Männlichkeitsforschung. Männerforschung (R. Connell) Männerforschung (R. Connell)

Ähnliche Dokumente
VO: STAAT UND POLITIK ALS INSTITUTIONALISIERTE MÄNNLICHKEIT

Was heißt Männerpolitik? 01. Mär 2011

Geschlecht und psychische Erkrankung der Umgang mit Verletzlichkeit in männliche Lebenswelten

Kapitulation vor dem Eros

Migrant + Männlich = Gewalttätig? Mythen, Erkenntnisse und Konsequenzen für die Gewaltprävention

DIE FILES DÜRFEN NUR FÜR DEN EIGENEN GEBRAUCH BENUTZT WERDEN. DAS COPYRIGHT LIEGT BEIM JEWEILIGEN AUTOR.

Pädagog_innen in der Arbeit mit Jungen und Jungenarbeit

Studienbuch Gender & Diversity

Strategisches Framing

Pierre Bourdieu "Die männliche Herrschaft"

Bin so stark, stark, stark wie ein Tiger. Geschlechtliche Sozialisation von Jungs Sven Schmalfuß, M.A. Studieneinheit Gender Studies

Zur Einführung I. Zur Einführung Übersicht: Entstehung und Verortung. Gegenstand/Ziele, Entwicklung/Differenzierungen:

Dr. Anna Buschmeyer

Meilensteine der Frauen- und Geschlechterforschung

Raumwahrnehmung aus soziologischer Perspektive

Zu Beginn des Workshops: Kurze Zusammenfassung der Eckpunkte des Vortrags:

Brauchen Jungen Männer? Symposium Nr. 19 Jungenarbeit und Gender

Michael Meuser Geschlecht und Männlichkeit

Prof. Dr. Diana Lengersdorf. Universität zu Köln

Geschlechtergerechtigkeit die Fragen der Männer

- Es gibt Kinder, die nicht eindeutig als Junge oder Mädchen identifiziert werden können, die in der Regel medizinisch vereindeutigt werden

Friederike Habermann Luis Emilio Jara Colom GENDERINDIKATOREN. EINE KRITISCHE BESTANDSAUFNAHME AUS INTERSEKTIONALER PERSPEKTIVE

Schwule Rapper, es wird Zeit, dass wir Tacheles sprechen

Vorlesung Sozialisation Biografie Lebenslauf. Habitus - Kulturelles Kapital Bildungschancen

Ernste Spiele : zur Konstruktion von Männlichkeit im Wettbewerb der Männer Meuser, Michael

2. Die soziale Produktion von Männlichkeit

Transkulturalität in der Entwicklungszusammenarbeit

Sport und Männlichkeit. Die Konstruktion von Männlichkeit im Fußball

Herausforderungen. Männliche Lebenslagen im Wandel der Geschlechter- und Erwerbsverhältnisse. Michael Meuser

DIE FILES DÜRFEN NUR FÜR DEN EIGENEN GEBRAUCH BENUTZT WERDEN. DAS COPYRIGHT LIEGT BEIM JEWEILIGEN AUTOR.

Habitus und Feld. Ariane Basler und Andrea Jaberg

Supermann kann Seilchen springen! Jungenförderung durch Bewegung, Spiel und Sport

Biografische Methoden zur Reflexion eigener geschlechtsbezogener Erfahrungen und Geschlechterbilder

Grundlagen der Industrie- und Organisationssoziologie

Selbst- und Fremdzuschreibungen in den Geschlechterbildern. Pforzheim, Birol Mertol

Auf die Haltung kommt es an!

Ringvorlesung: Vermittlungsmethoden im Sport

Geschlechtsspezifische Bildung & Partizipation

Klischees und feine Unterschiede

JUNGS im Blick - Geschlechterbewusstes Handeln in der Schulsozialarbeit

Krise der Männlichkeit? Männer im Gleichstellungsprozess

Neue Theorie der Schule

Aktuelle Frauenforschung Band 33

Männer-Erfahrungen und Frauen-Erfahrungen

Veranstaltungs und Prüfungsmerkblatt Frühjahrssemester 2014

Hegemoniale Männlichkeit und männlicher Habitus Thesen zu Connell und Bourdieu

Dis/Kontinuitäten: Feministische Theorie

Gliederung. 1. Lebenslauf Max Webers. 2. Hauptwerke. 3. Die Begriffe Klasse Stand Partei 3.1. Klasse 3.2. Stand 3.3. Partei. 4.

