Stellungnahme zum Fragebogen der Europäischen Kommission zur künftigen Patentpolitik. Zu Abschnitt 1- Prinzipien und Merkmale des Patentschutzes

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Transkript:

Markt-D2-patentstrategy@cec.eu.int Herrn Erik Nooteboom Referatsleiter Referat Gewerbliches Eigentum Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen Europäische Kommission 1049 Brüssel Belgien März 2006 Stellungnahme zum Fragebogen der Europäischen Kommission zur künftigen Patentpolitik (Referenz: IP/06/38 v. 16.01.2006) Frist zur Stellungnahme: 31. März 2006 Zu Abschnitt 1- Prinzipien und Merkmale des Patentschutzes Abschnitt 1- Prinzipien und Merkmale des Patentschutzes Das Patentschutzsystem soll Unternehmen und Forschungseinrichtungen den Schutz ihrer Erfindungen ermöglichen und so Innovation, Wachstum und Lebensqualität im Interesse der Gesellschaft insgesamt fördern. Die befristeten Rechte, die ein Patent verleiht, verschaffen einem Unternehmen eine Atempause auf dem Markt, während der es die Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen, die für die patentierte Erfindung notwendig waren, erwirtschaften kann. Außerdem ermöglicht es Forschungseinrichtungen, die ihre Erfindungen nicht selbst verwerten, die Ergebnisse ihrer Arbeit wirtschaftlich zu nutzen. Um jedoch sowohl für seine Nutzer attraktiv zu sein als auch von allen Teilen der Gesellschaft akzeptiert zu werden, muss ein Patentschutzsystem folgende Eigenschaften haben: Fragen klare materiellrechtliche Vorschriften darüber, was durch einen Patent geschützt werden kann und was nicht; hierbei müssen die Interessen der Rechteinhaber gegen die übergeordneten Ziele des Patentschutzes abgewogen werden; transparente, kostenwirksame und benutzerfreundliche Verfahren für die Erlangung von Patentschutz; berechenbare, schnelle und kostengünstige Regelung von Streitigkeiten zwischen Rechteinhabern und anderen Parteien; im Interesse der Wirksamkeit und der gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz - gebührende Berücksichtigung anderer Gemeinwohlinteressen wie fairer Wettbewerb (Kartellrecht), ethisches Verhalten, Umweltschutz, Gesundheitsschutz, Informationsfreiheit. 1.1 Teilen Sie die Meinung, dass das Patentsystem diese Grundanforderungen erfüllen muss? 1.2 Gibt es andere Eigenschaften, die ein solches System Ihrer Meinung nach aufweisen sollte? 1.3 Wie kann die Union dem übergeordneten öffentlichen Interesse bei der Gestaltung ihrer Patentpolitik besser Rechnung tragen?

