Behavioral Finance in der Praxis Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren



Ähnliche Dokumente
MYOPIC LOSS AVERSION AND THE EQUITY PREMIUM PUZZLE

Additional Cycle Index (ACIX) Thomas Theuerzeit

CCI Swing Strategie. Cut your losers short and let your winners run

40-Tage-Wunder- Kurs. Umarme, was Du nicht ändern kannst.

Warum Sie dieses Buch lesen sollten

geben. Die Wahrscheinlichkeit von 100% ist hier demnach nur der Gehen wir einmal davon aus, dass die von uns angenommenen

Kapitalerhöhung - Verbuchung

AUTOMATISIERTE HANDELSSYSTEME

NINA DEISSLER. Flirten. Wie wirke ich? Was kann ich sagen? Wie spiele ich meine Stärken aus?

Frauen-Männer-Studie 2012 der DAB Bank Männer und Frauen liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen

Orderarten im Wertpapierhandel

~~ Swing Trading Strategie ~~

Die drei Kernpunkte der modernen Portfoliotheorie

Forex Strategie für binäre Optionen Theorie und Praxis

Fragebogen: Abschlussbefragung

Gothaer Studie zum Anlageverhalten der Deutschen. Gothaer Asset Management AG Köln, 11. Februar 2016

DAS PARETO PRINZIP DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG

Unabhängiger Chartservice mit Zyklusprognosen

M a r k t r i s i k o

Portfoliotheorie. Von Sebastian Harder

Erfolg und Vermögensrückgänge angefertigt im Rahmen der Lehrveranstaltung Nachrichtentechnik von: Eric Hansen, am:

Eine FOREX Strategie, die wirklich funktioniert. Präsentiert vom FOREX BONZEN Team. (c)

Fundamentalanalyse und technische Analyse der Aktienentwicklung. Von Marcel Ehrhardt

Schüler und Lehrer. Teil 1: Was ist Erleuchtung? von Anssi Antila

Speicher in der Cloud

Kreativ visualisieren

Wertpapiere in den Augen der Vorarlberger. Eine Studie von IMAS International im Auftrag von Erste Bank & Sparkassen

Papa - was ist American Dream?

Rohstoffanalyse - COT Daten - Gold, Fleischmärkte, Orangensaft, Crude Oil, US Zinsen, S&P500 - KW 07/2009

4. Auflage. Kapitel IX: Bubbles

Ist Fernsehen schädlich für die eigene Meinung oder fördert es unabhängig zu denken?

Finanzdienstleistungen

Admiral Academy WEBINAR TRADING VON ANFANG AN!

Handelssignale in den Futuremärkten Handelsansätze für Trader Trading Coaching

TOP SELECT PLUS Newsletter Nr.2

Themenbereich "Trauer"

Charakteristikum des Gutachtenstils: Es wird mit einer Frage begonnen, sodann werden die Voraussetzungen Schritt für Schritt aufgezeigt und erörtert.

Psychologie im Arbeitsschutz

Leseprobe. Bruno Augustoni. Professionell präsentieren. ISBN (Buch): ISBN (E-Book):

Manager. von Peter Pfeifer, Waltraud Pfeifer, Burkhard Münchhagen. Spielanleitung

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

Projekt DAX-Kurzzeittrend

EARSandEYES-Studie: Elektronisches Bezahlen

How to do? Projekte - Zeiterfassung

16 Risiko und Versicherungsmärkte

Constant-Maturity-Swap (CMS)

Kapitalerhöhung - Verbuchung

Warum erhält man nun bei bestimmten Trades Rollover und muss bei anderen hingegen Rollover zahlen?

Inhalt. Vorwort Das zinslose Risiko Zusammenfassung Zusammenfassung Risiko?

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

200,- Euro am Tag gewinnen Konsequenz Silber Methode Warum machen die Casinos nichts dagegen? Ist es überhaupt legal?

Das große ElterngeldPlus 1x1. Alles über das ElterngeldPlus. Wer kann ElterngeldPlus beantragen? ElterngeldPlus verstehen ein paar einleitende Fakten

Periodentabellen 2013

Dr. Conrad Mattern. Bad Homburg, August Investment Advisory AG

Markus Demary / Michael Voigtländer

Studie zum Anlageverhalten der Deutschen. Gothaer Asset Management AG Köln, 10. April 2013

Meet the Germans. Lerntipp zur Schulung der Fertigkeit des Sprechens. Lerntipp und Redemittel zur Präsentation oder einen Vortrag halten

«Eine Person ist funktional gesund, wenn sie möglichst kompetent mit einem möglichst gesunden Körper an möglichst normalisierten Lebensbereichen

Dieses erste Kreisdiagramm, bezieht sich auf das gesamte Testergebnis der kompletten 182 getesteten Personen. Ergebnis

Fibonacci Retracements und Extensions im Trading

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Meinungen zu nachhaltigen Geldanlagen

Musterdepot +134% seit Auflegung Trading Depot für alle kurzfristig orientieren Anleger

Standard Life Global Absolute Return Strategies (GARS)

Tutorial: Homogenitätstest

Erfolg beginnt im Kopf

DER SELBST-CHECK FÜR IHR PROJEKT

Dow Jones am im 1-min Chat

Innovation zweite Säule

Herzlich Willkommen beim Webinar: Was verkaufen wir eigentlich?

3. Frauenstudie der DAB bank: Frauen schlagen Männer bei der Geldanlage

Money Management. Die Formel für Ihren Börsenerfolg

Intrinsisch motivierte Mitarbeiter als Erfolgsfaktor für das Ideenmanagement: Eine empirische Untersuchung

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Statistik II. Statistik II, SS 2001, Seite 1 von 5

Über (Selbst-) Motivation und Willenskraft Wie geht das?

