Pressekonferenz zum 4-Punkte-Programm für einen Kurswechsel in Europa



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Transkript:

Pressekonferenz zum 4-Punkte-Programm für einen Kurswechsel in Europa Am 14.12.2011 Im DGB Bundesvorstand Statement von Claus Matecki, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands des DGB Es gilt das gesprochene Wort 1

Sehr geehrte Damen und Herren, knapp eine Woche nach dem EU-Gipfel stellen wir fest, dass sich die EU und die Eurozone weiter in einer tiefen Krise befinden. Der EU-Gipfel brachte nicht den erhofften Durchbruch beim Krisenmanagement. Es wird deshalb nicht der letzte Gipfel zur Krise gewesen sein. Die Ergebnisse des Krisengipfels werden kurzfristig die Krise nicht beenden. Mittel- bis langfristig sind sie sogar schädlich. Sie enthalten kaum Neues, sind alles andere als ein großer Wurf und gehen in die falsche Richtung. Eine Änderung der Verträge wäre mit den vorgesehenen Inhalten (Schuldenbremsen, strengerer Sparzwang etc.) aber auch falsch gewesen. Maßnahmen zur Schaffung von Wachstum und Beschäftigung fehlen komplett. Wieder einmal wurden die eigentlichen Finanzierungsprobleme der Krisenländer nicht gelöst. Wieder einmal haben es die Euroländer verpasst, die Frage zu beantworten, wie die Wirtschaft in den Krisenländern aktiv gestärkt werden kann, damit diese aus der Krise heraus wachsen können. Stattdessen heißt die Devise erneut: Sparen, Sparen, Sparen! Wohin dieser Kurs führt, hat sich in Griechenland gezeigt. 2

Dort bricht die Wirtschaftsleistung um fünf Prozent ein, die Arbeitslosigkeit erreicht Rekordhöhen. Nun droht öffentliche Armut in der gesamten Eurozone. Die Leidtragenden sind die Beschäftigten, Rentner und sozial Schwachen. Was sich heute in Europa abspielt, ist nicht anders als sozialer Kahlschlag zu bezeichnen. Meine Damen und Herren, Die Gipfel-Beschlüsse gefährden den sozialen Zusammenhat Europas und bringen die Eurozone an den Rand des Zusammenbruchs. Deshalb ist es höchste Zeit, eine andere Alternative zu diesem katastrophalen Krisen- Management in Europa aufzuzeigen. Meine Damen und Herren, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat bereits vor zwei Jahren die Gründzüge eines anderen Krisenmanagements beschlossen und diese in einer Ihnen vorliegenden Publikation Europa neu justieren veröffentlicht. Der Bundesvorstand des DGB hat ein 4-Punkte-Programm verabschiedet, das wir Ihnen als Ergänzung unserer früheren Forderungen heute vorstellen möchten. Unser 4-Punkte-Programm ist die konkrete Antwort auf die dringlichen Probleme der Eurozone. Erstes: Die verunsicherten Märkte müssen beruhigt, der Käuferstreik beendet und die Refinanzierung der Staatsdefizite zu volkswirtschaftlich vertretbaren Bedingungen sichergestellt werden. Zweitens: Eine Fiskalunion darf nicht einzig und allein aus Sparen und Schuldenabbau ohne Rücksicht auf die konjunkturelle Lage bestehen. 3

Deshalb plädieren wir für eine verbindliche Verpflichtung aller Euroländer zu einer Konsolidierungspolitik, die aber konjunktur- und verteilungsgerecht sein muss und nicht zulasten derjenigen stattfinden darf, die diese Krise gar nicht verursacht haben. Drittens: Es ist höchste Zeit, dass man den Euroländern, vor allem den Krisenländern eine Wachstumsperspektive statt der kollektiven Schrumpfung anbietet. Hier schlagen wir ein dauerhaft angelegtes umfangreiches Zukunftsprogramm vor, das über eine europäische Zukunftsanleihe finanziert wird und Zukunftsinvestitionen umfasst. Viertens: Wir plädieren für eine wirksame Regulierung der Finanzmärkte, die bis heute sehr mangelhaft bzw. gar nicht reguliert sind. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch nach dem jüngsten EU-Gipfel wird immer deutlicher, dass der Rettungsfonds (EFSF) in der jetzigen Form weder in der Lage ist die Anleger zum Kauf von Staatsanleihen der Krisenländer zu überzeugen, noch verfügt er selbst über Finanzmittel um als Käufer letzter Instanz die Staatsfinanzen zu hinnehmbaren Bedingungen zu kaufen. Deshalb muss dieses Problem als das Dringlichste gelöst werden. Aus diesem Grund schlagen wir eine Doppelstrategie vor: Der Rettungsfonds (EFSF) muss zum einen mit einer Banklizenz ausgestattet werden, um sich wie jede andere Geschäftsbank bei der EZB refinanzieren zu können. Dadurch kann der Rettungsfonds seine Kreditkapazität unbegrenzt ausweiten und notfalls unbegrenzt zu günstigen Bedingungen die Staatsanleihen aufkaufen. Um die zutiefst verunsicherten Anleger zum Kauf von Staatsanleihen aktiv zu bewegen, soll der Rettungsfonds (EFSF) zusätzlich zu einer Kreditausfallversicherung ausgebaut werden. Die EFSF kündigt an, dass sie allen Anlegern eine kostenlose Kreditausfallversicherung anbietet, wenn sie ebenfalls zu diesem EFSF-Zinssatz die Staatsanleihen aufkaufen. Der Rettungsfonds bietet den Anlegern kostenlose 100-prozentige Sicherheit gegen die Akzeptanz eines politisch festgesetzten niedrigen Zinssatzes. 4

