Febrile Neutropenie mit Lungeninfiltraten nach intensiver Chemotherapie (Fieber in Neutropenie) Leitlinie



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Febrile Neutropenie mit Lungeninfiltraten nach intensiver Chemotherapie (Fieber in Neutropenie) Leitlinie der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen

Herausgeber DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.v. Alexanderplatz 1 10178 Berlin Geschäftsführender Vorsitzender: Prof. Dr. med. Mathias Freund Telefon: +49 (0)30 27 87 60 89-0 Telefax: +49 (0)30 27 87 60 89-18 info@dgho.de www.dgho.de Ansprechpartner Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann Medizinischer Leiter Quelle www.onkopedia.com Die der DGHO für die Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen entbinden die verantwortliche Ärztin / den verantwortlichen Arzt nicht davon, notwendige Diagnostik, Indikationen, Kontraindikationen und Dosierungen im Einzelfall zu überprüfen! Die DGHO übernimmt für keine Gewähr.

Inhaltsverzeichnis 1 Zusammenfassung... 2 2 Grundlagen... 2 2.2 Epidemiologie... 2 5 Diagnose... 3 5.2 Diagnostik... 3 5.2.1 Bildgebende Diagnostik... 3 5.2.2 Bronchoskopie und bronchoalveoläre Lavage (BAL)... 4 5.2.3 Aufarbeitung der bronchoalveolären Lavage (BAL)... 4 5.2.4 Beurteilung mikrobiologischer Befunde bei Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten... 5 6 Therapie... 6 6.1 Therapiestruktur... 6 6.1.1 Allgemeine Hinweise und Therapiekontrolle... 7 6.1.2 Pilze... 7 6.1.3 Pneumocystis jirovecii... 7 6.1.4 Pseudomonas aeruginosa... 8 6.1.5 Stenotrophomonas maltophilia... 8 6.1.6 Cytomegalievirus (CMV)... 8 6.1.7 Intensivmedizinische Betreuung... 9 9 Literatur... 9 11 Therapieprotokolle... 9 15 Anschriften der Verfasser... 9 16 Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten... 12 1

Febrile Neutropenie mit Lungeninfiltraten nach intensiver Chemotherapie (Fieber in Neutropenie) Stand: August 2014 Autoren: Georg Maschmeyer, Jordi Carratalà Fernandez, Dieter Buchheidt, Axel Hamprecht, Claus Peter Heußel, Christoph Kahl, Joachim Lorenz, Silke Neumann, Christina Rieger, Markus Ruhnke, Hans-Jürgen Salwender, Martin Schmidt-Hieber, Élie Azoulay für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen (AGIHO) der DGHO 1 Zusammenfassung Lungeninfiltrate sind eine häufige Komplikation bei Patienten mit schwerer und prolongierter Neutropenie. Die Infiltrate sprechen oft nicht auf Breitspektrum- Antibiotika an. Das Spektrum möglicher Erreger umfasst Aspergillus spp., Pneumocystis jirovecii, multiresistente Gram-negative Bakterien, Mykobakterien, respiratorische Viren, Fadenpilze u. a. Die Differenzialdiagnose beinhaltet auch nichtinfektiöse Ursachen wie alveoläre Blutungen, Infiltrate durch die maligne Grunderkrankung, kryptogene organisierende Pneumonie ("BOOP"), Immunrekonstitutionssyndrom und Schädigungen durch Chemotherapeutika oder Bestrahlung. Die mikrobiologische Diagnostik ist zum Zeitpunkt der Erkrankung oft negativ. Die kurzfristig erforderliche Einleitung einer empirischen antimikrobiellen Therapie basiert auf der kritischen Bewertung der unterschiedlichen diagnostischen Informationen und der individuellen Risikosituation des Patienten. Die Leitlinie Diagnosis and antimicrobial therapy of lung infiltrates in febrile neutropenic patients (allogeneic SCT excluded) wurde von der Arbeitsgemeinschaft Infektionen der DGHO (AGIHO) für die Diagnostik und Therapie dieser Patienten erstellt [1]. Grundlagen der sind eine systematische Literaturrecherche, die einheitliche Bewertung der Evidenzstärke und ein Konsensfindungsprozess. Dies ist die Kurzfassung dieser. 2 Grundlagen 2.2 Epidemiologie Lungeninfiltrate entwickeln sich bei bis zu 25% aller Patienten mit schwerer und über mindestens 10 Tage anhaltender Neutropenie nach intensiver Chemotherapie. 2

