Forschungsbeitrag zur Mobilität

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Transkript:

15 Tobias Diekhans Kabelloses Laden von Elektrofahrzeugen mit beidseitiger Leistungsregelung Forschungsbeitrag zur Mobilität Tobias Diekhans ist im westfälischen Gütersloh aufgewachsen. Bereits während seines Studiums der Elektrotechnik an der RWTH Aachen und am INP Grenoble in Frankreich galt sein Interesse der Elektromobilität. In seiner Diplomarbeit am Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) befasste er sich mit dem Energiemanagement von Brennstoffzellenhybridbussen. Für diese Arbeit erhielt er den Studienpreis der SEW-Eurodrive-Stiftung 2011 und den Otto-Junker-Preis 2012. Seit 2011 ist Tobias Diekhans in der Zentralen Forschung der Robert Bosch GmbH tätig, zuerst als Industriedoktorand und anschließend als Forschungsingenieur im Bereich der Leistungselektronik. Mit seiner Promotion über kabellose Ladesysteme für Elektrofahrzeuge legt er die Grundlage für ein weiterführendes Forschungsprojekt in diesem Bereich. Kürzlich hat Tobias Diekhans die Leitung eines Projektes zur Auslegung von passiven Bauelementen in der Leistungselektronik übernommen, mit dem Ziel die Leistungsdichte dieser Komponenten in Zukunft deutlich zu erhöhen. Bereits im 19. Jahrhundert hatte der Elektrotechnikpionier Nikola Tesla die Vision, elektrische Energie kabellos zu übertragen. Obwohl er an seinem ambitionierten Ziel scheiterte, den gesamten Atlantik zu überbrücken, so gelangen ihm doch zahlreiche bahnbrechende Experimente und Erfindungen [1]. Bis zum eigentlichen Durchbruch dieser Technologie sollten jedoch noch einmal fast 100 Jahre vergehen, bis in den 1990er Jahren die ersten industriellen induktiven Energieübertragungssysteme ent wickelt wurden [2]. Ermöglicht wurde dieser Durchbruch in erster Linie durch enorme Fortschritte im Bereich der Leistungselektronik und Halbleitertechnologie. Heutzutage findet man die induktive Energieübertragung nicht nur in Flurförderfahrzeugen, Reinräumen und medizinischen Implantaten, sondern auch in elektrischen Zahnbürsten oder Smartphones [2 4]. In der Automobilindustrie gibt es derzeit zwei Megatrends: Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs und das autonome Fahren. Die größte Herausforderung der Elektromobilität ist jedoch die wesentlich geringere Energiedichte von Batterien im Vergleich zu Benzin oder Diesel. Im Gegensatz zu einem konventionellen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor muss ein Elektrofahrzeug daher nahezu täglich nachgetankt werden. Ein induktives Ladesystem bietet hier- bei die Technologie, die häufigen Ladevorgänge für den Fahrer möglichst komfortabel zu gestalten. Allerdings sind die Anforderungen an ein solches kabelloses Ladesystem vielfältig: Es soll eine elektrische Leistung von mehreren Kilowatt über eine Distanz von mehr als 100 mm übertragen werden, während der Wirkungsgrad nicht wesentlich unter das Niveau von kabelgebundenen Ladesystemen sinken soll. Gleichzeitig müssen alle sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt werden, beispielsweise zum Schutz von Personen mit Herzschrittmacher. Kurzzusammenfassung: Ein kabelloses Ladesystem bietet das Potential, das Nachtanken von zukünftigen Elektrofahrzeugen ähnlich komfortabel zu gestalten, wie wir es heutzutage vom Verbrennungsmotor gewohnt sind. Kern der Energieübertragung bilden zwei induktiv gekoppelte Spulen, von denen eine in den Parkplatz integriert ist und eine zweite unter dem Fahrzeug angebracht ist. Weitere Leistungselektronikkomponenten wandeln zuerst die niederfrequente Netzspannung in eine hochfrequente Wechselspannung und anschließend im Fahrzeug wieder in eine Gleichspannung um. Die im Folgenden vorgestellte Leistungselektroniktopologie mit beidseitiger Regelung stellt einen äußerst vielversprechenden Ansatz dar, um die hohen Anforderungen in Bezug auf Bauraum, Wirkungsgrad und Kosten zu erfüllen.