Sie gilt dann als Zinsobergrenze für alle Staatsanleihen der Eurostaaten als Preis für die Kreditausfallversicherung. Von dieser Lösung profitieren alle: Die Zinslast für die Krisenstaaten sinkt merklich und zwar auf eine volkswirtschaftlich hinnehmbare Größe. Nicht mehr der verunsicherte Markt bestimmt das Zinsniveau sondern die Politik. Wettgeschäfte und Ratingagenturen können nicht mehr das Marktgeschehen bestimmen. Sie werden überflüssig. Die Abhängigkeit der Staatsfinanzen von den Renditekalkülen der Anleger auf den Finanzmärkten wird beseitigt, weil notfalls immer die EFSF mit der Unterstützung der EZB als der letzte Käufer Staatsanleihen kaufen wird, wenn die Anleger höhere Zinsen als die EFSF verlangen. Staaten können dann in einem monetär berechenbaren Umfeld eine konjunktur- und verteilungsgerechte Haushaltskonsolidierung vornehmen, zu der sie verpflichtet sind. Damit wird den Auswüchsen des Marktes ein Riegel vorgeschoben. Allein die unbegrenzte Kaufoption der EFSF wirkt disziplinierend. Nicht mehr der Markt diszipliniert die Politik, sondern die Politik den Markt. Es drohen kein Schuldenschnitt und kein Zwang zur Abschreibung. Künftig fallen keine Kosten für private Kreditausfallversicherungen auf Staatsanleihen an. Sie werden ebenfalls überflüssig. Schädliche Kapitalbewegungen werden gestoppt. Schließlich nimmt die EZB ihre Funktion als Kreditgeber letzter Instanz über die EFSF wahr. Beruhigt sich der Markt für Staatsanleihen, zieht sich die EFSF aus dem Markt zurück. Folglich benötigt sie auch kein EZB-Geld mehr. 5

Es kommt zu keiner zusätzlichen Emission von Zentralbankgeld. Die Geldmenge steigt nicht an. Die von der Bundesbank und der EZB befürchtete Inflationsgefahr bleibt in jedem Fall aus. Die EZB kann sogar in einem ruhigeren Marktumfeld die bisher von ihr erworbenen Staatsanleihen zu einem besseren Kurs wieder veräußern und somit gestärkt aus der Krise heraus kommen. Mit der EFSF-Doppelfunktion als Bank und Kreditausfallversicherung entfällt das Risiko der Insolvenz eines Krisenlandes und damit des Ausfalls der Schulden fast vollständig. Der drohende Bankenkollaps ist gebannt. Die monetäre Stabilisierung der Eurozone würde das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik wiederherstellen und eine allgemeine Zuversicht auslösen. Das würde Wachstum und damit Beschäftigung fördern und ein ökonomisches Fundament für ein solides Haushalten vor allem in den Krisenländern legen. im Gegenzug müssen sich die Mitgliedstaaten auf eine konjunktur- und verteilungsgerechte Konsolidierung der öffentlichen Haushalte insbesondere durch Steuermehreinnahmen verpflichten. Dabei spielen Steuermehreinahmen auf hohe Einkommen und Vermögen eine wesentliche Rolle. Meine sehr geehrten Damen und Herren, als notwendige Ergänzung zur Sicherstellung der Refinanzierung der Staatsschulden brauchen wir eine intensivere und verbindlichere Koordination der nationalen Fiskalpolitiken. Insgesamt verpflichten sich die Mitgliedstaaten dazu, auf Versuche zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition gegenüber anderen EU-Staaten mittels Steuer-, Lohn-, Sozial- und Umweltdumping zu verzichten. Europa braucht eine Wachstumsperspektive! 6

