Rückverfolgbarkeit bei Futtermitteln Beitrag der Futtermittelmikroskopie Traceability of feedstuff Contribution of feedstuff microscopy



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Transkript:

, 185-193 Rückverfolgbarkeit bei Futtermitteln Beitrag der Futtermittelmikroskopie Traceability of feedstuff Contribution of feedstuff microscopy H. HAHN Biozentrum Klein Flottbek, Universität Hamburg Zusammenfassung Hofeigene Futtermittel stellen nur einen Teil der Futtermittel neben der großen Anzahl der Handelsfuttermittel mit den Einzel- und Mischfuttermitteln spezieller Rezepturen der Futtermittelindustrie. Die Vielzahl der Mischfuttermittel unterschiedlicher Zusammensetzung und spezieller Darreichungsform ( Pellets ) erweisen sich bei der Rückverfolgung als eine analytisch komplexe Matrix. Eine kompetent durchgeführte Futtermittelmikroskopie liefert der Futtermittelkontrolle bei der Rückverfolgung auch bei komplexen Mischungen schnell und kostengünstig nachprüfbare Ergebnisse. Die Bestimmungen gentechnologisch veränderter Pflanzenprodukte bzw. die Artzuordnung von Bestandteilen tierischer Herkunft in Futtermitteln sind mit der mikroskopischen Methode nicht bzw. nur eingeschränkt möglich. Die Rückverfolgung bei einem Futtermittel wird am Beispiel der von der irischen Futtermittelkontrolle beschlagnahmten Zuckerrübenschnitzel dargestellt. Es konnte durch die komplette Dokumentation (Warenkennzeichnung, Herkunft, Produktion, Charge etc.) und Analytik, d. h. mikroskopische und molekularbiologische Untersuchungen, das überraschende Vorkommen von Bestandteilen tierischer Herkunft in Zuckerrübenmelasse auf Feldnager (Ratten und Mäuse) bzw. auf Kompost- oder Düngereintrag zurückgeführt werden. Summary Besides the farm produced feedstuffs a great number of industry produced single and mixed feedstuffs of special formulation are used in animal nutrition. For traceability most of the mixed feedstuffs produced as pellets behave analytically as a complex material. Such complex mixed feedstuffs can also be handled by a state of the art feedstuff microscopy producing cost-effective results in a short time. The identification of genetically modified plant products or species identificaton of constituents of animal origin in feedstuffs is not or only partially feasible with the microscopical method. As an example, traceability will be shown in the case of sugar beet pulp confiscated in Ireland. In this case due to complete documentation (product brand, origin of production, charge number etc.) and approved microscopical and molecular methods the unexpected occurrence of constituents of animal origin in sugar beet pulp could be traced back to rats and mice living in the fields or to composts and fertilizers used. Schüsselwörter Key Words Rückverfolgbarkeit Futtermittel Futtermittelmikroskopie Zuckerrübenschnitzel Tiermehl traceability feedstuff feedstuff microscopy sugar beet pulp animal meal Einleitung Das deutsche Futtermittelgesetz mit seinen Ergänzungen sowie entsprechenden Vorschriften der EU bilden die Grundlage der amtlichen Futtermittelüberwachung. Diese wird in Deutschland überwiegend von den Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten (LUFA) durchgeführt. Futtermittel können eine sehr komplexe Matrix sein und für die moderne Analytik der Futtermittelkontrolle zuweilen eine er- 185

