Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen



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Transkript:

Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen Grundsätze zum Datenschutz bei der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in der ARGE (Stand: 9. Mai 2005; Version 1.2)

1. Organisation der ARGE 1 1.1 Persönliche Ansprechpartnerinnen und -partner (pap) 1 1.2 Trennung der Aufgabenbereiche Sicherung des Lebensunterhalts und Eingliederung in Arbeit 1 1.3 Grenzen des Fallmanagements bei besonders sensiblen Maßnahmen (Schuldnerberatung, Suchtberatung etc.) 4 1.4 Einheitliche Aufgabenwahrnehmung 7 1.5 ARGE als eigenverantwortlich datenverarbeitende Stelle 7 1.6 Eigenständiger Auftritt der ARGE nach außen 11 1.7 Diskretion bei der Antragsbearbeitung 11 1.8 Schulungen 12 1.9 Bestellung einer oder eines behördlichen Datenschutzbeauftragten 12 2. Datenerhebung 15 2.1 Hauptantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes 15 2.2 Zusatzblatt Kosten für Unterkunft und Heizung 18 2.3 Ausfüllhinweise 18 2.4 Insbesondere: Zusatzblatt Ärztliche Bescheinigung für kostenaufwändige Ernährung 19 2.5 Fragebögen zu Eingliederungsleistungen in Arbeit 21 2.6 Zulassung geeigneter alternativer Nachweismöglichkeiten 22 2.7 Insbesondere: Kontoauszüge 23 3. Datenverarbeitung 26 3.1 Aktenführung 26 3.2 Anbindung der ARGE an die DV-Anwendungen der Bundesagentur für Arbeit 27 3.3 Trennung der ARGE von der DV-Umgebung der Kommune 27 3.4 Zugriffsberechtigungskonzept und Zugriffsprotokollierung 28 3.5 Löschungs- und Sperrungskonzept 30 3.6 Automatisierter Datenabgleich 30 3.7 Insbesondere: Wohngeldstelle 31 4. Auskunft und Akteneinsicht 32 4.1 Anspruch auf Akteneinsicht gemäß 25 SGB X 32 4.2 Anspruch auf Auskunft und Akteneinsicht aus 83 SGB X 32 5. Zusammenfassung des Ergebnisses 33

1. Organisation der ARGE Gem. 44b SGB II sind ARGE durch privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge zwischen der Agentur für Arbeit und den kommunalen Trägern zu errichten. Der rechtliche Rahmen lässt durchaus unterschiedliche Ausformungen einer ARGE im Einzelnen zu (vgl. 3 AG-SGB II NRW). Die nachfolgenden Grundsätze sind bei der Organisation der ARGE jedoch in jedem Fall zu beachten. 1.1 Persönliche Ansprechpartnerinnen und -partner (pap) Die Vorschrift des 4 SGB II sieht eine Unterstützung durch einen persönlichen Berater oder eine persönliche Beraterin vor. Aus 14 SGB II wird in der Gesetzesbegründung eine umfassende Betreuung abgeleitet, die mehr als Beraten und Vermitteln bedeute: Die Agentur für Arbeit hat alle Einflussfaktoren für die berufliche Eingliederung zu berücksichtigen und alle erforderliche Unterstützung zu geben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit versteht darunter ein Profiling: eine Bestandsaufnahme aller persönlichen Eigenschaften der oder des Hilfebedürftigen, wozu ausdrücklich auch Angaben zum Gesundheitszustand gehören (Broschüre Hartz IV Menschen in Arbeit bringen, S. 62 abrufbar unter www.bmwa.bund.de). Zu der Unterstützung gehören nach der Gesetzesbegründung bei Bedarf auch die intensive Betreuung. Dieses so genannte Fallmanagement hat in erster Linie die Verringerung von schwerwiegenden Problemen zum Ziel, die einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme bislang entgegenstehen. Zu diesen Problemen würden insbesondere Drogensucht, Krankheiten, Überschuldung und soziale Probleme zählen. 1.2 Trennung der Aufgabenbereiche Sicherung des Lebensunterhalts und Eingliederung in Arbeit Im Rahmen der Aufgabenzuweisung innerhalb der ARGE ist darauf zu achten, dass der Aufgabenbereich der persönlichen Ansprechpartnerin oder des persönlichen Ansprechpartners nicht über den Bereich der Eingliederung in Arbeit hinaus auch auf den Bereich Sicherung des Lebensunterhaltes ausgedehnt wird. Eine derartige Ausdehnung des Aufgabenbereiches begegnet datenschutzrechtlichen Bedenken. 1

Die umfassende persönliche Unterstützung durch eine persönliche Ansprechpartnerin oder einen persönlichen Ansprechpartner gem. 4 Abs. 1 Nr. 1, 14 S. 2 SGB II betrifft nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes die Eingliederung in Arbeit. Dem steht die weitere Aufgabe der Sicherung des Lebensunterhalts gegenüber. Leistungen aus diesem Bereich erfolgen grundsätzlich in Form von Geldleistungen ( 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB II). Soweit die zur Berechnung der Leistung erforderlichen Angaben erhoben werden, dienen sie zunächst nur dem Zweck, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erbringen. Das Hauptantragsformular der Bundesagentur für Arbeit für Leistungen nach dem SGB II beschreibt den Verwendungszweck bereits in der Überschrift: Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Wenn nun beide Aufgabenbereiche von denselben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen werden, wird der Grundsatz der Zweckbindung der Daten unterlaufen. Gem. 67a Abs. 2 S. 1 SGB X sind Sozialdaten beim Betroffenen zu erheben. Gem. 67c Abs. 1 S. 1 SGB X ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung der zulässigerweise erhobenen Daten nur dann rechtskonform, wenn sie für die Zwecke erfolgen, für die die Daten erhoben worden sind. Gem. 67c Abs. 2 Nr. 1 SGB X dürfen die Daten von derselben Stelle gespeichert, verändert oder genutzt werden, wenn die Daten für die Erfüllung von Aufgaben nach anderen Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches als diejenigen, für die sie erhoben wurden, erforderlich sind. Die zweckändernde Verwendung darf also erst und nur dann erfolgen, wenn die Daten erforderlich werden. Erforderlich bedeutet, dass die Daten für die Aufgabenerledigung des Leistungsträgers unbedingt notwendig sind. Wenn die Sozialdaten lediglich dienlich oder nützlich sind, so fehlt es an der vom Gesetz verlangten Erforderlichkeit. Damit bietet das Gesetz eine Möglichkeit, vorhandene und erforderliche Daten ohne erneute und aufwendige Datenerhebung bei der betroffenen Person zweckändernd zu nutzen. Darunter fallen beispielsweise die Stammdaten der Person. Um trotz dieser Möglichkeiten zur Zweckänderung das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Personen zu wahren, ist durch entsprechende technisch-organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur von den Sozialdaten Kenntnis erlangen können, die für ihre Aufgabenerledigung jeweils konkret erforderlich sind. 2