2 Die mögliche Fortentwicklung des Patentschutzsystems in Europa sollte nicht zum Anlass genommen werden, das in Europa geltende materielle Patentrecht oder das Patenterteilungsverfahren des Europäischen Patentamts zur Disposition zu stellen. Das materielle Recht der Patentierungsvoraussetzungen ist durch das Straßburger Übereinkommen, das Europäische Patentübereinkommen und die darauf aufbauende Angleichung der nationalen Patentrechte seit fast 30 Jahren harmonisiert. Das Europäische Patentsystem hat sich in der Praxis der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes und der nationalen Gerichte zu einem ausdifferenzierten Rechtsgebiet entwickelt. Das Verfahrensrecht ist durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ebenfalls bereits teilweise einheitlich geregelt. Diese Entwicklung wurde und wird von einem intensiven Meinungsaustausch europäischer Richter und Anwälte (Patentanwälte, Rechtsanwälte) in vielen Konferenzen, Tagungen und Veröffentlichungen begleitet und gefördert. Die Leistungsfähigkeit dieses Rechtssystems ist eine europäische Erfolgsgeschichte ersten Ranges. Es gibt daher keinen Anlass für eine politische Grundsatzdiskussion über den Patentschutz unter den Gesichtspunkten ethisches Verhalten, Umweltschutz, Gesundheitsschutz und Informationsfreiheit. Das gilt auch für die Gebiete Software und Biotechnologie. Den Gemeinwohlinteressen ist im Rahmen der jeweiligen Spezialgesetze Rechnung zu tragen. Sie können nicht Gegenstand eines Patenterteilungsverfahrens sein. Es sei daran erinnert, dass ein Patent nicht das Recht zur Ausübung des patentierten Gegenstandes gibt. Der Patentinhaber muss hier selbstverständlich geltendes Recht, insbesondere die jeweiligen Spezialgesetze, beachten. Es ist empirisch belegt, dass ein wirksames Patentsystem den Wettbewerb nicht behindert, sondern im Gegenteil die Wettbewerbsfähigkeit stärkt. (siehe World Economic Forum Global Competitiveness Report)

3 Was fehlt, ist ein Streitregelungssystem mit harmonisiertem Patentverfahrensrecht, bei dem eine übergeordnete Instanz die auch bereits auf hohem Niveau erfolgte Harmonisierung der Rechtsprechung weiter entwickelt und dabei die personellen Ressourcen (Richter und Anwälte mit langjähriger Erfahrung auf diesem Rechtsgebiet) der Mitgliedsstaaten nutzt. Zu Abschnitt 2 - Das Gemeinschaftspatent als Priorität der EU Abschnitt 2 - Das Gemeinschaftspatent als Priorität der EU Die Vorschläge der Kommission für ein Gemeinschaftspatent liegen seit dem Jahr 2000 auf dem Tisch, und haben mit der Festlegung einer gemeinsamen politischen Ausrichtung durch den Rat im März 2003 eine wichtige Hürde genommen [http://register.consilium.eu.int/pdf/en/03/st07/st07159en03.pdf; siehe auch http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/patent/docs/2003-03-patent-costs_en.pdf]. Uneinigkeit über die genaue Rechtswirkung von Übersetzungen ist einer der Gründe dafür, dass die Gemeinschaftspatentverordnung noch nicht verabschiedet werden konnte. Das Gemeinschaftspatent, das Teil der Lissabon-Strategie ist, wäre ein Gewinn für die europäische Wirtschaft. Es bietet einen einheitlichen, erschwinglichen und wettbewerbsfähigen Patentschutz und mehr Rechtssicherheit durch eine gemeinsame Gemeinschaftspatentgerichtsbarkeit. Außerdem würde es die Position der EU in externen Foren stärken und den Beitritt der Gemeinschaft zum Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) ermöglichen. Berechnungen auf der Grundlage der gemeinsamen politischen Ausrichtung haben ergeben, dass ein Gemeinschaftspatent für die gesamte EU etwa so viel kosten würde wie ein europäisches Patent für fünf Staaten nach dem derzeitigen EPÜ-System. Frage 2.1 Gibt es Ihrer Meinung nach Alternativen zur gemeinsamen politischen Ausrichtung oder darin nicht berücksichtigte Merkmale, die ein wirksames Gemeinschaftspatentssystem aufweisen sollte? Ein Gemeinschaftspatentsystem auf der Basis der gemeinsamen politischen Ausrichtung ist mit allem Nachdruck abzulehnen. Auf dieser Grundlage kann kein Gemeinschaftspatent geschaffen werden, das für die Wirtschaft ein Gewinn wäre. Die Kommission sollte ihren Vorschlag daher zurückziehen, damit sinnvolle Alternativen verfolgt werden können. Die "Gemeinsame Politische Ausrichtung zum Gemeinschaftspatent hat berechtigte Kritik u. a. in folgenden Punkten erfahren:

4 (a) Die Kapazität nur eines zentralen Gerichts wäre auf Dauer nicht in der Lage, die europaweit ca. 600 bis 1000 Rechtsstreitigkeiten pro Jahr über die Gültigkeit und Verletzung von Patenten, bei denen zum größten Teil komplizierte Sachfragen zu entscheiden sind, zu bewältigen. (b) Das Fehlen regionaler Gerichte koppelt die europäische Entwicklung von einer jahrzehntelangen erfolgreichen Praxis und Erfahrung der Mitgliedsstaaten ab. Diese bewährten Ressourcen werden langfristig abgebaut, ohne dass etwas Gleichwertiges absehbar ist. Das ist ineffektiv und verstößt gegen das Subsidiaritätsprinzip. (c) Es sind weder technische Richter noch Patentanwälte als prozessbevollmächtigte Vertreter vorgesehen, die erheblich zur Effizienzsteigerung und Kostenreduzierung beitragen könnten. (d) Es fehlt ein akzeptables Sprachenregime. Das einzige realistische Projekt zur notwendigen weiteren Vereinheitlichung des Verfahrensrechts ist das European Patent Litigation Agreement (EPLA). Es entspricht dem Bedürfnis nach einer einheitlichen gemeinsamen Instanz, baut auf den vorhandenen Strukturen und Ressourcen der Patentgerichtsbarkeiten in Europa auf und erfasst alle bisher erteilten europäischen Patente. Es ist nicht durch die o. g. Nachteile der "Gemeinsamen Politischen Ausrichtung", die nur ein mühsam erzielter Kompromiss zu Lasten der Länder mit hoher Erfindungsaktivität (wie Deutschland) war, belastet. Es sieht dezentrale Eingangsinstanzen vor, ermöglicht die Einbeziehung technischer Richter und der Patentanwälte als Prozessvertreter, wie dies seit Jahrzehnten z.b. beim Bundespatentgericht erfolgreich praktiziert wird, und hat ein akzeptables Sprachenregime. Es kann verwirklicht werden, auch wenn sich einzelne Staaten diesem System nicht anschließen.

5 Zu Abschnitt 3 Das Europäische Patentsystem und insbesondere das Übereinkommen über ein Streitregelungssystem (EPLA) Abschnitt 3 Das Europäische Patentsystem und insbesondere das Übereinkommen über ein Streitregelungssystem Seit 1999 arbeiten Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ), darunter auch Mitgliedstaaten der EU, an einem Übereinkommen über die Regelung von Streitigkeiten über europäische Patente (EPLA European Patent Litigation Agreement). Dabei soll es sich um ein freiwilliges Streitregelungssystem für alle Vertragsstaaten des EPÜ handeln, die dem Übereinkommen beitreten. Durch das EPLA würde ein Europäisches Patentgericht geschaffen, das für Fragen der Gültigkeit und Verletzung europäischer Patente zuständig ist (einschließlich Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung, Klagen oder Widerklagen auf Nichtigerklärung und Klagen auf Schadensersatz oder auf Entschädigung aufgrund des vorübergehenden Schutzes, den eine veröffentlichte Anmeldung zum europäischen Patent gewährt). Die nationalen Gerichte wären weiterhin zuständig für die Anordnung von einstweiligen Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen und die vorläufige Beschlagnahme von Waren als Sicherheit. Nähere Informationen unter [http://www.europeanpatent-office.org/epo/epla/pdf/agreement_draft.pdf]. Einige der EPÜ-Vertragsstaaten haben außerdem die Frage der Patentkosten in Angriff genommen, und zwar mit dem Londoner