5 Diagnose 5.2 Diagnostik Die Struktur von Diagnostik und Therapie ist in Abbildung 1 zusammengefasst. Abbildung 1: Diagnostisches Vorgehen und Therapie bei Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten Legende: empfohlene Diagnostik (Standard); Alternative (falls Standard nicht anwendbar); BAL bronchoalveoläre Lavage, CT - Computertomographie, MRT Magnetresonanztomographie; Die zu den verschiedenen Elementen der Diagnostik sind in den nachfolgenden Tabellen 1 4 zusammengefasst. 5.2.1 Bildgebende Diagnostik 3

Tabelle 1: Bildgebende Diagnostik Bei Patienten mit febriler Neutropenie und Zeichen oder Symptomen einer Infektion der unteren Luftwege ist eine Mehrschicht- oder hochauflösende Computertomographie (CT) die diagnostische Methode der Wahl. Konventionelle Aufnahmen des Thorax werden zur Diagnostik von Lungeninfiltraten bei Patienten mit febriler Neutropenie nicht empfohlen. Wenn ein CT Thorax nicht durchführbar ist, wird eine Magnetresonanztomographie (MRT) empfohlen. Bei den meisten Patienten kann das CT ohne Kontrastmittel durchgeführt werden. Die Durchführung eines Mehrschicht- oder hochauflösenden CT soll innerhalb von maximal 24 Stunden nach Indikationsstellung erfolgen. Bei Nachweis von Infiltraten im CT sollte die bronchoalveoläre Lavage (BAL) aus dem Segmentbronchus erfolgen, der das verdächtige Areal versorgt. Auffällige Befunde im CT sollen nach Möglichkeit mit Voraufnahmen verglichen werden. Eine CT- oder MRT-Angiographie kann durchgeführt werden, wenn ein versorgendes Blutgefäß (feeding vessel sign), ein Halo-Phänomen (halo sign) oder Hämoptysen bei Patienten mit Verdacht auf Pilzpneumonie beobachtet werden. Empfehlung und Evidenz E-II I I 5.2.2 Bronchoskopie und bronchoalveoläre Lavage (BAL) Tabelle 2: Bronchoskopie und bronchoalveoläre Lavage (BAL) Bronchoskopie oder bronchoalveoläre Lavage (BAL) sollen nach einem standardisierten Protokoll erfolgen. Transbronchiale Biopsie werden bei Patienten mit febriler Neutropenie (und Thrombozytopenie) nicht empfohlen. Wenn eine Gewebsentnahme für histologische, mikro- oder molekularbiologische Untersuchungen erforderlich ist, soll eine der folgenden Techniken eingesetzt werden: perkutane, CT-gesteuerte Biopsie mit seitlicher Öffnung (side-cut) oder Video-assistierte Thorakoskopie oder offene Lungenbiopsie Empfehlung und Evidenz D-II Die mikrobiologische Aufarbeitung von BAL-Proben soll nach einem standardisierten Protokoll erfolgen. Die Durchführung von Bronchoskopie und BAL sollte innerhalb von maximal 24 Stunden nach Indikationsstellung erfolgen. Der dringende Start oder die Änderung einer antimikrobiellen Therapie sollen durch Bronchoskopie oder BAL nicht verzögert werden. Bronchoskopie und BAL sollen nur bei Patienten ohne kritische Hypoxie durchgeführt werden. I 5.2.3 Aufarbeitung der bronchoalveolären Lavage (BAL) 4

