Ausgewählte Fragen zur Redepflicht gemäß dem UGB und anderen anlassbezogenen Berichtspflichten des Abschlussprüfers

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Transkript:

Stellungnahme des Fachsenats für Unternehmensrecht und Revision der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Ausgewählte Fragen zur Redepflicht gemäß dem UGB und anderen anlassbezogenen Berichtspflichten des Abschlussprüfers (beschlossen in der Sitzung des Fachsenats für Unternehmensrecht und Revision am 9. Dezember 2009 als Stellungnahme, zuletzt überarbeitet im November 2017; von der Abschlussprüferaufsichtsbehörde (APAB) genehmigt) Inhaltsverzeichnis Seite 1. Vorbemerkungen...2 2. Redepflicht gemäß dem UGB...2 2.1. Schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung... 2 2.2. Vermutung eines Reorganisationsbedarfs... 4 2.3. Zeitpunkt der Ausübung der Redepflicht... 4 2.4. Berichterstattung über die Ausübung der Redepflicht im Prüfungsbericht... 5 2.5. Adressaten der Redepflicht... 5 2.6. Redepflicht in besonderen Fällen... 5 2.6.1. Prüfung von Konzernabschlüssen... 5 2.6.2. Prüfung von Vereinen und Privatstiftungen... 5 2.6.3. Prüfung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts... 6 2.6.4. Freiwillige Abschlussprüfungen... 7 3. Anlassbezogene Berichtspflichten nach internationalen Prüfungsgrundsätzen...7 4. Anlassbezogene Berichtspflichten für Unternehmen von öffentlichem Interesse nach der Verordnung (EU) Nr 537/2014...7 4.1. Berichtspflicht gemäß Art 7 der EU-VO... 7 4.2. Berichtspflicht gemäß Art 12 der EU-VO... 9 5. Art der Übermittlung... 10 6. Anwendungszeitpunkt... 10 1

1. Vorbemerkungen (1) Die vorliegende Stellungnahme behandelt ausgewählte Fragen zur Redepflicht gemäß dem UGB und anderen anlassbezogenen Berichtspflichten des Abschlussprüfers. (2) Der Abschlussprüfer hat unverzüglich zu berichten, wenn er bei Wahrnehmung seiner Aufgaben Tatsachen feststellt, die den Bestand des geprüften Unternehmens oder Konzerns gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können oder die schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung erkennen lassen; darüber hinaus hat er unverzüglich über wesentliche Schwächen bei der internen Kontrolle des Rechnungslegungsprozesses zu berichten ( 273 Abs 2 UGB). Der Abschlussprüfer hat auch unverzüglich zu berichten, wenn bei der Prüfung des Jahresabschlusses das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs festgestellt wird ( 273 Abs 3 UGB). (3) Ergänzend dazu enthalten die ISA eine Reihe von zusätzlichen, anlassbezogenen Berichtspflichten. (4) Bei Abschlussprüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse sind darüber hinaus weitere anlassbezogene Berichtspflichten zu beachten, die sich aus der Verordnung (EU) Nr 537/2014 ergeben. (5) Rede- und Berichtspflichten nach sondergesetzlichen Vorschriften (zb 63 Abs 3 BWG) werden in dieser Stellungnahme nicht behandelt. 2. Redepflicht gemäß dem UGB 2.1. Schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung (6) Gesetzliche Vertreter sind Mitglieder des Vorstands bzw der Geschäftsführung. (7) Der Begriff Arbeitnehmer ist isd arbeitsrechtlichen Begriffsdefinition auszulegen. (8) Werkvertragsnehmer, sofern sie nicht in einem dienstnehmerähnlichen Werkvertragsverhältnis tätig sind, und sonstige Beauftragte gelten nicht als Arbeitnehmer isd arbeitsrechtlichen Begriffsdefinition. 