LEITFADEN KARTELLRECHT

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Transkript:

ERBE LEITFADEN KARTELLRECHT Als Unternehmen haben wir uns in einem ERBE-Verhaltenskodex dazu bekannt, alle für unser Handeln geltenden rechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Die Unternehmen der ERBE Gruppe sind einem intensiven Wettbewerb ausgesetzt. Mit unseren Konkurrenten, die teilweise zu marktstarken internationalen Konzernen gehören, befinden wir uns in einem fortwährenden Wettbewerb um Innovationen, Preise und Kunden. Dieser Wettbewerb soll frei und unverfälscht erfolgen. Deswegen ist es ERBE wichtig, dass wir das Risiko von Rechtsverstößen im Wettbewerb vermeiden. Wir schützen den guten Ruf und die Integrität des Unternehmens durch vorbildliches und rechtskonformes Verhalten im Wettbewerb. Wir bekennen uns zu einer verantwortungsbewussten Geschäftstätigkeit im Einklang mit den zum Schutz des Wettbewerbs erlassenen kartellrechtlichen Bestimmungen aller Länder, in denen ERBE operativ tätig ist. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind aufgefordert, sich streng an diese Vorgaben zu halten. Verstöße gegen das Kartellrecht widersprechen nicht nur unserem Verständnis von einem freien und fairen Wettbewerb, sondern können darüber hinaus zu erheblichen Bußgeldern und Schadensersatzforderungen gegen unser Unternehmen führen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind daher auch aufgerufen, ihren Vorgesetzten, dem Compliance Officer oder den dafür eingesetzten Ombudsleuten Verstöße gegen das Kartellrecht jeweils unmittelbar anzuzeigen. Die Ombudsleute können dabei im Einzelfall auch anonyme Meldungen entgegennehmen. Dieser ERBE Leitfaden Kartellrecht soll dazu dienen, die grundlegenden kartellrechtlichen Regeln für die Tätigkeit aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (in der Folge wird aus Vereinfachungsgründen nur noch einheitlich der Betriff "Mitarbeiter" verwendet) der Unternehmen der ERBE Gruppe darzustellen und Tipps für ein risikofreies Verhalten zu geben. Dem Leitfaden liegt das Europäische Kartellrecht zugrunde. Diese Darstellung kann dabei naturgemäß nicht jeden Einzelfall erfassen. Wenn Sie generell oder in einem Einzelfall weitere Fragen haben, steht Ihnen unser Compliance Officer, Herr Karl-Heinz Kraft (Tel +49 7071 755-422) als Ansprechpartner gerne zur Verfügung. Generell gilt: Bitte fragen Sie lieber einmal mehr nach als einmal zu wenig! - 1 -

A. Welches Verhalten ist kartellrechtlich zulässig bzw. unzulässig? 1. Absprachen mit Wettbewerbern Grundsatz: Alle Absprachen mit Wettbewerbern, die den freien Wettbewerb beschränken, verstoßen gegen das Kartellrecht und sind verboten. Wettbewerber sind andere Unternehmen, die nicht zur ERBE Gruppe gehören, soweit deren Produkte oder Dienstleistungen aus Sicht der Kunden mit unseren eigenen Produkten oder Dienstleistungen austauschbar sind. Gehen Sie in Zweifelsfällen lieber einmal mehr davon aus, dass ein Wettbewerbsverhältnis besteht. Neben den aktuellen Wettbewerbern gibt es auch potentielle Wettbewerber. Ein potentieller Wettbewerber ist jedes Unternehmen, das vernünftigerweise kurzfristig oder auch nur in Einzelfällen in Wettbewerb zu uns treten könnte, z.b. Krankenhaus- Projektträger. Absprachen mit potentiellen Wettbewerbern sind insbesondere verboten, wenn durch die Absprache ein Markteintritt verhindert werden soll. Absprache kann im Prinzip jedes gegenseitige Verständnis sein. Nicht notwendig ist, dass ein rechtlich bindender Vertrag geschlossen wird. Auch muss die Absprache nicht etwa schriftlich oder an einem bestimmten Ort geschlossen sein. Ausreichend ist bereits eine rein informelle Abstimmung ("gentlemen s agreement"). Es kommt nur darauf an, dass sich zwei Personen auf ein bestimmtes Vorgehen, z.b. zu Lasten von Kunden, einigen. Selbst ein informelles Gespräch mit vertraulichem Inhalt auf einer Verbandstagung oder an der Hotelbar kann eine Absprache darstellen. Wettbewerbsbeschränkung: Absprachen unter Wettbewerbern sind dann verboten, wenn sie den freien Wettbewerb beschränken. Nicht jede Absprache unter Wettbewerbern beschränkt aber den Wettbewerb. Es gibt durchaus Vereinbarungen mit Wettbewerbern, die ohne weiteres zulässig sind. Umgekehrt gibt es Absprachen mit Wettbewerbern, die ohne weiteres unzulässig sind. Dazwischen gibt es eine Grauzone. Die richtige Zuordnung ist nicht immer leicht vorzunehmen. Als Richtschnur kann dazu die folgende (nicht abschließende) Auflistung dienen: - 2 -