Tabelle 3: Aufarbeitung der bronchoalveolären Lavage (BAL) Zytospinpräparate zur Differenzierung intra- von extrazellulären Pathogenen und zur Identifikation von Infiltraten durch die Grundkrankheit Gram Färbung Giemsa / May - Grünwald - Giemsa Färbung (Beurteilung von Makrophagen, Flimmerepithel, Leukozyten) Mycobacterium tuberculosis (M. tuberculosis) Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) PCR für Pneumocystis jirovecii (P. jirovecii); wenn möglich quantitativ Calcofluor-Weiß oder Äquivalent (Beurteilung von Pilzen und von P. jirovecii) Direkte Immunfluoreszenz für Pneumocystis jirovecii (P. jirovecii) (Bestätigung) Aspergillus Antigen (Galactomannan ELISA) Bakterienkulturen (quantitativ oder semiquantitativ): Verdünnung 10-2 und 10-4 Bakterienkulturen: Blutagar, MacConkey/ Endo, Levinthal/Blut Legionella spp.: BCYE-Agar oder Äquivalent Mykobakterien: mindestens ein festes und ein flüssiges Medium (z. B. Löwenstein-Jensen-Agar und Middlebrook 7H9 Broth oder Äquivalent) Pilze: Sabouraud-Agar, Kimmig-Agar oder Äquivalent Empfehlung B B B A A A A A A Anreicherungskulturen (Brain Heart Infusion Agar, Dextrose-Agar) Legionella PCR PCR für Cytomegalie-Virus (CMV), Respiratory Syncytial Virus (RSV), Influenza A/B, Parinfluenza 1-3, Metapneumovirus, Adenovirus Quantitative PCR für Varicella Zoster Virus Panfungal oder Aspergillus PCR Periphere Blutkulturen 1 Stunde nach Bronchoskopie zum Nachweis einer transienten Bakteriämie Rachenabstrich zur Beurteilung der oralen Flora zum Abgleich mit der BAL C B B B B C C 5.2.4 Beurteilung mikrobiologischer Befunde bei Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten Die Interpretation mikrobiologischer Befunde bei Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten ist schwierig, siehe Tabelle 4. Tabelle 4: Klinische Beurteilung mikrobiologischer Befunde bei Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltration Die folgenden Befundkonstellationen werden als Hinweis für einen kausalen Zusammenhang zwischen Erregernachweis und Lungeninfiltrat, und als Indikation für eine gezielte Therapie angesehen: Pneumocystis jirovecii, Gram-negative aerobe Keime, Pneumokokken, Nocardien, Mycobacterium tubercolis, Aspergillus spp., Aspergillus Galactomannan oder Mucorales in BAL oder Sputum; positive CMV-Schnellkultur; Nachweis von CMV immediate early antigen, Nachweis von Pneumokokken, α-hämolysierenden Streptokokken, Bacillus cereus oder Gram-negativen aeroben Keimen in der Blutkultur 5

