zum Bericht des Ausschusses der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister

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Transkript:

position Stellungnahme des DGB und der Mitgliedsgewerkschaften zum Bericht des Ausschusses der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister zur Koordinierung der Juristenausbildung (KOA) Harmonisierungsmöglichkeiten für die juristischen Prüfungen: Bewertung und Empfehlungen, vom Herbst 2016 DGB Bezirk Niedersachsen Bremen Sachsen-Anhalt I Datum 13.02.2017

Impressum Herausgeber: DGB Bezirk Niedersachsen Bremen Sachsen-Anhalt Otto-Brenner-Str. 7 30159 Hannover www.niedersachsen.dgb.de verantwortlich: Dr. Niels Spilker Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes: IG Bauen-Agrar-Umwelt IG Bergbau, Chemie, Energie EVG - Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft IG Metall Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Gewerkschaft der Polizei ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft 3

Der Deutsche Gewerkschaftsbund nimmt zum vorgelegten Bericht des Ausschusses der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister zur Koordinierung der Juristenausbildung (KOA) wie folgt Stellung: Vorbemerkung Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften setzen sich politisch und rechtlich für die rund 43 Millionen Beschäftigten in Deutschland ein. Fast 40 Millionen Beschäftigte sind Arbeitnehmer, deren Interessen für die Gewerkschaften im Fokus ihrer Arbeit stehen. Die Gewerkschaften vertreten ihre Mitglieder auch in arbeitsgerichtlichen Verfahren bis zum Bundesarbeitsgericht. Insofern ist die Harmonisierung des Pflichtstoffs und eine Modifizierung des Schwerpunktbereichs im juristischen Studium für den DGB ein Thema von immenser Tragweite. Die Justizministerkonferenz hat im November 2016 auf ihrer Herbsttagung beschlossen, dass der vorliegende Bericht des Koordinierungsausschusses zur Harmonisierung und Angleichung der Juristenausbildung (KOA), zu dem der DGB hier Stellung nimmt, eine geeignete Grundlage für die Reform des Jurastudiums darstellt. Der vorliegende Bericht sieht folgenreiche Kürzungen vor: Beim Pflichtstoff im Bereich Arbeitsrecht soll das kollektive Arbeitsrecht, insbesondere die Grundsätze des Betriebsverfassungsrechts, Tarifvertragsrechts und Arbeitskampfrechts sowie das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, gestrichen werden. Gleichzeitig wird vorgeschlagen, die Bedeutung der Schwerpunktbereichsprüfung zu verringern. Die Semesterwochenstundenzahl im Schwerpunktbereich soll reduziert und dessen Gewichtung in der Ersten juristischen Prüfung von 30% auf 20% reduziert werden. Über diese Bestrebungen der Justizministerkonferenz ist der DGB verärgert. Damit wird ein falsches Zeichen gesetzt. Der DGB hält diese Bestrebungen für rechtspolitisch völlig verfehlt und plädiert ganz entschieden für den Erhalt und die Beibehaltung der Gewichtung des Schwerpunktbereichs sowie für den bisherigen Umfang des Pflichtstoffs im Arbeitsrecht. Der DGB schlägt im Sinne aller Beteiligten vor, Möglichkeiten der Entschleunigung in der Ausbildung von JuristInnen zu prüfen, anstatt zentrale Ausbildungsinhalte zu opfern. 4

Der DGB fordert, dass 1. die Grundzüge des Betriebsverfassungsrechts, des Tarifvertragsrechts und des Arbeitskampfrechts sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Pflichtfachstoff bleiben, 2. die Bedeutung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung nicht gemindert wird, 3. die in Niedersachsen bestehende Möglichkeit der Abschichtung von Prüfungsleistungen in der Ersten juristischen Prüfung erhalten bleibt. Im Einzelnen 1. Zum Teilbericht Harmonisierung und Begrenzung des Pflichtstoffs Der DGB begrüßt das Ziel, die Gleichwertigkeit der juristischen Ausbildung im Bundesgebiet zu gewährleisten. Andernfalls wäre Mobilität von Studierenden und AbsolventInnen behindert. Die im vorliegenden Bericht genannten Kriterien Praxisrelevanz, Eignung für exemplarisches und methodisches Lernen, Prüfbarkeit und Prüfungswirklichkeit sind aus Sicht des DGB im Prinzip auch geeignet, um bei der Auswahl des Pflichtstoffes eine zentrale Rolle zu spielen. Den Kriterien wird allerdings nicht konsequent gefolgt. Dem Bericht entsprechend sollen im staatlichen Teil der Ersten juristischen Prüfung beim Arbeitsrecht die Themengebiete Betriebsverfassungsrecht, Tarifvertragsrecht, Arbeitskampfrecht und Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz entfallen. Das ist nicht akzeptabel. Aus folgenden Gründen ist von einer Dezimierung dieses Pflichtfachstoffes für die universitäre Lehre abzuraten: Eine häufige und aus Sicht der Gewerkschaften und der Beschäftigten existenziell wichtige arbeitsrechtliche Frage lautet: Ist eine von Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung wirksam? Wie aber soll diese Frage ohne einen Bezug auf das kollektive Arbeitsrecht beantwortet werden? Im Arbeitsrecht kann kein Fall gelöst werden, ohne die Verknüpfung des individuellen Arbeitsrechts mit dem kollektiven Arbeitsrecht zu kennen. Wir möchten anhand eines fiktiven Beispiels illustrieren, wie verzahnt die Bereiche des individuellen und des kollektiven Arbeitsrechts sind: In einem Rechtsstreit wird die Kündigung eines zuvor lange erkrankten Arbeitnehmers verhandelt. Der Rechtsstreit endet mit einem Vergleich, in dem das Datum für das Ende des Arbeitsverhältnisses, eine Abfindung und eine Generalquittung, 5