MPK Trader Ausbildung der erste Monat ist vorbei

Der Leverage-Effekt wirkt sich unter verschiedenen Umständen auf die Eigenkapitalrendite aus.

Fallstricke der Börsenpsychologie

FF Privat Invest Strategien

Copyright by Steffen Kappesser

Studieren- Erklärungen und Tipps

Tageserträge am Aktienmarkt. und die. 200-Tage-Linie. von. Dr. rer. nat. Hans Uhlig. Copyright Dr. Hans Uhlig

Insiderwissen Hintergrund

Anhand des bereits hergeleiteten Models erstellen wir nun mit der Formel

Anlagefehler, die selbst professionellen. Finanzberatern unterlaufen

Sicher auf Erfolgskurs. Mit Ihrem Treuhand-Betriebsvergleich

Vertical-Spreads Iron Condor Erfolgsaussichten

Weltweite Wanderschaft

Gothaer Studie zum Anlageverhalten der Deutschen. Gothaer Asset Management AG Köln, 17. Februar 2014

Persönliche Zukunftsplanung mit Menschen, denen nicht zugetraut wird, dass sie für sich selbst sprechen können Von Susanne Göbel und Josef Ströbl

Statistische Auswertung:

Erfolgreiche Webseiten: Zur Notwendigkeit die eigene(n) Zielgruppe(n) zu kennen und zu verstehen!

Qualitätsbedingungen schulischer Inklusion für Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung

Die Zukunft der Zukunftsforschung im Deutschen Management: eine Delphi Studie

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Der Kalender im ipad

Durch Wissen Millionär WerDen... Wer hat zuerst die Million erreicht? spielanleitung Zahl der spieler: alter: redaktion / autor: inhalt:

Transkript:

Behavioral Finance in der Praxis Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren 28.05.2010 Diplomarbeit Eingereicht an der ZHAW School of Management Begleitender Dozent: Peter Manz Autor: Cyril Kägi

Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 2

Wahrheitserklärung Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig, ohne Mithilfe Dritter und nur unter Benützung der angegebenen Quellen verfasst habe und dass ich ohne schriftliche Zustimmung der Studiengangleitung keine Kopien dieser Arbeit an Dritte aushändigen werde. Ich nehme zur Kenntnis, dass die Arbeit von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) mittels einer Plagiatserkennungssoftware überprüft werden kann. Ich bin damit einverstanden, dass zu diesem Zweck die Arbeit mit meinem Namen in eine geschützte und nur für die Hochschule zugängliche Datenbank ins Ausland übertragen wird und dort verbleibt. Ich kann bei der ZHAW jederzeit die Löschung meines Namens und allfälliger weiterer persönlicher Angaben verlangen. Weiter nehme ich zur Kenntnis, dass gemäss 16 Abs. 1 i.v.m. 22 Abs. 2 FaHG die ausschliesslichen Verwendungsbefugnisse dieser Arbeit bei der ZHAW liegen. Das Recht auf Nennung der Urheberschaft bleibt davon unberührt. Name des/der Studierenden (Druckbuchstaben) Cyril Kägi.. Name des/der Studierenden (Unterschrift).. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 3

Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 4

Management Summary Das Platzen der Dot Com und der Immobilienblase mit extremen Kursbewegungen in einem Tag von über 10% im Swiss Market Index (SMI) und anderen Indizes weltweit haben die Idee von rationalen und effizienten Märkten erschüttert. Da Kurse teilweise kaum nachvollziehbare Schwankungen aufweisen und der Zusammenhang zwischen Renditen und Fundamentaldaten statistisch wenig korreliert sind, ist die Suche nach Erklärungen ausserhalb der Modernen Portfolio Theorie (MPT) von Harry Markowitz (1952) respektive der efficient market hypothesis (EMH) von Eugene Fama (1970) ausgeweitet worden. Während die klassischen Ansätze von einem rational agierenden Anleger ausgehen, hat die experimentelle Finanzmarktforschung verschiedene Anomalien entdeckt und bewiesen. Die daraus entstandene, interdisziplinäre Wissenschaft Behavioral Finance fasst die Theorien, welche ein systematisches, irrationales Verhalten der Investoren aufzeigen, zusammen. Im ersten Teil dieser Arbeit werden diese beschrieben, analysiert und eingeordnet. Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen werden bewusst nur die aus Sicht des Autors wichtigsten Theorien und Modelle erklärt. Angereichert werden die Theorien durch Beispiele und Erklärungen aus der Praxis. Dafür wurden verschiedene Kundenberater, Mitarbeiter im Research und Portfoliomanager von verschiedenen Banken befragt. Diese neue wissenschaftliche Disziplin erfordert Handlung von Banken und Vermögensverwaltern bezüglich Aufklärung, Beratung und Verkauf von adäquaten Produkten. Diese Arbeit beschreibt im zweiten Teil wie Banken auf dem Schweizer Finanzplatz mit diesem Thema umgehen und inwiefern Anleger mit irrationalem Verhalten konfrontiert werden. Im dritten Teil werden Produkte und Dienstleistungen rund um die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft aufgezeigt, welche auf dem Schweizer Markt bereits bestehen. Diese werden analysiert und mit einem Benchmark verglichen. Am Ende werden Massnahmen beschrieben, wie die grössten Fehler vermieden oder vermindert werden können. Konkrete Lösungsvorschläge sollen aufzeigen, dass die Rendite bereits unter Beachtung weniger Regeln verbessert werden kann. Das Ziel der Arbeit ist, die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft den Anlegern praxisnah zu vermitteln und konkrete Lösungsvorschläge aufzuzeigen, wie Banken und Vermögensverwalter mit einem behavioristischen Ansatz nachhaltigen Mehrwert für die Kunden und die Unternehmung erwirtschaften können. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 5