jeder positive Keimnachweis mit invasivem Wachstum in Biopsiematerial positiver Test auf Legionella pneumophila Serogruppe 1 Antigen im Urin positiver Test auf Aspergillus Glactomannan im Blut (Schwellenwert 0,5) oder in der BAL (Schwellenwert 1,0 kann hier angemessener sein) positive quantitative PCR auf Pneumocystis jirovecii mit >1.450 Kopien/ml Umgekehrt ist eine Pneumocystis-Pneumonie bei negativem Test auf 1,3-β-D-Glucan (BG) im Blut sehr unwahrscheinlich. Die folgenden Befundkonstellationen werden nicht als Hinweis für einen kausalen Zusammenhang zwischen Erregernachweis und Lungeninfiltrat angesehen: Nachweis von Enterokokken in Blutkultur, Abstrichen, Sputum oder BAL Nachweis von Koagulase-negativen Staphylokokken oder Corynebacterium spp., unabhängig vom Ort des Nachweises Nachweis von Candida spp. in Abstrichen, Speichel, Sputum oder anderen respiratorischen Sekreten Ergebnisse aus Überwachungskulturen, aus Stuhl- oder Urinkulturen Potenziell relevante Befundkonstellationen sind: respiratorische Viren Nachweis von Staphylococcus aureus, Legionella spp. oder atypischen Mykobakterien in Sekreten der Atemwege positive CMV- oder nicht-quantitative Pneumocystis-PCR (ohne Bestätigung durch andere Methoden) in der BAL 6 Therapie 6.1 Therapiestruktur Die Therapieentscheidungen bei Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten basieren auf den klinischen Zeichen/Symptomen, der bildgebenden Diagnostik (siehe Tabelle 1, einer kritischen Bewertung der mikrobiologischen Resultate (siehe Tabelle 4) und den weiteren Befunden. Der gesamte Algorithmus des klinischen Managements ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Ordnung der zur antimikrobiellen Therapie ist Abbildung 2 zu entnehmen. Abbildung 2: Therapie bei Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten 6

6.1.1 Allgemeine Hinweise und Therapiekontrolle Tabelle 5: Antimikrobielle Therapie und klinisches Management von Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten allgemeine Hinweise und Therapiekontrolle Bei hospitalisierten Patienten mit schwerer Neutropenie sollten antivirale Medikamente, Makrolide, Aminoglykoside oder Fluorochinolone nur auf der Basis eines schlüssigen mikrobiologischen Befundes gegeben werden. Das Ansprechen auf die antimikrobielle Therapie soll täglich überprüft werden. Bildgebende Kontrolluntersuchungen sollten im Allgemeinen nicht früher als 7 Tage nach Beginn der antimikrobiellen Therapie durchgeführt werden. Bei Patienten ohne klinische Besserung sollte das CT Thorax 7 Tage nach Beginn der antimikrobiellen Therapie wiederholt werden. Persistierendes Fieber, fortschreitende oder neu auftretende Lungeninfiltrate und/oder Entzündungsparameter nach 7 Tagen der antimikrobiellen Therapie sind Indikation für eine Wiederholung der mikrobiologischen Diagnostik und einen Wechsel der antimikrobiellen Therapie. Empfehlung und Evidenz D-I I 6.1.2 Pilze Tabelle 6: Antimikrobielle Therapie und klinisches Management von Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten Pilzinfektionen Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten, die nicht typisch für eine Pneumocystis-Pneumonie (PcP) oder eine bakterielle Lobärpneumonie sind, sollen eine antimykotische Therapie erhalten, die auch gegen Schimmelpilze wirksam ist. Bevorzugte Erstlinientherapie bei diesen Patienten ist Voriconazol oder liposomales Amphotericin B. Patienten unter laufender oraler Therapie mit Posoconazol oder Voriconazol können auf liposomales Amphothericin B wechseln. Die Dosierungen der antimykotischen Therapie entsprechen in dieser Situation den Dosierungen bei nachgewiesener Schimmelpilz-Infektion. Empfehlung und Evidenz C-III 6.1.3 Pneumocystis jirovecii Tabelle 7: Antimikrobielle Therapie und klinisches Management von Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie (PcP) Bei Verdacht auf eine Pneumocystis-Pneumonie aufgrund des Musters der Lungeninfiltrate und einer neu aufgetretenen LDH-Erhöhung sollte die antimikrobielle Behandlung auch vor Durchführung von Bronchoskopie und BAL begonnen werden. Eine positive quantitative PCR (>1.450 Kopien/ml) für Pneumocystis jirovecii in der BAL sollte zur Einleitung einer systemischen Pneumocystis-Therapie führen. Medikament der ersten Wahl zur Behandlung der Pneumocystis-Pneumonie (PcP) ist hochdosiertes Trimethoprim-Sulfamethoxazol (TMP/SMX) Empfehlung und Evidenz 7