16 Diekhans: Kabelloses Laden von Elektrofahrzeugen mit beidseitiger Leistungsregelung Diekhans: Kabelloses Laden von Elektrofahrzeugen mit beidseitiger Leistungsregelung 17 Primärseite (Infrastruktur) Sekundärseite (Fahrzeug) Netz 230 V 50 Hz PFC-Gleichrichter Umrichter Gleichrichter Spulenpaar Blindleistungskompensation Blindleistungskompensation Traktionsbatterie stellt auch den wesentlichen Unterschied zu einem konventionellen Transformator mit geschlossenem Magnetkreis dar: Während in diesem der magnetische Koppel faktor k typischerweise über 0,99 liegt, sinkt er durch den großen Luftspalt auf Werte von nur etwa 0,2 bis 0,4. Auch bei einem reduzierten magnetischen Koppelfaktor kann noch ein hoher Wirkungsgrad erzielt werden, wenn eine sogenannte Blindleistungskompensation ein gesetzt wird. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der resonanten induktiven Energieübertragung, da die Blindleistungskompensation zusammen mit den Induktivitäten des Spulenpaares einen Schwingkreis bildet. bis 150 khz. Anschließend wird die Wechselspannung im Fahr zeug wieder gleichgerich tet. Je nach System können auch noch weitere Spannungswandler (Tiefsetzsteller oder Hoch setzsteller) zum Einsatz kommen um den Leistungsfluss zu regeln. Ein Vorteil der im Folgenden vorgestellten beidseitig geregelten Leistungselektroniktopologie besteht darin, dass auf diese zusätzlichen Komponenten verzichtet werden kann, wodurch der Wirkungsgrad gesteigert und die Kosten reduziert werden [6]. Wenn man die beiden Megatrends der Automobilindustrie, die Elektrifizierung des Antriebsstrangs und das autonome Fahren, weiterdenkt, so wird auch ein wachsender Bedarf an automatisierten Ladesystemen erkennbar. Tobias Diekhans Abbildung 1: Oben: Schema der Leistungselektronikkomponenten eines kabellosen Ladesystems. Unten links: Foto des Umrichters mit Resonanzkondensatoren zur Blindleistungskompensation. Unten rechts: Foto der fahrzeugseitigen Ladespule. Quelle: [5] Funktionsweise eines induktiven Lade systems In Abbildung 1 ist der schematische Aufbau eines induktiven Ladesystems dargestellt, das für den Betrieb am einphasigen Wechselspannungsnetz ausgelegt ist. Ein solches System adressiert in erster Linie den Privatnutzer, der sein Elektrofahrzeug über Nacht in der heimischen Garage auflädt, da die elektrische Leistung bei einer 16A-Absicherung auf 3,6 kw limitiert ist. Die Schlüsselkomponenten eines induktiven Ladesystems sind ein induktiv gekoppeltes Spulenpaar, das zusammen einen Transformator bildet. Die primäre Spule liegt dabei auf dem Garagenboden oder kann in diesen integriert werden, während die sekundäre Spule unter dem Fahrzeug angebracht ist. Der Abstand oder Luftspalt zwischen beiden Spulen hängt von der Bodenfreiheit und Beladung des Fahrzeugs ab. Das im Folgenden beschriebene System ist auf einen Spulenabstand von 100 bis 170 mm ausgelegt. Dieser Luftspalt Zum Betrieb eines induktiven Ladesystems sind neben dem Spulenpaar und der Blindleistungskompensation zahlreiche weitere Leistungselektronikkomponenten notwendig. Beginnend auf der Infrastrukturseite erfolgt eine Gleichrichtung der 50 Hz Netzspannung durch einen sogenannten PFC-Gleichrichter. Dabei handelt es sich um eine Standardkomponente, wie sie in nahezu jedem Schaltnetzteil zu finden ist. Die Gleichspannung wird anschließend durch einen Umrichter wieder in eine Wechselspannung höherer Frequenz umgewandelt. Um eine effiziente Energieübertragung zu gewährleisten wählt man typischerweise