Fleischmarkt: Die Holländer blasen zum Angriff

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Transkript:

top Markt Fleischmarkt: Die Holländer blasen zum Angriff Vor vier Jahren fragten wir, ob die Holländer und Dänen unsere Fleischmärkte überrollen. Nun scheint klar: Sie kaufen sie. Was bedeutet das für die deutsche Schlachtbranche? Eines ist sicher: Unsere Viehhochburgen halten dem Vergleich mit Holland und Dänemark in puncto Produktion und Schlagkraft stand. Spitzenreiter bei den Schweinen sind die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Dort wird jedes zweite deutsche Tier gehalten gefolgt von Baden-Württemberg und Bayern (zusammen etwa 23%). Bei Rindern hat der Süden knapp die Nase vorn. Das zeigt Übersicht 1. Es liegt auf der Hand, dass es in diesen Regionen auch die meisten Schlachthöfe und Verarbeitungsbetriebe gibt. Nicht klar ist hingegen, wer künftig die Marschrichtung am deutschen Markt bestimmt und die Wertschöpfung einstreicht. Denn die Branche hat massive Probleme. Viele der rund 290 deutschen Schlachtstätten sind schlecht ausgelastet, haben hohe Kosten pro kg Fleisch und müssen mit niedrigen Margen über die Runden kommen. Etliche hängen so am Tropf der Banken, dass an Vorwärtsstrategien gar nicht zu denken ist. Betrachtet man hingegen die gesamte EU, so zeichnet sich ein gewaltiger Umbruch ab. Prof. Hans-Wilhelm Windhorst, Hochschule Vechta, spricht von einem Wachstum in andere Dimensionen. Fusionen und Firmenübernahmen sind denn auch an der Tagesordnung und zwar grenzüberschreitend. Wer das meiste Geld in seiner Kriegskasse hat, macht dabei das Um dauerhaft am Fleischmarkt mitmischen zu können und dem Ausland Paroli zu bieten, brauchen wir schlagkräftige Schlachtunternehmen. 140 top agrar 4/2003

Übers. 1: Starke Veredlung im Nordwesten und Süden Deitschlands 32% 25% Niedersachsen Schweine Nordrhein- Westfalen Schweine Süddeutsche Schlachtstätten sind Rindfleischspezialisten. Fotos: Heil, Dorsch, Werkbild 30% 27% 19% 14% 10% 17% Rinder Rinder Baden- Württemberg 9% 7% 8% 16% 14% 13% Schweine Rinder Schweine Rinder Bayern Rennen. Das Problem: Gerade den großen deutschen Schlachtunternehmen fehlt das nötige Kapital, um mitzuziehen und der Konkurrenz Paroli zu bieten. Einige werden mittlerweile sogar selbst als potenzielle Übernahmekandidaten gehandelt. Es gibt immer weniger Rückendeckung der Kreditgeber. Die meisten Bänker wären doch froh, sich aus dem Fleischgeschäft zurückziehen zu können. Selbst wenn sie dafür einen Teil ihrer Forderungen endgültig abschreiben müssten, so ein Branchenkenner. Anteil am deutschen Bestand (2001) Anteil an den Schlachtungen 28% 28% Im Nordwesten Deutschlands stehen mehr Schweine als in Holland und etwa so viele wie in Dänemark. Grafiken: Orb, Breithaupt Lauter Paukenschlag in Süddeutschland Den ersten Paukenschlag gab es bei uns Ende 2002. Während Experten noch über die geplatzte Fusion der genossenschaftlichen CG Nordfleisch AG und Westfleisch eg diskutierten, wurden in Bayern Nägel mit Köpfen gemacht: Ein holländisches Unternehmen hat sich die Mehrheitsbeteiligung an der privaten Moksel AG gesichert, dem umsatzstärksten deutschen Fleischverarbeiter. Dazu einige Kennzahlen des Konzerns aus dem Geschäftsbericht für 2001: Der Umsatz betrug 1,9 Mrd. E. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit belief sich auf fast 19 Mio. E. Insgesamt wurden 2,4 Mio. Schweine und knapp 490 000 Rinder geschlachtet. Mit einem Überschuss von 10 Mio. E erwirtschaftete das Unternehmen zwar 2001 das beste Ergebnis der letzten Jahre, und auch in den ersten neun Monaten des Jahres 2002 wurden nach Firmeninformationen mit plus 7,3 Mio. E schwarze Zahlen geschrieben. Das änderte aber nichts an der schwierigen Finanzlage. Im Gegenteil, die Eigenkapitalquote an der Bilanzsumme ging sogar leicht zurück, von 8,7 % im Jahr 2000 auf 7,7 % im Jahr 2001. Der wunde Punkt des Unternehmens blieben denn auch bis zuletzt die Schulden. Laut Bilanz betrugen die Verbindlichkeiten des Konzerns am 31.12. 2001 insgesamt 346 Mio. E, der Löwenanteil davon (75 %) hatte nur eine kurze Laufzeit bis zu einem Jahr. Das heißt, der Konzern war seinen Geldgebern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Dies auch, weil zudem Forderungsverzichte in Höhe von 150 Mio. E auf Besserungsschein wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen schwebten. Solche Verbindlichkeiten leben wieder auf, wenn sich die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens entscheidend bessert. Eine dauerhafte Sanierung aus eigener Kraft wäre unter diesen Vorzeichen äußerst schwierig gewesen und hätte noch Jahre gedauert. Bei einem Gesamtvolumen der Verbindlichkeiten bei Kreditinstituten von 385 Mio. E (inklusive der Forderungsverzichte) ist es also kein Wunder, dass der neue Mehrheitsaktionär mit offenen Armen empfangen wurde. In Insiderkreisen wird der Übernahmedeal auf etwa 100 Mio. E beziffert: Gut 16 Mio. E kostete der Kauf zweier Aktienpakete, die gemeinsam knapp über 50 % der Anteile ausmachen. Hinzu kommen die angestrebten Käufe der Anteile freier Aktionäre für 3,15 E/Aktie. Dieses Angebot wurde bis zum 14.3.2003 für weitere 29,4 % des Grundkapitals/der Stimmrechte der Moksel AG angenommen (gut 4,4 Mio. Aktien). Von den Banken soll der Investor für einen nicht näher genannten Betrag so genannte aktive Forderungen von 45 Mio. E erworben haben und Besserungsscheine über insgesamt 130 Mio. E. Die übrigen Besserungsscheine haben die Banken dem Schlachtkonzern erlassen. Außerdem erhält die Moksel AG in den kommenden zwei Jahren eine Finanzspritze von 40 Mio. E entweder durch Kapitalerhöhung oder durch ein Gesellschafterdarlehen. Und eventuelle Erträge aus Besserungsscheinen werden zur Stärkung der Liquidität bis 2007 im Unternehmen belassen. Unterm Strich dürfte Moksel al- top agrar 4/2003 141

Trotzdem sollte die deutsche Fleischbranche nicht auf Zeit spielen und die Moksel-Übernahme auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen. Tatsache ist: In der EU werden jetzt die Karten neu gemischt. Nicht nur die Holländer sind auf Expansionskurs. Die dänische Nummer 1 wächst ebenfalls weiter Danish Crown plant die Integration der schwedischen Marktführers, Swedish Meats. Auch wenn es dadurch keine Änderung in der Reihenfolge der größten EU-Schlachtunternehmen gibt, wird doch klar: Die finanzstarken Fleischriesen geben viel Geld aus, um ihre Position in anderen Ländern auszubauen. Gerade der kaufkräftige deutsche Markt ist hochinteressant. Für dänische Fleischproduzenten liegt er zudem quasi vor der Haustür. Das Gleiche gilt für die Holläntop Markt so mit dem Rücken von der Wand kommen. Das ist wichtig, um