1 (9) Das Tatbestandsmerkmal schwerwiegend bezieht sich auf den Verstoß als solchen, dh nicht nur auf die betragliche Auswirkung der Verletzung der Vorschriften auf den Abschluss. Die tatsächliche Zufügung eines Schadens für das Unternehmen ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines schwerwiegenden Verstoßes. Je nach der Tätigkeit des Unternehmens können dafür unterschiedliche Rechtsvorschriften relevant sein. (10) Folgende Kriterien haben sich in der Literatur für die Qualifikation eines Verstoßes als schwerwiegend herausgebildet: a) Höhe des finanziellen Risikos, das für das Unternehmen aus dem Verstoß resultiert; 1 Vgl EB zur RV des URÄG 2008, zu 273. 2

b) Umfang des für das Unternehmen durch den Verstoß eingetretenen Schadens; c) Bedeutung der Rechtsnorm, gegen die verstoßen wurde; d) Grad des Vertrauensbruchs, den der Verstoß für das Unternehmen darstellt. (11) Als Maßstab für die Qualifizierung von Verstößen als schwerwiegend kann das Aufkommen von Zweifeln an der Eignung der jeweiligen Person, ihre Funktion weiterhin auszuüben, angesehen werden. Demnach sind Verstöße schwerwiegend, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Leitungsorgane zu erschüttern oder schwerwiegende Folgen (zb finanzielle Auswirkungen) für das Unternehmen zu bewirken. Zu beachten ist jedoch, dass die Abschlussprüfung nicht darauf ausgerichtet ist, zu überprüfen, ob sämtliche Vorschriften, gegen die gesetzliche Vertreter oder Arbeitnehmer des geprüften Unternehmens verstoßen könnten, eingehalten wurden. Bei der Beurteilung eines Verstoßes als schwerwiegend geht es daher in erster Linie um den Bezug der verletzten Norm zum Abschluss und die Auswirkungen des Rechtsbruchs auf diesen. (12) Bei Verstößen gegen Gesetz stellt sich die Frage nach den zu berücksichtigenden Rechtsvorschriften. Zunächst kommen schwerwiegende Verstöße gegen unternehmens- und gesellschaftsrechtliche Rechtsvorschriften, die sich auf die Finanzberichterstattung beziehen, in Betracht. Hierunter zu subsumieren sind insbesondere Verstöße gegen Bestimmungen des UGB und andere Normen zur Rechnungslegung wie die Nichtaufstellung eines Konzernabschlusses trotz gesetzlicher Verpflichtung, die Nichteinberufung der Generalversammlung bei Verlust des halben Stammkapitals oder bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs und das Fehlen eines gesetzlich erforderlichen zusätzlichen (konsolidierten) Berichts (nichtfinanzieller Bericht, Corporate Governance-Bericht, Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen). Zu beachten ist, dass der Abschlussprüfer nicht die Aufgabe hat, eine materielle Prüfung dieser Berichte vorzunehmen. (13) Die Einhaltung sonstiger Rechtsvorschriften ist nicht Gegenstand der Abschlussprüfung. Wenn aber der Abschlussprüfer bei Wahrnehmung seiner Aufgaben Tatsachen feststellt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen solche Vorschriften darstellen, so kann dies die Redepflicht auslösen. Rechtsvorschriften, die in diesem Zusammenhang relevant sein könnten, sind Vorschriften des Gesellschaftsrechts, des Insolvenzrechts, des Kapitalmarktrechts, des Steuerrechts, des Strafrechts, des Verwaltungsrechts sowie des Kartell- und des Immaterialgüterrechts. (14) Verstöße gegen Gesellschaftsvertrag oder Satzung, die eine Redepflicht auslösen, können insbesondere eindeutige Verstöße gegen den im Gesellschaftsvertrag/in der Satzung geregelten