Zulässig sind: - Einfache Lieferverträge (ohne weitere beschränkende Regelungen) mit Wettbewerbern (z.b. ERBE verkauft Produkte an Wettbewerber B, weil B sein Portfolio ergänzen, einen Engpass überbrücken oder die Teile in seine Produkte einbauen möchte). - Die gemeinsame Abgabe eines Angebots mit Wettbewerbern, z.b. auch bei Ausschreibungen, aber nur wenn die Angebote aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nur gemeinsam gemacht werden können, d.h. wenn keines der beteiligten Unternehmen dies allein könnte. Unter bestimmten Umständen zulässig können Absprachen mit Wettbewerbern sein über: - die wechselseitige Belieferung mit Produkten (Überkreuzbelieferung), auch wenn dabei vereinbart wird, die Herstellung bestimmter Produkte einzustellen und diese Produkte dann jeweils vom anderen Vertragspartner zu beziehen, - den Vertrieb des eigenen Produkts über den Wettbewerber, - die gemeinsame Herstellung eines Produkts, - die gemeinsame Forschung und Entwicklung und den anschließenden Vertrieb des entwickelten Produkts, - den gemeinsamen Einkauf, - die Zusammenarbeit in der Logistik, - die Zusammenarbeit im Marketing, - technische Normen, Typen etc. (z.b. in Normungsausschüssen von Verbänden). In allen diesen Fällen muss zuvor die kartellrechtliche Unbedenklichkeit geprüft werden, da die Zulässigkeit dieser Absprachen von weiteren Faktoren (u.a. dem Marktanteil der beteiligten Unternehmen) abhängt. Daher muss hier jeweils zuvor die Geschäftsführung informiert werden. Unzulässig sind stets Absprachen über: - Verkaufspreise, Preisbestandteile und Konditionen (z.b. Rabatte, Skonti, Boni), - Zeitpunkte von Preiserhöhungen, - Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an Ausschreibungen, - Inhalte von Angeboten bei Ausschreibungen, - Aufteilung von Kunden, Liefermengen und/oder Märkten, - Weiterreichung bestimmter externer Kostenfaktoren (z.b. Rohstoffpreise oder Transportkosten) an die Kunden. - 3 -

