unternehmensverbände e.v. - unternehmer nrw Hamm, den 11. Oktober 2017

Zeitpunkt der regelmäßigen Betriebsratswahlen Die turnusmäßigen Wahlen sollen im Zeitraum vom 1. März bis zum 31.Mai ( 13 Abs. 1 BetrVG) stattfinden Einleitung der Wahl Bestellung des Wahlvorstands durch bisherigen Betriebsrat im Regelfall spätestens 10 Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit Keine Mindestfrist Keine feste bindende Zeitgrenze Wahlvorbereitungen können schon früher beginnen Bestellung des Wahlvorstands auch noch nach Ablauf der 10-Wochenfrist möglich Nach Ablauf der Amtszeit kann der bisherige Betriebsrat den Wahlvorstand nicht mehr bestellen Hamm, den 11. Oktober 2017 2

Zu frühzeitige Bestellung des Wahlvorstands? Rechtsmissbrauch bei zu frühzeitiger Bestellung des Wahlvorstands? Bei Bestellung des Wahlvorstands 20 Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats soll ein Rechtsmissbrauch aber angenommen werden können (Thüsing in Richardi, 15. Aufl., 2016, 16 Rdz. 21) BAG lehnt einen Rechtsmissbrauch ab, wenn der Zeitpunkt der Bestellung nicht gänzlich unangemessen ist (BAG vom 19.4.2012 2 AZR 299/11, DB 2012, 2292) Hamm, den 11. Oktober 2017 3

Gewährleistung des Grundsatzes der geheimen Wahl Keine Korrektur des Stimmabgabevermerks Der Grundsatz der geheimen Wahl gilt für den eigentlichen Wahlakt und auch für die Wahlvorbereitung sowie nach Beendigung der Wahl im Hinblick auf das Auskunftsverlangen über die Stimmabgabe. (BAG vom 12.6.2013-7 ABR 77/11, DB 2013, 2392) Notwendigkeit des Aufstellens von Wandschirmen oder Trennwänden Der Wahlvorstand muss geeignete Vorkehrungen für eine unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel treffen. Dies erfordert das Aufstellen von Wandschirmen oder Trennwänden, solange nicht in einem überwachbaren Nebenraum gewählt wird. (LAG Düsseldorf v. 13.12.2016 9 TaBV 85/16, ZBVR online 2017, Nr. 2, 24) Hamm, den 11. Oktober 2017 4

Verbot der Wahlbeeinflussung Unzulässige Wahlbeeinflussungen durch Arbeitgeber Verhinderung oder Behinderung einer Wahlversammlung Manipulation der Wahlunterlagen nach Stimmabgabe Hausverbot gegen ein Mitglied des Wahlvorstands Bewusste wahrheitswidrige Informationen an den Wahlvorstand Verweigerung von Informationen Finanzielle Unterstützung einer Wahlvorschlagsliste Hamm, den 11. Oktober 2017 5

Verbot der Wahlbeeinflussung Strafbarkeit der Wahlbeeinflussung durch finanzielle Zuwendungen Ermöglicht der Arbeitgeber einer Vorschlagsliste durch die Zuwendung von Geldmitteln, sich im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl nachhaltiger als sonst möglich zu präsentieren, so beeinflusst dies mittelbar die Willensbildung der Wahlberechtigten. Dieses Verhalten ist jedenfalls dann nach 119 BetrVG strafbar, wenn die finanzielle Unterstützung durch den Arbeitgeber bewusst verschleiert wird. (BGH v. 13.09.2010 1 StR 220/09, NJW 2011, 88 ff.) Hamm, den 11. Oktober 2017 6

Festlegung der betriebsverfassungsrechtlichen Einheit Bestimmung des Betriebs durch den Wahlvorstand Anknüpfungspunkt für die Betriebsratswahl ist der Betrieb, also die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit dem von ihm beschäftigten Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Beurteilungsspielraum der Arbeitsgerichte bei Überprüfung der Entscheidung des Wahlvorstands Bei der Beurteilung, ob Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb bilden, steht den Gerichten der Tatsacheninstanz ein Beurteilungsspielraum zu. (BAG vom 13.2.2013-7 ABR 36/11, BB 2013, 2170) Hamm, den 11. Oktober 2017 7

Festlegung der betriebsverfassungsrechtlichen Einheit Extensive Rechtsprechung zur Verkennung des Betriebsbegriffs Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Betriebsratswahl zur Folge. (BAG vom 13.3.2015-7 ABR 70/11, NZA 2013, 738) Konsequenzen für die betriebliche Praxis Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Gewerkschaften müssen zunächst davon ausgehen, dass das gewählte Betriebsratsgremium wirksam im Amt ist. Hamm, den 11. Oktober 2017 8