Protokoll, das eine deutliche Verringerung der Übersetzungspflichten für die beteiligten Staaten vorsieht. Dieses wichtige Vorhaben würde das europäische Patent attraktiver machen. Die Europäische Gemeinschaft ist nicht Vertragspartei des Europäischen Patentübereinkommens. Es gibt jedoch gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, die einige der Fragen regeln, mit denen sich auch das geplante Übereinkommen über ein Streitregelungssystem befasst. Bei den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen handelt es sich namentlich um die Brüssel-Verordnung über die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsurteilen (Verordnung Nr. 44/2001 des Rates) und die Richtlinie über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Richtlinie 2004/48/EG). [http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2004/l_195/l_19520040602de00160025.pdf]. Offenbar müssen drei Fragen geklärt werden, bevor EU-Mitgliedstaaten Vertragspartei des Übereinkommens über das Streitregelungssystem werden können: (1) Der Text des Übereinkommens muss mit den einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts in Einklang gebracht werden. (2) Die Beziehung zum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) muss geklärt werden. (3) Die Erteilung eines Verhandlungsmandats des Rates an die Kommission zwecks Teilnahme an den Verhandlungen über das Übereinkommen mit Blick auf einen möglichen Beitritt der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten muss erörtert werden. Fragen 3.1 Welche Vor- und Nachteile hätte Ihrer Meinung nach ein europaweit geltendes Streitregelungssystem, wie es der EPLA-Entwurf vorsieht, für diejenigen, die Patente nutzen oder in anderer Weise betroffen sind? 3.2 Was wäre Ihrer Meinung nach angesichts der möglichen Koexistenz von drei Patentsystemen in Europa (dem nationalen, dem Gemeinschaftspatent und dem europäischen Patent) das ideale Streitregelungssystem für Patentfragen in Europa? Das Streitregelungssystem des European Patent Litigation Agreement (EPLA) wird nachdrücklich unterstützt. Es baut auf den vorhandenen Strukturen der Patentgerichtsbarkeit in Europa auf und ermöglicht damit einen fließenden Übergang von der nationalen zur europäischen Gerichtsbarkeit. Von Richtern, Anwälten und Industrie ist es als praxisgerechte Lösung anerkannt.

6 Durch eine sinnvolle Verzahnung und Zusammenarbeit der gemäß EPLA zuständigen Gerichte, der nationalen Gerichte und der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes könnte ein leistungsfähiges System entstehen, ohne auf Dauer die bestehenden und funktionierenden Systeme abzuwerten und in ihrer Bedeutung herabzustufen. EPLA hat auch den Vorteil erstinstanzlicher Ortsnähe. Außerdem ist ein Wettbewerb unter verschiedenen Gerichten vorteilhaft für die weitere Rechtsentwicklung. Im Erfolgsfall würde EPLA sicher auch für die Mitgliedsstaaten der EU attraktiv, die sich nicht von Anfang an zu einer Beteiligung entschließen könnten. Zu Abschnitt 4 Rechtsangleichung und gegenseitige Anerkennung nationaler Patente Abschnitt 4 -Rechtsangleichung und gegenseitige Anerkennung nationaler Patente Die vorgeschlagene Verordnung über das Gemeinschaftspatent stützt sich auf Artikel 308 des EG-Vertrags, der die Anhörung des Europäischen Parlaments sowie Einstimmigkeit im Rat vorschreibt. Es ist vorgeschlagen worden, die materiellrechtlichen Regelungen des Patentschutzsystems durch Angleichungsmaßnahmen (Harmonisierung) nach Artikel 95 zu verbessern, die von Rat und Europäischem Parlament im Mitentscheidungsverfahren verabschiedet werden müssten und im Rat eine qualifizierte Mehrheit erfordern würden. Denkbar wären eine oder mehrere der folgenden Vorgehensweisen, die zum Teil von Abgeordneten des Europäischen Parlaments vorgeschlagen