Inhaltsverzeichnis Wahrheitserklärung... 3 Management Summary... 5 1. Einleitung... 8 2. Methode... 9 3. Übersicht Behavioral Finance... 10 3.1. Persönlicher Nutzen... 12 3.1.1. Prospect Theory... 12 3.1.2. Dispositionseffekt... 13 3.1.3. Disappointment Aversion... 14 3.1.4. Weitere Theorien... 15 3.1.5. Aus der Praxis... 17 3.2. Wahrnehmung / Wahrnehmungsstörungen... 19 3.2.1. Heuristiken... 19 3.2.2. Neigungen / Biases... 23 3.2.1. Aus der Praxis... 26 3.3. Marktverhalten... 29 3.3.1. Overreaction und Mean Reversion... 30 3.3.2. Herding / Herdenverhalten... 31 3.3.3. Weitere Ideen zum Marktverhalten... 32 3.3.1. Aus der Praxis... 32 3.4. Kritik an Behavioral Finance... 34 4. Anlageberatung in der Schweiz... 37 4.1. Dimensionen der Profilbildung... 40 4.2. Nutzen und Ziele der Profilbildung... 42 4.3. Anlageberatungs Prozess... 44 4.4. Fragebogen... 47 4.4.1. Fragebogen im Allgemeinen... 47 4.4.2. Fragebogen bezüglich Behavioral Finance... 48 4.4.3. Wiederkehrende Betrachtung... 49 4.5. Anlageberatung und Portfoliomanagement... 49 4.6. Researchabdeckung und Perspektive... 50 4.7. Nutzen und Bedeutung eines verhaltensorientierten Ansatzes... 51 Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 6

4.7.1. Nutzen für den Kunden... 51 4.7.2. Nutzen für die Bank... 52 4.7.3. Unterschied zum herkömmlichen Beratungsansatz... 53 5. Mehrwert durch Behavioral Finance... 54 5.1. Informationsangebote... 54 5.1.1. Universität Zürich und BhFS... 55 5.1.2. www.behavioralfinance.ch & www.evolutionaryfinance.ch... 57 5.1.3. www.bfpb.ch... 59 5.1.4. Weitere Informationsangebote... 60 5.2. Analyse bestehender Finanzprodukte... 60 5.3. Fazit bestehender Finanzprodukte... 68 5.4. Derivative Strategien... 70 5.4.1. Kapitalschutz... 70 5.4.2. Schutz vor Tail Risiken... 71 5.4.3. Volatilitätsbegrenzung... 71 5.5. Erfolgreich durch Behavioral Finance... 72 5.5.1. Verminderung von negativen Effekten... 72 5.5.2. Goldene Regeln für Anleger... 75 6. Fazit... 76 7. Literaturverzeichnis... 79 8. Abbildungs und Tabellenverzeichnis... 82 9. Verzeichnis der Interviewpartner... 84 10. Annex... 85 Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 7

1. Einleitung Alle Schwäne sind weiss! Bevor Australien entdeckt wurde, glaubten Menschen aus Europa zu wissen, dass alle Schwäne weiss sind. Der empirische Beweis aus tausenden von Schwänen war dermassen überzeugend, dass eine Ausnahme dieser Regel nicht in Erwägung gezogen wurde. Aber bereits durch einen einzigen schwarzen Schwan unter einer Million weisser wird die Hypothese, dass alle Schwäne weiss sind, widerlegt. 1 Die Geschichte ist geprägt von höchst unwahrscheinlichen Ereignissen, die aber dennoch eingetreten sind und einen riesigen Einfluss auf die Weltordnung hatten. Dinge in Betracht ziehen, die nicht normal oder bekannt sind, kann existenzrettend sein oder den bekannten grossen Wurf bringen. Denken Sie an den Erfolg des Kinofilms Avatar, des Mobiltelefones von Apple oder an die unglaublichen Niedergänge von AIG, Enron oder LTCM. Denken Sie an persönliche Ereignisse, welche ihr Leben massgeblich veränderten: Immer scheinen augenblickliche, in grösstem Masse unerwartete Geschehnisse oder fehlerhaftes Verhalten dafür verantwortlich zu sein. Statistiken und Theorien sind wichtig, um allgemeine Zusammenhänge und Regeln zu beschreiben. Doch nie soll der gesunde Menschenverstand ausgeschaltet werden. Regelblindheit und Akzeptanz von Bekanntem verdeckt die Sicht auf Begebenheiten mit grossen Chancen oder Gefahren. Diese Arbeit wird anhand von Beispielen aus der Praxis die Kenntnisse von Finanzspezialisten beleuchten und Hinweise auf die Handhabung dieses Themas in Kundengesprächen erläutern. Die beobachteten Verhaltensanomalien werden verschiedenen Theorien aus der Behavioral Finance zugeordnet. Es stellt sich die Frage, ob Banken Theorien aus der Behavioral Finance in den Anlageprozess einbinden. Gibt es Unterschiede zwischen Grossbanken und Privatbanken, und auf was könnten diese zurückzuführen sein? Da die Anlageentscheidung des Kunden massgeblich durch den Berater beeinflusst werden kann, wird ebenfalls die Frage aufgeworfen, ob die getroffenen Massnahmen in der jeweiligen Bank genügend verbreitet sind und die Kundenberater entsprechend geschult wurden. In einem zweiten Schritt wird analysiert, ob sich unter Anwendung der Behavioral Finance ein Mehrwert für den Kunden generieren lässt. Zufriedene Kunden und stabile verwaltete Vermögen tragen auch massgeblich zur Reputation und einem nachhaltigen Geschäftsergebnis bei. Kann die Behavioral Finance demnach auch für Banken einen Mehrwert bringen und können die Return on Assets durch gezielte Dienstleistungen oder Produkte gar gesteigert werden? 1 Vgl.: The Black Swan von Nassim Nicholas Taleb, 2007 Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 8