Die Ausgestaltung eines Verfahrens, das zu einem Verstoß gegen 67c Abs. 2 SGB X fast zwangsläufig führt, ist als rechtswidrig abzulehnen. Die persönliche Ansprechpartnerin oder der persönliche Ansprechpartner sollte daher nicht zwangsläufig aufgrund der Organisation Kenntnis von sämtlichen erhobenen Daten aus dem Sicherungsbereich erlangen können. Ein Organisationsaufbau zwei Aufgaben, eine oder ein pap führt zu der Situation, dass die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter die Daten aus der einen Aufgabenstellung (z.b. Mehrbedarf wegen HIV) im Hinblick auf die andere Aufgabenstellung (z.b. Beseitigung von Vermittlungshindernissen) vor sich selber geheim halten müssten. Der Grundsatz der Zweckbindung der Daten wird dabei vollständig unterlaufen. Die Organisationshoheit bei der Ausgestaltung der Datenverarbeitung in einer ARGE deckt jedoch einen Aufbau einer öffentlichen Stelle dann nicht, wenn sie zwangsläufig eine gesetzeskonforme Aufgabenwahrnehmung unmöglich macht. Die pap dürfen daher einer derartigen Interessenkollision nicht ausgesetzt werden. Besondere praktische Relevanz erfahren diese Grundsätze im Zusammenhang mit Angaben zu einem Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung (siehe hierzu im Einzelnen die Ausführungen unter 2.4). Bereits der Umstand, dass eine bestimmte Person einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend macht, beinhaltet ein Sozialdatum. Zur Zeit besteht darüber hinaus teilweise die (unzulässige) Praxis von Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern, sich eine medizinische Diagnose zum Nachweis vorlegen zu lassen. Damit sind in der Regel sensible Gesundheitsdaten verbunden (HIV- Infektion, Leberinsuffizienz, Gicht, Krebserkrankung etc.). Die Datenerhebung erfolgt ausschließlich zur Sicherung des Lebensunterhaltes, nicht zur Eingliederung in Arbeit. Der Umstand des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sowie insbesondere die Diagnose dürfen nicht für den Bereich der Eingliederung gespeichert, verändert oder genutzt werden. Daher ist auch die Eintragung eines Vermerks über den Umstand eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung im Arbeitsvermittlungssystem coarb unzulässig. Der Mehrbedarf als solcher hat keinen Nutzen für die Eingliederungsleistungen. Soweit daher auch die Erkrankung, die eine kostenintensivere Kostform erforderlich macht, (unzulässigerweise) erhoben worden ist, darf sie nicht in coarb eingetragen werden. Selbst wenn die Erhebung als zulässig angesehen werden könnte, wäre die Kenntnis der Erkrankung zu Eingliederungszwecken regelmäßig nicht erforderlich. Dies trifft z.b. auch auf eine HIV-Infektion zu. Erst wenn aufgrund der Besonderheiten des Stellenangebotes 3

eine HIV-Infektion notwendig zu kennen sein sollte, darf dieses Datum in den Vermittlungsbereich gelangen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ein Datum zum Mehrbedarf nicht bereits dann von der oder dem pap erhoben worden ist, wenn es die betroffene Person von sich aus mitteilt. Allerdings ist die Person rechtzeitig und in geeigneter Weise auf die fehlende Zuständigkeit für die Datenverarbeitung zu Mehrbedarfsleistungen hinzuweisen. Anders stellt sich die Situation dar, wenn die betroffene Person ein zugesandtes Formular ausgefüllt zurückbringt. Dann ist durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass Anträge wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht von der oder dem pap, sondern von den Beschäftigten aus dem Leistungsbereich bearbeitet werden. Schon an dieser Stelle sei nachdrücklich auf das dringend erforderliche Zugriffsberechtigungskonzept hinsichtlich aller in der ARGE genutzten DV- Anwendungen hingewiesen. Mangels Zugriffsberechtigungskonzept stellt die Einstellung jedes einzelnen Datums in die DV-Anwendungen einen Verstoß gegen Datenschutzvorschriften dar. Solange alle Beschäftigten der ARGE und aller weiteren ARGE in Deutschland sowie zusätzlich alle Agenturen für Arbeit einen ungehinderten Zugriff auf alle Daten haben, ist die Eingabe eines Datums ein Datenschutzverstoß. Das Fehlen eines Zugriffsberechtigungskonzeptes sowie einer Zugriffsprotokollierung ist bereits gegenüber der Bundesagentur für Arbeit förmlich beanstandet worden. Eine Implementierung und Anwendung in der Praxis hat jedoch bis zum heutigen Tage nicht stattgefunden (siehe unten 3.4). 1.3 Grenzen des Fallmanagements bei besonders sensiblen Maßnahmen (Schuldnerberatung, Suchtberatung etc.) Gegen den Willen der oder des Hilfebedürftigen darf die Fallmanagerin oder der Fallmanager keinen Zugriff auch nicht über 61 SGB II auf vertrauliche Inhalte der Gespräche der Schuldnerberatung, Suchtberatung und anderer ihrer Natur nach vertraulicher Beratungsleistungen haben. Die Beratenden trifft nur eine eingeschränkte Auskunftspflicht. Die Grundsätze der Vertraulichkeit und Verschwiegenheit dieser besonders sensiblen Maßnahmen beschränken insoweit die umfassende Betreuung inklusive Sozialanamnese durch die oder den pap. Ein Informationsfluss hinsichtlich teilweise sensibelster Daten zwischen der Beratungsstelle und dem Fallmanager darf daher 4

nur bei Vorliegen eines entsprechenden Einverständnisses der oder des Hilfebedürftigen erfolgen. Im Einzelnen: Der Grundsatz des Förderns ist in 14 SGB II geregelt. Eine weitere grundsätzliche Bestimmung enthält 4 SGB II, der ausdrücklich eine Unterstützung durch eine persönliche Beraterin oder einen persönlichen Berater vorsieht. Aus 14 SGB II wird in der Gesetzesbegründung eine umfassende Betreuung abgeleitet, die mehr als Beraten und Vermitteln bedeute. Es seien alle Einflussfaktoren für die berufliche Eingliederung zu berücksichtigen und alle erforderliche Unterstützung zu geben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) versteht darunter ein Profiling: eine Bestandsaufnahme aller persönlichen Eigenschaften des Hilfebedürftigen, wozu ausdrücklich auch Angaben zum Gesundheitszustand gehören (Broschüre Hartz IV Menschen in Arbeit bringen, S. 62 abrufbar unter www.bmwa.bund.de). Zu der Unterstützung gehören nach der Gesetzesbegründung bei Bedarf auch die intensive Betreuung. Dieses Fallmanagement hat in erster Linie die Verringerung von schwerwiegenden Problemen zum Ziel, die einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme bislang entgegenstehen. Zu diesen Problemen zählen insbesondere Drogensucht, Krankheiten, Überschuldung und soziale Probleme. Ein Aufgabenverständnis, das eine umfassende Betreuung inklusive umfassender Sozialanamnese vorsieht, führt insbesondere vor dem Hintergrund des 61 SGB II zu Konflikten mit den Grundsätzen der Vertraulichkeit und Verschwiegenheit, nach denen sich gerade die besonders sensiblen Maßnahmen (Schuldnerberatung, Suchtberatung etc.) orientieren. Träger, die Leistungen erbracht haben, trifft gem. 61 Abs. 1 SGB II eine Auskunftspflicht darüber, ob und inwieweit Leistungen zu Recht erbracht worden sind oder werden. Leistungserhebliche Änderungen sind unverzüglich mitzuteilen. Nach Absatz 2 sind die Träger, die Leistungen erbracht haben, zudem verpflichtet, ihre Beurteilungen des Teilnehmers unverzüglich der Agentur für Arbeit zu übermitteln. Nach der Gesetzesbegründung soll die oder der pap dadurch in die Lage versetzt werden, neben der Sicherstellung der Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung, die Maßnahmen 5