Wahl im selbstständigen Betriebsteil gemäß 4 BetrVG Teilnahme der Arbeitnehmer eines selbstständigen Betriebsteils an der Betriebsratswahl im Hauptbetrieb Ein Betriebsteil ist dem Hauptbetrieb zuzuordnen, wenn seine Belegschaft nach 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Teilnahme an der dort stattfindenden Betriebsratswahl beschließt. Begriff des selbstständigen Betriebsteils Ein selbstständiger Betriebsteil liegt vor, wenn Betriebsteil relativ selbstständig und betriebsratsfähig ist. Hamm, den 11. Oktober 2017 9

Abgrenzung Betrieb Betriebsteil ( 1, 4) Hauptbetrieb räumlich weit entfernt oder Betriebsteil 5 AN, davon 3 wählbar Selbstständiger Betriebsteil Aufgabenbereich oder Organisation eigenständig Betriebsratsfähig ist ein Betriebsteil, wenn in der Einheit mind. 5 wahlberechtigte und davon 3 wählbare AN beschäftigt sind und die Einheit entweder gem. 4 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG räumlich weit entfernt oder gem. 4 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig ist. 10

Betriebsratswahl im selbstständigen Betriebsteil Formloser Beschluss der Arbeitnehmer (AN) über Wahlteilnahme im Hauptbetrieb Beschluss der AN des Betriebsteils ist BR des Hauptbetriebs spätestens 10 Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit mitzuteilen Bindung der Arbeitnehmer an den Beschluss über Teilnahme an einer Wahl im Hauptbetrieb bis zum Widerruf Erst nach einem rechtzeitig erfolgten Widerruf kann die Wahl wieder im selbstständigen Betriebsteil durchgeführt werden (BAG vom 17.9.2013 1 ABR 21/12, BB 2014, 254) Hamm, den 11. Oktober 2017 11

Bestimmung der Betriebs(rats)größe gemäß 9 BetrVG Festlegungskompetenz des Wahlvorstands Ausgangspunkt: Regelmäßige Beschäftigungslage Berücksichtigung von Leih-AN bei regelmäßiger Beschäftigung Hinweis: Achtung Gesetzesänderung! Berücksichtigung der Leih-AN bei den Schwellenwerten des 9 BetrVG infolge der Gesetzesnovellierung des 14 AÜG ab dem 1. April 2017 (so bereits auch schon das Bundesarbeitsgericht - BAG v. 13.03.2013, DB 2013, 1613) Kein Verzicht auf das Erfordernis der regelmäßigen Belegschaftsstärke "In der Regel beschäftigt sind die AN, die normalerweise während des größten Teils des Jahres in dem Betrieb beschäftigt werden (i.d.r < 6 Monate) (BAG vom 07.05.2008 7 ABR 17/07, NZA 2008, 1142) Hamm, den 11. Oktober 2017 12

Absenkung der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder Rechtsfolgen bei zu wenig Wahlbewerbern Eine Wahl ist nicht deshalb unwirksam, weil die Zahl der Bewerber nicht die Zahl der gemäß 9 BetrVG zu besetzenden Betriebsratsplätze erreicht. In diesem Fall ist gem. 11 BetrVG die Zahl der Betriebsratsmitglieder ausnahmsweise abweichend von den in 9 BetrVG vorgegebenen Zahlen analog der Vorschrift des 11 BetrVG abzusenken. (LAG Düsseldorf vom 4.7.2014-6 TaBV 24/14, NZA-RR 2014, 476) Hamm, den 11. Oktober 2017 13

Aktives Wahlrecht Gemäß 7 S. 1 BetrVG dürfen alle Arbeitnehmer des Betriebs an der Wahl teilnehmen, die das 18. Lebensjahr am letzten Wahltag vollendet haben. Gemäß 7 Satz 2 BetrVG dürfen auch Leih-AN eines anderen Arbeitgebers an der Wahl teilnehmen, wenn sie länger als 3 Monate im Entleiherbetrieb eingesetzt werden. Passives Wahlrecht Alle wahlberechtigten Arbeitnehmer, die 6 Monate dem Betrieb, Unternehmen oder Konzern angehören, sind wählbar. Leiharbeitnehmer sind im Entleiherbetrieb nicht wählbar. ( 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG ) Hamm, den 11. Oktober 2017 14