Homophobie und Diskriminierung im Sport

Sozialisation: Weiblich -

Ausgrenzung g begegnen

FrauenMännerGeschlechterforschung

Der moderne Mann. Männlichkeitstheorien und -defintion

Jungenpädagogik zwischen Tradierung und Veränderung

Ich habe mit meiner Ehefrau wenig Geschlechtsverkehr Historische Aspekte des Verhältnisses von Sexualität und Geschlecht

Hegemonie gepanzert mit Zwang

Einleitung... 1 Emre Arslan und Kemal Bozay. Teil 1 Theoretische Zugänge... 7

NICHTS FÜR KINDER!? ADULTISMUS ALS TEIL EINER FUNKTIONIERENDEN GESELLSCHAFT?

PROJEKTBEGLEITUNG TRAINING MODERATION. Mikropolitik in Organisationen. Macht, Interessen und Strategie

Care-Ökonomie im Postfordismus. Perspektiven einer integralen Ökonomietheorie

Männlichkeiten in der Literatur Konzepte und Praktiken zwischen Wandel und Beharrung

7042 Elke Kleinau Wann ist der Mann ein Mann? Geschichte und Theorie von Männlichkeiten

Pierre Bourdieu Die feinen Unterschiede

Straflust und Repression

Männlichkeit und Migration Erkenntnisse kritischer Forschung und Folgerungen für die Burschenarbeit

Kämpfe um soziale Ungleichheit

Daniela Rastetter. Sexualität und Herrschaft in Organisationen

KUNST STADT WERBUNG 14 WERBEGROSSFLÄCHEN IN KASSEL VON STUDIERENDEN DER KUNSTHOCHSCHULE KASSEL UND DER UNIVERSITÄT KASSEL

Jungen in der Heimerziehung und sexuell grenzverletzende Jungen

Inhalt 6 Einführung 8 Achsen der Ungleichheit Achsen der Differenz: Verhältnisbestimmungen

Soziologie im Nebenfach

Soziologische Theorien kompakt

Pädagogische Beratung

Inhalt. Vorwort. Bibliografische Informationen digitalisiert durch

Gender Mainstreaming in der Betrieblichen Gesundheitsförderung. Vortrag bei der HAG am Sujet Michael Gümbel

Lesben im Alter- Lebenssituationen und strukturelle Herausforderungen

Pubertät und Adoleszenz aus jungenpädagogischer Sicht

Gender Mainstreaming in JOBSTARTER

Held, Horn, Marvakis Gespaltene Jugend

Jugendliche aus Sicht der Erwachsenen

12 1. Einleitung auch diejenigen, die mit dem wenigsten Gehalt zufrieden wären. Im Erzieher/innenberuf scheint nämlich ein wesentlicher Mechanismus de

Geschlechterstereotype: Ursachen, Merkmale, Effekte. Dr. Marc Gärtner, Berlin

Prof. Dr. Ulrike Schildmann: Verhältnisse zwischen Geschlecht und Behinderung

QUEERE UND INTERSEKTIONALE PERSPEKTIVEN IN DER PÄDAGOGIK DR. INES POHLKAMP, GENDERINSTITUT BREMEN

9. Erweiterungen: Lebensstile und soziale Milieus 1. Lebensstile: Definition 2. Lebensstile im historischen Wandel 3. Lebensstile und soziale

Individualität, Geschlechterverhältnis und Liebe

Pädagogische Soziologie

Gewalt eine Frage des Geschlechts? Erkenntnisse, Strategien, Handlungsmöglichkeiten

Hegemoniale Männlichkeit Innovatives Konzept oder Leerformel? 1

Adoleszenzforschung Zur Theorie und Empirie der Jugend aus transdisziplinärer Perspektive Band 2

Zum pädagogischen Umgang mit Gleichheit und Differenz

Peter L. Berger und Thomas Luckmann. - Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit -

Transkript:

