VU VERFAHRENSRECHT Verwaltungsstrafverfahren
VERWALTUNGSSTRAFRECHT (1) Justizstrafrecht = von ordentlichen Gerichten zu ahndende Straftaten Verwaltungsstrafrecht = von Verwaltungsbehörden zu ahndende Straftaten Inquisitionsprinzip im Vw-Strafverfahren: Behörde ist Ankläger und Richter! Für Delikte, die mitschwerwiegenden Strafen bedroht sind (VfSlg 12.151), dürfen nur die ordentliche Gerichten für zuständig erklärt werden. 3 Teile des Verwaltungsstrafrechts: Verwaltungsübertretungen (Tatbestände), geregelt in den Materiengesetzen Allgemeiner Teil des Verwaltungsstrafrechts (Voraussetzungen für die Strafbarkeit) Bedarfskompetenz Art 11 Abs 2 B-VG Verwaltungsverfahrensrecht Bedarfskompetenz Art 11 Abs 2 B-VG 81
GRUNDRECHTE IM VERWALTUNGSSTRAFVERFAHREN Besondere Garantien in Strafverfahren (auch im Verwaltungsstrafverfahren) Information über Art und Grund der Beschuldigung, ausreichend Zeit zur Vorbereitung Recht auf Anwesenheit und eigene Verteidigung Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen (nemo tenetur) Recht auf Unschuldsvermutung nulla poena sine lege (Art 7 EMRK) Verbot der Doppelbestrafung (Art 4 7.ZP-MRK) 82
VERWALTUNGSSTRAFRECHT ALLGEMEINER TEIL Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl 52/1991 idgf regelt Allgemeine Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechts (Allgemeiner Teil) Verwaltungsstrafverfahrensrecht Allgemeine Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechts Keine Strafe ohne Gesetz, Günstigkeitsprinzip ( 1 Abs 1 und 2 VStG) Zurechnungsfähigkeit;Rechtswidrigkeit; Schuld (Vorsatz, Fahrlässigkeit); Rechtsirrtum; Notstand; Beteiligung (Anstiftung, Beihilfe), Versuch. Besondere Verantwortlichkeit vertretungsbefugter Organe von juristischen Personen ( 9 VStG) Strafen: Freiheitsstrafen, Geldstrafen, Ersatzfreiheitsstrafen; Strafbemessung; Kumulationsprinzip Beschlagnahme und Verfall 83
VERWALTUNGSSTRAFVERFAHREN (1) Subsidiäre Anwendbarkeit des AVG ( 24 VStG) Amtswegige Verfolgung von Verwaltungsübertretungen (Offizialmaxime, 25 VStG) Sachliche Zuständigkeit Subsidiäre Allzuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden ( 26 Abs 1 VStG) bzw der Landespolizeidirektionen im Gebiet von Gemeinden, für das sie zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz sind ( 26 Abs 2 VStG) Keine Zuständigkeit der Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich Örtliche Zuständigkeit In der Regel: Tatort ( 27 VStG); Ausnahmen in 27 bis 29a VStG 84
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VERWALTUNGSSTRAFVERFAHREN (2) Ermittlungsverfahren, subsidiäre Anwendbarkeit des AVG Rechtfertigung des Beschuldigten ( 40 Abs 2 VStG; Ladung zur Vernehmung oder Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme) Mündliche Verhandlung Mitwirkungspflicht des Beschuldigten: Er muss sich trotz Offizialmaxime Behauptungen entgegensetzen und Beweismittel anbieten. Entscheidung der Behörde: Straferkenntnis (= Bescheid im Verwaltungsstrafverfahren) 86
STRAFVERFÜGUNG ( 47 FF VSTG) Strafbescheid ohne Ermittlungsverfahren, ähnlich dem Mandatsbescheid Voraussetzung: Verwaltungsübertretung muss von einem öffentlichen Organ ( 47 Abs 1 VStG) aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung angezeigt oder von einer technischen Verkehrsüberwachung festgestellt worden sein. Geldstrafe: min 7, max. 600,- pro begangenem Delikt Einspruch ( 49 VStG): remonstratives Rechtsmittel; Frist: 2 Wochen; Strafverfügung tritt außer Kraft; ordentliches Verfahren ist einzuleiten; Verbot der reformatio in peius 87
ANONYMVERFÜGUNG ( 49A VSTG) Oft mühsame Ausforschung des Täters (zb KfZ-Lenker) mit Anonymverfügung kann Strafe gegen andere Person (zb Fahrzeughalter) verhängt werden Adressat: Person, von der Behörde mit Grund annehmen kann, dass sie den Täter kennt oder leicht feststellen kann ( 49a Abs 5) Lenkerauskunft ( 103 Abs 2 KFG) Anonymverfügungen erfordern eine Verordnung der Behörde ( 49a Abs 1) Kein Rechtsmittel ( 49a Abs 6); Anonymverfügung tritt automatisch außer Kraft, wenn Strafe nicht fristgerecht bezahlt wird danach Strafverfügung / ordentliches Ermittlungsverfahren Keine reformatio in peius Verbot der Datenverknüpfung, Daten sind spätestens nach 6 Monaten zu löschen ( 49a Abs 8) 88
ORGANSTRAFVERFÜGUNG ( 50 VSTG) Organstrafverfügung = Strafverfügung von einem Organ der öffentlichen Aufsicht an Ort und Stelle Sofortige Entrichtung der Strafe; je nach Ermächtigung ist Zahlung mit Zahlschein (Abs 2) oder Kreditkarte (Abs 8) möglich Behörde muss dazu das Organ der öffentlichen Aufsicht mit individuellkonkretem Akt und mit Zustimmung der Dienstbehörde ermächtigen ( 50 Abs 1); die Ermächtigung hat fixe Strafbeträge zu enthalten Kein Bescheid, da nur Behörden Bescheide erlassen dürfen Geldstrafe max. 90,- Kein Rechtsmittel ( 49a Abs 6); Organstrafverfügung tritt automatisch außer Kraft, wenn Strafe nicht fristgerecht bezahlt wird danach Strafverfügung / ordentliches Ermittlungsverfahren Keine reformatio in peius 89
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VERJÄHRUNG ( 31 VSTG) Verfolgungsverjährung 31 Abs 1 : Ein Jahr Sie tritt ein, wenn gegenüber der Person wegen einer Verwaltungsübertretung innerhalb der Frist keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wird Verfolgungshandlung = jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung ( 32 Abs 2) Strafbarkeitsverjährung 31 Abs 2 : Drei Jahre Danach darf kein Straferkenntnis mehr gefällt werden; Frist schließt Rechtsmittelverfahren (Verfahren vor dem VwG!) mit ein! Hemmung der Frist ( 31 Abs 2) Vollstreckungsverjährung ( 31 Abs 3): 3 Jahre ab Rechtskraft des Strafbescheids 91
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