Vollzugshilfe EN-104 Eigenstromerzeugung bei Neubauten Inhalt und Zweck Diese Vollzugshilfe behandelt die Anforderungen an die Eigenstromerzeugung bei Neubauten. Sie legt Definitionen, Grundsätze und Rechenverfahren fest. Sie enthält zusätzliche Erläuterungen und allenfalls Erleichterungen oder Vereinfachungen für den Vollzug. Übersicht der einzelnen Kapitel: 1. Geltungsbereich 2. Definition des Begriffs Gebäude 3. Leistung der Eigenstromerzeugung 4. Nachweis 1. Geltungsbereich Die im, auf oder am Gebäude installierte Elektrizitätserzeugungsanlage bei Neubauten muss mindestens 10 Watt (W) pro m 2 EBF betragen, wobei nie 30 Kilowatt (kw) oder mehr verlangt werden. Die Anforderung der Eigenstromerzeugung bei Neubauten kann durch eine frei gewählte Art der Stromerzeugung gedeckt werden oder es ist eine Ersatzabgabe zu leisten. Der Kanton regelt die Details für die Ersatzabgabe. Diese Anforderung der Eigenstromerzeugung gilt für alle Neubauten, die beheizt, belüftet, gekühlt oder befeuchtet werden. Als Neubauten gelten auch Anbauten und Aufstockungen bei bestehenden Gebäuden. Anforderung Ersatzabgabe Neubauten Anbauten und Aufstockungen
Seite 2 Vollzugshilfe EN-104 «Eigenstromerzeugung bei Neubauten» KONFERENZ KANTONALER ENERGIEFACHSTELLEN Befreiung Nicht darunter fallen kleinere Erweiterungen von bestehenden Gebäuden (Bagatell-Erweiterungen): neue EBF (m 2 ) max. 1'000 Anbauten und Aufstockungen, wie Neubauten max. 50 Bagatell-Erweiterungen ohne "Eigenstrom-Vorschrift" 0 250 5'000 EBF des bestehenden Gebäudes (m 2 ) Abgrenzungsbeispiele Weitere Erklärungen siehe Abgrenzungsbeispiele und Erklärungen finden sich in der Vollzugshilfe EN-106 «Definition Bauteilflächen». 2. Definition des Begriffs Gebäude Begriff Gebäude Abgrenzung nach Regeln EGID - DEFH / REFH / EFH - MFH - Terrassenhäuser / DEFH Gebäude sind auf Dauer angelegte, mit dem Boden fest verbundene Bauten. Bei Doppel-, Gruppen- und Reihenhäusern zählt jedes Gebäude als selbständig, wenn es einen eigenen Zugang von aussen hat und wenn zwischen den Gebäuden eine senkrechte vom Erdgeschoss bis zum Dach reichenden tragende Trennmauer (Brandschutzmauer) besteht. Ergänzend dazu sind im Zusammenhang mit der Eigenstromerzeugung nur Neubauten von Belang, die beheizt, belüftet, gekühlt oder befeuchtetwerden. Das heisst Gebäude, welche eine Energiebezugsfläche, kurz EBF, aufweisen. Für jedes neue Gebäude muss die Eigenstromproduktion nachgewiesen werden. Die Einheit eines Gebäudes ist dabei sehr wichtig, da nie mehr als 30 kw Eigenstromleistung pro Gebäude verlangt werden. Ein Gebäude wird dabei gemäss den Regeln für die Vergabe der Eidgenössischen Gebäudeidentifikatoren, kurz EGID-Nummern, eingegrenzt, die sich an vorhandenen Eingängen und Brandmauern orientiert. (Erklärungen finden sich unter dem BFS -> Merkmalskatalog) Die Einheiten zwischen Brandschutzmauern sind als separate Gebäude zu betrachten. In diesem Sinne ist eine Nutzungseinheit in einem Doppeleinfamilienhaus, DEFH, oder einer Zeile aus Reiheneinfamilienhäusern, REFH, mit eigenem Eingang als ein Gebäude zu betrachten. Mehrfamilienhäuser, MFH, mit mehreren Eingängen zwischen Brandschutzmauern sind pro Eingangsbereich als separate Gebäude zu betrachten. Bei einer horizontalen Trennung zwischen mehreren Eingängen wird das ganze Objekt als ein Gebäude betrachtet, die einen Haupteingang und einen oder mehrere Nebeneingänge aufweist.
