Proseminar: wh-konstruktionen im Deutschen WS 2003/04 Jan Bruners Handout 3: Lange wh-bewegung Spuren In der letzten Sitzung hatten wir gesehen, dass satzinitiale wh-phrasen sich in[spec,](im Vorfeld des Satzes) befinden und dass sie in Argumentpositionen basisgeneriert werden. Wie bei der NP-Bewegung von Argumenten nach[spec,] handelt es sich bei der wh-bewegung um phrasale Bewegung. In beiden Fällen hinterlassen die bewegten Phrasen Spuren in ihrer Ausgangsposition, die im Strukturbaum mit t i (trace) dargestellt werden. Der Index wird verwendet, um den Zusammenhang zwischen bewegtem Element und Spur zu kennzeichnen: (1) Wen j hat Hans t j indenbrunnen geschubst? [Spec,] Wen j hat Spec Hans i I VP t i t j inden Brunnen I 0 geschubst Abbildung 1: wh-bewegung und ihre Spur Die Spur ist eine Metapher für die Tatsache, dass die D-Struktur aus der S-Struktur eindeutig rekonstruiert werden können muss. Andernfalls wäre eine Interpretation der thematischen Relationen nicht möglich. Trotz dieser konzeptuellen Notwendigkeit scheint die Spurenkonvention, nach der jede Bewegung eine Spur hinterlässt, schwierig zu belegen zu sein: Spuren sind in der Regel unhörbar, d.h. ein bewegtes Element hinterlässt keinen phonologischen Gehalt. Allerdings wird die Existenz einer Spur in bestimmten Kontexten hörbar: 1
(2) a. Do you want to leave? b. Do you wanna leave? c. Whodoyou want toleave? d. *Whodoyou wannaleave? 1 Das Verhältnis zwischen einer bewegten wh-phrase und ihrer Spur wird als Operator-Variable- Beziehung charakterisiert. Diese Charakterisierung bezieht sich auf den semantischen Aspekt einer wh-konstruktion: Eine satzinitiale wh-phrase operiert über dem restlichen Satz und bindet eine Variable innerhalb dieses Satzes. Dieses Verhältnis bezeichnet man auch als Skopus. Die folgende (informelle) Darstellung verdeutlicht den Zusammenhang: (3) a. Welcher Mann i t i küsst Maria? b. [ Op für welches x, x einmann] gilt: [ Skopus x küsstmaria] Subjazenz Das Konzept der Spur ist wesentlich für die Analyse der sog. langen wh-bewegung. Wir haben gesehen, dass wh-phrasen auf S-Struktur entweder in einer Argumentposition oder in der nächstgelegenen [Spec,]-Position auftreten können. Allerdings sind die wh-phrasen in folgenden Sätzen offenbar nicht Argumente des Matrixsatzes: (4) a. Wo glaubst du, hat Schneewittchen geschlafen? b. Wo glaubst du, sagt die Königin, hat der Jäger erzählt, hat Schneewittchen geschlafen? Es liegt nahe, dass die wh-phrasen aus dem eingebetteten Satz in die [Spec,]-Position des Matrixsatzes bewegt worden sind. Die Bewegung einer wh-phrase in eine entferntere [Spec,]- Position (in diesem Fall die der nächsten dominierenden ) wird als lange wh-bewegung bezeichnet 2 : 1 Lesart:Von wemmöchtest Du,dasser/sie geht? 2 Die Analysegehtdavonaus,dasseingebettete sim Deutschenextraponiertwerden 2