Männlichkeitsforschung Lit.: Willi, Walter: Gender, Geschlecht und Männerforschung. In: Christina von Braun/Inge Stephan (Hrsg.): Gender-Studien. Eine Einführung. Stuttgart; Weimar: Metzler 2000. S. 97-115. Männlichkeitsforschung nach R. Connell Zentraler Forschungsschwerpunkt Gewalt Hegemoniales Männlichkeitskonzept nach Bourdieu Am Beispiel Fußball Männerforschung (R. Connell) Beginn: USA: Mitte der 1970er Jahre. Kritik und Neubewertung der bis dahin gültigen männlichen Geschlechtsrolle. Mitte der 1980er Jahre: Neue Generation von Männerstudien. Vorgeblich wertfreie Wissenschaft wurde von Feministinnen als Männerwissenschaft entlarvt. Männerforschung (R. Connell) Konzeptualisierung von Männlichkeiten Männer sind Akteure eines Unterdrückungssystems, dem sie nicht entrinnen können. Determinismus! Robert Connell: Politische Soziologie der Männer in Geschlechter-Verhältnissen.

Kritik an der Rollentheorie Machtaspekte werde nicht zur Genüge erfasst; übertreibt das Ausmaß, in dem das soziale Verhalten der Menschen vorgeordnet ist. Dominanzstrukturen wie Klasse, Rasse etc. werden vernachlässigt. 3-stufiges Modell - Mehrdimensionalität der Struktur des sozialen Geschlechts Machtbeziehungen: Dominanz von Männern, Unterordnung von Frauen. Produktionsbeziehungen: Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung. Emotionale Bindungsstrukturen: Begehren, Globale Ungleichheit Klasse, Rasse... Hegemoniekonzept (Antonio Gramsci) Begründet ein offenes und dynamisches Konzept hegemonialer Männlichkeit.

Hegemoniekonzept (Antonio Gramsci) Hegemonie ist nichts Statisches, Unveränderbares. Hegemonial ist das, was sich in einer historisch spezifischen Situation gegen konkurrierende Möglichkeiten durchsetzt. Veränderung der Hegemonie. Hegemoniekonzept (Antonio Gramsci) Hegemonie baut - im Gegensatz zur reinen Gewaltherrschaft neben der Option der angedrohten oder realen Gewalt auch auf Autorität auf. Sein Konzept beschreibt nicht nur ein Herrschaftsverhältnis zwischen Männern und Frauen, sondern auch jenes zwischen Männern bzw. verschiedenen Männlichkeiten. Das hegemoniale Verhältnis zwischen verschiedenen Gruppen strukturiert sich nach den Prinzipien der Unterordnung, Komplizenschaft und Marginalisierung.

Unterordnung: Unterordnung von homosexuellen Männern. Prinzip der Komplizenschaft: Es gibt einerseits zahlenmäßig nur wenige Männer, die die hegemonialen Muster konsequent umsetzen können. Andererseits profitiert die Mehrheit der Männer von der gesellschaftlichen Hegemonie von Männlichkeit. Marginalisierung oder Ausgrenzung: Symbolische Besetzung, Zuschreibung und Verwertung - schwarze Männlichkeit in einer von Weißen dominierten Gesellschaft. Zentrale Themen/Forschungsschwerpunkte Mannsein als emotionale Bewältigungskategorie. Im Bewältigungsbegriff betonen sie einerseits die Anforderung gesellschaftlicher Strukturen und anderseits den aktiven Charakter des Subjekts der Sozialisation. Grundlegende Bewältigungsprinzipen von Mannsein Außenorientierung: Verbot sich mit der emotionalen Innenwelt zu befassen. Gewalt /gegen Frauen, Männer und gegen sich selbst. Stummheit, Körperferne, Kontrolle.