strategische Entscheidungen umsetzen zu können. Südholländischer Bauernverband zieht die Fäden Aber wer ist der finanzstarke Moksel- Investor, der vom Unternehmen als Wunschpartner bezeichnet wird? Tatsache ist, dass zuerst einmal die niederländische Sobel-Gruppe als Übernehmer in Erscheinung tritt. Sobel bündelt die Aktivitäten von vier Firmen, die mit Gelatine, Schlachtnebenprodukten und vor allem mit der Tierkörperbeseitigung Profite erzielen. Besonders die BSE- und die MKS- Krise sollen Sobel zu einer regelrechten Geldmaschine gemacht haben, verraten Insider. Die Gruppe erwirbt aber Moksel nicht selbst, sondern über die eigens dafür gegründetet Bestmeat Company N.V., eine Holding. Sobel und Bestmeat wiederum agieren als Unterdivisionen von Best Agrifund. Und ab hier wird es wirklich spannend: Die eigentlichen Fäden laufen bei der südholländischen Bauernorganisation ZLTO zusammen (vgl. Übersicht 2). Die ZLTO, hinter der etwa 26 500 Landwirte stehen, ging 1999 aus der Fusion des Nordbrabanter Christlichen Bauernverbandes (NCB) und der ZMO hervor. Vor allem der NCB soll enorme Finanzmittel in den Zusammenschluss eingebracht haben. Über die Höhe der flüssigen Finanzmittel kann man zwar bestenfalls spekulieren, denn der Verband hält sich in diesem Punkt äußerst bedeckt. Insgesamt soll sich das ZLTO-Vermögen aber auf etwa 1 bis 1,5 Mrd. E belaufen. Viel Geld, wenn man auf Einkaufstour in der europäischen Fleischbranche geht. ZLTO hat auch Dumeco im Visier Und der Expansionswille der ZLTO ist ungebrochen: Unter dem Dach von Bestmeat sollen künftig nicht nur die Geschicke der Moksel AG bestimmt werden, sondern auch die von Dumeco. Dieser Konzern ist in Holland mit gut 7,8 Mio. geschlachteten Schweinen die absolute Nummer eins (über 50 % Marktanteil). EU-weit ist nur noch Danish Crown größer (vgl. Übers. 3). Schon jetzt hat die ZLTO 19 % der Anteile an Dumeco. Weitere 22 % bzw. 35 % halten bislang die beiden landwirtschaftlichen Genossenschaften Cebeco und Cehave. Hinzu kommen 24 % in Händen von Cooperatie Dumeco. Es sind aber Bestrebungen im Gange, künftig alle Dumeco- Geschäftsanteile zu bündeln. Die ZLTO soll Folgendes angeboten haben: Die ausscheidenden Gesellschafter trennen sich von ihren 81 % Dumeco-Anteilen und bekommen dafür 20 % an der Holding Best Die Gerüchteküche brodelt: Eventuell will die ZLTO noch ein drittes Schlachtunternehmen schlucken. Agrifund, die über der Sobel-Gruppe und der Bestmeat Company thront. Kenner der holländischen Schlachtszene rechnen fest damit, dass dieser Coup gelingt. Denn er brächte erhebliche Vorteile für alle Beteiligten: Cebeco und Cehave könnten sich stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und sich aus dem risikoreichen Fleischgeschäft zurückziehen. Dumeco bekäme einen Eigentümer, der das dringend benötigte Kapital mitbringt, um weitere Expansionsschritte zu finanzieren. Und die ZLTO bzw. die Bestmeat Company würde quasi von heute auf morgen eine der entscheidenden Größen am EU- Fleischmarkt. Das gilt für Schweine- und Rindfleisch. Dumeco ist bei Schweinen stark, Moksel gilt als Rinderspezialist. Eventuell könnte sogar ein ernst zu nehmender Vollsortimenter entstehen. Insider munkeln, die Genossenschaft Cehave wolle sich auch von ihrer recht erfolgreichen Geflügelsparte Astenhof trennen. Wenn es so käme, könnte Bestmeat dem Lebensmittelhandel rotes und weißes Fleisch aus einer Hand anbieten, also das Sortiment breiter gestalten (diversifizieren). Das stärkt oft schon allein wegen sinkender Vertriebskosten pro kg Fleisch die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Konkurrenten, die sich nur auf Schweine oder Rinder spezialisiert haben. Übers. 