2. Methode Für den theoretischen Teil wird ein Top Down Ansatz gewählt, das heisst es wird zuerst unter Beizug verschiedener Literatur ein Gesamtüberblick über die Materie geschaffen. So kann eine sinnvolle Gliederung und Priorisierung der einzelnen Themen vorgenommen werden. Nach der Feststellung der zu behandelnden Materie wird Zusatzliteratur beschafft, ausgewertet und miteinander verglichen. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass die Kernthemen, welche in der Praxis auch wirklich eine Rolle spielen, erkannt werden können. Anschliessend können differenzierte Meinungen dazu gebildet werden. Durch eine Feldstudie bei Kundenberatern, institutionellen Investoren, Technischen Analysten und Beratungs und Forschungsteams von Banken im Schweizerischen Markt werden die wissenschaftlich erwiesenen Ergebnisse gestützt. Die Hypothese besagt, dass Anleger auch in jüngster Zeit in verschiedenen Bereichen nicht rational agierten. Die Studie hat zum Ziel, neben einer Bestätigung der Theorien, auch praxisnahe Beispiele aufzuzeigen und Veränderungen von Phänomenen aufzudecken. Ein weiteres Ziel ist, die Kenntnisse der befragten Personen zum Thema Behavioral Finance zu eruieren. Für die Untersuchung, wie Banken auf dem Schweizerischen Finanzplatz mit der Thematik umgehen, wird ein Bottom Up Ansatz gewählt. Dazu werden zuerst Personen über die eigenen Kenntnisse zu Behavioral Finance befragt, bevor der Umgang der Unternehmung mit diesem Ansatz analysiert wird. Am Ende wird für den Gesamtmarkt Schweiz eine Zusammenfassung der Industrie und konkrete Handlungsvorschläge erstellt. Für die Analyse bestehender Produkte wird mittels Bloomberg und Internet zuerst das relevante Universum festgelegt. Es werden nur Produkte analysiert, welche seit mindestens zwei Jahren existieren und auf dem Markt immer noch verfügbar sind. Der jeweilige Trackrecord wird danach mit der Benchmark verglichen und in Bezug auf Rendite, Risiko und Korrelation analysiert. Diese Analyse erfolgt über eine Periode seit Auflegung sowie für alle Instrumente über die letzten 36 Monate, um das Risiko/Rendite Verhalten während sehr volatilen Zeiten feststellen zu können. Die These ist, dass mittels Instrumenten aus dem Bereich der Behavioral Finance ein Mehrwert gegenüber einer passiven Strategie erreicht werden kann. Die Arbeit schliesst mit konkreten Handlungsempfehlungen, einem Ausblick über zukünftige Entwicklungen und einem Fazit über die Handhabung in der Anlageberatung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 9

Es gibt nichts, was so verheerend ist, wie ein rationales Anlageverhalten in einer irrationalen Welt. <John Maynard Keynes> 3. Übersicht Behavioral Finance Die Behavioral Finance oder verhaltensorientierte Finanzwissenschaft ist eine relativ junge, interdisziplinäre Wissenschaft, welche im Gegensatz zur Efficient Market Hypothesis (EMH) von Eugene Fama aus dem Jahre 1970 von nicht rationalen Personen und ineffizienten Märkten ausgeht. Diese Lehre untersucht die Auswirkungen der Psychologie auf die Märkte und deren Teilnehmer. Sie ist deswegen interessant, weil sie erforscht, wie und warum Märkte ineffizient sein können. Obwohl Gustave le Bon bereits im Jahre 1896 das Buch The Crowd: A Study of the Popular Mind schrieb, ein einflussreiches Werk der sozialen Psychologie, ist die Anwendung der Psychologie in der Finanzwissenschaft erst rund 35 Jahre alt. Zwei bedeutende Psychologen prägten die Grundlagenforschung im Bereich des verhaltensorientierten Handelns. Daniel Kahneman und Amos Tversky untersuchten im Jahre 1974 das Verhalten unter Unsicherheit und stellten verschiedene Heuristiken fest. Im Jahre 1979 präsentierten die beiden im Magazin Econometrica einen kritischen Artikel zur Erwartungs Nutzen Theorie von Neumann und Morgenstern aus dem Jahre 1944. Diese Theorie geht vom Homo Oeconomicus aus, einem Menschen der aus einer Menge an Alternativen diejenige auswählt, welche ihm den grössten Nutzen bringt. Der Homo Oeconomicus handelt also nutzenorientiert, rational und ist immer vollständig informiert. Die kritischen Autoren stellen eine neue Theorie auf, welche als Grundlage für diverse weitere Forschungsprojekte über die folgenden 30 Jahre diente: die Prospect Theory (S. 263 292). 1974 entdeckten die beiden Forscher einen weiteren Puzzlestein für die Erklärung von irrationalem Verhalten an den Märkten, das sogenannte Framing (S. 1126). 1985 wurde ein Artikel von Werner De Bondt und Richard Thaler publiziert, welcher die Wissenschaft überraschte und grosse Ineffizienzen am Aktienmarkt aufzeigte. Die Modelle der Overreaction und des Mental Accounting wurden eingeführt (S. 793 ff.). Dies ist die eigentliche Geburtsstunde der Behavioral Finance. Weitere bedeutende Werke folgten im Jahre 1992 über das Herdenverhalten von Banerjee (S. 797 ff.), über Contrarian Investments (Value Strategien) im Jahre 1994 von Lakonishok, Schleifer und Vishny (S. 1541 ff.) sowie von Benartzi und Thaler (1995, S. 73 ff.) in Bezug auf die Prämie bei Aktienanlagen (Equity premium puzzle). Während dieser Zeit wurden auch die Vorlieben Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 10