[Spec,] Wo i glaubst Du... hat Schneewittchen t i geschlafen Abbildung 2: Lange wh-bewegung Allerdings scheint lange wh-bewegung nicht immer möglich zu sein: (5) a.?wo glaubst du, [ 1 dass die Königin sagt, [ 2 dass der Jäger erzählt hat, [ 3 dass wirgesehen haben]]]? b. *Wobedauerst du,dasser heute abend nicht seinkann? Die Daten in(5) lassen sich auf zwei Beschränkungen zurückführen: Die Extraktion einer wh-phrase aus einem finiten Satz ist nur möglich, wenn das selegierende Matrixverb zur Klasse der sog. Brückenverben gehört 3. Die Extraktion aus konjunktional eingeleiteten Nebensätzen wie in (5a) ist im Standarddeutschen nicht akzeptabel, wohl aber in süddeutschen Dialekten. Dieser Kontrast erinnert nicht zufällig an den in der letzten Sitzung behandelten Doppel-Comp-Filter(DCF). Trotz dieser Einschränkungen lassen Sätze wie(4b) den Eindruck entstehen, wh-phrasen könnten aus beliebig tief eingebetteten Sätzen extrahiert werden. Die wh-bewegung wäre damit ein in seiner Reichweite unbeschränkter Prozess. Entgegen dieser Annahme sind folgende Sätze in allen deutschen Dialekten ungrammatisch: (6) a. *Wofragt er, wen siegesehen hat? 4 b. *Wo glaubst du, [ 1 wer sagt, [ 2 dass der Jäger erzählt hat, [ 3 dass wir gesehen haben]]]? c. *Wasbehauptet Thomas, [ Klarahabe getan ]? 3 Dies sindgenaudie Verben,die auchv/2-komplementezulassen(vgl.grewendorf1988:83). 4 Hier ist natürlich nicht die seltsame, aber mögliche Lesart gemeint, in der durch die Äußerung des Satzes der Standort des Fragers erfragt wird. 3
Obwohl in (6a) weniger Satzgrenzen überschritten wurden als in (4b), ist der Satz (auch für süddeutsche Sprecher) ungrammatisch. Vergleicht man(6b) mit(5a), so scheint der wesentliche Unterschied darin zu bestehen, dass in 1 nicht die - sondern die [Spec,]-Position besetzt ist: [Spec,] Wo i glaubst du... [Spec,] wer j ø t j sagt dass... t i... Abbildung 3: Lange wh-bewegung ungrammatisch Diese Beobachtung lässt sich erklären, wenn es sich bei der Extraktion von wh-phrasen nicht um lange, sondern um mehrfache kurze wh-bewegung handelt: Die wh-phrasen werden zyklisch von [Spec,] zu [Spec,] bewegt (successive cyclic movement). Die Ungrammatikalität von (6a/6b) folgt dann daraus, dass eine notwendige Zwischenlandeposition nicht zur Verfügung steht. Zum Vergleich das grammatische Beispiel: [Spec,] Wo i glaubst Du... t i hat Schneewittchen t i geschlafen Abbildung 4: Lange wh-bewegung grammatisch 4
Damit ist auch klar, warum Extraktion aus konjunktional eingeleiteten Nebensätzen auf die süddeutschen Dialekte beschränkt ist: Nur wenn der DCF nicht gilt, steht [Spec,] auch dann als (Zwischen-)Landeposition zur Verfügung, wenn bereits besetzt ist. Andernfalls bildet die jeweilige eine sog. wh-insel (wh-island) eine Domäne, aus der wh-bewegung nicht möglich ist. In folgendem Satz ist allerdings die [Spec,] des eingebetteten Satzes frei, und trotzdem ist der Satz ungrammatisch: (7) * Wen ist Peter der Meinung liebt Maria? [Spec,] Wen i ist [Spec,] Peter VP I I 0 NP V 0 [Spec,NP] der N 0 Meinung N t i liebt Maria Abbildung 5: Lange wh-bewegung ungrammatisch Sowohl die Ungrammatikalität von Sätzen wie (6) als auch von (7) ist eine Folge der sog. Subjazenzbedingung: (8) Subjazenz: In einer Konfiguration... X... [ α... [ β... Y... ]] darf kein Bewegungsprozeß die Positionen X und Y involvieren, wenn α, β Grenzknoten sind. (vgl. Fanselow & Felix 1993:158) 5