2: Bestmeat gehört dem Bauernverband ZLTO Bestmeat Company Dumeco Moksel??? ZLTO Best Agrifund Übers. 3: Marktanteile der 10 größten EU-Schlachtunternehmen* Rest 70% * ) bezogen auf Schweineschlachtungen in 2002 Danish Crown (DK) Dumeco (NL), 10% Moksel (D) NFZ (D) 5% 3% Tönnies (D) 2% Westfleisch (D) 2% So ocopa (F) 2% % Gr ra ampian (GB) 2% Sw wedish Mea eats (S) 1% Campocarne/ OMSA () (E) 1% Quelle: Firmenangaben, Schätzungen Sobel Bis die Aktivitäten von Moksel, Dumeco und Astenhof unter dem Dach von Bestmeat vereinigt sind, wird jedoch sicher noch einige Zeit verstreichen. Skeptiker bezweifeln sogar, dass dies vollständig gelingt. Zur Begründung heißt es, die bisherigen Philosophien der einzelnen Firmen seien kaum unter einen Hut zu bringen. Dies gelte besonders, falls sich das Gerücht bewahrheite, die ZLTO wolle einen weiteren Schlachtriesen schlucken, um auf die Größe von Danish Crown zu kommen. Nicht auf Zeit spielen! Quelle: Boerderij Danish Crown und die Bestmeat-Gruppe (Dumeco/Moksel) kommen in der EU auf 15 % Marktanteil. 142 top agrar 4/2003

der. Während unsere nördlichen Nachbarn aber weiterhin darauf setzen, bei uns Geld mit Schweinefleisch aus eigener Erzeugung zu verdienen, dürfte es unseren Nachbarn im Westen vor allem um die Wertschöpfung gehen. Denn wegen der scharfen Umweltauflagen pendelt die holländische Schlachtvieherzeugung zurück. Was liegt näher, als in Deutschland im großen Stil in die Schlachtung, Zerlegung usw. einzusteigen? Die Moksel-Übernahme ist insofern für die ZLTO ein geschickter Schachzug. Bestmeat setzt die deutsche Branche unter Zugzwang Dadurch hat sie überdies die Branche bei uns unter einen immensen Zugzwang gesetzt. Das gilt nicht nur für Unternehmen wie die Südfleisch, die wie Moksel stark bei den Rinderschlachtungen ist. Die künftige Firmenachse Dumeco/Moksel (eventuell plus einem weiteren Schlachtriesen) trifft auch Fleischunternehmen wie die NFZ, Tönnies und die Westfleisch, die in puncto Schweineschlachtungen zu den größten in der EU zählen (vgl. Übers. 3). Denn das größte Manko der deutschen Fleischbranche ist nach wie vor die zersplitterte Schlachthofstruktur. Etliche Betriebsstätten sind zu klein, um international wettbewerbsfähig zu sein. Dazu einige Zahlen: Während an einem durchschnittlichen Standort bei uns 150 000 Schweine geschlachtet werden, sind es in Dänemark etwa 1 Mio. Tiere. Der neue Danish Crown- Betrieb soll sogar auf 3,5 Mio. Schweine pro Jahr ausgelegt worden sein. US-Schlachthöfe haben im Schnitt schon eine Kapazität von 4 Mio. Schweinen pro Jahr. Solche Größenordnungen sind zwar für Deutschland vorerst illusorisch, vielleicht auch nicht zwingend notwendig. Denn Größe ist nicht alles. Trotzdem könnte die Moksel-Übernahme jetzt so etwas wie eine Initialzündung für die hiesige Fleischwirtschaft bringen. Bisher sind alle Anstrengungen für eine Strukturbereinigung immer wieder im Sande verlaufen. Denn jeder hat gegen jeden gekämpft solange die Banken dafür noch Rückendeckung