der Eingliederung aktiv zu begleiten und bei Bedarf einzugreifen, um den Maßnahmeerfolg zu sichern. Diese Ausführungen und das oben skizzierte Verständnis einer umfassenden Unterstützung lassen die Auskunftspflicht als ein Instrument der Information der oder des pap auch über Inhalte der vertraulichen Gespräche erscheinen. Dieses sehr tief in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen eingreifende und den Grundsatz der Datenerhebung beim Betroffenen wesentlich einschränkende Verständnis des 61 SGB II lässt sich jedoch nicht zwingend aus den gesetzlichen Regelungen ableiten. Zunächst kann 61 SGB II auch als Instrument verstanden werden, die Einhaltung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten der oder des Hilfebedürftigen zu überwachen und Sanktionen nach 31 SGB II zu ermöglichen. Dies würde es den Beratungsstellen ermöglichen, Angaben genereller, formaler bzw. verfahrenstechnischer Art (Tatsache der Teilnahme, Engagement etc.) zu machen, ohne Inhalte der vertraulich geführten Gespräche bekannt geben zu müssen. Des Weiteren spricht 61 SGB II von einer Auskunftspflicht gegenüber der Bundesagentur für Arbeit. Im Hinblick auf den ausdrücklichen Wortlaut dieser Eingriffsregelung, kann die Ansicht vertreten werden, dass eine Auskunftspflicht auch gegenüber der ARGE nur im Hinblick auf die Aufgaben besteht, die gem. 6 SGB II der Bundesagentur für Arbeit zugewiesen sind. Da die Leistungen der Schuldnerberatung nach 16 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB II gem. 6 S. 1 Nr. 2 SGB II in die Zuständigkeit der kommunalen Träger fallen, bestünde danach keine Auskunftspflicht gem. 61 SGB II. Inwieweit sich eine beschränkte Auskunftspflicht aus anderen Vorschriften ergeben kann, wäre insoweit noch zu prüfen. Soweit unter Verweis auf die Einheit einer ARGE hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung 61 SGB II auch auf die Schuldnerberatung Anwendung finden sollte, besteht dennoch nur eine eingeschränkte Auskunftspflicht. Gegen den Willen des Hilfebedürftigen darf der Fallmanager keinen Zugriff auch nicht über 61 SGB II auf vertrauliche Inhalte der Gespräche der Schuldnerberatung haben. Andernfalls würde das gesetzgeberische Ziel, die 6

Beseitigung von Vermittlungshindernissen, konterkariert, da gerade die freiwillige Mitwirkung der oder des Hilfebedürftigen wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Maßnahme ist. Ein Informationsfluss hinsichtlich teilweise sensibelster Daten zwischen der Beratungsstelle und der oder dem pap darf nur bei Vorliegen eines entsprechenden Einverständnisses des Hilfebedürftigen erfolgen. In Vereinbarungen zwischen den Trägern der Leistungen nach dem SGB II und Leistungserbringern sollte eine Auskunftspflicht nur hinsichtlich der Umstände festgelegt werden, anhand derer sich die Einhaltung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten der oder des Hilfebedürftigen überprüfen lässt. Hinsichtlich der vertraulichen Inhalte der Beratung sollte die Auskunftspflicht ausgeschlossen sein. 1.4 Einheitliche Aufgabenwahrnehmung In beiden Aufgabenbereichen (Eingliederung einerseits und Sicherung des Lebensunterhaltes andererseits) werden jeweils Aufgaben wahrgenommen, die sowohl in die kommunale Trägerschaft (z.b. Leistungen für Unterkunft und Heizung zur Sicherung des Lebensunterhaltes, Schuldnerberatung als Eingliederungsleistung) als auch in die Trägerschaft der Bundesagentur für Arbeit fallen (z.b. Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, Arbeitsmarktberatung als Eingliederungsleistungen). Die gesetzliche Regelung verfolgt das Prinzip der Leistung aus einer Hand. Danach sollte ein einheitlicher Leistungsbescheid ergehen. Die Leistungsvereinbarung im Bereich der Eingliederung wird einheitlich hinsichtlich der Aufgaben beider Träger geschlossen. Es steht eine persönliche Ansprechpartnerin oder ein persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung. Die ARGE sollte über eine eigene Widerspruchsstelle verfügen, die einen einheitlichen Widerspruchsbescheid erlässt. 1.5 ARGE als eigenverantwortlich datenverarbeitende Stelle Die einheitliche Aufgabenwahrnehmung, insbesondere durch den Erlass einheitlicher Verwaltungsakte und einheitlicher Widerspruchsbescheide korrespondiert mit dem Übergang der Verantwortung für die Datenerhebung und weitere Verarbeitung von den Trägern auf die ARGE. 7

Die Einordnung einer Stelle als verantwortliche Stelle i.s.d. 67 Abs. 9 SGB X hängt nicht ausschließlich davon ab, wer Träger der Aufgabe ist. Insofern ist die Feststellung zwar zutreffend, dass Träger der Aufgaben nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gem. 6 I Nr. 1 SGB II ursprünglich die Bundesagentur für Arbeit ist, soweit Nummer 2 der Vorschrift nichts anderes bestimmt. Die Trägerschaft geht auch nicht notwendig bei Gründung einer Arbeitsgemeinschaft im Sinne des 44b SGB II von der Bundesagentur für Arbeit auf die ARGE über. Maßgebend für die Frage der Verantwortlichkeit für die Datenerhebung und weitere Verarbeitung ist jedoch, dass die ARGE die Aufgaben nach dem SGB II gem. 44b Abs. 3 Satz 1 SGB II als Leistungsträger wahrnimmt. Die ARGE ist die Stelle, die die Sozialdaten im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenübertragung erhebt und verarbeitet, nicht jedoch für die Bundesagentur für Arbeit selbst. An dieser Stelle muss deshalb nicht abschließend beantwortet werden, inwieweit die in 44b SGB II geregelte Aufgabenübertragung mehr ist als ein gesetzliches Auftragsverhältnis im Sinne der 88 ff SGB X. In Betracht käme bei einer entsprechenden Ausgestaltung beispielsweise auch die Charakterisierung der Aufgabenübertragung als Beleihung der ARGE mit hoheitlichen Befugnissen. In jedem Fall liegt jeweils eine Funktionsübertragung vor. Wesensmerkmal einer Funktionsübertragung ist, dass die Verantwortung für die Datenerhebung und deren weitere Verarbeitung auf die beauftragte Stelle übergeht. Die Annahme, dass die allgemeine Regelung des 67 Abs. 9 Satz 2 SGB X einschlägig sei, geht fehl. Nach 67 Abs. 9 S. 2 SGB X ist verantwortliche Stelle der Leistungsträger, wenn er Sozialdaten erhebt, verarbeitet oder nutzt. Aus den vorliegenden Feststellungen ergibt sich jedoch, dass es gerade nicht der Leistungsträger Bundesagentur für Arbeit oder Kommune ist, der die Daten erhebt und verarbeitet, sondern die ARGE als organisatorische Verselbstständigung ( 81 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit der datenschutzrechtlichen Verantwortung 89 Abs. 2 SGB X nicht von Bedeutung ist. Diese Vorschrift regelt das Außenverhältnis zwischen der auftraggebenden Stelle und der betroffenen Person, betrifft also das materiell-rechtliche Leistungsverhältnis und hat Konsequenzen für die Passivlegitimation der auftraggebenden Stelle etwa in einem Gerichtsverfahren. Unabhängig davon, ob diese Regelung durch speziellere Vorschriften 8

