Erläuterungen zur Verordnung über die Aus-, Weiter- und Fortbildung der Personen im öffentlichen Veterinärdienst

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Transkript:

Erläuterungen zur Verordnung über die Aus-, Weiter- und Fortbildung der Personen im öffentlichen Veterinärdienst Inhalt 1. Ausgangslage und Zielsetzung der Verordnung 2. Grundlagen der Verordnung 2.1. Die Funktionäre 2.2. Die Weiterbildungsgänge in Kürze 2.3. Zuständige Instanzen 2.4. Finanzierung 2.. Übergangsbestimmungen 2.6 Gesetzliche Grundlagen 3. Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln Seite 1 2 2 3 4 4 1. Ausgangslage und Zielsetzung der Verordnung Die Zahl der Aufgaben im öffentlichen Veterinärdienst sind in den letzten Jahren nicht nur gestiegen, sie sind auch anspruchsvoller geworden. Zu erwähnen sind die neuen Anforderungen im Tier- und Warenverkehr durch den Aufbau und Unterhalt von nationalen (TVD) und internationalen Datenbanken (TRACES), die mit dem Abbau der Grenzkontrolle ins Inland verlagerte, intensivierte amtstierärztliche Überwachung von Tieren im grenzüberschreitenden Verkehr, die vermehrten Prozesskontrollen bei der Überwachung der Lebensmittelsicherheit, neue Aufgaben auf dem Gebiet der Tierarzneimittelüberwachung sowie die gestiegenen Anforderungen auf dem Gebiet des Tierschutzes durch die höhere Sensibilisierung der heutigen Gesellschaft. Daneben sind auch im Veterinärdienst die Anforderungen im Organisations- und Managementbereich gestiegen, indem etwa die Zertifizierung von Kernprozessen und die Akkreditierung von Inspektionsstellen gefordert werden. Um den skizzierten Herausforderungen im Vollzug des Veterinärrechtes gerecht zu werden, drängt sich eine Professionalisierung des öffentlichen Veterinärdienstes auf. Eine Hauptforderung ist die bessere Weiter- und Fortbildung der Personen im öffentlichen Veterinärdienst. Damit verknüpft, und ebenso wichtig wie die zu verbessernde Fachkompetenz, ist die Neupositionierung dieser Personen. Sie müssen unabhängig, unparteiisch und unvoreingenommen handeln und urteilen können. Diesen Anforderungen kann das heutige System, bei dem oftmals behördliche Aufträge an praktizierende Tierärztinnen und praktizierende Tierärzte erteilt werden, nicht gerecht werden. Auch den internationalen Vorgaben vermag dieses System nicht mehr zu genügen. Mit dem neuen Lebensmittelrecht der EU, das auf den 1. Januar 2006 in Kraft tritt, werden zum ersten Mal detaillierte berufliche Qualifikationen für amtliche Tierärzte und amtliche Tierärztinnen und Hilfskräfte festgelegt (Anh. 1 Absch. III Kap. IV der Verordnung (EG) Nr. 84/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs und Art. 6, Art. 1, Anh. II der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz).