gaben. Die ausländischen Mitbewerber hatten deshalb in den letzten Jahren vergleichsweise leichtes Spiel am deutschen Markt. Das könnte sich ändern. Südfleisch- Chef Karl-Heinz Kiesel kommentierte die neue Ausgangslage gegenüber top agrar: Es ist Dynamik in die Schlachtbranche gekommen. Plötzlich reden alle miteinander. Er vertritt die Auffassung, große Koalitionen seien das Gebot der Stunde. Dadurch gewinne man mehr Marktmacht gegenüber dem Handel. Doch das ist ein hochgestecktes Ziel, wenn man die EU-weiten Umsätze der großen Lebensmittelketten mit den Zahlen der Schlachtfirmen vergleicht. Selbst die Nr. 10 des LEH, Sainsbury, erzielte im Jahr 2001 Die Standorte bleiben gesichert top agrar sprach mit Dr. Uwe Tillmann, dem Vorstandsvorsitzenden der Moksel-Gruppe, über die Folgen der Übernahme durch die holländische Bestmeat. Ï top agrar: Herr Dr. Tillmann, Moksel war seit Jahren auf der Suche nach einem kapitalkräftigen Großinvestor. Nun hat Bestmeat Moksel übernommen. Sind die Holländer Ihr Wunschkandidat? Tillmann: Wir hätten es nicht besser treffen können. Die ZTLO, der die Bestmeat gehört, bringt das notwendige Kapital mit, mischt sich aber selbst nicht direkt in das operative Geschäft ein. Das ist übrigens auch bei der Sobel-Gruppe so. Unser Auftrag lautet, nach industriellen und marktwirtschaftlichen Grundsätzen zu produzieren, um Gewinne zu erwirtschaften. Das Schöne ist: Die Unternehmensphilosophie der Holländer deckt sich mit der von Moksel. Ï top agrar: Was bedeutet die Übernahme für die Moksel-Standorte? Tillmann: Das Prinzip der Dezentralität bleibt. Unsere Schlachtstätten werden also weiterhin als eigenständige Profit-Center geführt. Wir sind damit bisher erfolgreich gefahren, und die Eigenständigkeit ist auch Teil der Strategie der Bestmeat- Gruppe. Ï top agrar: Wird es im Zuge der Übernahme zu Standort-Schließungen kommen, um Schlachtkapazitäten abzubauen? Tillmann: Definitiv nein. Die Standorte bleiben nachhaltig gesichert. Wir haben ja bereits in der Vergangenheit mehr als 30 % unserer Kapazitäten stillgelegt und liegen jetzt konzernweit bei einer Auslastung von 80 bis 85 %. Unsere Reserven liegen weniger in der Reduzierung der Schlachtkosten als in einer größeren Verarbeitungstiefe. Ï top agrar: Das heißt: Künftige Investitionen werden sich vor allem auf die Veredlung von Fleisch konzentrieren? Tillmann: Richtig. Wir planen Investitionen in die Wachstumsbereiche Fertiggerichte und abgepackte Fleischwaren, um die Wertschöpfung zu erhöhen. Auch Dr. Uwe Tillmann bei Übernahmen von anderen Unternehmen steht die Veredlung im Vordergrund. Als Lieferanten von Fleisch sind wir leicht austauschbar, als Anbieter von fertigen Produkten nicht. Ein zweiter wichtiger Investitions- Schwerpunkt ist der Ausbau unserer Qualitätssicherung, etwa in moderne Schlachttechniken. Auch das sind strategische Investitionen. Denn nur wer über Jahre hinweg konstant hohe Qualität liefert, wird im Geschäft bleiben. Festzuhalten ist auch, dass wir in der Bestmeat-Gruppe die finanzielle Kraft haben, um solche strategischen Investitionen durchzuführen. Ï top agrar: Sie sprachen von weiteren Übernahmen. Was hat Bestmeat konkret vor? Tillmann: Erklärtes Ziel von Bestmeat ist ja, eine führende Rolle in der europäischen Fleischindustrie zu spielen. Nach der Übernahme von Moksel bemüht