im SGB II für den Aufgabenbereich der ARGE verdrängt sein könnte, trifft 89 Abs. 2 SGB X jedenfalls keine Aussage zur datenschutzrechtlichen Verantwortung, etwa als Spezialnorm gegenüber 67 Abs. 9 SGB X. Durch diese Bündelung der Aufgaben zweier Leistungsträger soll für die betroffene Person Klarheit über ihre Ansprechpartnerin oder ihren Ansprechpartner geschaffen werden. Diese Klarheit für die betroffene Person wird durch die Regelung des 81 Abs. 3 SGB X auch hinsichtlich der Stelle geschaffen, die zur Wahrung der Datenschutzrechte die ARGE zu kontrollieren hat. Wenn eine Arbeitsgemeinschaft der in 35 SGB I genannten Stellen nicht über den Bereich eines Landes hinaus tätig wird, gilt sie als öffentliche Stelle des Landes. Die Folge ist eine ungeteilte Zuordnung der Kontrollzuständigkeit an die Landesbeauftragten für den Datenschutz. Eine nachträgliche Aufspaltung der Zuständigkeit durch Verlagerung der Beanstandungskompetenz auf den Bundesbeauftragten für den Datenschutz würde dem Gesetz widersprechen und zu einem kompetenziellen Durcheinander führen. Die Frage der Kontrollzuständigkeit muss bereits im Vorfeld eindeutig geklärt sein, da andernfalls eine Kontrolltätigkeit aufgrund der oben beschriebenen Bündelung der Aufgabenwahrnehmung in der Praxis bereits rein tatsächlich nicht mehr durchgeführt werden könnte. Die ARGE kann nur entweder eine Stelle des Bundes oder des Landes sein. Entscheidend ist die Frage, ob sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig wird. Dabei ist nicht maßgebend, ob die betroffenen Personen auch über die Landesgrenze hinaus vermittelt werden können. Entscheidend ist vielmehr, dass nur ein bestimmter, örtlich beschränkter Personenkreis die Leistungen einer ARGE in Anspruch nehmen kann. Die Zuständigkeit einer ARGE besteht nur für die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt innerhalb ihres Bezirkes haben. So könnte z.b. die ARGE Duisburg für eine Person aus dem Raum Augsburg Leistungen nicht erbringen. Die ARGE wird daher grundsätzlich nicht über den Bereich eines Landes hinaus tätig und ist somit eine öffentliche Stelle des Landes. Die Kontrollzuständigkeit für die ARGE liegt daher jeweils bei den Landesbeauftragten für den Datenschutz. Die Fiktion des 81 Abs. 3 SGB X gilt unbeschadet der Rechtsform der ARGE. Auch die Frage der Eigenverantwortlichkeit der ARGE für die Datenerhebung und deren weitere Verarbeitung ist nicht abhängig von ihrer Rechtsform. Nur am Rande sei daher darauf 9

hingewiesen, dass 3 Abs. 1 AG-SGB II NRW die Möglichkeit der Errichtung einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts einräumt. Herauszustellen ist hierbei, dass auch bei Annahme einer eigenverantwortlich datenverarbeitenden ARGE als Stelle des Landes es nicht zu einer datenschutzrechtlichen Kontrolle des bundesunmittelbaren Trägers durch die Landesbeauftragten für den Datenschutz kommen kann. Insbesondere hinsichtlich der von der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellten DV-Anwendungen (A2LL, coarb, etc) ist die Regelung des 51b SGB II zu beachten. Danach erscheint die Schaffung eines trägerübergreifenden Informationssystems als eigene Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit. Die nach wie vor fehlende, dringend erforderliche Implementierung eines Zugriffsberechtigungskonzeptes und einer Zugriffsprotokollierung in den DV-Anwendungen wäre daher vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zu beanstanden. Mangels eines Zugriffsberechtigungskonzeptes und einer Zugriffsprotokollierung können die bestehenden DV-Anwendungen nicht als zulässige Umsetzung des 51b SGB II betrachtet werden. Die weitere Frage, inwieweit der Umfang der zur Zeit erhobenen Daten über den nach 51b SGB II zulässigen Rahmen hinausgeht, gilt es noch zu prüfen. Eine andere Frage ist die der Verantwortlichkeit für die Einstellung von Daten in das System der Bundesagentur für Arbeit. Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Einstellung konkreter Sozialdaten verbleibt bei der ARGE. Soweit der Anwendungsbereich des 51b SGB II reicht, ist im Übrigen eine Weisungsbefugnis der jeweiligen ARGE gegenüber der Bundesagentur für Arbeit mit dem Hinweis auf ihre eigene gesetzliche Aufgabenwahrnehmung abzulehnen. Die Regelungen der Datenverarbeitung im Auftrag greifen insoweit nicht. Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass die Auswirkungen des 51b SGB II auf die rechtliche Bewertung der bestehenden DV-Anwendungen der Bundesagentur für Arbeit und deren Einsatz durch die ARGE noch nicht abschließend geklärt ist, da es bisher keine klareren gesetzlichen Regelungen gibt. Abschließende Ausführungen müssen daher ausdrücklich einer weiteren eingehenden Prüfung dieser Vorschrift vorbehalten bleiben. 10