Bei PcP-Patienten mit einer Unverträglichkeit oder Refraktarität gegenüber hochdosiertem Trimethoprim-Sulfamethoxazol (TMP/SMX) wird eine Kombination von Clindamycin plus Primaquin empfohlen. Bei (Nicht-HIV-) Patienten mit kritischer respiratorischer Insuffizienz aufgrund der PcP wird die zusätzliche Gabe von Kortikosteroiden nicht empfohlen; ihre Gabe ist Einzelfällen vorbehalten. Patienten sollen nach erfolgreicher PcP-Therapie eine orale Sekundärprophylaxe erhalten. Medikamente der Wahl für die sekundäre PcP-Prophylaxe sind intermittierende TMP/SMX- Gabe oder monatliche Inhalation von Pentamidin-Aerosol. Empfehlung und Evidenz C-II 6.1.4 Pseudomonas aeruginosa Tabelle 8: Antimikrobielle Therapie und klinisches Management von Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten Pseudomonas-aeruginosa-Pneumonie Bei Patienten mit Nachweis einer Pseudomonas-aeruginosa-Pneumonie sollten ein Pseudomonas-wirksames β-laktam in Kombination mit einem Aminoglykosid eingesetzt werden, wenn das lokale in-vitro-resistenzmuster auf suboptimale Wirksamkeit von Pseudomonas-wirksamen β-laktamen hinweist. Geeignete Pseudomonas-wirksame β-laktame zur Therapie einer Pseudomonas-aeruginosa- Pneumonie sind Piperacillin (± Tazobactam), Ceftazidim, Imipenem/Cilastatin, Meropenem oder Cefepim. Bei Patienten mit Kontraindikationen gegen Aminoglykoside sollte das Pseudomonas-wirksame β-laktam mit Ciprofloxacin kombiniert werden. Empfehlung und Evidenz A-I 6.1.5 Stenotrophomonas maltophilia Tabelle 9: Antimikrobielle Therapie und klinisches Management von Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten Stenotrophomonas-maltophilia-Pneumonie Medikament der ersten Wahl bei nachgewiesener Stenotrophomonas-maltophilia- Pneumonie ist Trimethoprim-Sulfamethoxazol (TMP/SMX). Die Dosierung von TMP/SMX zur Therapie der Stenotrophomonas-maltophilia-Pneumonie entspricht der bei Pneumocystis-jivovecii-Pneumonie, siehe Tabelle 7. Empfehlung und Evidenz I 6.1.6 Cytomegalievirus (CMV) Tabelle 10: Antimikrobielle Therapie und klinisches Management von Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten CMV-Pneumonie Medikamente der ersten Wahl bei CMV-Pneumonie sind intravenöses Ganciclovir oder Foscarnet. Empfehlung und Evidenz 8

Die Wahl zwischen Ganciclovir oder Foscarnet basiert auf dem Nebenwirkungsprofil und ggf. auf dem lokalen Resistenzmuster. Empfehlung und Evidenz 6.1.7 Intensivmedizinische Betreuung Tabelle 11: Antimikrobielle Therapie und klinisches Management von Patienten mit febriler Neutropenie und Lungeninfiltraten Intensivmedizinische Betreuung Intensivmedizinische Betreuung soll Patienten mit respiratorischer Insuffizienz uneingeschränkt zur Verfügung stehen, außer wenn dies angesichts der Gesamtprognose unangemessen ist. Ein professionelles, multidisziplinäres Expertenteam soll an der intensivmedizinischen Betreuung onkologischer Patienten mit respiratorischer Insuffizienz aufgrund von Lungeninfiltraten beteiligt sein. Empfehlung und Evidenz 9 Literatur 1. Maschmeyer G et al.: Diagnosis and antimicrobial therapy of lung infiltrates in febrile neutropenic patients (allogeneic SCT excluded): updated guidelines of the Infectious Diseases Working Party of the German Society of Hematology and Oncology (DGHO). Ann Oncol May 15, 2014. DOI: 10.1093/ annonc/mdu192 2. Maschmeyer G et al.: Infektionen in der Hämatologie und Onkologie, 2014 11 Therapieprotokolle Febrile Neutropenie mit Lungeninfiltraten - Therapieprotokolle 15 Anschriften der Verfasser Prof. Dr. med. Georg Maschmeyer Klinikum Ernst von Bergmann Potsdam Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin Charlottenstr. 72 14467 Potsdam Tel: 0331 2416001 Fax: 0331 2416000 gmaschmeyer@klinikumevb.de 9