2 Anhang 11 des Landwirtschaftsabkommens Schweiz EG vom 21. Juni 1999 (SR 0.916.026.81; Veterinäranhang ) stellt die Äquivalenz der tierseuchenrechtlichen Vorschriften der Schweiz und der EU fest. Im Anschluss an die Totalrevision des Lebensmittelrechts (Beschlüsse des Bundesrates vom 23. November 200) soll auch die Äquivalenz für alle Lebensmittel tierischer Herkunft (und nicht nur wie bisher für Milch und Milchprodukte) vereinbart werden. Zu diesem Zweck hat der Bundesrat ebenfalls am 23. November 200 die Verordnung vom 1. März 199 über die Ausbildung der Kontrollorgane für die Fleischhygiene (VAFHy; SR 817.191.4) geändert und den Bestimmungen der Verordnungen (EG) 84/2004 und 882/2004 angepasst. Mit der vorliegenden Verordnung soll nun eine ganzheitliche Regelung für alle Personen im öffentlichen Veterinärdienst getroffen werden. Sie lehnt sich an die VAFHy einschliesslich deren Änderung vom 23. November 200 an und legt die Anforderungen an die Aus-, Weiter- und Fortbildung aller Personen im öffentlichen Veterinärdienst fest. Sie regelt jedoch nicht die organisatorischen oder die Führungs-Aspekte. Mit den vorgegebenen Funktionen können die angestrebten strukturellen Anpassungen bei Bund und Kantonen hin zu einem professionelleren öffentlichen Veterinärdienst vorgenommen werden. Gleichzeitig lassen sie aber auch genügend organisatorische Freiräume für eine effiziente und eigenständige Gestaltung der Veterinärämter in den Kantonen. Ziel ist in jedem Fall die Unabhängigkeit der Funktionäre im Vollzug. 2. Grundlagen der Verordnung 2.1 Die Funktionäre Die Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte sind Leiter der kantonalen Veterinärdienste. Sie werden von ihrem Kanton in einer politischen Wahl gewählt und stellen die oberste Funktion im kantonalen Veterinärdienst dar. Die amtlichen Tierärztinnen und die amtlichen Tierärzte stellen die elementaren Funktionäre dar. Sie sind dank der breiten Weiterbildung für sämtliche Vollzugsaufgaben befähigt und polyvalent im Veterinärdienst einsetzbar. Alle tierärztlichen Fleischkontrolleurinnen und Fleischkontrolleure müssen die Qualifikationen der amtlichen Tierärztinnen und Tierärzte erfüllen. Die leitenden amtlichen Tierärztinnen und die leitenden amtlichen Tierärzte entsprechen einem Karriereschritt im Veterinärdienst. Sie üben die gleichen Funktionen aus wie die amtliche Tierärztin und der amtliche Tierarzt, können aber zusätzlich mit Führungsaufgaben betraut werden. Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte, aber auch Führungsverantwortliche im BVET absolvieren diese Weiterbildung vor oder nach ihrer Ernennung. Weiter gibt es die amtlichen Fachexpertinnen und amtlichen Fachexperten. Sie sind im öffentlichen Veterinärdienst angestellt und übernehmen Aufgaben in einem Spezialgebiet, die vom Gesetz her nicht zwingend von amtlichen Tierärztinnen oder amtlichen Tierärzten übernommen werden müssen (z.b. im Vollzug der Tierschutzgesetzgebung). Sie haben einen naturwissenschaftlichen Hochschulabschluss, aber nicht zwingend in Veterinärmedizin. Sie sind nicht zu verwechseln mit externen Experten, welche für die Bearbeitung von spezifischen Fachfragen jederzeit zugezogen werden können. Die amtlichen Fachassistentinnen und amtlichen Fachassistenten üben eine wichtige Funktion in der Schlachttier- und Fleischuntersuchung aus. Sie entsprechen den bisherigen nichttierärztlichen Fleischkontrolleurinnen und Fleischkontrolleuren. Im Rahmen der 2

3 Äquivalenz mit dem EU-Hygienerecht ist die Beschreibung der Anforderungen an die nichttierärztlichen Fleischkontrolleurinnen und Fleischkontrolleure zwingend. Damit die intensive Weiter- und Fortbildung vertretbar ist, aber auch um genügend Routine für die anspruchsvolle Aufgabe zu sammeln, sollen die Personen, die im öffentlichen Veterinärdienst tätig sind, eine Anstellung von mindestens 30% haben. Angestrebt werden möglichst vollamtliche Anstellungen insbesondere für die Kantonstierärztin und den Kantonstierarzt. Durch die Kombination von verschiedenen Aufgaben können vollamtliche Stellen im öffentlichen Veterinärdienst interessanter und herausfordernder gestaltet werden. Das Ausüben von amtlichen Aufgaben bedingt Unabhängigkeit. Weder wirtschaftliche noch persönliche Beziehungen oder Konkurrenzsituationen mit den zu kontrollierenden Betrieben oder Personen dürfen vorhanden sein. Vollamtliche Anstellungen haben