1.6 Eigenständiger Auftritt der ARGE nach außen Die ARGE muss nach außen in ihren Schreiben erkennbar als Verwaltungseinheit auftreten. Die ARGE hat mit dem Gebrauch eines eigenen Kopfbogens für die betroffenen Personen Klarheit über die handelnde Stelle zu schaffen. Dies ist zur Gewährleistung der Datenschutzrechte der Betroffenen erforderlich. Sie vermeidet dadurch auch die rechtsmissbräuchliche und mithin unzulässige Verwendung des Kopfbogens einer anderen Stelle. 1.7 Diskretion bei der Antragsbearbeitung Die Beratung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ARGE (auch im Thekenbereich) ist so zu organisieren, dass Außenstehende keine Kenntnis von den Sozialdaten der Ausfüllenden erlangen können. Das Ausfüllen durch die Antragstellerinnen und Antragsteller sollte an Einzel-Stehpulten erfolgen. Diskretionszonen sollten das Ausfüllen unter Hilfestellung vor unbefugter Kenntnisnahme schützen. Andernfalls sind gesonderte Beratungsräume zur Verfügung zu stellen. Durch organisatorische Maßnahmen ist generell sicherzustellen, dass die betroffenen Personen von einer realistischen Möglichkeit einer vertraulichen Beratung zuverlässig Kenntnis erhalten. Zum Beispiel kann ein Hinweisschild derart im Thekenbereich angebracht werden, dass es im Blick der Wartenden hängt. Weiter ist die vertrauliche Beratung als selbstverständlicher Bestandteil und nicht als große Ausnahme in das Beratungsverfahren zu integrieren. Ein faktischer Zwang zur Selbstoffenbarung gegenüber Dritten ist eine Verletzung des Sozialgeheimnis nach 35 Abs. 1 SGB I. Insbesondere ist durch organisatorische Maßnahmen zu verhindern, dass eine vertrauliche Beratung aufgrund unzumutbar langer Verzögerungen tatsächlich nicht in Anspruch genommen werden kann. Die betroffenen Personen dürfen zudem nicht durch Aussagen, die Verhältnisse seien nun einmal so wie sie sind, davon abgehalten werden, eine vertrauliche Beratung in einem separaten Zimmer zu wählen. Eine bewusste In-Kauf- Nahme der Kenntnisnahme der wartenden Dritten von Daten, die dem Sozialgeheimnis unterliegen, stellt eine unbefugte Datenübermittlung an private Dritte dar, die aufgrund der Organisationsentscheidung auch vorsätzlich erfolgt. Wer vorsätzlich oder fahrlässig 11

unbefugt Sozialdaten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhebt oder verarbeitet, handelt gem. 85 Abs. 2 Nr. 1 SGB X ordnungswidrig. 1.8 Schulungen Die folgenden Ausführungen zur Datenerhebung und Datenverarbeitung zeigen, dass Schulungen im Bereich des Sozialdatenschutzes erforderlich sind. Eine Vielzahl von Eingaben betroffener Personen hat ihre Ursache letztlich in fehlender Transparenz der Datenerhebung und die fehlende Kommunikation ihrer Erforderlichkeit. Dabei bieten Transparenz und Kommunikation die Chance, nicht nur Verständnis für das Handeln der Verwaltung zu erreichen, sondern zugleich durch eine nachvollziehbare Begründung des Handelns der erläuternden Mitarbeiterin oder dem erläuternden Mitarbeiter eine weitere Möglichkeit zur Selbstkontrolle einzuräumen. 1.9 Bestellung eines oder einer behördlichen Datenschutzbeauftragten Die ARGE hat eine oder einen behördlichen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Wie unter 2.5 näher ausgeführt, handelt es sich bei der ARGE um eine eigenverantwortlich datenverarbeitende öffentliche Stelle des Landes. Die ARGE ist daher gem. 32a Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG-NRW) in Verbindung mit 81 Abs. 4 S. 3 SGB X zur Bestellung einer oder eines behördlichen Datenschutzbeauftragten verpflichtet. Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass durch die Bestellung einer oder eines behördlichen Datenschutzbeauftragten die Verantwortung für die Datenerhebung und weitere Datenverarbeitung nicht etwa auf die bestellte Person übergeht, sondern bei der ARGE als verantwortlicher Stelle verbleibt. Zur Bestellung von behördlichen Datenschutzbeauftragten weise ich nachfolgend auf einige grundsätzliche Erwägungen hin. Weiterführende Informationen zu diesem Thema finden sich auf meiner Homepage unter www.ldi.nrw.de. Ein Handschlag reicht zur Bestellung einer oder eines Datenschutzbeauftragten nicht aus. Die Übertragung von Verantwortung in diesem Umfang erfordert eine schriftliche Bestellung der oder des Datenschutzbeauftragten und der Vertreterinnen und Vertreter. Damit die Datenschutzbeauftragten ihre Aufgabe erfüllen können, müssen sie darüber hinaus auch den Beschäftigten und den Bürgerinnen und Bürgern, die mit der öffentlichen 12

Stelle in Kontakt treten, bekannt gemacht werden. Vorschläge für Bestellungs- und Bekanntmachungstexte finden sich im Runderlass des Innenministeriums vom 12.12.2000 (siehe Anlage 2). Die oder der Datenschutzbeauftragte sollte darüber hinaus im Geschäftsverteilungs- und Organisationsplan der öffentlichen Stelle ausgewiesen sein. Eine unabhängige und organisatorisch herausgehobene Stellung ist für eine wirkungsvolle Tätigkeit der Datenschutzbeauftragten von entscheidender Bedeutung. Deshalb können sich die Datenschutzbeauftragten jederzeit unmittelbar an die Behördenleitung wenden und sind nur ihr gegenüber rechenschaftspflichtig. Organisatorisch bietet sich dort, wo die Größe der Behörde es erlaubt, die Zuordnung der oder des Datenschutzbeauftragten zu einer Stabsstelle an. Dies ermöglicht der Behördenleitung, dass sie frühzeitig über Datensicherheitsbeeinträchtigungen, Gesetzesverstöße oder Verbesserungsvorschläge unterrichtet wird und entsprechend schnell reagieren kann. Es verhindert außerdem, dass die oder der Datenschutzbeauftragte einer Interessenkollision ausgesetzt ist (vgl. 32a Abs. 2 Satz 3 DSG NRW). Gem. 32a Abs. 1 Satz 2 DSG NRW muss der oder die Datenschutzbeauftragte die erforderliche Sachkenntnis und Zuverlässigkeit besitzen. Sie oder er muss danach in fachlicher und persönlicher Hinsicht für die Aufgabe geeignet sein. Zu den fachlichen Kenntnissen, die die oder der Beauftragte haben beziehungsweise erwerben sollte, gehört die Kenntnis der datenschutzrechtlichen Grundlagen. Dies sind insbesondere die verfassungsrechtliche Verankerung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und die übrigen Grundrechte mit Datenschutzbezug, das Landes- und Bundesdatenschutzgesetz sowie die für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich einschlägigen besonderen datenschutzrechtlichen Regelungen, vor allem die des Sozialgesetzbuches. Außerdem sollen die Datenschutzbeauftragten gute Kenntnisse über die Organisation ihrer Behörde und Verständnis für Fragen der Informationstechnik besitzen. Nur wenn den Datenschutzbeauftragten die Aufgaben, die Arbeitsweise und die Abläufe einschließlich der Datenströme in ihren Behörden vertraut sind, können sie ihre Beratungs- und Kontrollaufgaben effizient wahrnehmen. Im Hinblick auf die persönliche Zuverlässigkeit der oder des Datenschutzbeauftragten ist neben anderen grundlegenden Charakterstärken vor allem wichtig, dass sie oder er über eine innere Unabhängigkeit verfügt und die Verpflichtung zur Verschwiegenheit ernst nimmt. Datenschutzbeauftragte haben Zugang zu allen sensiblen, personenbezogenen Daten einer Behörde. Sie werden nur dann 13