Unternehmensgegenstand oder gegen die Geschäftsordnung oder gegen im Gesellschaftsvertrag/in der Satzung festgelegte Zustimmungspflichten zur Durchführung von Geschäften (zb der Erwerb von Grundstücken oder Beteiligungen oder Kreditaufnahmen ohne Genehmigung) sein. (15) Für das Vorliegen eines die Redepflicht auslösenden Tatbestands ist allein auf den schwerwiegenden Verstoß, nicht auf dessen Folgen, die uu auch vorteilhaft sein können, abzustellen. (Beispiel: Das ohne Zustimmung des Aufsichtsrats durchgeführte Geschäft führt zu einem finanziellen Vorteil für das Unternehmen.) (16) Verstöße der gesetzlichen Vertreter und von Arbeitnehmern in deren Privatsphäre, die nicht geeignet sind, Bedenken an der Eignung der Betroffenen hervorzurufen, ihre Funktion im Unternehmen zu erfüllen, werden von der Redepflicht nicht erfasst. 3

2.2. Vermutung eines Reorganisationsbedarfs (17) Nach 273 Abs 3 UGB hat der Abschlussprüfer auch unverzüglich zu berichten, wenn bei der Prüfung des Jahresabschlusses das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs ( 22 Abs 1 Z 1 URG) festgestellt wird; im Bericht sind in diesem Fall die Eigenmittelquote ( 23 URG) und die fiktive Schuldentilgungsdauer ( 24 URG) anzugeben. (18) Die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs isd 22 Abs 1 Z 1 URG liegt immer dann vor, wenn die gemäß 23 URG ermittelte Eigenmittelquote weniger als 8 % und die gemäß 24 URG ermittelte fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre betragen. 2 (19) Der Abschlussprüfer hat zum frühestmöglichen Zeitpunkt das ist in der Regel der Zeitpunkt, in dem ein Entwurf des Jahresabschlusses vorliegt, aus dem die Kennzahlen gemäß 23 und 24 URG berechnet werden können nach Überprüfung der für die Berechnung benötigten Zahlen die beiden Kennzahlen zu berechnen, um festzustellen, ob die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs gegeben ist. (20) Diese Redepflicht kann auch vor dem Zeitpunkt, zu dem der Entwurf des Jahresabschlusses vorliegt, bestehen, wenn im Rahmen der Jahresabschlussprüfung aus Zahlenwerken des Unternehmens zu erkennen ist, dass die Nichterfüllung der Kennzahlen zum Abschlussstichtag zu erwarten ist. (21) Die Redepflicht des Abschlussprüfers tritt dann ein, wenn beide Kennzahlen nicht im Rahmen der vom URG gesetzten Grenzen liegen. Die Beurteilung, ob beispielsweise aufgrund bestehender Sicherheiten oder des Vorhandenseins stiller Reserven oder aufgrund sonstiger Umstände tatsächlich kein Reorganisationsbedarf besteht, ist Gegenstand eines gesonderten Gutachtens eines Wirtschaftstreuhänders gemäß 26 Abs 1 und 2 URG. 2.3. Zeitpunkt der Ausübung der Redepflicht (22) Der Zeitpunkt der Ausübung der Redepflicht wird in 273 Abs 2 und 3 UGB mit unverzüglich beschrieben. Demgemäß ist die Redepflicht unabhängig vom Fortschritt der Prüfungshandlungen und von der Ausfertigung des Prüfungsberichts auszuüben. Ein Verschieben der Ausübung der Redepflicht bis zur Ausfertigung des Prüfungsberichts oder der geplanten Berichterstattung über die Prüfung des Abschlusses in der Aufsichtsratssitzung oder Gesellschafterversammlung ist nicht zulässig. (23) Der Abschlussprüfer hat bei Verdacht auf eine berichtspflichtige Tatsache zuerst sorgfältig, aber unverzüglich alle Informationen zu prüfen, ob sich der Verdacht bestätigt. In dieser Phase müssen vom Abschlussprüfer weitere Prüfungshandlungen vorgenommen werden, um den Verdacht mit ausreichenden Nachweisen zu unterlegen. Dies kann je nach Größe des Unternehmens und Ablauf der Prüfung auch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Die Berichterstattung ist dann vorzunehmen, wenn der Abschlussprüfer weitgehende Gewissheit vom Vorliegen der berichtspflichtigen Tatsache hat. (24) Der Bericht kann zunächst mündlich erfolgen, muss in weiterer Folge aber ehestmöglich schriftlich (vgl 273 Abs 4 UGB) den Adressaten vorgelegt werden. 