Welche Knoten Grenzknoten darstellen, ist sprachspezifisch, wobei und NP im Englischen wie im Deutschen Grenzknoten sind. In(7) werden, nachdem die wh-phrase in die[spec,]-position des eingebetteten Satzes bewegt wurde, ein NP- und ein -Knoten ohne Zwischenlandung überschritten. Der häufigere Fall ist die Überschreitung zweier -Knoten wie im Beispiel (6a): Wo i fragt er... wen j ø sie t j t i... gesehen hat XXX Abbildung 6: Subjazenzverletzung bei langer wh-bewegung Betrachten wir zur Illustration noch den folgenden englischen Kontrast: (9) a. [ 2 what i [ didyou think [ 1 t i [ Bert gave t i tobobje ]]]] b. *[ 2 what i [ didyou wonder [ 1 towhom j [ Bert gave t i t j ]]]] In(9a) kannsichdiewh-phrase zyklischvon ihrer DS-Positionüber [Spec, 1 ]nach[spec, 2 ] bewegen, wobei sie jeweils einen Grenzknoten () überschreitet. In (9b) dagegen ist [Spec, 2 ] bereits durch eine wh-phrase besetzt, so dass eine Bewegung nach [Spec, 1 ] in einem Schritt erfolgen müsste. Dabei entsteht eine Subjazenzverletzung durch die Überschreitung zweier - Knoten. Crossover Neben der Subjazenz unterliegt wh-bewegung weiteren Beschränkungen, wie folgende Daten zeigen 5 : 5 Ich gehebei(10a)von derintuition süddeutschersprecheraus,d.h. die Extraktion ausdemkonjunktionaleingeleiteten V/E-Satz sollte kein Problem darstellen. 6
(10) a. *Wer i,sagt er i,liebemaria? b. Wer i sagt, er i liebemaria? c. *Who i didhe i give abook tot i? d. Who i didhe j give abook tot i? Unter dem Gesichtspunkt der Subjazenz sind alle vier Sätze einwandfrei, da die jeweiligen[spec,]- Positionen für Zwischenlandungen zur Verfügung stehen. Tatsächlich sind aber nur (10b/10d) grammatisch. Das Problem in(10a/10c) ist offenbar die durch Koindizierung ausgedrückte Koreferenz von wh- Phrase und Pronomen. Die Ungrammatikalität der beiden Sätze lässt sich damit als Konsequenz einer sog. cross-over-bewegung auffassen: Die initiale wh-phrase wurde über eine koreferente NP hinwegbewegt: [Spec,] Wer i sagt er i... t i liebemaria Abbildung 7: Überkreuzungseffekt Diese Beschränkung lässt sich als Bedingung für Spuren bewegter wh-phrasen erfassen, wenn man annimmt, dass diese Spuren wie R-Ausdrücke dem Bindungsprinzip C unterliegen: (11) Prinzip C der Bindungstheorie: Referierende Ausdrücke(R-Ausdrücke) müssen A-frei sein. Durch die Restriktion auf A-Freiheit wird die A-Bindung der Spur durch die jeweils bewegte wh- Phrase(den Operator) in[spec,] nicht ausgeschlossen. Allerdings darf auch die A-Bindung der wh-spur durch eine NP jenseits des Operators nicht ausgeschlossen werden, wie etwa in Relativsätzen: (12) a. ErinnerstDuDichan[ NP daserlebnis] i,[ das i [ micht i zumnachdenkenbrachte]] b. Mit dem Hausmeister i, den i die Hausbewohner t i nicht mögen, ist wirklich nicht zu spaßen. 7
c. Der Präsident hat das Urteil i, das i t i den Staat in seinen Grundfesten erschütterte, scharf kritisiert. Eine Formulierung des Bindungsprinzips für Variablen muss diese Einschränkungen berücksichtigen: (13) Referierende Ausdrücke (R-Ausdrücke) müssen A-frei sein. Variablen verhalten sich innerhalb der Domäne ihres Operators wie R-Ausdrücke. Die Spuren von NP-Bewegung verhalten sich bindungstheoretisch anders als die wh-variablen: (14) Ichglaube, dass[ Joseph i [ VP t i seinen SinnfürHumor verloren hat. ]] Obwohl die NP-Spur von ihrem Antezedens A-gebunden wird, ist 14 grammatisch. Der Grund dafür ist, dass NP-Spuren bindungstheoretisch Anaphern sind, für die Prinzip A der