hebliche Herausforderung darstellen. Wie im Thema angekündigt, kann die Futtermittelmikroskopie als Untersuchungsmethode bei der Futtermittelüberwachung einen wichtigen Beitrag leisten. Im Folgenden sollen zunächst die Begriffe Einzel- und Mischfutter erläutert werden. Nach der Darstellung der Methode der Futtermittelmikroskopie wird anschließend mit einem aktuellen Beispiel der Verlauf der Rückverfolgung bei einem Futtermittel besprochen: Hierbei geht es um das völlig unerwartete Auftreten von Bestandteilen tierischer Herkunft in Zuckerrübenschnitzeln. Futtermittel In der heutigen Landwirtschaft werden neben den selbst produzierten hof- oder wirtschaftseigenen Futtermitteln z. B. Heu, Silage, Futtergetreide in großem Umfang Handelsfuttermittel eingesetzt. Es sind dies meist Einzelfuttermittel, die sehr häufig als Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse der Lebensmittelproduktion entstammen, oder Mischfutter, die in zahlreichen Rezepturen von der Futtermittelindustrie hergestellt werden Einzelfuttermittel. Um für die Rohware die notwendige Sorgfalt bei der Herstellung und im Vertrieb sicher zu stellen, erscheint es sinnvollvoll und zweckmäßig, eine Liste der Einzelfuttermittel und Futtermittelausgangserzeugnisse zu führen, die in der Fütterung unserer Tiere Verwendung finden. Eine solche Liste aller Einzelfuttermittel, die in der Bundesrepublik bzw. im weiteren Verlauf innerhalb der EU in der Fütterung landwirtschaftlicher Nutztiere Verwendung finden sollten, hat die Normenkommission im Zentralausschuss der deutschen Landwirtschaft in der sog. Positiv-Liste erstellt (1). Einen Überblick über die Gruppen der Einzelfuttermittel bzw. Futtermittelausgangsstoffe gibt Tabelle 1. Zwei Beispiele aus dieser Übersicht sollen eine Vorstellung von der Vielzahl der Einzelfuttermittel geben, die im Handel sind. Beide Beispiele zeigen auch, dass es sich um Futtermittel handelt, die als Erzeugnisse bzw. Nebenerzeugnisse der Nahrungsmittelproduktion entstammen. Aus der Gruppe der Ölsaaten und Ölfrüchte ist es das Einzelfuttermittel Sojabohne mit daraus hergestellten Erzeugnissen und Nebenerzeugnissen, aus der Gruppe der Knollen und Wurzeln das Einzelfuttermittel Zuckerrübe (Tab. 2 und 3). Neben der Benennung des Einzelfuttermittels enthält die Liste z. B. Details zu seiner Erzeugung, Daten zu seiner Beschaffenheit, weitere Kennzahlen, u. U. auch ein spezielles Datenblatt. Die Positivliste führt insgesamt ca. 280 Einzelfuttermittel bzw. Futtermittelausgangsstoffe auf. Tab. 1: Gruppen der Futtermittel (Einzelfuttermittel, Auszug aus der Positivliste, insgesamt 19 Gruppen) Nr. Gruppe 1 Getreidekörner, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse 2 Ölsaaten und Ölfrüchte, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse 3 Körnerleguminosen, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse 4 Knollen und Wurzeln, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse 5 Nebenerzeugnisse des Gärungsgewerbes und der Destillation 6 Andere Samen und Früchte, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse 7 Wirtschaftseigene Grobfuttermittel und Grünfutterprodukte 8 Andere Pflanzen, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse 9 Milcherzeugnisse 10 Fisch sowie andere Meerestiere, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse 186