2 Unter Verwendung dieser URG-Kennzahlen wird in 2 Abs 1 Z 3 EKEG (Eigenkapitalersatzgesetz) eine Variante des Krisenbegriffs definiert. 4

(25) Bei Bestehen einer berichtspflichtigen Tatsache während mehrerer Geschäftsjahre (zb Redepflicht gemäß 273 Abs 3 UGB betreffend URG-Kennzahlen) ist die Berichterstattung bei jeder Abschlussprüfung zu wiederholen. Der Abschlussprüfer kann sich nicht auf die Ausübung der Redepflicht im vorangegangenen Geschäftsjahr berufen. (26) Die Redepflicht beginnt frühestens mit Abschluss des Prüfungsvertrags und endet regelmäßig mit der Erteilung des Bestätigungsvermerks. Nach Erteilung des Bestätigungsvermerks besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, weitere Prüfungshandlungen zu setzen. Erhält der Abschlussprüfer allerdings nach Erteilung des Bestätigungsvermerks und vor der Teilnahme an der Sitzung mit der Prüfung bzw Feststellung des Abschlusses durch den Aufsichtsrat Unterlagen und Informationen, die möglicherweise geeignet sind, die Redepflicht auszulösen, so hat er diesen nachzugehen und gegebenenfalls gegenüber den Adressaten (vgl Abschnitt 2.5.) die Redepflicht auszuüben. 2.4. Berichterstattung über die Ausübung der Redepflicht im Prüfungsbericht (27) Betreffend die Berichterstattung über die Ausübung der Redepflicht im Prüfungsbericht wird auf Abschnitt 4.3.4. des Fachgutachtens KFS/PG 2 verwiesen. 2.5. Adressaten der Redepflicht (28) Die Redepflicht besteht gegenüber den gesetzlichen Vertretern und sämtlichen Mitgliedern des Aufsichtsrats der geprüften Gesellschaft. Auch bei einer allfälligen Befassung eines Prüfungsausschusses ist der diesbezügliche Bericht stets allen Mitgliedern des Aufsichtsrats und dem Vorstand bzw der Geschäftsführung zuzustellen. (29) Besteht kein Aufsichtsrat, so hat der Abschlussprüfer die Redepflicht gegenüber der Geschäftsführung auszuüben und sämtliche Gesellschafter davon zu unterrichten, dass er seiner Redepflicht nachgekommen ist und der Geschäftsführung einen Bericht erstattet hat; gemäß 273 Abs 4 Satz 2 UGB ist beim unbeschränkt haftenden Gesellschafter einer Personengesellschaft isv 221 Abs 5 UGB ebenso vorzugehen. 2.6. Redepflicht in besonderen Fällen 2.6.1. Prüfung von Konzernabschlüssen (30) Die Redepflicht gemäß 273 Abs 2 UGB besteht auch bei der Prüfung von Konzernabschlüssen, nicht aber jene gemäß 273 Abs 3 UGB. (31) Der Konzernabschlussprüfer hat sich zu vergewissern, ob die Prüfer der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen ihre Redepflicht oder eine vergleichbare Berichtspflicht ausgeübt haben, und deren Auswirkung auf die eigene Redepflicht zu würdigen. 2.6.2. Prüfung von Vereinen und Privatstiftungen (32) Gemäß 22 Abs 2 VerG (Vereinsgesetz) und 21 Abs 3 PSG (Privatstiftungsgesetz) ist 273 UGB von Vereinen, die einen erweiterten Jahresabschluss (Bilanz, Gewinnund Verlustrechnung und Anhang) aufzustellen haben (große Vereine), und von Privatstiftungen sinngemäß anzuwenden. 5

