Hecht Gottfried Wilhelm Leibniz
1 Gottfried Wilhelm Leibniz (1. 7. 1646-14. 11. 1716)
Gottfried Wilhelm Leibniz Mathematik und N aturwissenschaften im Paradigma der Metaphysik Dr. Hartmut Hecht, Berlin Mit 33 Abbildungen 83 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufuahme Hecht, Hartmut: Gottfried Wilhelm Leibniz: Mathematik und N aturwissenschaften im Paradigma der Metaphysikl Hartmut Hecht. - Stuttgart; Leipzig: Teubner, 1992 (Teubner-Archiv zur Mathematik: Supplement; 2) ISBN 978-3-8154-2025-6 ISBN 978-3-663-05995-0 (ebook) DOI 10.1007/978-3-663-05995-0 NE: Teubner-Archiv zur MathematiklSupplement TEUBNER-ARCHIV zur Mathematik. Supplement 2 Das Werk einschlieglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung augerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulassig und strafbar. Das gilt besonders fur Vervielfaltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Springer Fachmedien Wiesbaden 1992 Urspriinglich erschienen bei B. G. Teubner Verlagsgesellschafi:, Leipzig 1992
Leibniz, der mehr als eine Seele hatte, wenn ich das so sagen darf, war wohl wiirdig, den Vorsitz in einer Akademie zu fuhren, die er im Notfall allein hlitte darstellen konnen. Friedrich II. von Preuaen Vorwort Gottfried Wilhelm Leibniz gehort zu den originellsten und produktivsten Denkern der europaischen Geistesgeschichte. Entsprechend umfangreich und vielgestaltig ist die Leibnizliteratur. Die groben Editionen seiner Werke von Ludovicus Dutens bis Carl Immanuel Gerhardt, von Georg Heinrich Pertz und Onno Klopp sind fur die Forschung bis heute unersetzbar. Die Leibniz Darstellungen, Studien und Berichte konnen selbst schon wieder auf regelrechte Klassiker verweisen. Man denke nur an Eduard Guhrauers Biographie, an "Leibniz' System in seinen wissenschaftlichen Grundlagen" von Ernst Cassirer, an Willy Kabitz' jungen Leibniz oder an Joseph Ehrenfried Hofmanns Entwicklungsgeschichte der Leibnizschen Mathematik. Ein Ende der Beschaftigung mit dem philosophie- und wissenschaftshistorischen Erbe Leibniz' ist besonders seit dem Beginn der Arbeit an der Akademie-Ausgabe am Anfang unseres Jahrhunderts (Leibniz' Samtliche Schriften und Briefe) und der Griindung der Internationalen Leibniz Gesellschaft 1966 nicht absehbar. Letztere hat sich mit den Studia Leibnitiana dafur ein eigenes Publikationsorgan geschaffen. Neue Quellenfunde lassen den Gesamtzusammenhang und die innere Dynamik des Leibnizschen Schaffens in einem neuen Licht erscheinen, manches dabei entdeckte Detail ist fur die Geschichtsforschung generell von Bedeutung, und die Edition des gut erhaltenen Nachlasses ist eine eigene Herausforderung, die anderen historisch-kritischen Ausgaben in nichts nachsteht. All dies hat die Annaherung an Leibniz in nicht geringem MaBe zu einer Sache fur Spezialisten werden lassen, deren Entdeckungen, Interpretationen und editorische Leistungen das gelaufige Leibniz-Bild des allgemeinen BewuBtseins bislang nur wenig veranderten. Die vorliegende Darstellung will in dieser Situation die Chance einer Vermittlung wahrnehmen. Sie beabsichtigt, den Blick fur die Mannigfaltigkeit und Weite der Leibnizschen Ideen iiber das allgemein Bekannte hinaus zu offuen. Das aber bedeutet, auch iiber die Grenzen der heute so entwickelten disziplinaren Denkweise hinauszugehen und mit Leibniz Zusammenhange, Beziige und Korrelationen zwischen Wissenschaften nachzuspiiren, /deren Gemeinsamkeiten zu denken wir uns weitgehend abgewohnt haben, die aber gerade fur den ganzheitlich-global denkenden Leibniz unerlablich waren und zumindest Denkanregungen fur die Gegenwart bereit halten. Wenn daher im folgenden die mathematischen, naturwissenschaftlichen und technischen 5