Bindungstheorie gilt: (15) Anaphern müssen in ihrer bindenden Domäne A-gebunden sein. Der starke Crossover-Effekt (SCO) in (10a/10c) ergibt sich also aus einer Verletzung des Bindungsprinzips C. Neben dem SCO gibt es auch eine schwache Variante des Crossover (WCO), bei der Prinzip C nicht verletzt wird: (16) *Wen i glaubst du, hat sein i Freund t i getroffen? (17) *Who i didhis i mother give abook t i? Die Pronomina sein bzw. his binden die wh-spur nicht, so dass die Sätze bindungstheoretisch einwandfrei sind. Als Erklärung für den WCO-Effekt in (16/17) wurde in frühen Versionen der generativen Syntax daher folgende Bedingung formuliert: (18) Leftness Condition: Eine Variable kann nicht als Antezedens eines Pronomens links von ihr dienen. Im vorliegenden Fall ist die Spur der wh-phrase mit dem Pronomen sein bzw. his koindiziert und damit als Antezedens markiert, was eine Verletzung der Leftness Condition darstellt. Gleichzeitig impliziert die Verletzung der Leftness Condition in (16), dass die wh-phrase in [Spec,] nicht als Antezedens des Pronomens taugt denn in diesem Fall würde es keine Verletzung geben. Statt der rein linearen Bedingung(18) schlagen Koopman& Sportiche(1983) das sog. Bijektionsprinzip vor, das die hierarchische Beziehung zwischen den beteiligten Elementen berücksichtigt: (19) Bijektionsprinzip: Ein Operator bindet genau eine NP-Position lokal. 8
(20) LokaleBindung: αbindet β lokalgdw. a. α β bindet. b. es kein γ gibt,das β, aber nicht αbindet, für γ α (vgl. Koopman & Sportiche 1983) Die jeweils initiale wh-phrase in(16/17) bindet sowohl ein Pronomen (sein bzw. his) als auch ihre eigene Spurlokal 6 : (21) [ wen i [ [ [ t i [ [ hat sein i Freund t i getroffen ]]]]] In SCO-Fällen wie (10a/10c) ist das Bijektionsprinzip nicht einschlägig, da hier das Pronomen als Antezedens der Spur fungiert (die Spur lokal bindet). Dadurch muss die bewegte wh-phrase nur das Pronomen selbst binden. Das Empty Category Principle(E) In folgenden Beispielen werden allerdings weder Prinzip C noch das Bijektionsprinzip verletzt, denn die jeweilige Variable ist nicht A-gebunden und der wh-operator A-bindet nur seine Variable. Auch überschreitet die extrahierte wh-phrase nicht mehr als einen Grenzknoten. Dennoch lässt sich ein Kontrast zwischen der Extraktion des Subjekts in (22a/22b) und der des Objekts in (23a/23b) beobachten. (22) a. *Wer i glaubstdu, dasst i denpeter nicht leidenkann] b. *Whichmechanic didjohn say thatfixed the car? (23) a. Wen i glaubst du,dass er t i nichtleidenkann? b. Whichcar didjohn say that Billfixed? Diese als that-trace-effekt bezeichnete Subjekt-Objekt-Asymmetrie ist auf ein sehr allgemeines Prinzip zurückzuführen, dem alle Arten von Bewegung unterliegen: (24) Empty Category Principle(E): Spuren müssen streng regiert werden. (25) Strenge Rektion: α regiert β streng gdw. a. α β regiert. b. α lexikalischist oder β bindet. Die Klammerdarstellung illustriert den Unterschied zwischen den englischen Beispielen (22b) und (23b): (26) a. [ whichmechanic i [ John say [ t i that [ t i fixed the car ]]]] 6 Die Unterscheidungzwischen A-undA-Bindungspieltfürdieses Prinzipkeine Rolle. 9
