Begrüßungsrede von Herrn Deppendorf anlässlich der Tagung der bundesweiten Koalition zur kulturellen Vielfalt im WDR am 22. Oktober 2004 Sehr geehrte Frau Dr. Metze-Mangold, sehr geehrter Herr Wrede, sehr geehrter Herr Nevermann, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich im Westdeutschen Rundfunk willkommen. Zugleich darf ich Ihnen die Grüße des Intendanten, Fritz Pleitgens, verbunden mit seinen besten Wünschen für eine erfolgreiche Veranstaltung überbringen. Ich freue mich besonders deshalb, Sie in unserem Haus zu begrüßen, weil das Anliegen, dem Sie sich heute widmen wollen, auch uns im WDR sehr am Herzen liegt. Wir alle verfolgen gegenwärtig einen weltumspannenden Prozess, den wir gemeinhin mit dem Begriff der Globalisierung umschreiben. Er eröffnet große Chancen, die Entwicklung der Menschheit in großen Schritten voran zu bringen. Das gilt insbesondere aufgrund der Möglichkeit, alle
Menschen auf der Erde am wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt partizipieren zu lassen. Grundlage dieser Entwicklungen sind wirklich globale Kommunikations- und Informationstechnologien sowie ein Welthandel, der zunehmend durch offene Märkte charakterisiert ist. Die Globalisierung ist aber noch weit mehr und muss es auch sein. Sie kann meines Erachtens nicht bei technologischem und wirtschaftlichem Fortschritt stehen bleiben. Unerlässlich ist letztlich eine Kultur der Globalisierung, also ein weltweit entstehendes Bewusstsein darüber, auf welchen Werten und Regeln der Prozess ablaufen soll und welche Zielrichtung er verfolgt. Man mag dies auch die Zivilisierung des Globalisierungsprozesses nennen. Grundvoraussetzung dafür ist ein offener, toleranter und gleichberechtigter Dialog der Gesellschaften, Kulturen und Religionen auf unserem Planenten. Im Zentrum dieses Dialoges müssen, so meine Überzeugung, die fundamentalen Menschen-, Bürgerund Sozialrechte stehen, an denen alle Individuen auf der Welt Anteil haben. Zugleich muss es um Wege hin zu einem friedlichen Miteinander in Toleranz und wechselseitigem Respekt gehen. In diesem Prozess 2
müssen die Chancen gerecht verteilt sein. Leistung und Ertrag müssen für alle Gesellschaften in einem angemessenen Verhältnis stehen. Nur so erhält die Globalisierung ihr viel beschworenes menschliches Antlitz. Das sind hehre Ideale, ich weiß. Die Realität sieht ganz anders aus. Das entwertet aber nicht die Legitimität des Gedankengangs und ein Streben, dass die skizzierten Ziele verfolgt. Und zudem: Was ist die Alternative? Werden Menschen und Gesellschaften nicht ermutigt, sich politisch, wirtschaftlich und kulturell zu öffnen, verharren sie nur allzu oft in Unterentwicklung und Rückständigkeit, Despotie und gewaltsam ausgetragenen Konflikten. Die Antworten auf diese Lebenswirklichkeiten sind mentale und kulturelle Abschottung sowie Extremismen unterschiedlichster Prägung. Die Reaktion auf diese Gefahren kann meines Erachtens nur ein werteorientierter Dialog sein. Soll er erfolgreich sein, muss er demokratisch ablaufen und die Vielfalt der Teilnehmer kulturell, politisch und sozial - reflektieren. Die bundesweite Koalition zur kulturellen Vielfalt nimmt sich eines wichtigen Anliegens an. Sie ergänzt 3
und bereichert mit ihrem Engagement Bemühungen in anderen Staaten und auf der internationalen Ebene. Der Ansatz der Koalition ist es, das internationale Handelssystem, das auf der WTO und den zahlreichen im Rahmen dieser Organisation geltenden Abkommen basiert, auf die Achtung der kulturellen Vielfalt zu verpflichten. Zugleich streben Sie an, dieses Postulat auf eine gesicherte rechtliche Grundlage, eine internationale Konvention zur kulturellen Vielfalt, zu stellen. Damit verfolgen Sie das Ziel, zur allmählichen Verrechtlichung der internationalen Beziehungen in diesem Bereich beizutragen. Meiner Meinung nach ist das ein richtiger und notwendiger Ansatz, der alle Mühen verdient. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der WDR steht an Ihrer Seite, wenn es um die Förderung der kulturellen Vielfalt geht - ideell, aber auch ganz konkret. Mit dem Engagement unseres Intendanten und den zahlreichen Aktivitäten des ARD- Verbindungsbüros in Brüssel, dessen Leiterin, Frau Dr. Wiedemann, zugegen ist, haben wir dies in der Vergangenheit nachdrücklich dokumentiert. Ich darf Ihnen versichern, dass wir an diesem Engagement festhalten werden. 4
Ich möchte abschließend noch einen uns sehr wichtigen Aspekt ansprechen. Vor etwa eineinhalb Jahren hat der Intendant Herrn Dr. Gualtiero Zambonini zu seinem Beauftragten für Integration und kulturelle Vielfalt berufen. Herr Dr. Zambonini ist anwesend und steht heute Vormittag auch für Gespräche zur Verfügung. Der WDR hat erkannt, dass er sich aus programm- und unternehmenspolitischen Gründen konstruktiv den Herausforderungen stellen muss, die mit der Einwanderung fremdländischer Menschen und der Entstehung einer multiethnischen und multikulturellen Gesellschaft einhergehen. Damit wird er zugleich auch seiner gesellschaftlichen Funktion und Verantwortung gerecht. Nach außen geht es uns dabei darum, gesellschaftliche Prozesse aktiv zu begleiten und mitzugestalten. Nach innen verfolgen wir das Ziel, Multikulturalität als Lebenswirklichkeit unserer Gesellschaft in der Mitte unserer Programme darzustellen. Und zwar mit authentischen Themen und Plots, aber insbesondere auch mit Protagonisten in unseren Programmen, also etwa Moderatoren und Schauspielern, die ihre ausländische Herkunft wirkungsvoll und glaubwürdig vermitteln. Think globally, act locally so ein bekannter Slogan aus der Welt der Nichtregierungsorganisationen, der 5
auch auf die Bemühungen, die der WDR unternimmt, zutrifft. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst, mit unseren Programmen die oft komplexen Zusammenhänge in einer zunehmend globalisierten Welt erklären und analysieren zu müssen. Zugleich wissen wir, dass wir medien- und unternehmenspolitisch weit über unseren eigenen Tellerrand schauen müssen, um das Unternehmen WDR und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt zukunftsorientiert aufzustellen. Es ist gut zu wissen, einen Partner wie die bundesweite Koalition zur kulturellen Vielfalt zur Seite zu haben. Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen für Ihre Veranstaltung hier im WDR gute, konstruktive und letztlich ergebnisreiche Gespräche wünschen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 6