(33) Bezüglich der Redepflicht gemäß 273 Abs 3 UGB (Vorliegen der Vermutung eines Reorganisationsbedarfs) bedeutet die sinngemäße Anwendung, dass sich die diesbezügliche Verpflichtung auf große Vereine und Privatstiftungen beschränkt, denen Unternehmereigenschaft isd UGB zukommt, weil der Weg zu einem Reorganisationsverfahren isd URG nur Unternehmen offensteht. (34) Besteht bei großen Vereinen oder Privatstiftungen, denen Unternehmereigenschaft isd UGB nicht zukommt ( Nichtunternehmen ), ein Insolvenzrisiko, ist dieses aufgrund der Redepflicht gemäß 273 Abs 2 UGB aufzuzeigen. Wenn der Abschlussprüfer die Kennzahlen gemäß 23 und 24 URG auch bei einem Nichtunternehmen ermittelt und feststellt, dass aufgrund der Kennzahlen die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs besteht, bleiben die daraus resultierenden Konsequenzen dem pflichtgemäßen Ermessen des Abschlussprüfers überlassen. (35) Bei Vereinen besteht die Redepflicht gegenüber dem Leitungsorgan ( 5 Abs 3 VerG) und den Mitgliedern eines in den Statuten vorgesehenen Aufsichtsorgans ( 5 Abs 4 VerG). Von der Redepflicht gegenüber dem Leitungsorgan und einem allenfalls bestehenden Aufsichtsorgan eines großen Vereins ist die Warnpflicht an die Vereinsbehörde gemäß 22 Abs 5 VerG, die für große Vereine gilt, zu unterscheiden. Stellt der Abschlussprüfer bei seiner Prüfung Tatsachen fest, die erkennen lassen, dass der Verein seine bestehenden Verpflichtungen nicht erfüllen kann, oder die erwarten lassen, dass der Verein in Zukunft zur Erfüllung seiner Verpflichtungen nicht in der Lage sein wird, hat er dies der Vereinsbehörde mitzuteilen. Eine Mitteilung hat auch zu erfolgen, wenn diese Tatsachen nicht mehr bestehen. Auf Abschnitt 6.2. des Fachgutachtens KFS/PE 22 wird verwiesen. (36) Bei Privatstiftungen besteht die Redepflicht gegenüber dem Stiftungsvorstand ( 15 PSG) und den Mitgliedern des Aufsichtsrats ( 22 PSG) oder eines allfälligen Beirats, dem die Kompetenzen der Prüfung und Feststellung des Abschlusses zugeordnet sind. Zur Redepflicht bei Privatstiftungen sowie zu weiteren Verpflichtungen im Zusammenhang mit Verstößen wird auf die Abschnitte 4.2. und 5. des Fachgutachtens KFS/PE 21 verwiesen. 2.6.3. Prüfung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (37) Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind im UGB nicht ausdrücklich geregelt. Das Vorliegen der Unternehmereigenschaft ist aufgrund der tatsächlichen Tätigkeiten und der sonstigen Umstände zu beurteilen. (38) Von einem Abschlussprüfer, der mit der Prüfung des Abschlusses einer juristischen Person des öffentlichen Rechts beauftragt ist, ist in gleicher Weise wie vom Abschlussprüfer einer Kapitalgesellschaft festzustellen, ob Redepflicht besteht; ist dies der Fall, hat der Abschlussprüfer die Redepflicht in gleicher Weise wie der Abschlussprüfer einer Kapitalgesellschaft auszuüben. (39) Wenn der Abschlussprüfer die Kennzahlen gemäß 23 und 24 URG auch bei einem Nichtunternehmen ermittelt und feststellt, dass aufgrund der Kennzahlen die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs besteht, bleiben die daraus resultierenden Konsequenzen dem pflichtgemäßen Ermessen des Abschlussprüfers überlassen. (40) Dies gilt sowohl für gesetzlich vorgeschriebene als auch für statutarisch gebotene und freiwillige Abschlussprüfungen. 6