Kernelement unseres Vier-Punkte-Programms für Europa ist deshalb ein umfassendes Zukunftsprogramm für Europa, um aus der Krise herauszuwachsen. Es muss langfristige Investitionen in zukunftsfähige Industrien und Dienstleistungen ermöglichen, Bildung und ökologische Modernisierung fördern und vor allem den Entwicklungsrückstand in den peripheren Regionen Europas beseitigen. So können Millionen neue, sinnvolle und innovative Arbeitsplätze entstehen. Dieses Zukunftsprogramm vereint Elemente eines Konjunkturprogramms, einer Modernisierungsoffensive, eines Marshallplans für die krisengeplagten Länder und einer aktiven Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Handwerkspolitik. Für die Realisierung dieses Programms schlagen wir vor, einen Europäischen Zukunftsfonds zu gründen, der solche Programme fördert. Dafür braucht es Geld. In Europa wurden 2010 rund 27.000 Mrd. Euro Vermögen verwaltet. Diese Vermögensschwemme wollen wir für Menschen und ihre Zukunft mobilisieren. Deshalb soll dieses Zukunftsprogramm durch die Ausgabe einer europäischen Zukunftsanleihe finanziert werden. Diese wird am europäischen Kapitalmarkt von der bereits existierenden Europäischen Investitionsbank platziert. Um als erstklassiger Schuldner am Markt Kredite aufnehmen zu können, benötig der Europäische Zukunftsfonds ein haftendes Eigenkapital. Zur Finanzierung dieses Anfangskapitals schlägt der DGB zwei Modelle vor: 1. Das haftende Eigenkapital des Fonds wird nicht durch Steuermittel, sondern durch ein einmaliges zinsloses Darlehen der Reichen finanziert. Jeder Reiche mit einem Vermögen ab 500.000 Euro (Ledige)bzw. 1 Mio. Euro (Verheiratete) gewährt dem Fond ein zinsloses Darlehen in Höhe von drei Prozent seines Vermögens für eine Dauer von zehn Jahren. Nach zehn Jahren wird das zinslose Darlehen den Darlehengebern zurückgezahlt, oder die Darlehengeber verzichten auf die Erstattung des verliehenen Kapitals. Im Gegenzug können sie ihre Spenden für die Zukunft Europas mit ihrer Steuerlast verrechnen. 7

Oder 2. Das haftende Eigenkapital des Fonds wird durch eine einmalige Vermögensabgabe der Reichen in gleicher Höhe finanziert. Bei beiden Modellen stellen die Vermögenden ohne große Kosten einen dreistelligen Milliardenbetrag für das europäische Gemeinwohl zur Verfügung. Das angesammelte Kapital wird bei der EZB sicher angelegt. Die laufenden anfallenden Zinszahlungen für die Zukunftsanleihen selbst kann die Staatengemeinschaft aus Steuermehreinnahmen begleichen, die mit einem höheren Wachstum einhergehen, oder durch neue Steuerarten (wie die Finanztransaktionssteuer) ergänzt werden. Sehr geehrte Damen und Herren, Europas Finanzmärkte müssen wirksam reguliert und volkswirtschaftlich schädliche Geschäfte und Produkte eingedämmt werden. Eine dauerhafte Stabilisierung der Staatsfinanzen würde auch die Gefahr eines Bankenkollapses entschärfen. Darüber hinaus gilt es, die chronische Unterkapitalisierung der europäischen Banken durch härtere Eigenkapitalvorschriften mittelfristig zu lösen, damit sie mögliche Verluste künftig aus eigener Kraft bewältigen können. Hierzu müssen alle am Finanzmarkt aktiven Finanzinstitute wie Banken, Investmentfonds und Versicherungen unter gleiche Mindest-Regulierungsvorschriften und Eigenkapitalquoten gestellt werden, damit keine Ausweichmöglichkeiten bleiben und Schattenbanksysteme erst gar nicht entstehen. Meine Damen und Herren, die bisherigen Maßnahmen führen unsere Gesellschaften in Sackgassen aus Armut, Ungleichheit, Rezession und letztlich höherer Verschuldung, politischer Instabilität und der Gefährdung der bisherigen Integrationsfortschritte. Wir appellieren deshalb an die Bundesregierung, den dringend gebotenen Kurswechsel einzuleiten und das vorliegende Vier-Punkte-Papier des DGB zu prüfen und umzusetzen. 8