den Vorteil, dass Interessenskonflikte weitgehend vermieden werden können. Bei Teilzeitarbeit ist das Prinzip der Unabhängigkeit speziell zu berücksichtigen. Nichtamtliche Tierärztinnen und nichtamtliche Tierärzte können in Sonderfällen von der Kantonstierärztin oder vom Kantonstierärzten mit einem amtlichen Auftrag betraut werden. Sie können aber nicht gezwungen werden einen Auftrag zu übernehmen. Die Weiter- und Fortbildung ist vom Auftraggeber im Einzelfall zu regeln. Sonderfälle stellen eine Ausnahme dar. Sie können zum Beispiel in bestimmten Regionen mit schwieriger geographischer Lage zur Anwendung kommen. Weitere Abklärungen sind im Sinne der Harmonisierung mit den Ausführungsbestimmungen der EU jedoch notwendig. Tätigkeiten, wie die Entnahme von Stichproben für die Seuchenüberwachung oder Impfungen, sind nicht im eigentlichen Sinn amtliche Tätigkeiten. Sie stehen jedoch, wenn amtlich angeordnet, unter der Obhut der Kantonstierärztin oder des Kantonstierarztes. Diese Dienstleistungen können an jede praktizierende Tierärztin oder jeden praktizierenden Tierarzt delegiert werden, weil hier Interessenskonflikte ausgeschlossen werden können und weil es tierärztliche Handlungen sind, die keine besondere Weiter- oder Fortbildung im Rahmen dieser Verordnung verlangen. Die erwähnten Dienstleistungen gehören deshalb nicht zu den Sonderfällen gemäss Artikel 4 der vorliegenden Verordnung. Die in der Verordnung aufgeführten Anforderungen gelten auch für Mitarbeitende des Bundesamts für Veterinärwesen (BVET). 2.2 Die Weiterbildungsgänge in Kürze Grundsätzlich müssen alle Personen im öffentlichen Veterinärdienst ein strukturiertes Weiterbildungsprogramm absolvieren, das mit einer Prüfung abschliesst. Die Weiterbildung der amtlichen Tierärztinnen und amtlichen Tierärzte besteht aus einem Lehrgang zur Ausübung der amtstierärztlichen Tätigkeit. Dieser setzt sich aus einem theoretischen und einem praktischen Block sowie einer Prüfung zusammen. Kandidatinnen und Kandidaten mit abgeschlossenem VPH-Mantelstudium der Vetsuisse Fakultät und Tierärztinnen und Tierärzte, die sich in einem Themenbereich bereits angemessen spezialisiert haben, können vom Besuch des Lehrganges oder des Praktikums ganz oder teilweise befreit zur Prüfung zugelassen werden. Weiter ist die Möglichkeit der Spezialisierung für amtliche Tierärztinnen und Tierärzte in der Verordnung verankert worden. Die Weiterbildung der amtlichen Fachexpertinnen und amtlichen Fachexperten liegt schwerpunktmässig im Verwaltungsrecht, in der Kontrolltätigkeit und in den spezifischen Betriebskenntnissen. Fachexpertinnen und Fachexperten werden wegen ihres speziellen Fachwissens angestellt und müssen im Fachgebiet nur bedingt weitergebildet werden. 3

4 Die Weiterbildung zur Ausübung der Funktion als amtliche Fachassistentin oder amtlicher Fachassistent ist von den Anforderungen der EU (Verordnungen 84/2004 und 882/2004) weitgehend vorgegeben. Da jedoch in der Schweiz eine Ausbildung als Metzgerin oder Metzger oder ein gleichwertiger Abschluss gefordert wird, kann die Weiterbildung massgeblich reduziert werden. 2.3 Zuständige Instanzen Die zentrale Koordination der Weiter- und Fortbildung und die zentrale Durchführung der Prüfungen für alle Funktionärinnen und Funktionäre sind in der Verordnung verankert und obliegen der Weiterbildungs- und Prüfungskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements. Als weitere Aufgaben anerkennt sie die Weiterbildungsstätten und die Kurse und legt die Lernziele der Weiter- und Fortbildung der in der Verordnung aufgeführten Funktionärinnen und Funktionäre fest. Das BVET hat den Vorsitz der Weiterbildungs- und Prüfungskommission und führt ihr Sekretariat. Die Kantone sind in der Weiterbildungs- und Prüfungskommission massgeblich vertreten. Fortbildungskurse und Praktika für alle Personen im öffentlichen Veterinärdienst werden gemeinsam vom BVET, den Kantonen, Berufsorganisationen und Universitäten durchgeführt. Die Koordination obliegt ebenfalls der Weiterbildungs- und Prüfungskommission. Das Bundesamt kann mit anerkannten Weiterbildungsstätten Leistungsverträge abschliessen. 2.4 Finanzierung Es ist im Moment noch nicht möglich, genaue Angaben über die Höhe der Kosten der vorgeschlagenen Massnahmen zur Weiterbildung der amtlichen Tierärztinnen und Tierärzte und der weiteren Funktionäre anzugeben. Die Kosten dürften sich aber bei voller Abgeltung auch der intern entstandenen Kosten im Bereich von CHF 00'000.