respektive Neigungen der Anleger näher untersucht. Diese sogenannten Biases stellen neben den Heuristiken einen weiteren grossen Themenblock der Behavioral Finance dar. In dieser relativ jungen Forschung gibt es noch keine richtige Klassifizierung der einzelnen Disziplinen. Neue Theorien werden entwickelt und bestehende Theorien werden aneinandergeknüpft eine eigentliche Einordung findet jedoch nicht statt. Die Gründe dafür liegen wohl darin, dass es eine interdisziplinäre Lehre ist, welche zum Beispiel Elemente der Kognitionspsychologie (Intuition) mit denen der Verhaltenspsychologie mischt, oder das Verhalten einzelner Personen auf eine Gruppe, respektive das Marktverhalten, projiziert. In einem ersten Schritt wird deshalb versucht, die Themengebiete sinnvoll einzugrenzen und zu bezeichnen, um einen Überblick über das gesamte Feld zu geben. Abbildung 1 zeigt die vom Autor vorgenommene Einteilung der Behavioral Finance in drei Themenfelder: Persönlicher Nutzen, Wahrnehmung und Marktverhalten. Diesen Themenfeldern werden in den nächsten Kapiteln die wichtigsten Theorien der verhaltensorientierten Finanzwissenschaft zugeordnet. Ausschlag für diese Gliederung gaben die folgenden Gedanken: Handlungen können oft durch den persönlichen Nutzen erklärt werden, jedoch können auch Wahrnehmungsstörungen aus dem Feld der kognitiven Psychologie für ein bestimmtes Verhalten kausal verantwortlich sein. Deshalb wird zwischen den Themenfeldern Persönlicher Nutzen und Wahrnehmung unterschieden. Zudem erscheint es sinnvoll, beobachtbare Marktschwankungen welche nicht einzelnen Investoren zugeordnet werden können, von denen einzelner Marktteilnehmer zu trennen. Im dritten Themenfeld werden deswegen Beobachtungen über das Marktverhalten beschrieben. Diese werden meist durch Theorien aus den ersten beiden Feldern erklärt. Wissenschaft Behavioral Finance Themenfeld Persönlicher Nutzen Wahrnehmung Marktverhalten Abbildung 1: Übersicht Behavioral Finance Themenfelder. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 11

Nur vom Nutzen wird die Welt regiert <Friedrich von Schiller> Eine vollständige Übersicht der Einteilung der behandelten Theorien wird im Anhang in Abbildung 22 aufgezeigt. Zum besseren Verständnis werden die Theorien in ihrer ursprüngliche benannten Form, meistens in Englisch, aufgelistet. Wo nötig, werden die Begriffe ins Deutsche übersetzt und erklärt. 3.1. Persönlicher Nutzen Unter persönlichem Nutzen werden alle Theorien zusammengefasst, welche mit der Nutzentheorie in Zusammenhang stehen. Diese Nutzenfunktionen sind ausschlaggebend für das persönliche Verhalten, welches unter der Annahme des Homo Oeconomicus oft nicht erklärbar ist. Dieses Individualverhalten wird bewusst vom Marktverhalten (Absatz 3.3) getrennt. In Abbildung 2 werden drei Haupttheorien dem persönlichen Nutzen zugeteilt. Es sind dies die Prospekt Theorie, der Dispositionseffekt und die Aversion gegen Enttäuschungen. Themenfeld Persönlicher Nutzen Theorie Prospect Theory Dispositionseffekt Disappointment Aversion Abbildung 2: Theorien im Feld "Persönlicher Nutzen". Eigene Aufbereitung. 3.1.1. Prospect Theory Die Prospect Theory ist eine der wichtigsten Theorien im Bereich der verhaltensorientierten Finanzwissenschaften. Sie wurde 1979 von Daniel Kahneman und Amos Tversky eingeführt und löste eine Forschungswelle in diesem Gebiet aus. Kahneman erhielt 2002 den Nobelpreis für das Einführen von Einsichten der psychologischen Forschung in die Wirtschaftswissenschaften, besonders bezüglich Beurteilungen und Entscheidungen bei Unsicherheit. Wenn Tversky 1996 nicht verstorben wäre, würde er den Nobelpreis sicherlich mit Kahneman teilen. Die Theorie beschreibt, wie in Abbildung 3 gezeigt, dass der subjektiv empfundene Nutzen eines Gewinnes konkav verläuft, Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 12