wurden: (1) Übernahme der wichtigsten Patentierbarkeitskriterien des Europäischen Patentübereinkommens in das Gemeinschaftsrecht, sodass sich einzelstaatliche Gerichte mit Auslegungsfragen direkt an den EuGH wenden können. Infrage kämen hier die allgemeinen Kriterien der Neuheit, der erfinderischen Tätigkeit und der gewerblichen Anwendbarkeit sowie Ausnahmen für bestimmte Bereiche und Sonderregelungen für einzelne Sektoren, wenn damit ein Mehrwert verbunden wäre. (2) Eine eingeschränktere Harmonisierung, die sich nur auf Fragen erstreckt, die nicht ausdrücklich im Europäischen Patentübereinkommen geregelt sind. (3) Gegenseitige Anerkennung der von anderen EU-Staaten erteilten Patente durch die Patentämter der Mitgliedstaaten, unter Umständen unter Zugrundelegung gemeinsamer Qualitätsstandards, oder Validierung durch das Europäische Patentamt; Voraussetzung wäre, dass die Patentschrift in der Originalsprache sowie in einer anderen im Geschäftsverkehr gängigen Sprache vorgelegt wird. Eine Angleichungsmaßnahme bzw. die Inanspruchnahme von Artikel 95 setzt allerdings den Nachweis voraus, dass die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Praktiken wirtschaftliche Negativfolgen in Form von Schranken für den Waren- oder Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten oder Wettbewerbsverzerrungen nach sich ziehen. Fragen 4.1 In welchen Bereichen des Patentrechts führen Ihrer Meinung nach Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei den Rechtsvorschriften oder der Rechtsanwendung zu Behinderungen des freien Waren- oder Dienstleistungsverkehrs oder zu Wettbewerbsverzerrungen? 4.2 Inwieweit ist Ihr Unternehmen von den Folgen solcher Unterschiede betroffen? 4.3 Wie schätzen Sie den Mehrwert und die Machbarkeit der oben erläuterten Optionen (1 bis 3) ein? 4.4 Gibt es andere Alternativen, die die Kommission in Betracht ziehen sollte?

7 Eine Richtlinie der Europäischen Union zur weiteren Harmonisierung der Rechtsvorschriften des Patentrechts ist nicht erforderlich. Wettbewerbsverzerrungen in diesem Bereich sind nicht vorhanden. Die Unterschiede der Rechtsprechung in den Mitgliedsstaaten gehen nicht weiter als bei unterschiedlicher Anwendung nationalen Rechts durch verschiedene Gerichte. Das beruht sowohl auf abweichendem Verfahrensrecht als auch auf unterschiedlicher Beurteilung der Umstände des Einzelfalls. Die wiederholten Treffen europäischer Patentrichter und die wissenschaftliche Begleitung der europäischen Rechtsentwicklung durch eine intensive Rechtstatsachenforschung haben aber gerade in letzter Zeit zu einer verstärkten Annäherung der Rechtsprechung in den Mitgliedsstaaten geführt. Das Patentrecht muss offen sein für neue technische Entwicklungen. Es ist daher zu einem erheblichen Teil Richterrecht. Die Auslegung der bestehenden und europaweit harmonisierten Rechtsvorschriften durch Richterrecht erlaubt eine flexible Anpassung des Rechts an den technischen Fortschritt und die Schaffung eines angemessenen Interessenausgleichs zwischen Erfindern und der Allgemeinheit. Die Festschreibung patentrechtlicher Details durch eine Harmonisierungsrichtlinie würde den patentrechtlichen Status Quo zementieren und die laufende Weiterentwicklung des Patentrechts durch die Rechtsprechung lähmen. Die gegenseitige Anerkennung der von den einzelnen EU-Staaten erteilten Patente durch die Patentämter der Mitgliedsstaaten oder durch das Europäische Patentamt würde entweder Doppelarbeit (sofern "Validierung" eine Nachprüfung bedeutet) oder eine Rückverlagerung der Patenterteilung vom Europäischen Patentamt zu den nationalen Patentämtern und damit praktisch eine Auflösung des europäischen Patentsystems in seiner gegenwärtigen Form bedeuten. Beides wäre ein Rückschritt und wird daher mit allem Nachdruck abgelehnt.