Tab. 2: Ölsaaten und Ölfrüchte, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse 2.14.01 Sojabohnen (Auszug aus der Positiv-Liste (1)) Nummer Benennung Beschreibung Differenzierungsmerkmale (in v.h.) Anforderungen (in v.h.) Angaben zur Kennzeichnung (anzugebende Inhaltsstoffe) Zusätzliche Angaben zum Herstellungsprozess Bemerkungen 2.14.04 Soja(bohnen)- kuchen durch Pressen aus Sojabohnen anfällt Rohfett Rohfaser, wenn > 8 v.h. ab 1.10.2003 Datenblatt noch zu liefern bis 1.10.2003 2.14.05 Soja(bohnen)- extraktionsschrot, dampferhitzt 1) durch Extraktion aus Sojabohnen anfällt und einer geeigneten Wärmebehandlung unterworfen wurde. Die im Prozess anfallenden Bleicherden können gemäß Branchenrichtlinien enthalten sein Rohfett max. 4 Ureaseaktivität: höchstens 0,4 mg N/g * Minute Rohfaser, wenn > 8 v.h. 2.14.06 Soja(bohnen)- extraktionsschrot aus geschälter Saat, dampferhitzt 1) durch Extraktion aus geschälten Sojabohnen anfällt und einer geeigneten Wärmebehandlung unterworfen wurde. Die im Prozess anfallenden Bleicherden können gemäß Branchenrichtlinien enthalten sein Rohfett max. 4 Rohfaser max. 5 Ureaseaktivität: höchstens 0,5 mg N/g * Minute 2.14.07 Soja(bohnen)- proteinkonzentrat Nebenerzeugnis, das bei der Extraktion aus geschälten Sojabohnen anfällt und das mit Wasser oder Alkohol noch weiter extrahiert oder mit Enzymen behandelt wurde, um den Anteil löslicher Nicht- Proteinbestandteile zu verringern min. 55 Wasser max. 10 2.14.08 Soja(bohnen)- proteinisolat Erzeugnis, das aus dem Extrakt geschälter und entfetteter Sojabohnen durch Koagulierung, Separierung und Trocknung gewonnen wird min. 85 Lysin min. 5 Wasser max. 10 Lysin 2.15.01 Sonnenblumensaat Samen der Sonnenblume Helianthus annuus L. 2.15.02 Sonnenblumenkuchen durch Pressen aus den teilweise geschälten oder geschälten Samen der Sonnenblume anfällt Rohfaser max. 27 Rohfett Rohfaser ab 1.10.2003 2.15.03 Sonnenblumenextraktionsschrot aus teilweise oder ganz geschälter Saat 1) durch Extraktion der teilweise oder ganz geschälten Samen der Sonnenblume anfällt. Die im Prozess anfallenden Bleicherden können gemäß Branchenrichtlinien enthalten sein Rohfett max. 4 Rohfaser max. 20 Rohfaser 2.15.04 Sonnenblumenextraktionsschrot aus ungeschälter Saat 1) durch Extraktion der ungeschälten Samen der Sonnenblume anfällt. Die im Prozess anfallenden Bleicherden können gemäß Branchenrichtlinien enthalten sein Rohfett max. 4 Rohfaser max. 28 Rohfaser 187

Tab. 3: Knollen und Wurzeln, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse 4.10.01 Zuckerrübe (Auszug aus der Positiv-Liste (1)) Nummer Benennung Beschreibung Differenzierungsmerkmale (in v.h.) Anforderungen (in v.h.) Angaben zur Kennzeichnung (anzugebende Inhaltsstoffe) Zusätzliche Angaben zum Herstellungsprozess Bemerkungen 4.10.04 (Zucker-) Rübenmelasse Nebenerzeugnis, das bei der Gewinnung oder Raffinierung von Zucker aus Zuckerrüben anfällt Gesamtzucker, berechnet als Saccharose min. 40 v.h. in der Originalsubstanz Gesamtzucker, berechnet als Saccharose Wasser, wenn > 28 v.h. ab 1.10.2003 4.10.05 (Zucker-) Rübenmelasse, teilentzuckert Nebenerzeugnis, das bei der weiteren Entzuckerung der Zuckerrübenmelasse durch Saccharatfällung, Ionenaustauch oder Ionenausschluss anfällt Gesamtzucker, berechnet als Saccharose Wasser, wenn > 25 v.h. ab 1.10.2003 4.10.06 (Zucker-) Rübennassschnitzel Nebenerzeugnis, das bei der Gewinnung des Rohsaftes aus Zuckerrüben anfällt und praktisch entzuckert ist, auch siliert 