Gewalt Gewalt wird als integraler Bestandteil hegemonialer bzw. normaler Männlichkeit gesehen. Verschiedene Dimensionen von Gewalt Gewalt gegen Frauen Gewalt gegen andere Männer Gewalt von Männern gegen sich selbst Unsicherheit und Gefühle der Ohnmacht werden von Männern systematisch durch Gewalt zu verdrängen versucht. Männer als Täter stehen im Vordergrund der Thematisierung. Männliches Opfer-sein wird als kulturelles Paradox gesehen. Pierre Bourdieu: Hegemoniale Männlichkeit Lit.: Meuser, Michael: Hegemoniale Männlichkeit Überlegungen zur Leitkategorie der Men`s Studies. In: Aulenbacher, Brigitte/Bereswill, Mechthild u.a. FrauenMännerGeschlechterforschung. State of the Art. Münster: Westfälisches Dampfboot 2006. S. 160-174.

Habituskonzept Übertragung des Habituskonzept auf die männliche Herrschaft. Vergeschlechtlichter und vergeschlechtlichendem Habitus. Habitus Es geht um die vielschichtigen Bedeutungen von Fähigkeiten, Gewohnheit, Haltung, Erscheinungsfeld, Stil... Bourdieu führt all diese Sinndimensionen zusammen und betont besonders den generativen Aspekt von Habitus. Habitus ist handlungsermöglichend. Grundlage des männlichen Habitus ist eine libido dominandi (Verständnis von männlicher Herrschaft), die das Handeln des Mannes sowohl gegenüber anderen Männern als auch Frauen strukturiert.

Der männliche Habitus wird konstruiert und vollendet nur in Verbindung mit dem den Männern vorbehaltenen Raum, in dem sich die ernsten Spiele des Wettbewerbs abspielen (Ökonomie, Clubs, Militär...). Frauen haben hier eine marginale Rolle sind Zuschauerinnen schmeichelnde Spiegeln. Zentral: Die kompetitive Struktur von Männlichkeit und der homosoziale Charakter der sozialen Felder, in denen der Wettbewerb stattfindet. Der Wettbewerb wird nur unter Männern ausgetragen sie stehen einander als Partner- Gegner gegenüber. Der Wettbewerb trennt die Beteiligten nicht (nur), resultiert auch in Hierarchien, ist aber zugleich ein Mittel der männlichen Vergesellschaftung. Männlichkeit ist ein relationaler Begriff, der für die anderen Männer und gegen Weiblichkeit konstruiert ist, aus Angst vor dem Weiblichen. Hegemonie ist die kulturelle vorgegebene Form, in der Männlichkeit gegen Weiblichkeit konstruiert ist und sie ist Spieleinsatz im Wettbewerb der Männer untereinander.

Keine Gleichförmigkeit des doing masculinity gibt es in allen möglichen Formen des männlichen Wettbewerbs (Scherz, Konkurrenz und Gewalthandeln). Homosozialer Wettbewerb Männliches Begehren nach gleichgeschlechtlicher Gemeinschaft! Bedeutung der Peergroup der gleichaltrigen männlichen Jugendlichen Lebensgeschichtlich der erste homosozial geprägte soziale Raum außerhalb der Familie. Hier wird die Strukturlogik des männlichen Habitus spielerisch angeeignet. Zu dieser Aneignung gehört eine Abgrenzung gegenüber Frauen und alles, was weiblich konnotiert ist (oftmals Abwertung des Weiblichen). Am Beispiel Fußball Einübung der hegemonialen Männlichkeit als Strukturübung. Jungs lernen es, den Wettbewerb als solchen zu lieben. Ist wichtig für spätere Karrieren! Nicht jeder Spieler verkörpert hegemoniale Männlichkeit untergeordnete Männlichkeiten, die Anteil am Erfolg der übergeordneten Männlichkeiten haben.

Wachsende Zahl von Frauen/Fußballerinnen stellt den Fußball als männliche Arena in Frage! Homophobie im Fußball Homophobie bezeichnet hauptsächlich eine soziale, gegen Lesben und Schwule gerichtete Aversion bzw. Feindseligkeit. Männerbündische Organisation des Fußballs Eine symbolische Ordnung abseits der Zweigeschlechtlichkeit - eigene Regeln, eigene Werte. Schwules Begehren ist in diesem Bund ausgeschlossen. Körperliche Intimitäten sind zwar erlaubt, aber ein schwuler Spieler stört die Ordnung des Männerbundes und ist eine Gefahr für die Männergemeinschaft.

Dr.in Irmtraud Voglmayr Danke!