Vollzugshilfe EN-104 «Eigenstromerzeugung bei Neubauten» Seite 3 KONFERENZ KANTONALER ENERGIEFACHSTELLEN Für alle weiteren Gebäude sind diese Regeln für Wohnbauten sinngemäss anzuwenden. Im Zweifelsfall muss die Definition des Gebäudes mit der Baubewilligungsbehörde abgesprochen werden. Bei Anbauten und Aufstockungen sind die Möglichkeiten zur Erfüllung der Eigenstromproduktion eingeschränkt. Deshalb kann die Installation von Photovoltaik-, Wärmekraftkopplungs- oder anderer Stromproduktionsanlagen auch im, auf oder am bestehenden Gebäudeteil des gleichen Gebäudes vorgenommen werden. Sinngemäss können die Installationen auch an den dem Gebäude zugehörigen Annexbauten (Garage, Velounterstand, etc.) erfolgen. Möglich ist eine Kompensation in, auf oder an Gebäuden innerhalb eines Areals desselben Eigentümers (z. B. Schulhaus und Turnhalle). Werden die Anlagen in, auf oder an den jeweiligen Gebäuden erstellt, erübrigen sich Vereinbarungen bezüglich künftigen Rechten und Pflichten. - Weitere Gebäude Kompensation - am gleichen Gebäude - an Annexbauten - an verschiedenen Gebäuden Areale mit unterschiedlichen Eigentümern 3. Leistung der Eigenstromerzeugung Die zu installierende Leistung der Eigenstromerzeugung ergibt sich aus dem Produkt der Energiebezugsfläche (EBF) des Neubaus, Anbaus oder der Aufstockung und der zu erfüllenden Anforderung von 10 W pro m 2. Pro Neubau werden Stromerzeugungsanlagen mit einer Leistung von nie mehr als 30 kw verlangt, auch dann, wenn auf Grund der EBF eine höhere Leistung berechnet wurde. Dies damit kein Herkunftsnachweis erstellt werden muss. Für den Nachweis bei Photovoltaik-Anlagen gilt die Summe der installierten Spitzen-Nennleistung bei Normbedingungen (STC) aller Module der Anlage. STC ist die Abkürzung für Standard Test Conditions in der Photovoltaik bei: Einstrahlung von 1 000 W/m 2 in Modulebene, 25 C Modultemperatur und besonderes Spektrum des Sonnenlichts gemäss Norm IEC 60904-3 (1989). Für den Nachweis mit allen anderen Stromerzeugungsanlagen gilt die Summe aller Wechselstrom-Nennleistungen (AC) der Anlage. Erforderliche Leistung der Anlage Absoluter Grenzwert pro Gebäude Nennleistung Photovoltaik Standardtestbedingungen (STC) Nennleistung weitere Anlagen
Seite 4 Vollzugshilfe EN-104 «Eigenstromerzeugung bei Neubauten» KONFERENZ KANTONALER ENERGIEFACHSTELLEN 4. Nachweis Nachweis Planunterlagen Die Einhaltung der minimalen Eigenstromproduktionsleistung wird mittels Formular EN-104 nachgewiesen. Die Art und Grösse der Anlageninstallation muss in den Baueingabeplänen und -unterlagen eingezeichnet und eindeutig bezeichnet werden. 