im Bereich des Verlustes jedoch konvex. Die konvexe Funktion beim Referenzpunkt ist dabei rund 2.25mal steiler als die konkave Funktion. Verluste schmerzen also mehr, als dass Gewinne Freude bereiten, auch bekannt als Verlustaversion. Deshalb steigt die Risikoaversion von Menschen, sobald ein Gewinn absehbar ist, und sinkt, wenn Buchverluste eingetreten sind. Dies führt zu einem irrationalen Verhalten, so dass verlustbringende Abbildung 3: Prospect Theory. Quelle: Kahneman und Tversky, 1986. Positionen zu lange gehalten und die Risiken durch Aufstockung der Position zum Teil gar erhöht werden, dem sogenannten Dispositionseffekt. 3.1.2. Dispositionseffekt Fundament für die Erklärung des Dispositionseffektes ist die Prospect Theory sowie der Referenzpreis. Dieser Effekt zeigt, dass Gewinne zu früh realisiert und Verluste zu lange gehalten werden, also ein unterschiedliches Verhalten von Anlegern im Gewinn und Verlustfall besteht. 2 Im Gegensatz zur Prospect Theory wird also nicht nur der Nutzen des Anlegers bewertet, sondern konkret aufgezeigt, wie unterschiedlich und irrational die Verhaltensmuster sind. Dieser Effekt kann deshalb, im Gegensatz zum Effekt des negativen Gefühls bei Verlusten, mittels geschickten, systematischen und vor allem konsequenten Handelsstrategien vermieden werden. Um überhaupt abschätzen zu können, ob sich eine Anlage im Gewinn oder Verlustbereich befindet, muss ein Referenzpreis bestimmt werden. Normalerweise ist es der durchschnittliche Einstandspreis einer Anlage. Dieser ist jedoch nicht immer fix. Wenn eine Aktie zuerst gestiegen ist, kann beobachtet werden, dass Investoren teilweise den neuen Höchststand als Referenzpunkt sehen und deshalb nur über diesem Level verkaufen (Niedrich, Sharma und Wedell, 2001, S. 340 ff.). Wenn ein Aktienkurs sinkt und Investoren zukaufen, wird entweder der neue Durchschnittskurs zum Referenzpreis oder der Anleger hat für jeden Teilkauf einen eigenen Referenzpreis gespeichert (Mental Accounting). Ein Erklärungsversuch für den Dispositionseffekt liefert das mathematische Beispiel in Tabelle 1(eigene Gedanken): Der Zielpreis einer Aktie abzüglich dem Referenzpreis ergibt das vermutete Potenzial einer Aktie. Wenn der Kurs steigt (neu = aktueller Preis), wird das Potenzial 2 Vgl.: Barber und Odean (2004, S. 543 ff.) Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 13

kleiner, weshalb das eingegangene Risiko das geringere Potenzial nicht mehr rechtfertigt und ein Investor eher verkauft. Wenn sich der Kurs jedoch negativ entwickelt, wird die Differenz zwischen aktuellem Preis und Zielpreis grösser, was dem Anleger höhere Chancen verspricht. Er wird die Position also eher halten oder aufstocken. Weitere wichtige Ergebnisse im Bereich der Behavioral Pricing Forschung haben Monroe (1973, S. 70 ff.) sowie Niedrich, Sharma und Wedell (2001, S. 339 ff.) geliefert. Referenzpreis Zielpreis Potenzial Aktueller Preis Potenzial neu 10 CHF 15 CHF 50% 13 CHF 15% 10 CHF 15 CHF 50% 7 CHF 115% Tabelle 1: Erklärungsversuch Dispositionseffekt. Eigene Aufbereitung. Ein weiterer Begriff im Zusammenhang mit dem Dispositionseffekt ist der sogenannte sunk cost effect. Anleger sind dabei eher bereit, weitere Investitionen zu tätigen, wenn bereits Kosten entstanden sind. Dieser Effekt bewirkt, dass Anleger an erfolglosen Projekten festhalten, auch wenn ein Scheitern bereits absehbar ist. 3.1.3. Disappointment Aversion Die Aversion vor Enttäuschungen (Disappointment aversion) teilt einige Merkmale mit der Verlustaversion, basiert jedoch auf der Idee, dass Referenzpreise endogen bestimmt werden (Ang, Bekaert und Liu, 2003, S. 481 ff.). Der wahrgenommene Gewinn oder Verlust wird in Abhängigkeit zum erwarteten Ergebnis gestellt. Ein allfälliger Lotteriegewinn (positives Ereignis) wird als Enttäuschung empfunden, sofern es der tiefste zu erwartende Gewinn war. Diese Aversion wird verwendet, um das Equity Premium Puzzle in der langen Frist zu erklären. Da Aktien eine hohe Volatilität aufweisen und hohe Gewinne versprechen, kann es für Investoren nicht befriedigend sein, wenn positive Renditen unterhalb des Erwartungswertes erwirtschaftet werden. Unter der Annahme aus der Prospect Theory, dass Verluste mehr Gefühle auslösen als Gewinne, könnte die Überrendite bei Aktien bei Anlegern mit einem langen Horizont als eine Art Belohnung für die Geduld angesehen werden. Denn die Aktienrenditen liegen im Vergleich zum Risiko und den Portfolio Evaluierungskosten in der kurzen Frist nur unwesentlich über den Obligationenrenditen und weisen beträchtlich höhere Schwankungen auf. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 14