Übertragungsfrequenzen im Bereich von 10 Leistungselektroniktopologie mit beid seitiger Leistungsregelung In Abbildung 2 ist die vorgeschlagene Leistungselektroniktopologie mit beidseitiger Leistungsregelung dargestellt. Der primärseitige Umrichter besteht aus 4 Leistungstransistoren und den zugehörigen Freilaufdioden. Die Induktivitäten L 1 und L 2, sowie die Koppelinduktivität M, beschreiben das Spulenpaar. Die beiden Kondensatoren C 1 und C 2 dienen zur Blindleistungskompensation, die hier als Serienresonanzkreis ausgelegt ist. Auf der Sekundärseite ist der aktive Gleichrichter dargestellt, der aus zwei Leistungstransistoren und zwei Dioden be-

18 Diekhans: Kabelloses Laden von Elektrofahrzeugen mit beidseitiger Leistungsregelung Diekhans: Kabelloses Laden von Elektrofahrzeugen mit beidseitiger Leistungsregelung 19 Die Auslegung eines kabellosen Ladesystems erfordert einen ganzheitlichen Optimierungsansatz, da eine komplexe Wechselwirkung zwischen den Einzelkomponenten besteht. Tobias Diekhans steht. Nicht gezeigt ist hier der PFC-Gleichrichter, der sich noch vor dem primärseitigen Umrichter befindet. Die gemessenen Strom- und Spannungsverläufe im Nennarbeitspunkt, bei 3 kw Ausgangsleistung und einem Spulenabstand von 135 mm, sind in Abbildung 2 ge zeigt. Die Pulsbreite α der primären Spannung v 1 kann durch den Umrichter eingestellt werden, während die Pulsbreite β der sekun dären Spannung v 2 durch den aktiven Gleichrichter variiert werden kann. Im Unterschied zu konventionellen Topologien mit einem passiven Gleichrichter ergibt sich hiermit ein zusätzlicher Freiheitsgrad zur Regelung des Ladesystems. Dieser zusätzliche Freiheitsgrad lässt sich durch eine geeignete Regelstrategie ausnutzen, um das induktive Ladesystem stets wirkungsgradoptimal zu be treiben. Insbesondere in den folgenden drei praxisrelevanten Anwendungsfällen kann der Wirkungsgrad durch die beidseitige Leistungsregelung signifikant verbessert werden [5]: Betrieb bei reduziertem Koppelfaktor, beispielsweise durch einen lateralen Parkversatz des Fahrzeuges über der Ladespule. Teillastbetrieb mit verminderter Ausgangsleistung, beispielsweise am Ende des Ladevorgangs. Betrieb bei variabler Batteriespannung, die beispielsweise vom Ladezustand und der Temperatur abhängt. Auslegung und Messergebnisse Die Auslegung eines induktiven Ladesystems erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Es ist nicht zielführend die Einzelkomponenten separat zu optimieren, da eine hohe Wechselwirkung zwischen ihnen besteht. So bestimmt beispielsweise die gewählte Betriebsfrequenz nicht nur maßgeblich die Verluste in den Übertragungsspulen, sondern auch die Schaltverluste in den Leistungshalbleitern. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, wurde die Methodik der Multizieloptimierung eingesetzt und mehrere 100.000 mögliche Auslegungsvarianten simuliert [7]. Auch wenn diese Vorgehensweise sehr zeitaufwendig ist, so ermöglicht sie doch ein grundlegendes Verständnis der Wirkzusammenhänge und führt zu wichtigen Erkenntnissen, die in die Auslegung eines Prototyps eingeflossen sind. In Abbildung 1 ist ein Foto des primärseitigen Umrichters und des Spulenpaars gezeigt. Die Wicklung besteht aus Hochfrequenzlitze um den Stromverdrängungseffekt bei hohen V 1,DC i in S 1 S 3 A S 2 S 4 B C 1 C 2 M v 1 i 1 L 1 L 2 i 2 v 2 D 5 D 6 S 5 S 6 i out V 2,DC Abbildung 2 Oben: Leistungselektroniktopologie mit beidseitiger Leistungsregelung. Unten: Gemessene Stromund Spannungsverläufe bei 3 kw Ausgangsleistung und 135 mm Spulenabstand. Die Pulsbreiten α und β, und damit auch die Ströme i 1 und i 2, können unabhängig voneinander geregelt werden und ermöglichen so stets einen wirkungsgradoptimalen Betrieb. Quelle: [5]