3) Wasser max. 92 salzsäureunlösliche Asche, wenn > 5 v.h. wenn 3) : Angaben zum verwendeten Siliermittel erforderlich 4.10.07 (Zucker-) Rübenpressschnitzel Nebenerzeugnis, das bei der Gewinnung des Rohsaftes aus Zuckerrüben anfällt und praktisch entzuckert und abgepresst ist, auch siliert 3 ) Wasser max. 82 salzsäureunlösliche Asche, wenn > 5 v.h. wenn 3) : Angaben zum verwendeten Siliermittel erforderlich 4.10.08 (Zucker-) Rübentrockenschnitzel Nebenerzeugnis, das bei der Zuckergewinnung aus Zuckerrüben anfällt und aus getrockneten Pressschnitzeln besteht salzsäureunlösliche Asche max. 4,5 salzsäureunlösliche Asche, wenn > 3,5 v.h. Angaben zum Trocknungsverfahren und zum verwendeten Brennstoff 4.10.09 (Zucker-) Rübenmelasseschnitzel Nebenerzeugnis, das bei der Zuckergewinnung anfällt und durch Trocknung melassierter Pressschnitzel gewonnen wird salzsäureunlösliche Asche max. 4,5 salzsäureunlösliche Asche, wenn > 3,5 v.h. Angaben zum Trocknungsverfahren und zum verwendeten Brennstoff 188

Mischfutter. Wird schon bei der großen Zahl von Einzelfuttermitteln deutlich, dass der Analytiker für eine erfolgreiche Rückverfolgung eine umfangreiche Referenzsammlung zur Verfügung haben muss, so gilt dies um so mehr für die Mischfutter mit ihrer Vielzahl von Rezepturen einzelner Futtermittelhersteller (z. B. Sauenfutter, Sauensattfutter, Ergänzungsfutter für Milchkühe, Milchleistungsfutter II für Milchkühe, Mischfutter für Pferde, Alleinfutter 1 für Legehennen, usw.). Jede Rezeptur kann mehr als 10 Einzelkomponenten umfassen, wobei der Energiegehalt eine wesentliche Rolle spielt. Dementsprechend kann auch die eine oder andere Komponente je nach Weltmarktangebot kurzfristig ausgetauscht werden. Für die Futtermittelkontrolle kann dieser Sachverhalt die Rückverfolgbarkeit u. U. sehr erschweren. Wenn auch nach EU-Recht die sog. offene Deklaration für Mischfutter gilt, die eine Auflistung der Inhaltsstoffe mit ihrer prozentualen Mengenangabe auf dem Chargenanhänger enthalten sollte, so ist z. Zt. in Deutschland, aber auch in andern Ländern auf dem Hintergrund von Klagen der Futtermittelindustrie (2) gegen diese EU-Richtlinie die sog. halboffene Deklaration in der Praxis weiterhin in Gebrauch. Bei dieser sollen die Inhaltsstoffe nur in der Reihenfolge fallender Konzentrationen angegeben werden. Abb. 1: Milchleistungsfutter in Form von Pellets Aus verschiedenen Gründen werden die zahlreichen Mischfutter durchweg nicht in loser Form gehandelt (Staubentwicklung, Transport, Lagerung), sondern überwiegend werden die einzelnen Inhaltsstoffe in stark zerkleinerter Form unter hohem Druck und Temperatur zu der speziellen Darreichungsform der sog. Pellets verarbeitet (Abb. 1). Praxis der mikroskopischen Futtermitteluntersuchung. Bei der heute zunehmend stärkeren Vermahlung der einzelnen Bestandteile von Mischfutter und ihrer Verarbeitung zu Pellets können diese für die Futtermittelkontrolle in dieser verarbeiteten Form eine recht komplexe Matrix sein. In diesem Fall hat sich für die routinemäßige Überprüfung der Deklaration oder die Identifizierung einzelner Bestandteile die Futtermittelmikroskopie als schnelle, preisgünstige Methode etabliert. Grundlage der mikroskopischen Methode ist (1) die Identifizierung der Einzelkomponenten eines Mischfutters anhand der anatomischen Merkmale, und daran anschließend (2) ihre Mengenabschätzung. Wenn auch die