datenschutzgerecht und vertrauensvoll mit der Behördenleitung sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammenarbeiten können, wenn sie über diese Kenntnisse Verschwiegenheit bewahren. Die Datenschutzbeauftragten dürfen während ihrer Tätigkeit mit keiner Aufgabe betraut sein, deren Wahrnehmung zu Interessenkollisionen führen könnte. Es gilt das Prinzip, dass die oder der zu Kontrollierende nicht zum Kontrolleur werden kann. So sollen die Datenschutzbeauftragten beispielsweise nicht gleichzeitig Aufgaben in den Bereichen Personal und Informationstechnik wahrnehmen. Eine Benachteiligung der oder des Datenschutzbeauftragten wegen der Tätigkeit ist verboten. Dieses Benachteiligungsverbot ist weit gefasst. Es richtet sich nicht nur an die Behördenleitung, sondern auch an die Bediensteten und den Personalrat. Auch darf die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte oder Datenschutzbeauftragter keine negativen Auswirkungen auf die berufliche Entwicklung derjenigen haben, die diese Funktion ausüben. In engem Zusammenhang mit der Stellung von Datenschutzbeauftragten steht die Frage, ob eine Abberufung aus dieser Funktion möglich ist. Eine ausdrückliche Regelung über eine Abberufung einer oder eines Datenschutzbeauftragten enthält das nordrheinwestfälische Datenschutzgesetz nicht. Lediglich 32 a Abs. 2 Satz 3 DSG NRW impliziert, dass die Tätigkeit des oder der Datenschutzbeauftragten unter Umständen nur von einer gewissen Dauer sein kann. 14

2. Datenerhebung Die Datenerhebung durch die ARGE wirft eine Reihe von datenschutzrechtlichen Problemen auf. 2.1 Hauptantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes Die ARGE arbeiten in der Praxis im Rahmen der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II mit von der Bundesagentur für Arbeit autorisierten Antragsformularen. Diese werden den betroffenen Personen direkt von der Bundesagentur für Arbeit zugesandt. Zwar hat die ARGE keinen unmittelbaren Einfluss auf die Gestaltung der Antragsformulare. Als eigenständig datenverarbeitende Stelle trägt sie jedoch die Verantwortung für die Datenerhebung und damit für den Inhalt des Formulars. Soweit sich die ARGE daher der vorliegenden Formulare bedient, trägt sie die Verantwortung dafür, dass beispielsweise keine überschießenden Daten erhoben werden. Denn angesichts der vorliegenden, datenschutzrechtlich teilweise sehr bedenklichen Antragsformulare wäre die Aussage, dass alle in den Formularen erfragten Angaben auch tatsächlich zu machen seien, falsch, irreführend und unzulässig. Zum einen werden Daten erfragt, die nicht erforderlich sind (z.b. umfangreiche Angaben zu Einkommen und Vermögen der Haushaltsgemeinschaft statt Bedarfsgemeinschaft). Zum anderen besteht hinsichtlich einiger Angaben keine gesetzliche Verpflichtung zur Mitteilung, so dass ein ausdrücklicher Hinweis auf die Freiwilligkeit der Angabe zu geben ist (z.b. Telefonnummer und Email- Adresse). Derartige Mängel im Formular können durch datenschutzkonforme Klar- und Richtigstellungen im Rahmen der Beratung ausgeräumt werden. Bereits gemachte überschießende Angaben wären beispielsweise im Formular sofort zu schwärzen. Daher sind die nachfolgenden Ausführungen zu den Antragsformularen auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ARGE von Bedeutung, von ihnen zu beachten und gegenüber den Antragstellerinnen und Antragstellern entsprechend umzusetzen. Teilweise werden Angaben erfragt, die für die Bearbeitung eines Antrages auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes überhaupt nicht erforderlich und damit auch nicht zu erheben sind. So unterscheiden die bisher eingesetzten Formulare beispielsweise nicht zwischen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft im Sinne des 7 Abs. 3 SGB II und den weiteren im Haushalt lebenden Personen. Umfassende Angaben zu Einkommen und 15

Vermögen sind jedoch nur im Hinblick auf die Bedarfsgemeinschaft zu machen. Die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, sind nicht verpflichtet, Auskunft über ihr Vermögen, ihr Einkommen und ihre persönliche Lebenssituation zu geben. Gem. 9 Abs. 5 SGB II wird vermutet, dass verwandte oder verschwägerte Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft Leistungen an die Bedarfsgemeinschaftsmitglieder erbringen. Eine Auskunftspflicht besteht daher (nur) im Hinblick auf die erbrachten Leistungen. Die fehlende Unterscheidung zieht sich durch den gesamten Hauptantrag. Bis zum Einsatz der entsprechend überarbeiteten Neuauflage sind die betroffenen Personen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ARGE aufzuklären. Soweit zu den Angaben Nachweise gefordert werden (z.b. Mietvertrag, Kontoauszüge, Personalausweis, Arbeitsgenehmigung, Mutterpass, etc.) genügt regelmäßig die Vorlage des Dokumentes. Es ist grundsätzlich nicht zulässig, Kopien anzufertigen und diese zu den Akten zu nehmen. Vielmehr ist die Vorlage des Nachweises zu vermerken. Im Hinblick auf die zu erwartende Neuauflage, die in einigen Punkten Verbesserungen bringen soll, werden an dieser Stelle nur einige Beispiele zum Hauptantragsformular genannt, die nochmals verdeutlichen sollen, dass z.b. ein Hinweis durch eine Sachbearbeiterin oder einen Sachbearbeiter, dass ohne vollständig ausgefüllte Formulare immer ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht vorläge, falsch und irreführend ist. Vielmehr ist der betroffenen Person durch entsprechende schriftliche und mündliche Hinweise die Möglichkeit zu einem datenschutzkonformen Ausfüllen zu eröffnen: Zu I: Allgemeine Daten des Antragstellers/der Antragstellerin Die Angabe der Telefonnummer oder der Email-Adresse ist freiwillig. Zu II: Persönliche Verhältnisse Die Einschätzung zur Erwerbsfähigkeit des weiteren Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft auf Seite 2 des Hauptantrages durch den Antragsteller läuft auf eine laienhafte und unzulässige Dritteinschätzung hinaus. Die Erforderlichkeit der Frage nach dem Ausbildungsberuf im Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ist nicht ersichtlich. Mangels Erforderlichkeit ist dieses Datum für die Anspruchsberechnung nicht zu erheben. 16