20 Diekhans: Kabelloses Laden von Elektrofahrzeugen mit beidseitiger Leistungsregelung Diekhans: Kabelloses Laden von Elektrofahrzeugen mit beidseitiger Leistungsregelung 21 Frequenzen zu reduzieren. Die Ferritstäbe führen das magnetische Wechselfeld. Über den Ferritstäben befindet sich noch ein Abschirmblech aus Aluminium um die Wirbelstromverluste im Fahrzeugchassis zu reduzieren. Der äußere Durchmesser der Spule beträgt 600 mm und insgesamt sind 4,8 kg Ferrit und 2,2 kg Kupfer verbaut. Eingesetzt wurden ausschließlich Bauelemente und Materialien, die bereits heute für einen Serien einsatz in Frage kommen. Als Übertragungsfrequenz wurde 35 khz gewählt, was bei diesem System den bestmöglichen Auslegungskompromiss zwischen Verlusten in den Übertragungsspulen und Schaltverlusten in den Leistungshalbleitern darstellt. Der gemessene Wirkungsgrad vom Eingangszum Ausgangszwischenkreis ist in Abbildung 3 gezeigt. In diesem Wirkungsgrad sind alle Komponenten des induktiven Ladesystems außer dem PFC-Gleichrichter enthalten. Wenn man für diesen nach gegenwärtigem Stand der Technik einen Wirkungsgrad von 98 % ansetzt [8], dann entspricht die Messung einem Systemwirkungsgrad, von der Steckdose bis zur Batterie, von 90 % (bei einem Luftspalt von 170 mm) bis 94 % (bei einem Luftspalt von 100 mm). Dabei entfällt weniger als die Hälfte der Verluste auf die eigentlichen Übertragungsspulen und ein Großteil wird weiterhin durch die Leistungselektronikkomponenten verursacht, die in ähnlicher Form auch in kabelgebundenen Ladesystemen verbaut sind [5]. Insgesamt liegt der Systemwirkungsgrad daher nur noch wenige Prozentpunkte unter dem Niveau von kabelgebundenen Ladesystemen. Der Vorteil der beidseitigen Regelung zeigt sich insbesondere im Teillastbereich. In Abbildung 3 unten ist eine Vergleichsmessung gezeigt, bei der der Gleichrichter rein passiv betrieben wird und die Leistung alleine durch den primärseitigen Umrichter gestellt wird. In diesem Beispiel sinkt der Wirkungsgrad bei einer Ausgangsleistung von 500 W auf Werte unterhalb von 80 %, da das Spulenpaar in einem äußerst ungünstigen Arbeitspunkt betrieben wird. Mit der beidseitigen Regelung können die Verluste hier mehr als halbiert werden und ein Wirkungsgrad von über 90 % beibehalten werden. Ein ähnlich vorteilhaftes Verhalten zeigt sich auch bei der Variation von anderen Systemparametern, wie des Spulenabstandes, des lateralen Versatzes zwischen den Spulen oder der Batteriespannung. Abbildung 3: S. 20: Gemessener Wirkungsgrad bei drei unterschiedlichen Spulenabständen. In der Messung enthalten sind alle Komponenten des induktiven Ladesystems außer dem PFC-Gleichrichter. S. 21: Vergleichsmessung bei Verwendung einer konventionellen primärseitigen Regelung mit passivem Gleichrichter bei einem Spulenabstand von 135 mm. Quelle: [5]