2.6.4. Freiwillige Abschlussprüfungen (41) Die Redepflicht des Abschlussprüfers besteht unabhängig davon, ob es sich um eine gesetzlich vorgeschriebene, eine statutarisch gebotene oder eine freiwillige Abschlussprüfung handelt. (42) Die Redepflicht bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs ist auch bei freiwilligen Abschlussprüfungen auszuüben, obwohl für die Organe die Haftungsfolgen gemäß 22 URG nicht gelten. 3. Anlassbezogene Berichtspflichten nach internationalen Prüfungsgrundsätzen (43) Ergänzend zu den Regelungen zur Redepflicht gemäß 273 Abs 2 und 3 UGB bestehen nach den ISA mehrere Regelungen zu anlassbezogenen Berichtspflichten des Abschlussprüfers gegenüber dem Management und den für die Überwachung Verantwortlichen, die zusätzlich zu beachten sind. (44) Der ISA 260 stellt ein übergreifendes Regelwerk für die Kommunikation des Abschlussprüfers mit den für die Überwachung Verantwortlichen dar und nennt einige spezifische Sachverhalte, über die mit diesen zu kommunizieren ist. Zu kommunizierende Sachverhalte sind im ISA 260 sowie in anderen ISA dargestellt (vgl dazu die Übersicht in Anlage 1 zum ISA 260). Insbesondere überschneiden sich folgende Berichtspflichten mit der Redepflicht gemäß 273 Abs 2 UGB: a) zu dolosen Handlungen gemäß ISA 240.40 ff; b) zu Verstößen gegen Rechtsvorschriften gemäß ISA 250.22 ff; c) zu Mängeln im internen Kontrollsystem gemäß ISA 265.9 ff; d) zu erheblichen Zweifeln an der Fähigkeit zur Unternehmensfortführung gemäß ISA 570.25. 4. Anlassbezogene Berichtspflichten für Unternehmen von öffentlichem Interesse nach der Verordnung (EU) Nr 537/2014 (45) Art 7 und Art 12 der Verordnung (EU) Nr 537/2014 (im Folgenden kurz EU-VO ) sehen zusätzliche Regelungen für die Abschlussprüfer von Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIE Public Interest Entities) vor, die die bestehenden Redepflichten gemäß 273 Abs 2 und 3 UGB und die anlassbezogenen Berichtspflichten nach den ISA ergänzen. Diese Berichtspflichten gelten nur bei gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen für Unternehmen von öffentlichem Interesse. 4.1. Berichtspflicht gemäß Art 7 der EU-VO (46) Hat ein Abschlussprüfer, der bei einem PIE die Abschlussprüfung durchführt, die Vermutung oder einen berechtigten Grund zu der Vermutung, dass Unregelmäßigkeiten, wie dolose Handlungen ( fraud isv ISA 240.11 (a)) im Zusammenhang mit dem Abschluss des geprüften Unternehmens, möglicherweise eintreten oder eingetreten sind, ist der Abschlussprüfer gemäß Art 7 der EU-VO verpflichtet, dies (unbeschadet des Art 12 der EU-VO) dem geprüften Unternehmen mitzuteilen und dieses aufzufordern, die Angelegenheit zu untersuchen sowie angemessene Maßnahmen zu treffen, um derartige Unregelmäßigkeiten aufzugreifen und einer Wiederholung dieser Unregelmäßigkeiten in der Zukunft vorzubeugen. 7

(47) Der Begriff der Unregelmäßigkeiten ( irregularities ) ist analog zum Begriff des Verstoßes gemäß ISA 250.11 ( non-compliance ) auszulegen und umfasst Unregelmäßigkeiten bei der Rechnungslegung, der Aufstellung von Abschlüssen und der Unternehmensberichterstattung sowie Verstöße gegen nicht unmittelbar rechnungslegungsbezogene Rechtsvorschriften. (48) Die Mitteilung an das Unternehmen mit der Aufforderung, die Angelegenheit zu untersuchen und geeignete Maßnahmen zu treffen, hat der Abschlussprüfer in schriftlicher Form an die gesetzlichen Vertreter zu richten. Sie ist