Der Antrag fordert hinsichtlich der Frage Familienversicherung Angaben sowohl zur Mutter als auch zum Vater, obwohl Angaben zur hauptversicherten Person genügen. Zu IV: Leistungen für besondere Mehrbedarfe Der voraussichtliche Entbindungstermin ist nur durch die Vorlage eines Attestes oder des Mutterpasses zu belegen, die zu einem entsprechenden Vermerk führt. Zu VI: Einkommensverhältnisse des Antragstellers/der Antragstellerin und der im Haushalt lebenden weiteren Personen Sollte der Nachweis des Kindergeldes durch Kontoauszüge erfolgen, so genügt die Vorlage der Auszüge, die bzgl. der nicht erforderlichen Daten geschwärzt werden können. Die Generalklausel sonstige laufende oder einmalige Einnahmen gleich welcher Art bei den Einkommensverhältnissen ist zu weitgehend, da sie auch einzelne Einkommensarten umfasst, die nicht anzugeben sind. Zu VII: Vermögensverhältnisse des Antragstellers/der Antragstellerin und der im Haushalt lebenden weiteren Personen Die Frage nach sonstigen Vermögensgegenständen (z.b. Wertsachen, Gemälde, Schmuck) ist ohne Erläuterungen nur schwer eingrenzbar. Die Begriffe sind bisher nicht definiert. Sie sind schwer fassbar. Bezogen auf das einzelne Objekt steht die subjektive Empfindung und Einschätzung der Besitzerinnen und Besitzer häufig im krassen Gegensatz zu den Bewertungen, die gegebenenfalls eine Gutachterin oder ein Gutachter vornehmen würde. Wann hat ein gemaltes Bild die Qualität eines Gemäldes und wann wird die Grenze der Wertschätzung bei diesem Bild in Richtung auf einen Vermögensgegenstand überschritten? Müsste darüber hinaus nicht unter Berücksichtigung der Zielsetzung von Hartz IV für die Vermögensgegenstände ein tatsächlich realisierbarer Marktwert vorhanden sein? Bestimmte Gegenstände, wie beispielsweise goldene Eheringe, sollten generell ausgenommen sein. Zu XI: Bitte überprüfen Sie Ihre Angaben nochmals genau. Vermeiden Sie in jedem Fall unrichtige oder unvollständige Angaben 17

Eine Unterschrift der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ist nicht vorgesehen. Dies ist z.b. im Hinblick auf die unzulässige Dritteinschätzung zur Erwerbsfähigkeit bedenklich. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen eigenen Antrag stellen kann. Die Erklärung zur Richtigkeit der Angaben kann nur die eigenen Angaben, nicht aber Drittangaben erfassen. Es fehlt ein Hinweis auf Bußgeld- oder Strafvorschriften. Die Einwilligungserklärung ist in dieser Allgemeinheit missverständlich. Soweit eine Pflicht zur Auskunft nach dem SGB besteht, ist für eine Einwilligung kein Raum. Hinsichtlich der freiwillig zu machenden Angaben fehlt der Bezug zwischen der Erklärung und den konkret von ihr umfassten Daten. 2.2 Zusatzblatt Kosten für Unterkunft und Heizung Die pauschale Erhebung von Angaben zur Vermieterin oder zum Vermieter für den noch ungewissen Fall, dass später einmal die Direktüberweisung angezeigt sein sollte, stellt eine unzulässige Datenerhebung und -speicherung auf Vorrat dar. Insoweit sind Angaben hierüber auf dem Zusatzblatt zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung keine pflichtigen Angaben. Darauf ist hinzuweisen. 2.3 Ausfüllhinweise Insgesamt ist festzuhalten, dass an Teilen dieser Antragsbögen erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken bestehen. Die Bedenken können vielfach nur durch aussagekräftige Ausfüllhinweise gemildert werden. Der Forderung nach umfassenden und aussagekräftigen Ausfüllhinweisen, die von der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit bereits im August 2004 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit erhoben wurde und der sich mittlerweile auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz sowie Landesbeauftragte für den Datenschutz angeschlossen haben, wurde durch die Ausfüllhinweise der Bundesagentur für Arbeit zum Antragsvordruck Arbeitslosengeld II in Ansätzen entsprochen. Mit Hilfe dieser Ausfüllhinweise sollen die jeweiligen Antragstellerinnen und Antragsteller im direkten Gespräch mit der für sie zuständigen Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter sowohl ein datenschutzkonformes Ausfüllen erreichen als auch Verzögerungen oder 18

Ablehnungen vermeiden. Aufgrund ihrer Verantwortung für die Zulässigkeit der Datenerhebung kann sich die ARGE nicht auf einen Hinweis zum zentralen Versand der Antragsformulare durch die Bundesagentur für Arbeit beschränken. Sie hat vielmehr aktiv darauf hinzuwirken, dass zum einen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Defizite der Formulare bekannt sind und zum anderen die betroffenen Personen entsprechend informiert werden. 2.4 Insbesondere: Zusatzblatt Ärztliche Bescheinigung für kostenaufwändige Ernährung Gem. 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Dr. 15/1516, 57) können die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge (DV) entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden. Auch die Praxis der Sozialleistungsträger orientiert sich an den empfohlenen Regelsätzen des DV. Mangels medizinischer Fachkenntnis der Sachbearbeiterin oder des Sachbearbeiters kann eine von einer Ärztin oder einem Arzt bescheinigte Diagnose jedoch nur dazu herangezogen werden, die zur Diagnose passende Krankenkostform und den hierzu angegebenen Regelsatz aus einer Tabelle zu entnehmen. Damit wird ein teilweise höchst sensibles Gesundheitsdatum der betroffenen Person (HIV-Infektion, Leberinsuffizienz, Gicht, Krebserkrankung etc.) nur zu dem Zweck offenbart, die hierzu empfohlene Kostform nebst Regelwerte aus einer Tabelle zu entnehmen. Eine Überprüfung der Diagnose selbst kann und darf von der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter mangels Kompetenz nicht vorgenommen werden. Die Erhebung der sensiblen Gesundheitsdaten zum Zwecke der Ermittlung eines Regelwertes ist nicht erforderlich. Ein weniger in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifendes aber ebenso geeignetes Verfahren ist z.b. in einem nordrhein-westfälischen Kreis im Rahmen der Sozialhilfe entwickelt worden: Danach verbleiben die medizinischen Daten auf der Ebene der medizinischen Fachkräfte. Der von der behandelnden Ärztin oder vom behandelnden Arzt ausgefüllte Vordruck zur Bescheinigung wird dem Antrag in einem verschlossenen Umschlag beigelegt. Die oder 19