Theorien und Projekte im Vordergrund stehen, so wird doch gelegentlich auf andere Seiten seines Denkens einzugehen sein, die Leibniz' unverwechselbare Denkungsart besonders hervortreten lassen bzw. fur Abschnitte seiner Biographie Interessenschwerpunkte mit thematischen Praferenzen setzen. Gerade hierfur hat die neuere Forschung ein reichhaltiges Material aufgearbeitet, das durch keine Edition bisher in solcher Breite zur Verfugung gestellt werden konnte. Eine moglichst genaue Dokumentation der unterschiedlichen Aspekte des Leibnizschen Denkens wird man deshalb erst von der Akademie-Ausgabe erwarten konnen, in der die 50000 Stiicke des Nachlasses (davon 15000-20000 Briefe) allgemein zuganglich werden. Hinsichtlich des mathematischnaturwissenschaftlichen Nachlasses bietet sie bislang jedoch nur den Briefwechsel bis zum Jahr 1679. Eberhard Knobloch schatzte 1976 ein, dab von den mathematischen Aufzeichnungen der Jahre 1672-1676 nur etwa 10 % im Druck zuganglich sind [42, S. 4f.]. Fur die naturwissenschaftlichen Schriften fallt die Bilanz nicht gunstiger aus, da hier, abgesehen von einer iiberblicksma Bigen Sichtung des Bestandes und T eildrucken, mit einer systematischen editorischen Arbeit uberhaupt noch nicht begonnen wurde. Angesichts dieser Schwierigkeiten bin ich dem Akademie-Verlag fur die Moglichkeit dankbar, in Verlagsmanuskripte Einsicht zu nehmen und diese fur die vorliegende Arbeit zu nutzen. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen des Leibniz-Archivs Hannover, insbesonders die Diskussionen mit Herro Dr. Herbert Breger, haben dariiber hinaus geholfen, manches Problem inhaltlicher wie quellengeschichtlicher Art zu losen. Wichtige Hinweise zu Details des Manuskriptes verdanke ich Herro Dr. Hans-Stephan Brather (Potsdam) sowie Frau Rosemarie Caspar (Berlin) und Herro Jurgen Gottschalk (Hamburg). lnsbesondere bin ich Herro Prof. Dr. Hans WuBing (Leipzig) zu Dank verpflichtet. Der B. G. Teubner Verlagsgesellschaft Stuttgart Leipzig habe ich fur ihr entgegenkommendes Interesse sowie fur die Geduld zu danken, ohne die der Versuch iiber Leibniz nicht zustande gekommen ware. Berlin, im September 1991 Hartmut Hecht 6
Inhalt Signaturen eines Zeitalters................................................... 9 DU':i::s7:~~~r~"':::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: ~~ Friihe Versuche naturphilosophischer Standortbestimmung... 23 Leibniz in Paris... 30 Erste mathematische Entdeckung... 31 Dialoge und Kontroversen... 34 Die Erfindung des Calculus... 45 Leben in Hannover............................................................ 52 Weitgespannte mathematische Interessen... 56 Veroffentlichungen iiber Infinitesimalmathematik... 56 Die grundlegende Bedeutung der Kombinatorik... 59 Symmetrische Funktionen... 62 Studien zu Partitionen... 64 Arbeiten iiber Determinanten... 66 Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik... 70 Leibniz' Dyadik...:... 75 Die Analysis situs - ein neues Geometriekonzept?... 80 An der Schwelk zur modernen Natuiforschung... 85 Der Dialog "Pacidius Philalethi"... 86 Dynamik und Metaphysik...... 90 Drei Beispiele aus der Physik... 100 Weitere naturwissenschaftliche Themen... 112 Technische Projekte...................................................... 128 T echnologisches Know-how fur den Harzer Bergbau... 128 Die Rechenmaschine... 132 Der Akademiegedanke... 136 Epilog... 145 Chronologie............................................................ 146 Literatur... 149 Personenverzeichnis............................................................ 153 Sachverzeichnis... 155 7