22 Diekhans: Kabelloses Laden von Elektrofahrzeugen mit beidseitiger Leistungsregelung Diekhans: Kabelloses Laden von Elektrofahrzeugen mit beidseitiger Leistungsregelung 23 Zusammenfassung Mit der beidseitigen Leistungsregelung lassen sich deutliche Effizienzpotentiale heben, insbesondere wenn das Fahrzeug nicht optimal über der Ladespule geparkt ist oder im Teillastbereich. Tobias Diekhans Die Möglichkeit der vollständigen Automatisierung des Ladevorgangs durch ein kabelloses Ladesystem kann einen entscheidenden Baustein zum Durchbruch der Elektromobilität liefern. Die vorgestellte Leistungselektroniktopologie mit beidseitiger Leistungsregelung stellt einen äußerst vielversprechenden Ansatz dar, um die hohen Anforderungen in Bezug auf Bauraum, Wirkungsgrad und Kosten für die Serieneinführung von kabellosen Ladesystemen für Elektrofahrzeuge zu erfüllen. Sie ermöglicht insbesondere einen wirkungsgradoptimalen Betrieb nicht nur im Nennarbeitspunkt, sondern beispielsweise auch bei einem lateralen Versatz des Fahrzeuges über der Ladespule oder in Teillast. Es konnte ein Systemwirkungsgrad von 94 % bei einer Übertragungsdistanz von 100 mm erreicht werden. Ausblick Eine wichtige Voraussetzung für die Einführung von kabellosen Ladesystemen im öffentlichen Raum ist die Schaffung eines einheitlichen Standards, woran zur Zeit intensiv auf internationaler Ebene gearbeitet wird (IEC 61980, SAE J2954). Weiterhin ist es ein wichtiges Entwicklungsziel, die Ladespule im Fahrzeug deutlich zu verkleinern um die Integration zu vereinfachen [9]. Im Bereich der Leistungselektronik wird derzeit intensiv an neuen Halbleitermaterialien wie Siliziumcarbid und Galliumnitrid geforscht, die eine weitere Effizienzsteigerung und Bauraumreduktion der leistungselektronischen Komponenten versprechen. Im akademischen Umfeld wird darüber hinaus auch an dynamischen induktiven Energieübertragungssystemen geforscht [4]. Technisch wäre es durchaus vorstellbar, komplette Straßenabschnitte zu elektrifizieren und damit das Reichweitenproblem von Elektrofahrzeugen grundlegend zu lösen. Allerdings ist durch den hohen notwendigen Investitionsaufwand eine wirtschaftliche Realisierung einer solchen Infrastruktur noch völlig offen. Literaturverzeichnis [1] N. Tesla, Apparatus for transmitting electrical energy, US Patent 1,119,732, 1.12.1914. [2] G. A. Covic, J. T. Boys, Inductive power transfer, Proceedings of the IEEE, vol. 101, no. 6, pp. 1276 1289, 2013. [3] E. Waffenschmidt, T. Staring, Limitation of inductive power transfer for consumer appli cations, European Conference on Power Electronics and Applications (EPE), 2009. [4] G. A. Covic, J. T. Boys, Modern trends in inductive power transfer for transportation applications, IEEE Journal of Emerging and Selected Topics in Power Electronics, vol. 1, no. 1, pp. 28 41, 2013. [5] T. Diekhans, R. W. De Doncker, A dual-side controlled inductive power transfer system optimized for large coupling factor variations and partial load, IEEE Transactions on Power Electronics, vol. 30, no. 11, pp. 6320 6328, 2015. [6] T. Diekhans, F. Stewing, G. Engelmann, H. van Hoek, R. W. De Doncker, A systematic comparison of hard- and soft-switching topologies for inductive power transfer systems, Electric Drives Production Conference (EDPC), 2014. [7] T. Diekhans, R. W. De Doncker, A Pareto-based comparison of power electronic topologies for inductive power transfer, International Exhibition and Conference for Power Electronics, Intelligent Motion, Renewable Energy and Energy Management (PCIM), 2015. [8] U. Badstübner, J. Miniböck, J. W. Kolar, Experimental verification of the efficiency/ power-density Pareto front of single-phase double-boost and TCM PFC rectifier systems, Applied Power Electronics Conference and Exposition (APEC), 2013. [9] P. Schumann, T. Diekhans, O. Blum, U. Brenner, A. Henkel, Compact 7 kw inductive charging system with circular coil design, Electric Drives Production Conference (EDPC), 2015.