4.1 Photovoltaikanlagen Modultyp noch nicht bekannt Modultyp bekannt Abnahme Die ausreichende Grösse der Photovoltaik-Anlage kann vereinfacht bei Mono- und Polykristallinen-Modulen wie auch Hybridkollektoren mit 125 W/m 2 Kollektor (entsprechend 8 m 2 für 1 kw p) und bei Dünnschicht- Modulen mit 62,5 W/m 2 Kollektor (entsprechend 16 m 2 für 1 kw p) angenommen werden. Sind die Module bekannt, können die effektiven Leistungsdaten eingesetzt werden. Massgebend sind dabei die Leistungsangaben unter Standard-Testbedingungen, STC. Diese Leistung gemäss STC wird in Watt peak (W p) angeben. Das gewählte PV-Modul ist im Formular zu deklarieren. Bei der Abnahme ist zu belegen, dass die gesamte installierte Leistung gemäss Nachweis erfüllt ist. 4.2 Wärmekraftkopplungsanlagen Strom aus fossiler Energie Wärmegeführter Betrieb Sinnvoller Einsatz Elektrizität aus WKK-Anlagen kann nur berücksichtigt werden, wenn sie nicht zur Erfüllung der Anforderungen an die Deckung des Wärmebedarfs (gemäss Art. 1.23 [gewichteter Energiebedarf Neubauten]) eingerechnet wird. Die Erstellung von Elektrizitätserzeugungsanlagen mit fossilen Brennstoffen ist nur zulässig, wenn die im Betrieb entstehende Wärme fachgerecht und vollständig genutzt wird (siehe Vollzugshilfe EN-133 «Wärmenutzung bei Elektrizitätserzeugungsanlagen»). Der Brennstoffbedarf der WKK ist für den Nachweis der Deckung des Wärmebedarfs (siehe EN-101) zu berücksichtigen. Deshalb wird es nur in Ausnahmefällen möglich sein, die geforderte Stromproduktionsleistung mittels Wärmekraftkopplungsanlage, kurz WKK, nachzuweisen. Aufgrund des sehr tiefen Wärmebedarfs von Neubauten kann eine WKK Anlage allenfalls Sinn machen, wenn damit auch Prozesse oder andere Bauten versorgt werden können. Bei der normalen Anwendung bei einem MFH und EFH dürfte kein sinnvoller WKK-Einsatz möglich sein.
Vollzugshilfe EN-104 «Eigenstromerzeugung bei Neubauten» Seite 5 KONFERENZ KANTONALER ENERGIEFACHSTELLEN Grundlagen für die Berechnung sind folgende Parameter: EBF 15 000 m 2, Gebäudehüllzahl 1,0; Warmwasserbedarf 21 kwh/m 2, Leistungswerte der WKK-Anlage 30 kw el und 70 kw th, Gesamtwirkungsgrad η ges 90 %, d.h. η th 63 % und η el 27 %. Zusätzlich wird ein mit Gas betriebener Spitzenlastkessel mit η th 90 % für 21 % des Gesamtwärmebedarfs eingesetzt. Die Laufzeit der WKK-Anlage wird auf 90 % der halben Jahresstunden für Warmwasser- und Wärmeproduktion begrenzt, damit die Anlage wärmegeführt und gleichmässig verteilt übers ganze Jahr eingesetzt werden kann. Ergebnis: der Heizwärmebedarf des grossen Mehrfamilienhauses darf 15,6 kwh/m 2 nicht überschreiten. Ansonsten wird einerseits der Grenzwert für E HWLK von 35 kwh/m 2 überschritten oder andererseits zu wenig Wärmeproduktion bei der WKK-Anlage nachgefragt, also die Stromproduktion gesenkt. Diese Stromproduktion, gewichtet mit dem Faktor 2, ist aber in voller Höhe notwendig, um wiederum den Einsatz des fossilen Energieträgers zu kompensieren bzw. den Grenzwert E HWLK einzuhalten. Die Einhaltung dieses Grenzwerts bedingt nicht nur eine gut gedämmte thermische Gebäudehülle, sondern auch die optimierte Gebäudehüllzahl von 1,0, also eine sehr kompakte Gebäudeform. Grundlagen für die