3.1.4. Weitere Theorien Natürlich gibt es noch weitere Theorien und Modelle, welche der Kategorie des persönlichen Nutzens und des persönlichen Verhaltens zugeschrieben werden können. Drei davon sind besonders interessant und erwähnenswert. Das Allais Paradox vom Nobelpreisträger Maurice Allais ist ein Entscheidungsproblem bei der Konfrontation mit Wahrscheinlichkeiten. Es zeigt grosse Inkonsistenzen mit der Erwartungs Nutzen Theorie und ist deswegen ein weiterer Puzzlestein, welcher das Vorhandensein von irrationalem Verhalten belegt. Dieses Paradoxon wird in der heutigen Anlageberatung auch in Fragebogen verwendet, um die Risikobereitschaft von Personen festzustellen. Solche Fragebogen werden im Absatz 4.4 beschrieben und ausgewertet. Verschiedene empirische Experimente führten zum Ergebnis, dass Menschen einen relativ kleinen und sicheren Gewinn einem relativ grossen und unsicheren Gewinn vorziehen. Andererseits würden dieselben Personen das Risiko in Kauf nehmen, einen relativ grossen Verlust zu erzielen, solange dieser nur mit kleiner Wahrscheinlichkeit eintritt. Obwohl bei beiden Tests der Erwartungswert derselbe war, gab es klare Unterschiede in der Präferenz der Personen. Auch Kahneman und Tversky bedienten sich dem Paradoxon für die Prospect Theory. Einige Beispiele sollen dies in Tabelle 2 illustrieren: +/ Spiel 1 w Spiel 1 +/ Spiel 2 w Spiel 2 Präferenz + 1000 CHF 0.5 + 500 CHF 1 2 1000 CHF 0.5 500 CHF 1 1 + 5000 CHF 0.001 + 5 CHF 1 1 5000 CHF 0.001 5 CHF 1 2 + 3000 CHF 1 + 4000 CHF 0.8 1 + 3000 CHF 0.25 + 4000 CHF 0.2 2 Tabelle 2: Allais Paradox. Eigene Aufbereitung. In der ersten und dritten Kolonne werden Gewinn respektive Verlustbeträge aufgezeigt, welche mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten. Diese Wahrscheinlichkeit wird in Kolonne zwei respektive vier gezeigt. Rationale Menschen würden jeweils das erste Spiel mit dem zweiten gleichsetzen. Jedoch zeigen sich Unterschiede wenn der Erwartungswert positiv ist im Vergleich zu einem Spiel wo dieser negativ ist (Zeile 1&2, 3&4, 5&6). In den ersten beiden Zeilen wird der Normalfall gezeigt. Trotz gleich hohen Erwartungswerten (w) wählen Personen lieber einen sicheren Gewinn, akzeptieren aber einen höheren Verlust mit tieferer Wahrscheinlichkeit. Die dritte und Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 15

vierte Zeile zeigen ein neues Verhalten, wenn sehr tiefe sichere Gewinne, sehr hohen möglichen Gewinnen gegenübergestellt werden und vice versa für die Verluste. Die nichtlinearen Wahrscheinlichkeiten scheinen in diesem Beispiel für die Änderung der Präferenz von Investoren ausschlaggebend zu sein. Die Entscheidung tendiert dann Richtung Chance auf den hohen Gewinn respektive zum sicheren tiefen Verlust (zweiteres um einen unwahrscheinlichen, aber möglichen hohen Verlust auszuschliessen). Zudem zeigen Zeile fünf und sechs eine zunehmende Sensitivität bei steigenden Wahrscheinlichkeiten. Rationale Menschen müssten in diesen Spielen indifferent sein. Zudem verfallen viele der sogenannten Gambler s Fallacy, das heisst einem Trugschluss bei Spielern: Die meisten würden ein riskantes Spiel mit positivem Erwartungswert nur spielen, wenn es oft genug gespielt wird und sie dabei nicht hinschauen müssten. So gehen viele davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, im Roulette auf Schwarz zu treffen höher ist, nachdem fünfmal hintereinander Rot getroffen wurde. Diese Beobachtung machte der Autor bei einem Casinobesuch im Januar 2010. Die Chiptürme auf der Farbe, welche schon länger nicht mehr gewann, waren konstant merklich höher als auf der anderen Farbe. Aufgrund ihrem Glauben setzen die Spieler zudem mehr Kapital ein wie zu Beginn des Spiels. Natürlich liegt die Wahrscheinlichkeit jedoch bei jeder Runde von neuem bei rund 50%. Zum Allais Paradox gesellt sich die Ambiguitätsaversion respektive uncertainty aversion, ebenfalls ein Entscheidungsproblem, wie sie Larry Epstein (1997, S. 6) beschreibt. Prinzipiell darf Ambiguität, sprich Unsicherheit, gemäss der Erwartungsnutzentheorie keinen Einfluss auf das Entscheidungsverhalten haben. Zwei Alternativen, welche mit identischen Wahrscheinlichkeiten zum selben Ergebnis führen, sollten gleich bewertet werden. Epstein zeigt jedoch, dass stark ambiguitätsbehaftete Alternativen weniger attraktiv sind wie Alternativen mit bekannten Wahrscheinlichkeiten, auch wenn sich die Konsequenzen nicht unterscheiden. Diese Aversion wird im Ellsberg Paradox aufgezeigt: Leute präferieren die Wette, bei einer Ziehung aus einer Urne von 50 roten und 50 schwarzen Bällen, eine rote zu ziehen vor derselben Wette, wenn die Verteilung der Bälle unbekannt ist. Dies ist für die Finanzmarkttheorie sehr relevant, denn Personen investieren ständig unter Unsicherheit. Wie gross diese gefühlte 3 Unsicherheit ist, unterscheidet sich indessen von Anleger zu Anleger und kann sich über die Zeit verändern. Diese Furcht vor Unbekanntem führt möglicherweise zu einem der nachweisbarsten Vorlieben von Investoren: Dem Home Bias. 4 3 Die reale Unsicherheit kann abweichen. Gemessen wird nur die empfundene Unsicherheit. 4 Neben dem Home Bias könnte der Unsicherheitsfaktor auch einen Einfluss auf die geforderte Rendite von Anlagen haben. Dies wäre ein weiterer Erklärungsversuch zum Equity Premium Puzzle. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 16