2. Meinungs- und Informationsaustausch mit Wettbewerbern Grundsatz: Kritisch ist stets der Austausch von Informationen mit Wettbewerbern, wenn die Information üblicherweise vertraulich, marktrelevant und aktuell ist. Austausch: Schon ein einmaliger Austausch kann unzulässig sein. Es kommt also nicht darauf an, dass Informationen immer wieder ausgetauscht werden. Auch die Form des Austausches ist gleichgültig. Es spielt keine Rolle, ob die Informationen in einem bilateralen Gespräch mit einem Wettbewerber oder etwa bei Verbandstreffen, auf Messen, durch Marktinformationssysteme oder gar Benchmarking-Studien erlangt wurden. Wenn Ihnen ein Wettbewerber Informationen über sein Unternehmen gibt, die wettbewerblich relevant sind, weisen Sie diese zurück und erklären Sie, dass Sie solche Informationen nicht erhalten wollen. Informationen über Dritte: Es ist zulässig, Informationen über Wettbewerber von Dritten zu erlangen, z.b. von Kunden, Lieferanten oder von Marktforschungsinstituten. Aber Achtung: dies gilt naturgemäß nicht, wenn damit zwei Wettbewerber bewusst über den Dritten ( über Bande ) kommunizieren. Wettbewerbsbeschränkung: Nach Ansicht der Kartellbehörden besteht für Unternehmen normalerweise keine Veranlassung, ihren Wettbewerbern sensible Daten mitzuteilen. Tun sie dies trotzdem, so schaffen sie die Grundlage für ein abgestimmtes Verhalten der konkurrierenden Unternehmen. Weiß ein Unternehmen z.b., welche Preiserhöhungen sein Wettbewerber plant, kann es hierauf zum Nachteil seiner Kunden reagieren. Absprachen unter Wettbewerbern sind dann verboten, wenn sie den freien Wettbewerb beschränken. Wie bei den Absprachen gibt es aber auch beim Informationsaustausch Themen, über die mit Wettbewerbern gesprochen werden kann. Umgekehrt gibt es Themen, deren Erörterung ohne weiteres unzulässig ist. Und auch hier gibt es dazwischen eine Grauzone. Als Richtschnur kann dazu die folgende (nicht abschließende) Auflistung dienen: Zulässig ist der Informationsaustausch mit Wettbewerbern über - rechtliche und politische Rahmenbedingungen (z.b. Gesetzesvorhaben) oder allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen, - allgemein bekannte (etwa Börsenpreise von Rohstoffen), leicht zugängliche (etwa bereits online veröffentlichte Daten) oder rein historische individuelle Unternehmensdaten, - 4 -

- aktuelle und/oder künftige Preise, wenn und soweit der Wettbewerber gleichzeitig Kunde ist und es sich um im Rahmen einer normalen Lieferanten-/ Kundenbeziehung übliche Informationen handelt (z.b. Ankündigung einer Preiserhöhung). Unter bestimmten Umständen zulässig kann der Austausch sein von: - aktuellen Bruttoverkaufspreisen, - bestimmten Betriebs- oder Vertriebskennzahlen. In allen diesen Fällen muss unbedingt zuvor die kartellrechtliche Unbedenklichkeit geprüft werden, da die Zulässigkeit dieser Absprachen von weiteren Faktoren abhängt. Daher muss hier jeweils zuvor die Geschäftsführung informiert werden. Unzulässig ist der Informationsaustausch mit Wettbewerbern über: - Künftige Verkaufspreise und/oder Verkaufspreisbestandteile, - Aktuelle Netto-Verkaufspreise und/oder Verkaufspreisbestandteile, - Zeitpunkte von geplanten Preiserhöhungen, auch wenn es nur um Durchschnittspreise oder das "ob" einer Preiserhöhung geht, - die eigene Reaktion auf Forderungen von Kunden bzw. Lieferanten, z.b. nach Preisnachlässen, - eigene Absatz- oder Umsatzzahlen, wenn diese nicht nur historisch sind, - eigenes zukünftiges Marktverhalten, neue Produkte, Zeitpunkte von Produkteinführungen. Gerade beim Austausch von wettbewerblich sensiblen Informationen gilt: Lieber einmal zu viel schweigen als einmal zu wenig. 3. Preisvorgaben an Weiterverkäufer Grundsatz: Soweit ERBE Produkte über Dritte (Weiterverkäufer) vertreibt, darf diesen Dritten kein fester Preis bzw. Mindestpreis für den Weiterverkauf vorgegeben werden. Weiterverkäufer sind alle Dritten, die ERBE Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einkaufen und dann weiterverkaufen (z. B. Fachhändler, Servicedienstleister und auch Logistikdienstleister, die Krankenhäuser beliefern und dafür Produkte bei ERBE einkaufen). - 5 -