der zuständige Beschäftigte im Sozialamt leitet den verschlossenen Umschlag an das Gesundheitsamt weiter, welches unter Heranziehung einer Tabelle mit den Empfehlungen des DV von der Kostform auf einen zugewiesenen Regelbetrag schließt. Das Gesundheitsamt stellt den Mehrbedarf im Antragsvordruck fest und reicht die ärztliche Bescheinigung ggf. im verschlossenen Umschlag wieder an das Sozialamt zurück; die ärztlichen Unterlagen sind dann im verschlossenen Umschlag zur Akte zu nehmen. Mit diesem Verfahren ist sichergestellt, dass teilweise sensibelste Gesundheitsangaben der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter nicht bekannt werden. Dieses Verfahren ist nur ein Beispiel für eine datenschutzkonforme Lösung. Es ließen sich weitere Verfahren denken. Inwieweit unter Umständen auch mit der Bescheinigung einer bestimmten Kostform durch die Ärztin oder den Arzt gearbeitet werden kann, ist noch nicht abschließend datenschutzrechtlich bewertet. Die vom DV gegebenen Empfehlungen können jedenfalls in einer Tabelle verarbeitet werden, die eine eindeutige Zuordnung einer bescheinigten Kostform zu einem Regelwert ermöglicht. Festzuhalten ist, dass die Angabe der Diagnose gegenüber der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter nicht erforderlich ist. Mangels Erforderlichkeit ist die Erhebung der Diagnose zur Einsicht der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in der ARGE datenschutzrechtlich unzulässig. Die ARGE trägt insoweit die datenschutzrechtliche Verantwortung, auch für den Einsatz des von der Bundesagentur für Arbeit entworfenen Vordruckes. Die Bundesagentur für Arbeit beabsichtigt meinen Erkenntnisses nach zukünftig mit einem geänderten Vordruck zu arbeiten, der einige, aber nicht alle Diagnosen in einer Gruppe zusammenfasst. Aufgrund der hier dargelegten Erwägungen ist jedoch auf die Erhebung der Diagnose für die Sachbearbeiterin oder den Sachbearbeiter vollständig zu verzichten. Die Angabe der Diagnose gegenüber der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter ist zudem im Bereich des SGB II gerade im Hinblick auf die datenschutzrechtlich mangelhaften DV-Systeme der Bundesagentur für Arbeit besonders bedenklich. Die unzulässige Erhebung der Gesundheitsdaten wird durch die naheliegende Gefahr der Speicherung auch in coarb zusätzlich perpetuiert. Zwar wird in A2LL der Grund für eine kostenaufwändige Ernährung auf der Schaltfläche Bedarfe Mehrbedarf ausgewähltes Mitglieder der BG nicht frei eingetragen, sondern aus einer Vorauswahl ausgewählt. Die 20

ausgewählte Ursache sei nur während der Erfassung sichtbar und werde weder in Sichten noch Bescheiden ausgewiesen. Die Vorkehrung in A2LL, angesichts der besonderen Sensibilität der Daten den Grund für eine kostenaufwändige Ernährung nur auswählen und sich nachträglich nicht mehr anzeigen lassen zu können, würde jedoch vollständig unterlaufen, bekäme auch der pap die Angaben zur Kenntnis bzw. würden die Angaben sogar in coarb in Vermerkform für jeden jederzeit einsehbar gespeichert. 2.5 Fragebögen zu Eingliederungsleistungen in Arbeit In der Praxis der ARGE werden teilweise Angaben zu Ausbildung und Beruf als Grundlage für Eingliederungsleistungen mittels eines Fragebogens erhoben. Hierzu ist auf folgendes hinzuweisen: Die Schaffung der Bedarfsgemeinschaft, in dem grundsätzlich jedes Mitglied sein Vermögen und Einkommen zur Deckung des Bedarfs der gesamten Gemeinschaft einzusetzen hat, führt zu der Situation, dass Menschen aufgefordert werden, Angaben zu Ausbildung und Beruf (womöglich in einem persönlichen Gespräch) zu machen, auch wenn sich diese bereits in einem Beschäftigungsverhältnis oder in einem Ausbildungsverhältnis befinden sollten. Gem. 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II trifft alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft eine Selbsthilfeobliegenheit. Gem. 2 Abs. 2 S. 1 SGB II haben die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Danach kann jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft von sich aus auch Leistungen der ARGE zur Eingliederung beantragen. Es ist jedoch nicht zu einer aktiven Mitwirkung an Eingliederungsleistungen verpflichtet. Die Mitwirkungspflicht zu Maßnahmen der Eingliederung in Arbeit trifft gem. 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB II nur die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der Bedarfsgemeinschaft. Die pauschale Datenerhebung zur Ausbildung und Beruf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft kann daher nicht damit begründet werden, dass diese Daten zur Aufgabenerfüllung nach 16 SGB II erforderlich wären. Von der generellen Datenerhebung ist die Erhebung von Daten im konkreten Einzelfall zu unterscheiden. Inwieweit im konkreten Einzelfall aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zur Verhinderung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit eines Mitgliedes einer Bedarfsgemeinschaft Daten zu Ausbildung und Beruf eines anderen Mitgliedes über 67a 21

SGB X erhoben werden dürfen, ist noch nicht abschließend bewertet. Jedenfalls kann eine generelle Datenerhebung nicht mit Hinweis auf 67a SGB X gerechtfertigt werden. Als Rechtsgrundlage für eine generelle Datenerhebung eines jeden Mitgliedes kommt nur 51b Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Verbindung mit 51b Abs. 1 Nr. 1 SGB II in Betracht. Inwieweit damit die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erfasst sind, die selbst weder hilfebedürftig noch Leistungsempfänger sind, ist noch nicht abschließend bewertet. Soweit 51b Abs. 2 Nr. 4 SGB II einschlägig sein sollte, ist die Datenerhebung zumindest auf die abschließend aufgeführten Daten zu beschränken. So ist beispielsweise nur der höchste Berufsbildungs- bzw. Studienabschluss erfasst, nicht jedoch die Erhebung aller Beschäftigungsverhältnisse und etwaige Unterbrechungen. Der Umstand, dass eine bestehende Beteiligung am Erwerbsleben einschließlich Art und Umfang der Erwerbstätigkeit nicht erfragt wird, verdeutlicht, dass der Fragebogen auf erwerbslose Personen ausgerichtet ist. Dies mag eine Ursache für die Empörung vieler Menschen sein, die den Sinn der Datenerhebung nicht nachvollziehen können. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass Fragebögen zu Ausbildung und Beruf nach den Datenschutzrechten der Zielgruppen (erwerbsfähiger Hilfebedürftiger, übrige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft) differenziert zu gestalten sind. Für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, die z.b. in einem Beschäftigungsverhältnis stehende Partnerin oder das zur gymnasialen Oberstufe gehende Kind, ist ein auf die von 51b SGB II abschließend aufgezählten Angaben zugeschnittenes Formular einzusetzen. Nur wenn die ARGE bereits in der Datenerhebung auf den richtigen Zweck und die richtige Rechtsgrundlage hinweist, kann bei den betroffenen Personen Verständnis für die Erhebung dieser Angaben bestehen. 2.6 Zulassung geeigneter alternativer Nachweismöglichkeiten In vielen Fällen hat die betroffene Person mehrere Möglichkeiten, um eine Angabe in genügender Weise nachzuweisen. Der betroffenen Person darf die Möglichkeit, eine Angabe auf andere geeignete Weise nachzuweisen, grundsätzlich nicht verwehrt werden. Dieser Grundsatz sei am Beispiel der Angaben zu den Kosten der Unterkunft und des voraussichtlichen Entbindungstermins verdeutlicht: So kommt hinsichtlich der Kosten der Unterkunft neben einer Vermieterbescheinigung auch die Vorlage eines Mietvertrages nebst weiterer Unterlagen (z.b. Kontoauszüge) in 22