also eine Vereinbarung, dass sich mit dem Vergleich alle gegenseitigen Ansprüche erledigt haben, verabredet ist. Eine solche Generalquittung ist allerdings nichtig, da ein Tarifvertrag existiert. Ansprüche aus dem Tarifvertrag (Regelung des Urlaubsanspruchs, Unkündbarkeitsklauseln für ältere Beschäftigte etc.) können nicht einfach durch Vergleiche ausgehebelt werden. Kurz: Wenn JuristInnen die Bedeutung von Tarifverträgen nicht kennen, können sie gar kein umfassendes Bild der Rechtslage haben. Dadurch entstehen massive Probleme. Alleine das Beispiel zeigt: Nur mit einem grundlegenden Wissen im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht sind Studierende, aber auch AnwältInnen und RichterInnen in der Lage, einen arbeitsrechtlichen Fall zu bearbeiten und zu lösen. Da auch viele nicht spezialisierte Anwaltskanzleien MandantInnen in arbeitsrechtliche Fragen vertreten, muss das kollektive Arbeitsrecht zwingend Pflichtstoff für alle zukünftigen JuristInnen bleiben. Das Arbeitsrecht verknüpft die allgemeinen Regeln des Zivilrechts mit den Besonderheiten des kollektiven Arbeitsrechts, deren Rechtsnormen wie Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen und den Grundrechten, insbesondere Art. 9 Abs. 3 GG. Die Eignung für exemplarisches und methodisches Lernen ist beim Arbeitsrecht besser möglich als in anderen Rechtsgebieten. Das Arbeitsrecht verfügt über eine klare Normenhierarchie, und diese muss im Studium gelehrt und gelernt werden. Das Arbeitsrecht verlangt von den Studierenden, egal für welchen Studienschwerpunkt sie sich später entscheiden, zudem in einem hohen Maß vernetztes Denken. Es gibt zum Beispiel viele Bezugnahmen auf die Grundrechte und das Unionsrecht. Dieses vernetzte Denken lernen die Studierenden dabei an sehr lebensnahen Fällen. Das Arbeitsrecht ist in hohem Maße praxisrelevant. Bei fast 40 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besteht eine enorme Betroffenheit, wie wir sie vergleichsweise im Mietrecht kennen. Das Arbeitsrecht bietet für einen großen Teil der künftigen JuristInnen eine berufliche Perspektive, FachanwältInnen für Arbeitsrecht stellen die im Vergleich größte Fachanwaltsgruppe. Auch eine große Zahl von nicht spezialisierter Anwaltskanzleien betreuen 6

arbeitsrechtliche Mandate. Unwissenheit im kollektiven Arbeitsrecht hat hier fatale Folgen, MandantInnen können nicht angemessen beraten und vertreten werden. 2. Zum Teilbericht Schwerpunktbereichsprüfung Das Schwerpunktbereichsstudium und die Schwerpunktbereichsprüfung waren die zentralen Neuerungen der Reform der Ausbildung von JuristInnen von 2002/2003. Seitdem besteht die erste Prüfung im Jurastudium (zuvor: erstes Staatsexamen) aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung. Das Studium besteht aus Pflichtfächern und aus Schwerpunktbereiche mit Wahlmöglichkeiten für die Studierenden. Die Schwerpunktbereiche sollen das Studium vertiefen und dienen der Vermittlung interdisziplinärer und internationaler Bezüge des Rechts. In die Gesamtnote der Ersten juristischen Prüfung fließen bisher das Resultat der staatlichen Pflichtfachprüfung mit 70% und das Resultat der Schwerpunktbereichsprüfung mit 30% ein. Der Bericht schlägt vor, dass der Umfang des Schwerpunktbereichs auf 10 bis 14 SWS gekürzt und gleichzeitig das Gewicht der universitären Schwerpunktbereichsprüfung im Rahmen der Ersten juristischen Prüfung von 30% auf 20% abgesenkt wird. Der DGB lehnt diesen Vorschlag ab. Aus Sicht des DGB hat sich das Schwerpunktbereichsstudium bewährt und muss im jetzigen Umfang bestehen bleiben. Oder besser noch: Es muss ausgebaut und gestärkt werden. Insbesondere machen wir folgende Punkte geltend: In der universitären Praxis funktionieren die Schwerpunktbereiche sehr gut. Die Einführung hat dazu geführt, dass an allen Universitäten ein breites Spektrum verschiedener Schwerpunktbereiche angeboten wird. Die juristischen Fakultäten haben für deren Inhalt und Verwaltung die Verantwortung übernommen und organisieren auch die Prüfungen im Schwerpunktbereich. Das Studium im Schwerpunktbereich gibt den Studierenden die Möglichkeit, neben dem Pflichtstoff ein Fachgebiet zu studieren, das in besonderem Maße ihren subjektiven Interessen entspricht. Die Wahl für einen Schwerpunktbereich ist die erste wirklich freie Entscheidung im Verlauf eines Jurastudiums. Studierende erhalten hier einen Freiraum, um Neigungen und besondere Interessen herauszufinden sowie ein persönliches berufliches Profil zu erar- 7