Höchstpreisbindungen sind zulässig. Diese dürfen nur nicht so gestaltet werden, dass sie wie eine Fix- oder Mindestpreisbindung wirken. Preisempfehlungen sind ebenfalls zulässig, aber nur wenn sie unverbindlich sind und bleiben. Eine unzulässige Preisvorgabe liegt auch bereits dann vor, wenn Druck auf den Kunden zur Einhaltung des "empfohlenen Preises" ausgeübt wird oder wenn hierfür wirtschaftliche Vorteile versprochen werden (z.b. Sonderbonus). 4. Vertriebsbeschränkungen für Weiterverkäufer Grundsatz: Bestimmte Vertriebsbeschränkungen sind zulässig, aber nur wenn die Marktanteile von ERBE und des Weiterverkäufers im jeweils betroffenen Markt nicht zu hoch sind (Faustformel: 30 %). Beschränkungen: Eine Vertriebsbeschränkung kann auch schon vorliegen, wenn (i) dem Weiterverkäufer Sonderkonditionen versprochen werden, falls er den Weiterverkauf beschränkt oder wenn (ii) auf den Weiterverkäufer Druck ausgeübt wird (z.b. Drohung mit Liefereinstellung), den Weiterverkauf zu beschränken. Zulässig können bei (nicht zu hohen Marktanteilen) insbesondere sein: - Exklusivbindung des Kunden (Alleinbezug) für wenige Jahre (Faustformel maximal 5 Jahre), - Exklusivbindung des Lieferanten (Alleinvertrieb), - Vertriebsbeschränkung des Kunden für den Vertrieb in bestimmte Gebiete oder an bestimmte Kundengruppen. Allerdings können Gebiets- und Kundenkreisbeschränkungen nur bzgl. des aktiven Verkaufs in ein anderes Gebiet bzw. in eine andere Kundengruppe zulässig sein. Ein vollständiges Verbot des Weiterverkaufs außerhalb des eigenen Gebiets bzw. der Kundengruppe ist unzulässig. Bei allen Vertriebsbeschränkungen muss zuvor die kartellrechtliche Unbedenklichkeit geprüft werden. 5. Kundenbindungen Grundsatz: Kundenbindungen, mit denen Kunden verpflichtet werden, ihren gesamten oder zumindest einen großen Teil des Bedarfs einer bestimmten Produktart bei ERBE zu decken, sind zulässig, wenn die Marktanteile von ERBE im jeweils betroffenen Markt nicht zu hoch sind (Faustformel: 30 %). - 6 -

Marktanteil bis 30 %: Bei einem Marktanteil bis zu 30 % ist es jedenfalls zulässig, den Kunden (z.b. ein Krankenhaus) für bis zu fünf Jahre zu binden. Liegt der Marktanteil nicht wesentlich über 30 % (Faustformel: bis zu 40 %), muss die Unbedenklichkeit zuvor geprüft werden. Marktanteil über 40 %: Ab einem Marktanteil von 40 % ist besondere Vorsicht geboten. Rabatte: Zu beachten ist, dass Rabatte eine ähnliche Wirkung haben können, wie ausdrücklich vereinbarte Kundenbindungen. Jedenfalls ab einem Marktanteil von 40 % dürfen daher bestimmte Rabattformen nicht mehr oder jedenfalls nur nach vorheriger sorgfältiger rechtlicher Prüfung eingesetzt werden. Dabei gilt folgende Richtschnur: Ab einem Marktanteil von 40 % wettbewerbsrechtlich sehr bedenklich sind: - Treuerabatte (Zusatzrabatt gegen die Zusage, den ganzen Bedarf einer Produktart bei ERBE zu decken, oder zumindest einen wesentlichen Teil davon), - Staffelrabatte mit Rückwirkung (bei Erreichen einer Umsatzschwelle wird der höhere Rabatt auf sämtliche Bezugsmengen und nicht nur für die Menge, die die Schwelle übersteigt, gewährt), - Jahreszielrabatte (Zusatzrabatt bei Erreichen festgelegter Umsatzziele), - Steigerungsrabatte (Zusatzrabatt x bei Überschreiten der Vorjahresmenge), - Bündelrabatte (Rabattsystem, das Low- und Bestseller miteinander verbindet). Zulässig sind in aller Regel: - Funktionsrabatte (z.b. Rabatt für Mitwirkung an Produkttests), - Staffelrabatte ohne Rückwirkung (bei Erreichen einer Umsatzschwelle wird der höhere Rabatt nur auf die Menge gewährt, die die Schwelle übersteigt). Die möglichen Rabattarten und ihre Wirkungen sind vielfältig. Deshalb dürfen alle Rabatte, die besondere Kaufanreize bieten, nur gewährt werden, wenn zuvor die kartellrechtliche Unbedenklichkeit geprüft - 7 -