kompetent durchgeführte mikroskopische Futtermitteluntersuchung erhebliche fachspezifische Kenntnisse und diesbezügliche Erfahrung voraussetzt, so sind ihre Ergebnisse keineswegs subjektiv, wie manchmal unterstellt wird. Für die Untersuchungen ist neben einer umfassenden Referenzsammlung eine Spezialliteratur erforderlich (3, 4, 5, 6). Das in Abbildung 2 dargestellte Flussdiagramm stellt den Arbeitsablauf für eine mikroskopische Futtermitteluntersuchung dar. Am Beispiel eines europaweit durchgeführten Ringtests zum Nachweis und zur Bestimmung von Tiermehl in Mischfutter soll die Leistungsfähigkeit dieser Methode gezeigt werden. Einem von uns hergestellten Wiederkäuer-Mischfutter wurde 0,1 % Tiermehl beigemischt. Es wurde dann an europäische Futtermittelkontroll- Labore zur Untersuchung verschickt. Alle Labore konnten die sehr geringe Menge von Tiermehl nachweisen, darüber hinaus gaben die meisten eine recht genaue Abschätzung der Menge an, wobei in diesem Falle allein der Nachweis unabhängig von der Konzentration von Tiermehl für ein Verbot ausgereicht hätte (Abb. 3). 189

Abb. 2: Flussdiagramm der mikroskopischen Untersuchung eines Futtermittels einschließlich der Schätzung der Bestandteile tierischer Herkunft Im speziellen Fall des Nachweises von Bestandteilen tierischer Herkunft in Futtermitteln liefert die Futtermittelmikroskopie in Anwendung der verbindlichen methodischen Untersuchung nach der EU-Richtlinie 2003/126/ (7) in der Praxis schnell (in wenigen Stunden) und kostengünstig nachprüfbare Ergebnisse bis in den Spurenbereich. Aktuelles Beispiel aus der Praxis. Am 29. November 2004 verweigerte Irland die Einfuhr zweier Schiffsladungen (1755 und 2400 t) Zuckerrübenschnitzel bzw. 190

-melasseschnitzel aus Deutschland (Abb. 4, zur Warenbezeichnung s. Tab. 3). Was war geschehen? Die irischen Kontrollbehörden hatten nach einer Untersuchung in den gezogenen Proben mit der mikroskopischen Methode vereinzelt Bestandteile tierischer Herkunft (Knochensplitter) festgestellt. Da es seit der BSE-Krise in der EU verboten ist, tierische Bestandteile an Lebensmittel liefernde Nutztiere zu verfüttern, gab Irland eine sog. Schnellwarnung an die zuständigen Behörde in Deutschland heraus. Abb. 3: Ergebnis der Untersuchung eines Mischfutters auf Tiermehl im Rahmen eines internationalen Ringtests (19 Teilnehmer-Labore), vorgestellt auf der Tagung der Internationalen Arbeitsgruppe für Futtermittelmikroskopie in Wien 1998. Rote Linie: 0,1 % zugesetzte Bestandteile tierischer Herkunft sich von vieren drei als positiv erwiesen. In der Folge wurden bei mikroskopischen Untersuchungen von Mischfuttern mit Rübenschnitzeln in N-Deutschland in ca. einem Zehntel von ca. 470 untersuchten Proben Bestandteile tierischer Herkunft in Spuren nachgewiesen (8). Von etwa 200 Höfen mussten entsprechend belastete Chargen zurückgenommen werden, rund 200 000 t Futter drohte der Weg in die Verbrennung (9). Abb. 4: Zuckerrübentrockenschnitzel Aufgrund der in der Futtermittelproduktion praktizierten Produkt-Dokumentation (Warenkennzeichnung, Herkunft, Produktion, etc.) wie sie u. a. auch von der inzwischen in Kraft getretenen EU-Richtlinie zur Rückverfolgbarkeit von Futtermitten vorgeschrieben ist konnte der Weg des Produktes sehr schnell (17. November 2004) auf eine Zuckerfabrik in S-Deutschland zurückverfolgt werden, wo bei einer Untersuchung von Firmenrückstellmustern