-- bewegen. Bereits heute fallen jedoch namhafte Kosten für die Weiter- und Fortbildung im öffentlichen Veterinärdienst an, die mit dem neuen Konzept weitgehend wegfallen. Die Kandidatinnen und Kandidaten sollen sich grundsätzlich an den Weiterbildungskosten beteiligen. Für die Weiterbildung und für die Prüfung wird eine Gebühr erhoben, die sich nach dem Ansatz der Verordnung vom 30. Oktober 198 über Gebühren des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET-GebV; SR 916.472) bemisst. Es ist dem Arbeitgeber freigestellt, diese Gebühren ganz oder teilweise zu übernehmen. In der Verordnung wird vorgeschlagen, dass die verbleibenden Kosten je hälftig vom Bund und den Kantonen getragen werden. Unter den Kantonen sollen die Kosten zu gleichen Teilen auf Grund der Zahl der Bevölkerung und der Zahl der Grossvieheinheiten aufgeteilt werden. In den geschätzten Kosten sind die Sekundärkosten für den zeitlichen Aufwand zur Absolvierung der Weiterbildung und Prüfung der Kandidatinnen und Kandidaten nicht inbegriffen. Diese Sekundärkosten werden vor allem in der Übergangsphase entstehen und sollen durch organisatorische Massnahmen möglichst aufgefangen werden. So sollen die Lehrgänge modulartig und berufsbegleitend angeboten werden, wodurch die Weiterbildung auf eine längere Periode verteilt werden kann und die Abwesenheit vom Arbeitsplatz weniger ins Gewicht fällt. 4

2. Übergangsbestimmungen Um in der Professionalisierung einen entscheidenden Schritt vorwärts zu kommen, soll es keinen automatischen Übergang von der alten in die neue Funktion ohne angemessene Weiterbildung mit Prüfung geben. Die Übergangsphase soll dazu dienen, die strukturellen und personellen Anpassungen in den Kantonen vorzunehmen. Kantonstierärztinnen oder Kantonstierärzte, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits ihre Funktion inne hatten, sind von der Weiterbildungspflicht befreit. Das BVET beziehungsweise die Kantonstierärztin oder der Kantonstierarzt können mit Zustimmung der Weiterbildungs- und Prüfungskommission qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor Inkrafttreten der Verordnung amtliche Funktionen ausübten, ganz oder teilweise von der Weiterbildung und/oder von der Prüfung dispensieren. Alle Personen sind aber der Fortbildungspflicht unterzogen. 2.6 Gesetzliche Grundlagen Die gesetzlichen Grundlagen für die Verordnung finden sich im Tierseuchengesetz (Art. 3), im Lebensmittelgesetz (Art. 41) und im Heilmittelgesetz (Art. 44). Auch das revidierte Tierschutzgesetz wird eine entsprechende Bestimmung enthalten (vgl. Art. 31 Abs. 4 des Entwurfes, BBl 2003 67). Mit der im September 200 eröffneten Vernehmlassung zur Agrarpolitik 2011 wird auch eine Änderung des Tierseuchengesetzes (Art. 3a) und des Lebensmittelgesetzes (Art. 41) vorgeschlagen. Diese umfassen - eine gesetzliche Grundlage für die Prüfungskommission und - eine Anpassung der Terminologie amtliche Tierärztin / amtlicher Tierarzt für tierärztliche Fleischkontrolleurin / tierärztlicher Fleischkontrolleur; Fachassistentin / Fachassistent für nichttierärztliche Fleischkontrolleurin / nichttierärztlicher Fleischkontrolleur. 3. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen Ingress (siehe Ziffer 2.6) Art. 3 Abs. 4 Funktionen und Aufgaben Der Begriff amtliche Fachassistentin / amtlicher Fachassistent (vorher: nichttierärztliche Fleischkontrolleurin / nichttierärztlicher Fleischkontrolleur ) musste eingeführt werden, um die gleiche Terminologie wie in der EU anzuwenden. Art. 4 Sonderfälle Kantonstierärztinnen oder Kantonstierärzte können in Sonderfällen bestimmte Aufträge im Bereich des öffentlichen Veterinärdienstes nichtamtlichen Tierärztinnen oder nichtamtlichen Tierärzten übertragen. Es besteht jedoch keine Pflicht zur Übernahme der Aufträge. So oder so müssen die Beauftragten über eine Qualifikation verfügen, die sie dazu befähigt, diesen Auftrag oder diese Aufträge zu übernehmen. Bei den Sonderfällen wird es sich weitgehend um Aufträge in Betrieben mit schwieriger geografischer Lage handeln. Art. 6 Ausbildung im Ausland Der Artikel gewährleistet, dass die im Ausland absolvierten Ausbildungen oder Lehrgänge ganz oder teilweise angerechnet werden können. Jede Kandidatin oder jeder Kandidat ist für das Vorlegen des entsprechenden Anerkennungsgesuches verantwortlich.