zudem in schriftlicher Form an den Aufsichtsrat zu richten, wenn die Unregelmäßigkeiten auch für die Wahrnehmung von dessen Aufsichtsfunktion relevant sind oder die gesetzlichen Vertreter die Angelegenheit nicht untersuchen und diese Sachverhalte nicht offensichtlich unbeachtlich isv ISA 250.22 sind. Die Mitteilung ist jeweils an alle Mitglieder des Aufsichtsrats bzw der gesetzlichen Vertretung zu richten. (49) Die geforderte Untersuchung des Sachverhalts durch das geprüfte Unternehmen (die gesetzlichen Vertreter oder den Aufsichtsrat) sollte folgende Teilschritte beinhalten: a) eine Untersuchung, ob fundierte Anhaltspunkte für das Vorliegen von Unregelmäßigkeiten bestehen; b) bei fundierten Anhaltspunkten die Durchführung einer internen Investigation, ggf mit Unterstützung externer Spezialisten; c) eine umfassende Information des Prüfungsausschusses über die festgestellten Sachverhalte und die eingeleiteten Untersuchungsmaßnahmen; d) eine Auswertung der Untersuchungsergebnisse; bei Verstößen eine angemessene Ursachenanalyse. (50) Der Abschlussprüfer hat geeignete Nachweise über die eingeleiteten Untersuchungsmaßnahmen und das Ergebnis der Untersuchung einzuholen, um zu beurteilen, ob eine Anzeige (Rz (51)) zu erstatten ist und welche Auswirkungen auf den Abschluss oder auf seinen Bestätigungsvermerk sich aus dem Untersuchungsergebnis ergeben. (51) Untersuchen die gesetzlichen Vertreter bzw der Aufsichtsrat die Angelegenheit nicht, hat der Abschlussprüfer diesen Umstand bei den von den Mitgliedstaaten benannten, für die Untersuchung dieser Unregelmäßigkeiten zuständigen Behörden anzuzeigen. Hinsichtlich der Zuständigkeit von Behörden für diese Anzeigepflicht gilt in Österreich Folgendes: a) Für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen ist ausdrücklich gemäß 63 Abs 8 BWG bzw 265 Abs 5 VAG 2016 ohne inhaltliche Einschränkungen die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) die für diese Anzeigen zuständige Behörde. b) Für ein PIE, das kein Kreditinstitut oder Versicherungsunternehmen ist, ist gemäß 1 Abs 4 Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz (APAG) die Abschlussprüferaufsichtsbehörde (APAB) die zuständige Behörde, soweit die Unregelmäßigkeiten die Einhaltung abschlussprüfungsrelevanter Verpflichtungen betreffen. (52) Die Berichtspflicht gemäß Art 7 der EU-VO unterscheidet sich von jener gemäß 273 Abs 2 UGB darin, dass a) ein Verstoß isv Art 7 der EU-VO nicht schwerwiegend sein muss, b) dabei der Kreis der Personen, die einen Verstoß begehen, nicht auf die gesetzlichen Vertreter und die Arbeitnehmer des geprüften Unternehmens beschränkt ist und 8

c) die Verpflichtungen zur Nachverfolgung festgelegter Maßnahmen und ggf zur Anzeige an die zuständigen Behörden bei einer Redepflicht gemäß 273 UGB nicht bestehen. 4.2. Berichtspflicht gemäß Art 12 der EU-VO (53) Gemäß Art 12 Abs 1 der EU-VO ist der Abschlussprüfer eines PIE verpflichtet, die für die Beaufsichtigung des PIE zuständigen Behörden über jede Information zu unterrichten, von der er bei Durchführung der Abschlussprüfung Kenntnis erhält und die eine der folgenden Konsequenzen haben kann: a) einen wesentlichen Verstoß gegen die Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, die die Zulassungsvoraussetzungen enthalten oder speziell die Tätigkeiten des PIE regeln; b) eine wesentliche Gefährdung oder wesentliche Bedenken hinsichtlich