sich Bestmeat auch um die Anteile der Dumeco, an der sie bereits mit 20 % beteiligt ist. Darüber hinaus sind aber weitere Übernahmen geplant. Welches Unternehmen zu uns passt und in welchem europäischen Land das sein wird, ist jedoch noch offen. Ï top agrar: Welche Vorteile bringt die Größe? Tillmann: Der Vorteil liegt vor allem in der Vermarktung. Auf den nationalen und internationalen Märkten werden immer größere Partien nachgefragt. Und diese Mengen können wir in dem Verbund der Bestmeat-Gruppe andienen. Das Interview führte top agrar-redakteur Klaus Dorsch. top agrar 4/2003 143

top Markt rund vier Mal mehr Umsatz im Foodbereich als der Spitzenreiter der EU-Schlachtriesen, Danish Crown, mit sämtlichen internationalen Tochterfirmen und Beteiligungen. Im Prinzip sind die Fleischfirmen für den mächtigen LEH also eigentlich kleine Fische. Wer nicht spurt, z. B. beim Preis oder hinsichtlich der Qualität, wird denn auch oft gnadenlos ausgelistet. Es dürfte also fast unmöglich sein, dem Handel wirklich erfolgreich Paroli zu bieten. Trotzdem ist der Ansatz richtig, mit anderen Fleischanbietern zu kooperieren. Schließlich werfen viele Bauern ihren Schlachtunternehmen seit Jahren vor, sie würden nichts unversucht lassen, um die SB-Fleisch liegt voll im Trend. Seitdem auch Aldi den Einstieg ins Geschäft angekündigt hat, werden weitere kräftige Absatzsteigerungen erwartet. Einkaufspreise zu drücken, aber ihre Hausaufgaben im Verkauf vernachlässigen. Wer mit wem das ist die Frage Doch die Theorie ist eine Sache, sie in die Tat umzusetzen eine andere. Sicher wäre ein Näherrücken der deutschen Branche ein Schritt in die richtige Richtung. Das gilt besonders vor dem Hintergrund, dass etliche Unternehmen hochverschuldet sind und immer mehr Banken kalte Füße bekommen, wenn es um Kredite für die Fleischbranche geht. Es stellt sich jedoch die Frage: Welche Schlachtunternehmen kämen als potenzielle Kooperationskandidaten in Frage? Klar ist, dass die Moksel AG vorerst kaum Interesse haben dürfte. Mit der Bestmeat (der ZLTO) im Rücken plant Moksel jetzt Schritte, um die eigenen Wertschöpfung zu erhöhen und die Konkurrenzfähigkeit zu verbessern (vgl. Interview auf Seite 143). Und die meisten anderen privaten Firmen kochen ohnehin immer noch am liebsten ihr eigenes Süppchen. Eigentlich wäre also das genossenschaftliche Lager (NFZ, Süd- und Westfleisch) prädestiniert, wenn es um Allianzen geht. Schließlich gibt es von je her Berührungspunkte zwischen den einzelnen Unternehmen. Doch zwei dieser drei Schlachtriesen befinden sich in so schwerem Fahrwasser, dass offensive Marktstrategien im großen Stil und Kooperationen derzeit kaum realisierbar erscheinen: Ende 2002 gelang es der Südfleisch nur noch durch einen Kapitalschnitt über die Runden zu kommen. Die Geschäftsanteile verloren von heute auf morgen über 70 % ihres Wertes. Dies hat die Südfleisch-Bauern 38 Mio. E gekostet. Das Unternehmen selbst sieht in diesem Schritt einen Befreiungsschlag, da die Holding gleichzeitig ihre Bankverbindlichkeiten um 25 % auf rund 100 Mio. E reduzieren konnte. Skeptiker bezweifeln jedoch, dass das ausreicht, um die Südfleisch wieder auf Kurs zu bringen. Denn das Wichtigste ist nach wie vor Mangelware, nämlich Eigenkapital. Und das Tafelsilber, das man verkaufen könnte, wird allmählich auch knapp. Die NFZ dürfte