6 Art. 7 Weiterbildung Die Formulierung der Weiterbildung in einem Anhang hat den Vorteil, dass die Übersichtlichkeit besser ist. Art. 8 Dispens von der Weiterbildung Kantonstierärztinnen oder Kantonstierärzte und die anderen Personen im öffentlichen Veterinärdienst können von der Kommission ganz oder teilweise von der praktischen und/oder theoretischen Weiterbildung dispensiert werden, jedoch nicht von den Prüfungen, wenn sie die Lernziele anderweitig bereits erreicht haben. Art. 9 Weiterbildungsstätten Die Weiterbildungsstätten müssen gewissen Qualitätskriterien standhalten. Deshalb unterliegen sie einem Anerkennungsverfahren der Weiterbildungs- und Prüfungskommission. Art. 17 Aufgaben Neben der Durchführung der Prüfungen wirkt die Weiterbildungs- und Prüfungskommission als Koordinatorin der Weiter- und Fortbildung. Art. 21 Übergangsbestimmungen Es wird keinen Transfer ohne Auflagen von einer alten in eine neue Funktion geben. Um das angestrebte breite Wissen der amtlichen Tierärztin oder des amtlichen Tierarztes zu erreichen, müssen Personen, die unter dem alten System nur in beschränktem Ausmass Weiter- und Fortbildung betrieben haben, sich einer gezielten und angemessenen Weiterbildung unterziehen. Zudem müssen diese Personen die Prüfungen in den entsprechenden Bereichen absolvieren. Das BVET beziehungsweise die Kantonstierärztin oder der Kantonstierarzt bestimmen mit der an einer amtlichen Funktion weiterhin interessierten Person, welche Teile des Lehrgangs (Module) zu besuchen und welche Prüfungen zu absolvieren sind. Anhang Weiterbildungsbestimmungen Ziffer 1.1 Der theoretische Teil des Lehrgangs zur Ausübung der amtstierärztlichen Tätigkeit soll zentral angeboten werden. Die Praktika müssen zentral koordiniert werden. Ziffer 2.1 Leitende amtliche Tierärztin und leitender amtlicher Tierarzt kann werden, wer schon berufliche Erfahrung mitbringt und somit die theoretischen Kenntnisse genügend vertieft hat. Künftige leitende amtliche Tierärztinnen und amtliche Tierärzte müssen ihr Wissen auch in anderen Bereichen (Personalführung, Management, Kommunikation) erweitern. Ziffer 3.1 Das Fachwissen der amtlichen Fachexpertin und des amtlichen Fachexperten ist bereits vor der Anstellung vorhanden (Zoologie, Fachtitel usw.). Was meistens fehlt, ist der verwaltungsrechtliche Aspekt und das Know-how für die Kontrolltätigkeit. Diese Disziplinen müssen nachgeholt werden. Ziffer 4.1 Die Weiterbildung ist den Anforderungen an die EU angepasst worden und erfüllt mit den 110 Ausbildungstagen die Äquivalenz. 6