Sonderkündigungsschutz von Wahlvorstandsmitgliedern Rechtsmissbräuchliches Erwirken von Sonderkündigungsschutz? Fraglich ist, ob ein Wahlvorstandsmitglied bei einer Wahl weit vor Beginn des gesetzlichen Wahlzeitraums rechtsmissbräuchlich den Kündigungsschutz nach 15 KSchG erwirken kann (KR-Etzel, 9. Auflage, 103 BetrVG Rn. 22 und Richardi/Thüsing, BetrVG, 12. Auflage 2010, 16 Rdz. 21; LAG Niedersachsen vom 13.10.2010 17 SA 569/10 allenfalls bei Kenntnis des AN von der beabsichtigten Kündigung, um Drittverhalten zum eigenen Vorteil auszunutzen) Hamm, den 11. Oktober 2017 15

Sonderkündigungsschutz von Wahlvorstandsmitgliedern Rechtsmissbräuchliches Erwirken von Sonderkündigungsschutz? Fall nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Bestellung des Wahlvorstands für die Betriebsratswahl am 7.1.2010 Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung des Klägers 12.2.2010 Aufstellung einer Wahlvorschlagsliste am 18.2.2010 (inkl. Name des Klägers ) Eingang des Wahlvorschlags beim Wahlvorstand am 18.2.2010 Wahlausschreiben für die Betriebsratswahl war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlassen Kündigung des Klägers erfolgte am 22.02.2010 Hamm, den 11. Oktober 2017 16

Sonderkündigungsschutz von Wahlvorstandsmitgliedern Rechtsmissbräuchliches Erwirken von Sonderkündigungsschutz? Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Das BAG gab der Kündigungsschutzklage des Klägers statt: Die Kündigung sei nach 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG i.v.m. 134 BGB nichtig. Die ordentliche Kündigung eines Wahlbewerbers sei vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig. Eine unnötig frühe Bestellung und ein daraus resultierender Rechtsmissbrauch liege nicht vor, solange der Zeitpunkt der Bestellung nicht sachlich gänzlich unangemessen sei. (BAG vom 19.4.2012-2 AZR 299/11, DB2012, 2292) Hamm, den 11. Oktober 2017 17

Aufstellung der Wählerliste Rechte des Wahlvorstands Der Wahlvorstand hat eine Wählerliste zu erstellen. Pflichten des Arbeitgebers Arbeitgeber hat den Wahlvorstand alle für die Anfertigung erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Arbeitgeber kann die Auskünfte ausnahmsweise und nur dann verweigern, wenn die Betriebsratswahl voraussichtlich nichtig ist. (LAG Schleswig-Holstein vom 2.8.2014 3 TaBVGa 2/14, ArbR 2014, 340) Hamm, den 11. Oktober 2017 18

Aufstellung der Wählerliste Zulässigkeit von Änderungen und Ergänzungen der Wählerliste Änderungen oder Ergänzungen auf der Wählerliste nur bis zum Tag vor Beginn der Stimmabgabe Wird die Wählerliste erst am Wahltag korrigiert, stellt dies einen anfechtbaren Verfahrensfehler dar (BAG vom 21.3.2017-7 ABR 19/15, NZA 2017, 1075) Hamm, den 11. Oktober 2017 19

Erlass des Wahlausschreibens Einhaltung der Mindestfrist Das Wahlausschreiben muss gem. 3 Abs. 1 S. 1 WO spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe erlassen werden. Es handelt sich um eine Mindestfrist, um den Arbeitnehmern eine ausreichende Möglichkeit zur Information zu geben. Die Nichtbeachtung der Mindestfrist stellt einen Verstoß und einen Anfechtungsgrund dar (LAG Düsseldorf vom 17.7.2017 10 TaBV 3/17, AA 2017, 161) Keine postalische Übersendung des Wahlausschreibens (LAG Köln, 16.8.2012 7 TaBV 20/12, AE 2013, 175) Hamm, den 11. Oktober 2017 20

Einreichung von Wahlvorschlägen Einreichungsfrist Zwei Wochen ab Erlass des Wahlausschreibens ( 6 Abs. 1 S. 2 WO) Frist beginnt mit dem Aushang des Wahlausschreibens Unabdingbarkeit der Frist (BAG vom 9. 12.1992 7 ABR 27/92) Grundsatz: Keine Berechtigung des Wahlvorstands am letzten Tag der Frist auf eine bestimmte Uhrzeit zu begrenzen (LAG Hessen, 12.1.2012 9 TaBV 115/11, AiB 2013, 652) Unzulässigkeit von Kennwörtern auf Vorschlagslisten Jedenfalls dann, wenn das Kennwort den unzutreffenden Eindruck erweckt, es handele sich bei der Liste um einen Wahlvorschlag der IG Metall (BAG vom 26.10.2016 7 ABR 4/15, BB 2017, 563) Hamm, den 11. Oktober 2017 21