beiten. Das Studium im Schwerpunktbereich dient dem wissenschaftlichen Arbeiten und dessen Kennenlernen, aber auch der fachlichen und methodischen Vertiefung. Es bietet eine wichtige Möglichkeit, über den Tellerrand des Pflichtstoffes zu schauen. Das Studium im Schwerpunktbereich gibt Studierenden die Möglichkeit, sich beruflich zu orientieren sowie soziales und politisches Engagement zu erproben. Für die Studierenden ist es sehr motivierend, dass sie diese Möglichkeit haben. Dieses erhöhte Engagement muss jedoch auch in der Examensnote angemessen gewichtet werden, da es Ausdruck der fachlichen Kenntnisse der Studierenden ist. Dass die Noten im Schwerpunktstudium in der Regel besser ausfallen als in dem staatlichen Teil der Ersten juristischen Prüfung ist dem Umstand geschuldet, dass dort der Lehrstoff eingegrenzt wird und Studierende ein besonderes Interesse für dieses Rechtsgebiet besitzen. Der Umstand spricht aus Sicht des DGB eindeutig für den Erhalt des Status quo. Bessere Noten sind ein Zeichen, dass den Studierenden das wissenschaftliche Arbeiten im Schwerpunktbereich Spaß macht, dass es sie motiviert. Die Schwerpunktbereiche bieten Möglichkeit der Profilbildung für die juristischen Fakultäten. Wird der Schwerpunktbereich abgeschafft, fehlt es den Fakultäten an wissenschaftlicher Arbeit, so dass das Studium an die Fachholschulen verlagert werden könnte, was weder im Interesse der Wissenschaft, Hochschulen noch der Studenten sein kann. Gegenwärtig sichert das Studium in Schwerpunktbereich den juristischen Nachwuchs im Arbeits- und Sozialrecht. Sozialrecht wird bereits jetzt nur im Schwerpunktbereich gelehrt, so dass das Sozialrecht bei dem Wegfall des Schwerpunktbereichsstudiums besonders stark betroffen und quasi zu einem Wegfall aus der juristischen Lehre führen würde. Und das obwohl neben den Erwerbstätigen ca. 25 Millionen Menschen in Deutschland vom Sozialrecht betroffen sind und Rente beziehen. Die Sozialgerichtsbarkeit ist nach der ordentlichen Gerichtsbarkeit, mit Zivil- und Strafgerichtsbarkeit zusammen, die größte Gerichtsbarkeit geworden. Sie hat also die Verwaltungsgerichtsbarkeit weit überflügelt. Das heißt, die Rechtsstreitigkeiten in diesem Bereich nehmen auch gesellschaftlich deutlich zu (SGB II-Problematik). 8

3. Zum Teilbericht Harmonisierung einzelner Bereiche Die in Niedersachsen bestehende Möglichkeit der Abschichtung von Prüfungsleistungen in der Ersten juristischen Prüfung muss aus Sicht des DGB zwingend erhalten bleiben. Sie führt in der Praxis dazu, dass die Studierenden zeitlich entlastet werden, ihr Studium flexibler gestalten können und dadurch nicht zuletzt auch bessere Prüfungsleistungen erbringen. Im Sinne einer bundeseinheitlichen Harmonisierung der juristischen Ausbildung sollte die Möglichkeit der Abschichtung in allen Bundesländern vorhanden sein. Der DGB begrüßt, dass bundeseinheitlich die Arbeit in den hochschulgesetzlich festgelegten Gremien der Hochschule als berücksichtigungsfähig für den Freiversuch angesehen werden soll. Dadurch wird das politische Engagement von Studierenden unterstützt. 9