Der letzte Schritt der Rückverfolgbarkeit im Falle der Knochenbestandteile in den Zuckerrübenschnitzeln war die Beantwortung der wichtigen Frage nach der Tierart, von der sie stammten. Mikroskopisch ist eine Zuordnung zur Tierart über nachgewiesene Knochenbestandteile in vielen Fällen nur bedingt möglich. Zwar können Bestandteile von Fischen (Knochen, Schuppen, s. o.) von denen der Säuger unterschieden werden, doch insbesondere die Unterscheidung von Vogel- und Säuger-Knochenbestandteilen ist nicht mög- 191

lich. (Versuche, mit Hilfe des EM Vogelund Säuger-Knochenbestandteile zu differenzieren, waren nur z.t. erfolgreich. Die Methode war aber auf Grund des Aufwandes in der täglichen Routine nicht praktikabel (10)). Im Falle der aus Zuckerrübenschnitzeln isolierten Knochensplitter bzw. ihrer DNA konnte mit der inzwischen als Standardmethode zur Bestimmung der Tierart etablierten PCR-Analyse wahrscheinlich gemacht werden, dass diese sehr wahrscheinlich von Ratten und Mäusen stammten. DNA von Wiederkäuern, d. h. von Rindern, und damit BSE verdächtiges Material, konnte nicht nachgewiesen werden, so dass das Ausgehen einer BSE- Gefahr von den nachgewiesenen Bestandteilen tierischer Herkunft in Zuckerrübenschnitzeln als gering eingeschätzt wird (11). Nach den bei der Rückverfolgung durchgeführten zahlreichen mikroskopischen Untersuchungen an den LUFA sowie den Diskussionen der Befunde in verschiedenen Foren unter Teilnahme von Bodenkundlern wird davon ausgegangen, dass die gefundenen Ratten- und Mäuseknochenbestandteile von Feldnagern stammen, die offensichtlich zum natürlichen Inventar vieler Ackerböden gehören. Bezüglich der Herkunft anderer nicht sicher nachgewiesener Knochenbestandteile (z. B. von Geflügel und Schweinen) wird angenommen, dass sie wahrscheinlich über Komposte und Tiermehl enthaltende Dünger in die Äcker eingetragen wurden. Auch unter Berücksichtigung dieser Befunde ist das Auftreten von Bestandteilen tierischer Herkunft in dermaßen ausgelaugten Rübenschnitzeln völlig überraschend. Insbesondere wenn man weiß, dass Zuckerrüben nach der Anlieferung in der Zuckerfabrik vor der Verarbeitung gründlich gewaschen werden, und dann nach der Zerschnitzelung intensivst mit Wasser extrahiert werden. Ein interessantes Detail in dieser erfolgreichen Rückverfolgung bei dem Futtermittel Zuckerrübe kann die Frage beantworten, wie die Knochenbestandteile in die Zuckerrübenschnitzel kommen könnten. In diesem Kontext spielt die sog. Rübenrinne eine entscheidende Rolle: gemeint ist hier eine botanische Besonderheit der Zuckerrübe, vergleicht man sie z. B. mit einer Runkelrübe. Bei der Zuckerrübe sind die feinen Saugwurzeln (Seitenwurzeln) in sog. Rhizostichen angeordnet (12) (Abb. 5). Abb. 5: Zuckerrübe. Die Rhizostiche Anordnung der kleinen Seitenwurzeln in einer geraden Linie am Wurzelkörper - ist durch das starke Dickenwachstum der Rübe etwas verworfen Abb. 6: Auf der Briefmarke ist zwischen den Schattenrissen der beiden Pioniere des Zuckerrübenanbaues in Deutschland Marggraf und Achard auf der dargestellten Zuckerrübe die Rhizostiche deutlich zu erkennen 192