Prof. Jordi Carratalà Fernandez Universitat de Barcelona Bellvitge Hospital Universitari Departament de Ciències Clíniques Pavelló de Govern - Av. Feixa Llarga, s/n ES-8907 Barcelona jcarratala@ub.edu Prof. Dr. med. Dieter Buchheidt Klinikum Mannheim GmbH Medizinische Fakultät Mannheim III. Medizinische Klinik Theodor-Kutzer-Ufer 1-3 68167 Mannheim Tel: 0621 383-4110 Fax: 0621 383-4201 dieter.buchheidt@umm.de Dr. Axel Hamprecht Universität Köln Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene Goldenfelsstr. 19-21 50935 Köln Tel: 0221 478-32017 axel.hamprecht@uk-koeln.de Prof. Dr. med. Claus Peter Heußel Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung für Diagnostische & Interventionelle Radiologie Amalienstr. 5 69126 Heidelberg Tel: 06221 396-1501 Fax: 06221 396-1502 clauspeter.heussel@med.uni-heidelberg.de PD Dr. med. habil. Christoph Kahl Klinikum Magdeburg ggmbh Klinik für Hämatologie und Onkologie Birkenallee 34 39130 Magdeburg Tel: 0391 791-5601 Fax: 0391 791-5603 christoph.kahl@klinikum-magdeburg.de 10

Prof. Dr. med. Joachim Lorenz Märkische Kliniken GmbH Klinikum Lüdenscheid Pneumologie und Internistische Intensivmedizin Paulmannshöher Str. 14 58515 Lüdenscheid Tel: 02351 46-0 Fax: 02351 46-3366 joachim.lorenz@kkh-luedencheid.de Dr. med. Silke Neumann Medizinisches Versorgungszentrum Intern. Onkologie und Hämatologie Gynäkologische Onkologie Sauerbruchstr.7 38440 Wolfsburg anmeldung@amo-wolfsburg.de PD Dr. med. Christina Rieger Klinikum der Universität München Campus Großhadern Medizinische Klinik III Marchioninistr. 15 81377 München Tel: 089 7095-0 Fax: 089 7095-8746 christina.rieger@med.uni-muenchen.de Prof. Dr. med. Markus Ruhnke Paracelsus-Klinik Osnabrück MVZ Hämatologie/Onkologie Am Natruper Holz 49076 Osnabrück Dr. med. Hans-Jürgen Salwender Asklepios Klinik Hamburg-Altona II. Medizinische Abteilung Hämatologie / Stammzelltransplantation Paul-Ehrlich-Str. 1 22763 Hamburg Tel: 040 181881-1211 Fax: 040 181881-4904 h.salwender@asklepios.com 11

PD Dr. med. Martin Schmidt-Hieber HELIOS Klinikum Berlin-Buch Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie Schwanebecker Chaussee 50 13125 Berlin Tel: 030 9401-12186 martin.schmidt-hieber@helios-kliniken.de Prof. Dr. Élie Azoulay Université Paris Diderot Hôpital Saint-Louis 1, avenue Claude Vellefaux FR-75475 Paris cedex 10 Tel: 0033 1 42499419 elie.azoulay@sls.aphp.fr 16 Erklärung zu möglichen Interessenkonflikten nach den Regeln der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie und den der AWMF (Version vom 23. April 2010) und internationalen 12