Berechnung sind folgende Parameter: EBF 1 500 m 2, Gebäudehüllzahl 1,0; Warmwasserbedarf 21 kwh/m 2, Leistungswerte der WKK-Anlage 2,5 kw el und 6 kw th, Gesamtwirkungsgrad η ges 90 %, d.h. η th 64 % und η el 26 %. Zusätzlich wird ein mit Gas betriebener Spitzenlastkessel mit η th 90 % für 26 % des Gesamtwärmebedarfs eingesetzt. Die Laufzeit der WKK-Anlage wird auf 90 % der halben Jahresstunden für Warmwasser- und Wärmeproduktion begrenzt, damit die Anlage wärmegeführt und gleichmässig verteilt übers ganze Jahr eingesetzt werden kann. Ergebnis: der Herizwärmebedarf des Mehrfamilienhauses darf 14,8 kwh/m 2 nicht überschreiten. Ansonsten wird einerseits der Grenzwert für E HWLK von 35 kwh/m 2 überschritten oder andererseits zu wenig Wärmeproduktion bei der WKK-Anlage nachgefragt, also die Stromproduktion gesenkt. Diese Stromproduktion, gewichtet mit dem Faktor 2, ist aber in voller Höhe notwendig, um wiederum den Einsatz des fossilen Energieträgers zu kompensieren bzw. den Grenzwert E HWLK einzuhalten. Die Einhaltung dieses Grenzwerts bedingt nicht nur eine gut gedämmte thermische Gebäudehülle, sondern auch die optimierte Gebäudehüllzahl von 1.0, also eine sehr kompakte Gebäudeform. Grundlagen für die Berechnung sind folgende Parameter: EBF 200 m 2, Warmwasserbedarf 14 kwh/m 2, Leistungswerte der WKK-Anlage 1 kw el und 6 kw th, Gesamtwirkungsgrad η ges 90 %, d.h. η th 77 % und η el 13 %. Hier ist kein zusätzlicher Spitzenlastkessel notwendig. Die Laufzeit der WKK-Anlage wird auf den Gesamtwärmebedarf begrenzt, was in diesem Fall ca. 12 % der Jahresstunden für Warmwasser- und Wärmeproduktion beträgt. Ergebnis: der Heizwärmebedarf des Einfamilienhauses darf 17,2 kwh/m 2 nicht überschreiten. Ansonsten wird einerseits der Grenzwert für E HWLK von 35 kwh/m 2 überschritten oder andererseits zu wenig Wärmeproduktion bei der WKK-Anlage nachgefragt, also die Stromproduktion gesenkt. Diese Stromproduktion, gewichtet mit dem Faktor 2, ist aber in voller Höhe notwendig, um wiederum den Einsatz des fossilen Energieträgers zu kompensieren bzw. den Grenzwert E HWLK einzuhalten. Die Einhaltung dieses Grenzwerts bedingt nicht nur eine gut gedämmte thermische Gebäudehülle, sondern auch eine kompakte, kaum erreichbare Gebäudehüllzahl von 1,0. Beispielhafte Berechnung Grosses Mehrfamilienhaus Beispielhafte Berechnung Mehrfamilienhaus Beispielhafte Berechnung Einfamilienhaus
Seite 6 Vollzugshilfe EN-104 «Eigenstromerzeugung bei Neubauten» KONFERENZ KANTONALER ENERGIEFACHSTELLEN 4.3 weitere Elektrizitätserzeugungsanlagen Wasserkraft, Wind, Biomasse Für alle Stromerzeugungsanlagen gilt die gleiche Anforderung: es muss eine Leistung von 10 W/m² EBF erreicht werden, jedoch nie mehr als 30 kw insgesamt pro Gebäude. 4.4 Kombinationen verschiedener Erzeugungsanlagen Kombinationen Es ist erlaubt, die gesamthaft nachzuweisende Leistung mit verschiedenen Technologien zu produzieren.