Durchführung der Wahl Keine allgemeine Briefwahl Eine Briefwahl für alle Arbeitnehmer ist nach dem Gesetz ausdrücklich nicht vorgesehen und steht nicht zur Disposition des Wahlvorstandes. (LAG Düsseldorf vom 21.7.2017-10 TaBV 3/17 - AA 2017, 161) (Noch) keine digitale Betriebsratswahl Die digitale Betriebsratswahl ist zwar aus administrativen und kostenseitigen Gründen zur Entlastung der Unternehmen wünschenswert, aber unter der geltenden Wahlordnung unzulässig. Eine gesetzliche Regelung ist geboten. (Harms/v. Steinau-Steinrück/Thüsing, BB 2016, 2677) Hamm, den 11. Oktober 2017 22

Rechtsschutzmöglichkeiten bei fehlerhaften Wahlverfahren Statusverfahren nach 18 Abs. 2 BetrVG Arbeitgeber können im Vorfeld der Wahl im Rahmen eines Statusverfahrens nach 18 Abs. 2 BetrVG klären lassen, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt. (BAG vom 23.11.2016 7 ABR 3/15,NZA 2017, 1003) Ebenso kann mittels dieses Verfahrens geprüft werden, ob eigenständige Betriebe oder Gemeinschaftsbetriebe bestehen, ob eine nach 3 BetrVG getroffene Betriebsratsstruktur besteht und ob Betriebsteile selbständig oder einem Betrieb zugeordnet sind. (BAG vom 18.1.2012 7 ABR 72/10, BB 2012, 2176) Hamm, den 11. Oktober 2017 23

Rechtsschutzmöglichkeiten bei fehlerhaften Wahlverfahren Einstweiliger Rechtsschutz Korrektur einzelner Wahlhandlungen Nur bei korrigierbaren Mängeln im Wahlverfahren (z.b. bei Aufnahme oder Streichung bestimmter Arbeitnehmer aus der Wählerliste oder der Zulassung einzelner Wahlvorschläge) Unzulässigkeit des Antrags auf einstweilige Aussetzung der Wahl (LAG Hamm vom 10.4.1975 8 TaBV 29/75, DB 1975, 1176) Erlass einer einstweiligen Verfügung des vollständigen Wahlabbruchs Nur bei offensichtlicher Nichtigkeit der Wahl (BAG vom 15.11.2014 7 ABR 53/12, NZA 2015, 1014) Hamm, den 11. Oktober 2017 24

Rechtsschutzmöglichkeiten bei fehlerhaften Wahlverfahren Erlass einer einstweiligen Verfügung des vollständigen Wahlabbruchs Restriktive Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Der Eilantrag auf Abbruch der Wahl ist nach der Rechtsprechung des BAG nur offenbar noch dann denkbar, wenn ein Wahlvorstand in nichtiger Weise errichtet wurde, die Wahl voraussichtlich nichtig wäre (BAG vom 15.11.2014 7 ABR 53/12, NZA 2015, 1014) Früher genügte dem BAG, dass die Wahl mit Sicherheit anfechtbar war (BAG, 27.7.2011 7 ABR 61/10, BB 2012, 252) Hamm, den 11. Oktober 2017 25

Rechtsschutzmöglichkeiten bei fehlerhaften Wahlverfahren Besonderheiten beim Anfechtungsverfahren Zulässigkeit der Teilanfechtung bei falscher Ermittlung des Wahlergebnisses (LAG Nürnberg vom 16.2.2016-7 TaBV 34/15, NZA-RR 2016, 417) Keine isolierte Anfechtung nur einer von mehreren Wahlen in Teilen eines gemeinsamen Betriebes (LAG Düsseldorf vom 19.04.2016-14 TaBV 89/15, NZA-RR 2016, 411) Unzulässigkeit der nachträglichen Anbringung von Stützunterschriften (LAG Mainz vom 14.1.2016-5 TaBV 19/15, AE 2016, 97) Neutralitätspflicht des Arbeitgebers (LAG Hessen vom 12.11.2015-9 TaBV 44/15, ArbR 2016, 99) Hamm, den 11. Oktober 2017 26

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit WALTER KORTE GESCHÄFTSFÜHRER DER LANDESVEREINIGUNG DER UNTERNEHMENSVERBÄNDE E.V. Hamm, den 11. Oktober 2017 27