aus eigener Kraft ebenfalls nur schwer auf die Beine kommen. Sie hat zwar ihr Konzernergebnis in den letzten Jahren stabilisiert und kann im Gegensatz zur Südfleisch auch Eigenkapital ausweisen; doch knapp 6 % an der Bilanzsumme sind nicht viel. Die Firmenleitung betont zwar immer wieder, ohne bestimmte Kostenblöcke sei die NFZ kerngesund. Doch die hohen Altlasten und Zinsverpflichtungen sind nun einmal da, sie lassen sich nicht einfach ausblenden. Tatsache ist: Die Geschicke des Unternehmens bestimmen zunehmend die Banken. Beobachter schließen nicht aus, dass die Kreditinstitute schon im Sommer 75 % der Stimmrechte plus eine Aktie übernehmen könnten, um den künftigen Kurs weitgehend alleine zu bestimmen. Offen ist derzeit, ob sie dann der Sanierung bzw. dem Zusammengehen mit der Westfleisch eventuell doch noch eine Chance geben werden, oder ob im schlimmsten Fall die Zerschlagung oder der Verkauf der NFZ droht. Als mögliche Interessenten werden bereits Danish Crown oder Bestmeat gehandelt. So oder so: Die Weichen für die Zukunft der NFZ werden womöglich schon in den nächsten Monaten gestellt. Die letzte im Bunde, die Westfleisch eg, erwirtschaftete zwar in den letzten Jahren recht gute Ergebnisse (vgl. top agrar 8/2002, ab Seite 106). Und auch die Eigenkapitaldecke ist mit gut 22 % an der Bilanzsumme durchaus befriedigend. Für eine eventuelle finanzielle Unterstützung oder gar Sanierung eines künftigen Partners fehlt aber der Westfleisch das freie Kapital. Daran ist im Jahr 2002 die angestrebte Fusion mit der NFZ gescheitert, denn deren Banken stellten nicht genug Mittel für eine Bereinigung der Finanzstruktur zur Verfügung. Insgesamt scheint gerade die Westfleisch gut aufgestellt zu sein, um auch künftig am Fleischmarkt gegenüber in- und ausländischer Konkurrenz zu bestehen. Der Verarbeitungsanteil bei Schweinen und Rindern wurde stetig erhöht. Außerdem wird viel Wert auf die eigene Geflügelsparte Poultry gelegt, um als Vollsortimenter noch attraktiver für den Handel zu werden. Hinzu kommt, dass die Zukunftsbereiche Convenience (Fertig- und Halbfertiggerichte) sowie vorverpacktes SB- Fleisch ausgebaut wurden. Ob das jedoch ausreicht, den wirklich großen und vor allem finanzkräftigen Mitbewerbern auf Dauer allein die Stirn bieten zu können, bleibt abzuwarten. Unterm Strich muss sich auch die Westfleisch mit dem Gedanken an weitere Partnerschaften und Kooperationen im Markt vertraut machen. Strategische Allianzen im Vertrieb machen Sinn Dabei sind Fusionen oder Übernahmen nicht die einzige denkbare Lösung. Sinn machen auch strategische Allianzen in besonders zukunftsträchtigen Marktsegmenten. Experten erwarten z. B. gerade im SB- Bereich ein rasantes Wachstum in den nächsten Jahren. Schließlich will nach dem Dicounter Lidl nun auch Aldi Nord in die Vermarktung einsteigen die Rede ist in der Anfangsphase von bis zu 800 t SB- Fleisch pro Woche allein für Aldi. Für den gesamten Discountbereich werden sogar bis zu 6 000 t SB-Fleisch pro Woche prognostiziert. Das würde einen einzelnen deutschen Anbieter vor fast unlösbare Herausforderungen in puncto Transport, Produktionskapazitäten usw. stellen. Was spräche dagegen, mit anderen deutschen Firmen zusammenzuarbeiten, um sich diesen Absatzmarkt zu sichern, bevor es ausländische Mitbewerber tun? Jörg Mennerich 144 top agrar 4/2003