6. (Un-)Gleichbehandlung von Kunden Grundsatz: Sofern und soweit ERBE bei einer bestimmten Produktart über einen hohen Marktanteil verfügt (Faustformel 40 %) und/oder Kunden besonders auf die Lieferungen unserer Produkte angewiesen sind, dürfen vergleichbare Kunden nicht ungleich behandelt werden, es sei denn, es gibt dafür einen guten Grund. Belieferungszwang: Das Gebot zur Gleichbehandlung gilt auch bzgl. der Belieferung als solcher. In Einzelfällen kann es deshalb für ERBE einen Belieferungszwang geben. Jede Belieferungsverweigerung oder Liefereinstellung bei Produkten, bei denen ERBE über einen Marktanteil von mindestens 40 % verfügt, muss zuvor kartellrechtlich geprüft werden. Preise und Konditionen: Bei Preisen und Konditionen gilt das Gleichbehandlungsgebot nur eingeschränkt. ERBE ist nicht verpflichtet, allen Kunden dieselben Preise und Konditionen zu gewähren, sondern darf auf Preiswettbewerb bei einem bestimmten Kunden mit besseren Angeboten reagieren. Guter Grund zur Ungleichbehandlung: In jedem Fall dürfen Kunden unterschiedlich behandelt werden, wenn dafür ein guter Grund besteht. Gute Gründe können z.b. sein: - Kunde zahlt nicht, - Kunde vermag mit den Produkten nicht sachgerecht umzugehen. B. Was sind die möglichen Folgen bei Verstößen? Wettbewerbswidriges Verhalten kann zu empfindlichen Geldbußen führen. Schlimmstenfalls kann das Bußgeld bis zu 10 % des konzernweiten Vorjahresumsatzes betragen. Zudem kann den leitenden Mitarbeitern ein Bußgeld bis zu EUR 1 Mio. auferlegt werden. Dies gilt nicht nur, wenn die leitenden Mitarbeiter selbst an dem Verstoß beteiligt waren, sondern schon dann, wenn sie ihre Pflicht zu Aufsicht im Unternehmen verletzt haben. Eine solche Aufsichtspflichtverletzung kann bereits vorliegen, wenn keine hinreichende Kontrolle über das Verhalten von Mitarbeitern in kartellrechtlich sensiblen Bereichen ausgeübt wurde. - 8 -

Denkbar sind darüber hinaus Schadensersatzansprüche z.b. von Kunden, die sich durch kartellrechtswidriges Verhalten geschädigt fühlen. C. Goldene Regeln für die Praxis Es gibt eine Reihe von goldenen Regeln für die Praxis, welche das Risiko eines Kartellrechtsverstoßes minimieren helfen. Diese sind: - Besprechen Sie nie mit Wettbewerbern die Unternehmensstrategie. Besprechen Sie insbesondere nie Preise und Konditionen. - Versuchen Sie nicht, bei Mitarbeitern von Wettbewerbern unzulässige Informationen über deren Geschäftsstrategie, Preise oder Konditionen zu erhalten. - Beschweren Sie sich nicht bei Wettbewerbern über deren Preisstellung bei Kunden. - Gehen Sie nicht auf rechtlich unzulässige Vorschläge von Wettbewerbern (z.b. eine Preisabsprache zu treffen) ein, auch nicht zum Schein. - Achten Sie auf die besonderen Regeln, die für Unternehmen mit hohen Marktanteilen (ab 40 %) gelten. Dann sind besonders Kundenbindungen und bestimmte Rabattarten gefährlich. Kommunizieren Sie stets sorgfältig, besonders bei E-Mails. Vermeiden Sie missverständliche Formulierungen wie z.b. - Wir sind bei dem Produkt marktbeherrschend, - Wir sind unangefochtener Marktführer, - Wir werfen die aus dem Markt, - Wir boykottieren, - Der Wettbewerber hat mir gesagt.., - Ich werde beim Wettbewerber mal nachfragen. Informieren Sie stets sofort die ERBE-Geschäftsführung bzw. den ERBE-Compliance Officer, wenn - Sie Fragen oder Bedenken bzgl. eines bestimmten Vorgehens haben, - ein Kunde oder Wettbewerber Ihnen mitteilt, eine bislang mit ERBE geübte Praxis nun aus kartellrechtlichen Gründen aufgeben zu wollen, - bei Wettbewerbern oder Kunden kartellrechtliche Prüfungen erfolgen, - Sie von einem kartellrechtlich relevanten Verhalten von Wettbewerbern oder Kunden erfahren. - 9 -