b. [ whichcar i [ John say [ t i that [ Billfixed t i ]]]] Während die Objektspur in (23b/26b) durch den V-Kopf gebunden ist, kann die Subjektspur in (22b/26a) nicht durch das Verb regiert werden. Lokale Bindung durch die Zwischenspur wird durchdasbarrierenerzeugende that in verhindert (vgl.chomsky 1986:10ff). Trotz seines Namens tritt der that-trace-effekt auch beim Komplementierer wether auf: (27) a.?what i doyou wonder wether Billbought t i? b. *Who i doyou wonder wether t i bought thebook? Bei Objektextraktion kann das E nie verletzt werden, da die Spur stets durch das Verb streng regiert wird. Als strenge Regenten gelten nach (24) aber auch die koindizierten Zwischenspuren in [Spec,] bei langer wh-bewegung. Wenn man mit Chomsky (1981:243) annimmt, dass der DCF für die Ungrammatikalität von Sätzen wie (22a) verantwortlich ist, sollte der Satz in süddeutschen Dialekten keine E-Verletzung darstellen, da in (22a) zwischen der Ausgangs- und der Zwischenspur keine maximale Projektion interveniert, d.h. die Ausgangsspur müsste durch die Zwischenspur streng regiert sein. Dennoch ist(22a) ungrammatisch. Chomsky (1986:47f) geht deshalb davon aus, dass der Komplementierer das nächste Regens in folgendem Sinne darstellt: (28) α does not govern β [...] if there is a closer governor. Thus, if δ governs β in [the following example], then α does not govern β even if it otherwise satisfies the conditions for government.... α... [ γ... δ... β... ] (Chomsky 1986:10) Als nächstes Regens macht der Komplementierer seine unmittelbar dominierende Projektion zu einer minimalen Rektionskategorie und damit zu einer Barriere für die strenge Rektion durch die Zwischenspur. Die Rektion durch einen Komplementierer gilt aber nicht als streng im Sinne des E, so dass die Ausgangsspur in (22a) als nicht streng regierte Spur eine E-Verletzung darstellt. Obwohl Subjazenzverletzungen häufig parallel zu E-Verletzungen auftreten, lassen sich die beiden Beschränkungen klar unterscheiden: Das E ist eine Bedingung für Spuren einer Bewegung, Subjazenz betrachtet Ausgangs- und Landeposition einer Bewegung unabhängig vom Status der Spur. So liegt im oben angeführten Beispiel (9b), wiederholt als (29), eine Subjazenz- aber keine E-Verletzung vor. Während das bewegte wh-objekt durch die Überschreitung zweier Grenzknoten diesubjazenzbedingung verstößt, wirdseine Ausgangsspur durchv 0 streng regiert: (29) *[ what i [ didyou wonder [ towhom j [ Bert gave t i t j ]]]] 10
Superiorität Eine weitere relevante Beschränkung für die Bewegung von wh-phrasen ist die Superioritätsbedingung (vgl. auch Chomsky 1973:246): (30) Superioritätsbedingung: In der Struktur...X... [ α...z...y...]... kann keine Regel auf X und Y Bezug nehmen, fallszhöher ( superior ) in αistalsyund diebetreffenderegel auchauf Xund Z Bezug nehmen könnte. (Stechow& Sternefeld 1988:289) Konkret folgt aus dieser Bedingung für die wh-bewegung, dass eine nicht bewegte wh-phrase (in situ) im c-kommandobereich der Ausgangsspur der bewegten wh-phrase liegen muss. Diese Beschränkung führt zur Ungrammatikalität von Sätzen wie: (31) a. *Wen i glaubst Du,dasswer t i eingeladen hat? b. *Wen i glaubtwer, dasshans t i verlassen hat? [Spec,] Wen i glaubt wer... XXX dass Hanst i verlassen hat Abbildung 8: Superioritätsverletzung Während Superioritätsfälle mit langer wh-bewegung im Deutschen korrekt erfasst werden, kann die Superioritätsbedingung die folgende Grammatikalitätsverteilung nicht erklären: (32) a. Wer aßwas? b. Who atewhat? (33) a. Was aßwer? b. *What didwhoeat? 11