der Fortführung der Tätigkeit des PIE; c) eine Verweigerung der Abgabe eines Prüfungsurteils über die Abschlüsse oder die Abgabe eines versagenden oder eingeschränkten Prüfungsurteils. (54) Die Berichterstattung an die zuständige Behörde hat in schriftlicher Form zu erfolgen. (55) Hinsichtlich der Zuständigkeit von Behörden für diese Berichtspflicht gilt in Österreich Folgendes: a) Für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen ist die FMA die zuständige Behörde (vgl für Kreditinstitute 61 Abs 3 BWG sowie für Versicherungsunternehmen sinngemäß 265 Abs 1 VAG 2016). 3 b) Für ein PIE, das kein Kreditinstitut oder Versicherungsunternehmen ist, ist gemäß 1 Abs 4 APAG die APAB die für die Einhaltung abschlussprüfungsrelevanter Verpflichtungen zuständige Behörde. (56) Über den Umstand und den Inhalt der Berichterstattung des Abschlussprüfers an die zuständige Behörde sind auch die Organe des geprüften Unternehmens zu informieren. Hinsichtlich des Adressatenkreises ist Rz (48) sinngemäß anzuwenden. (56a) Sind die Verstöße gegen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften Gegenstand von behördlichen Untersuchungen, über deren Fortgang und Ergebnis die Organe des Unternehmens (Rz (56)) und die für die Berichterstattungspflicht zuständigen Behörden (isv Rz (55)) nachweislich unterrichtet sind, kann die Anzeige an die zuständige Behörde unterbleiben. (57) Vergleicht man diese Berichtspflicht mit jener gemäß 273 Abs 2 UGB, sind die ersten beiden Tatbestände mit jenen gemäß 273 Abs 2 UGB eng verwandt, Unterschiede bestehen jedoch in den folgenden Punkten: a) Gemäß Art 12 Abs 1 der EU-VO besteht eine Verpflichtung, die zuständigen Behörden zu unterrichten; gemäß 273 UGB bestehen die Berichtspflichten nur gegenüber den gesetzlichen Vertretern und den Mitgliedern des Aufsichtsorgans. b) Gemäß Art 12 Abs 1 der EU-VO muss ein Verstoß wesentlich, gemäß 273 Abs 2 UGB schwerwiegend sein, um die Redepflicht auszulösen. 3 Der Bankprüfer bzw der Abschlussprüfer eines Versicherungsunternehmens erfüllt seine Berichtspflicht gemäß Art 12 EU-VO im Wege der schriftlichen Berichterstattung gemäß 63 Abs 3 BWG bzw Anzeige gemäß 265 Abs 1 VAG 2016. 9

c) Gemäß 273 Abs 2 UGB sind nur Verstöße von gesetzlichen Vertretern oder Arbeitnehmern berichtspflichtig, gemäß Art 12 Abs 1 der EU-VO besteht diese Einschränkung nicht. (58) Die Berichtspflicht gemäß Art 12 Abs 1 der EU-VO betrifft nicht nur berichtspflichtige Sachverhalte beim PIE selbst, sondern auch solche bei vom selben Abschlussprüfer geprüften Unternehmen, die eine enge Verbindung isv Art 4 Abs 1 Nr 38 der Verordnung (EU) Nr 575/2013 (Capital Requirements Regulation CRR) zu dem geprüften PIE haben. Beispielsweise gilt dies für Fälle, in denen eine Kapitalbeteiligung von 20 Prozent oder mehr des PIE an einem Unternehmen besteht, oder wenn ein Unternehmen eine solche Beteiligung am PIE hält. 5. Art der Übermittlung (59) Soweit nicht behördlich anders vorgegeben, kann die schriftliche Berichterstattung postalisch, per Boten oder nach Vereinbarung auch elektronisch übermittelt werden. 6. Anwendungszeitpunkt (60) Die vorliegende Fassung der Stellungnahme ersetzt jene vom Juni 2015. Sie ist auf die Prüfung von Abschlüssen für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 17. Juni 2016 beginnen, wenn die Prüfung nach Veröffentlichung dieses Fachgutachtens abgeschlossen wird. 10