Dieses Merkmal ist so charakteristisch für die Zuckerrübe, dass es sogar auf einer 1992 herausgegebenen Briefmarke zum Jubiläum des Zuckerinstituts Berlin nicht vergessen wurde (Abb. 6). Die in dieser tiefen Rinne am Wurzelkörper angelegten sehr kleinen Seitenwurzeln mit den dort eingewachsenen Bodenpartikeln und u. U. anhaftenden kleinsten Bestandteilen tierischer Herkunft machen verständlich, dass diese den intensiven Waschprozess in der Zuckerfabrik überstehen und schließlich gänzlich unerwartet in Zuckerrübenschnitzeln auftreten können. Ausblick Der schnelle und erfolgreiche Abschluss der Rückverfolgung (innerhalb weniger Wochen) eines Futtermittels (Zuckerrübenschnitzel) mit der Bewältigung einer europäischen Krise im Futtermittelbereich was letztlich auch das Ziel der neuen EU-Richtlinie 178/2002 ist lassen fragen, ob im Futtermittelbereich mögliche Krisen ähnlichen Ausmaßes in Zukunft ebenso rasch gelöst werden. Eine optimistische Einschätzung sollte nicht übersehen, dass im Verlauf der langjährigen BSE-Krise insbesondere das im vorliegenden Fall benötigte Methodenrepertoire für den schnellen Nachweis von Bestandteilen tierischer Herkunft und der Tierart erst mühsam erarbeitet werden musste (mikroskopische Methode nach EU Richtlinie 2003/126/EG und PCR-Methode). Dies stellte sich im Fall der Rückverfolgung der Bestandteile tierischer Herkunft in Zuckerrübenschnitzeln als ein sehr günstiges Moment dar. In einem möglichen andersartigen Krisenfall im Futtermittelbereich muss sich das so in Zukunft nicht wiederholen. Literatur (1) Positivliste der Einzelfuttermittel (Futtermittel-Ausgangserzeugnisse (2003). Normenkommission für Einzelfuttermittel im Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft, Bonn (2) Klaus B Capelli F (2004) The Open Declaration. Kraftfutter/Feed Magazine 7-8, 218-226 (3) Hahn H Michaelsen I (1996) Mikroskopische Diagnostik pflanzlicher Nahrungs-, Genuß- und Futtermittel, einschließlich Gewürze. Springer Verlag Berlin Heidelberg (4) Gassner G Hohmann B Deutschmann F (1989) Mikroskopische Untersuchung pflanzlicher Lebensmittel, 5. Aufl., Gustav Fischer Verlag Stuttgart New York (5) Meszaros L Deutschmann F (1975) Atlas für die Mikroskopie von Nahrungsgrundstoffen und Futtermitteln, Teil I Ölsaaten und deren Verarbeitungsrückstände. Verlag J. Neumann-Neumann, Melsungen (6) Meszaros L Bihler E (1983) Atlas für die Mikroskopie von Nahrungsgrundstoffen und Futtermitteln, Teil II Stärkereiche Nahrungsgrundstoffe und deren Verarbeitungsprodukte, Grünmehle, Obsttrester, Braunalgen u.a., Verlag J. Neumann-Neumann, Melsungen (7) Über die Analysenmethode zur Bestimmung der Bestandteile tierischen Ursprungs bei der amtlichen Untersuchung von Futtermitteln (2003). Richtlinie 2003/ 126/EG der Kommission. Amtsblatt der Europäischen Union L339, 78-84 (8) Hahn H (1999) Tiermehlherstellung und -nachweis in Futtermitteln eine seit der BSE-Epidemie bekannte Problematik. Biol. in unsere Zeit, 29, 208-217 (9) Umfrage des Autors im Feb./März 2005 bei verschiedenen LUFA in N-Deutschland. Für S-Deutschland konnten keine Zahlen ermittelt werden (10) Schuh H (2205) Null Toleranz für Rüben. Die Zeit, Nr. 8 (11) Stellungnahme zum Befund von Knochenfragmenten in Zuckerrübentrockenschnitzeln, Zuckerrübenmelasseschnitzeln und Zuckerrübennassschnitzeln (Dez. 2004) 4 Seiten. Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin (12) Franke W (1997) Nutzpflanzenkunde, 6. Aufl., Georg Thieme Verlag Stuttgart New York (13) 100 Jahre Rheinischer Rübenbauer- Verband e.v. (2003) Hrsg. Rheinischer Rübenbauer-Verband e.v., Bonn 193

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