Nach (30) sollte nicht nur (33b), sondern auch (33a) ungrammatisch sein. Wir werden uns mit diesem Problem später noch beschäftigen. Fassen wir zusammen: wh-bewegung hinterlässt Spuren. wh-phrasen lassen sich beliebig weit aus ihrem Ursprungssatz extrahieren, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Die wh-phrase überschreitet nicht mehr als einen Grenzknoten in einem Schritt(Subjazenzprinzip). wh-phrasen überschreiten bei ihrer Bewegung keine koindizierten NPs (Bindungsprinzip C und Bijektionsprinzip). Die Spur einer bewegten wh-phrase ist streng regiert (E). wh-phrasen können nicht über andere wh-phrasen hinweg bewegt werden (Superioritätsprinzip). Übungen (34) a. Wem hast du gesagt, wen der Geheimrat getroffen hat? b. Peter fragt sich, wen Klaus glaubt, getroffen zu haben. c. Wann erzählt Antje, hat der Bürgermeister welchen großen Auftritt? d. Wer glaubt Maria, dass dem Bürgermeister jetzt noch schaden kann? e. Wem hast du erzählt,dasswer keine Chance bei denwahlen hat? f. Wem willwer wann wasverkaufen, wenn er dielieferung bekommt? g. Wo treffensichdieverschwörer, bei wem und wann? h. Wem j bedauert Karin, dasser i diemeinunggesagt hat? i. Wen i meinst du, hat er i eigentlichnoch nichtbelogen? j. Wie viele Züge kommen wo täglich vorbei? k. Wer glaubst du, hat die besten Chancen bei den anstehenden Wahlen? 12
Hausaufgaben Beurteilen Sie die Grammatikalität folgender Sätze. Falls die Sätze ungrammatisch sind, geben Sie bitte an, warum sie ungrammatisch sind: (35) a. Zu welchem Zweck hat er gefragt, wem die Botschafterin ein Empfehlungsschreiben für wen gegeben hat? b. Wer hat ihnwannbeimbäcker getroffen? c. Wer hat gesagt, Peter habe warum seinen Job aufgegeben? d. Wer glaubt Peter, dass den Bäcker vor einigen Jahren heiraten wollte? e. Wem i hat er i geglaubt, dasssein i Freund denwertbeutel gestohlen hat? f. Wem i hat er j geglaubt, dasssein j Freund denwertbeutel gestohlen hat? g. Wem erzähltpeter, wer i demmetzger sein i Vermögen vermacht hat? h. WarumglaubtderMetzger i,dasssein i BäckervoreinigenJahrenPeterdenWertbeutel gestohlen hat? i. Wann hat wer wen gefragt, wer wem warum wann den Wertbeutel beim Bäcker geschenkt hat? Literatur Chomsky, Noam (1973). Conditions on transformations. In: A Festschrift for Morris Halle (hg. von Stephen Anderson & Paul Kiparsky), S. 232 286. New York: Holt, Rinehart & Winston Chomsky, Noam (1981). Lectures on government and binding. Dordrecht: Foris Chomsky, Noam (1986). Barriers. Cambridge, Mass.: MIT Press Fanselow, Gisbert & Felix, Sascha W. (1993). Sprachtheorie 2: Die Rektions- und Bindungstheorie. Tübingen: Francke(UTB) Grewendorf, Günther (1988). Aspekte der deutschen Syntax. Eine Rektions-Bindungs-Analyse. Tübingen: Narr Koopman, Hilda& Sportiche, Dominique(1983). Variables and the bijection principle. In: The Linguistic Review 2:139 160 Stechow, Arnim von& Sternefeld, Wolfgang(1988). Bausteine syntaktischen Wissens. Ein Lehrbuch der generativen Grammatik. Opladen: Westdeutscher Verlag 13