Das dritte interessante Phänomen ist die Überbewertung von persönlichem Besitz. Personen bewerten eigene Güter wertvoller, als sie für dieselben Güter zu zahlen bereit sind. Dieser Besitztums Effekt (Endowment Effekt) wurde 1980 von Thaler entdeckt und im Jahre 1991 von Kahneman, Knetsch und Thaler ausführlich beschrieben. Er gründet in der Neigung zum Status quo (status quo bias) von Samuelson und Zeckhauser (1988, S. 8 9), das heisst einer Abneigung gegenüber Veränderungen. Dies kann unter Umständen zu einer Verzerrung des fairen Marktpreises führen. Der geforderte Aufpreis für einen Verkauf des eigenen Gutes kann als eine Art Schmerzensgeld für den Verlust des Besitzes gesehen werden (Kahneman, Knetsch und Thaler, 1980, S. 198). Zum Beispiel wird jemand ein neu gekauftes Auto nicht sofort zum selben Preis wieder verkaufen, da der Einstandspreis als fair angesehen wird und man Freude am neuen Fahrzeug hat. Nach einigen Kilometern nimmt der faire Preis ab, doch Personen sind über längere Zeit nicht bereit das Eigentum unter dem Einstandspreis zu verkaufen, auch wenn eventuell günstigere Alternativen vorhanden wären. Auf die Finanzwelt übertragen bedeutet dies, dass verlustbringende Positionen tendenziell kaum durch allenfalls bessere Alternativen ersetzt werden, da Anleger persönlich von einem höheren Wert des gehaltenen Titels ausgehen. 3.1.5. Aus der Praxis Martin Klöck, Geschäftsleiter der Signina Capital AG in Zürich, stellte fest, dass Anleger Verliereraktien früher häufiger aufstockten. Da auch weitere Finanzspezialisten wie zum Beispiel Marco Pisi, Leiter Asset Management bei der Valiant Privatbank und Walter Christinger, Executive Director bei der UBS, diese when in trouble, double Strategie weniger bemerken als einst, scheint sich im Markt etwas verändert zu haben. Der Autor vermutet, dass die Verluste im Jahr 2008 zu stark und zu schnell eintraten und eine grosse Panik herrschte, so dass Verlierer Positionen nicht mehr weiter aufgestockt wurden. Die grosse Flut an Informationen, welche sich rasch um den Globus verbreiten, kann auch einen Einfluss auf diesen Effekt haben. Waren Personen ohne neue Informationen früher eher bereit eine Position aufzustocken, könnte das Internet und der schnelle Informationsfluss diesem Effekt positiv entgegenwirken. Was aber weiterhin häufig festgestellt wird, ist das Verharren auf Verlierer Positionen. Michael Riesner, Technischer Analyst und Director bei der UBS Investment Bank schlägt vor, mittels Stop Loss Limiten die Verluste systematisch zu begrenzen. Wie hoch ein Stop Loss gesetzt werden soll, hängt von der verfolgten Strategie sowie der Volatilität der Anlage ab. Neben diesem gängigen Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 17

Vorschlag geht Herr Riesner jedoch noch einen Schritt weiter. Er stellt Positionen auch glatt, wenn sich der Kurs nicht verändert und seine Strategie demzufolge nicht richtig war. Dieser Vorgang nennt er Inactivity Stop Loss, welcher die Opportunitätskosten minimieren soll. Anleger, welche nicht täglich am Markt sind, sollten mit dieser Strategie allerdings sorgfältig umgehen. Denn die Folge von zu aggressiven Stop Loss oder Inactivity Stop Loss Limiten könnte sein, dass mangels Alternativen die meiste Zeit über nur Bargeld gehalten wird und man somit grossen Opportunitätskosten ausgesetzt wird. So beschreiben auch verschiedene Kundenberater von unterschiedlichen Banken, dass Kunden kaum mit solchen Limiten arbeiten, da ein langfristigter und fundamentaler Ansatz verfolgt wird. Stop Loss Limiten scheinen also eher für kurzfristige und handelsorientierte Anleger sinnvoll zu sein. Die Online Handelsplattformen der meisten Banken beinhalten die Funktion für verschiedene Limiten (Stop Loss, on stop etc.). Dies kann die Courtagen Erträge auf gewissen Depots erhöhen. Allerdings greifen die Limiten nur, wenn auf einem bestimmten Preis auch gehandelt wurde. Dies ist für Warrant Positionen problematisch, weil der Wert stark schwankt aber nur selten Abschlüsse getätigt werden. Zudem fehlt nach Ansicht von verschiedenen befragten Personen ein System, welches die Stop Loss Limiten in einem positiven Marktumfeld automatisch dem höchsten gehandelten Kurs anpassen. Diese Funktion könnte den Banken einen interessanten Mehrertrag einbringen. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 18

Weil du die Augen offen hast, glaubst du, du siehst. <Johann Wolfgang von Goethe> 3.2. Wahrnehmung / Wahrnehmungsstörungen Das zweite Themenfeld beinhaltet die für die Finanzwissenschaft relevanten Theorien aus der kognitiven Psychologie. Die meisten Erkenntnisse wurden nicht aus der Finanzwissenschaft gewonnen und sind älter als die eigentliche Behavioral Finance. Andere wie zum Beispiel die Technische Analyse (Datenreihenanalyse) gründen allerdings in der Analyse vergangener Finanzmarktdaten. Der Mensch hat die für den Alltag überlebenswichtige Fähigkeit, Informationen zu vereinfachen und so auf diese Art extrem rasch zu verarbeiten. Unter dem Punkt Heuristiken wird diese Komplexitätsreduzierung beschrieben (Shefrin, 2002, S. 14). Neben der Informationsverarbeitung in Folge von menschlichen Wahrnehmungen aufgrund des Wissens und der Vorstellung gibt es aber auch die emotionale Seite. Menschen werden oft von Gefühlen und Vorlieben gelenkt. Unter dem Punkt Neigungen werden diese sogenannten Biases näher erläutert. Abbildung 4 zeigt die vorgenommene Unterteilung im Feld der Wahrnehmung. Themenfeld Wahrnehmung Unterteilung Heuristiken Neigungen Theorie Framing House money Effekt Technische Analyse Verschiedene Abbildung 4: Theorien im Feld Wahrnehmung. Eigene Aufbereitung. 3.2.1. Heuristiken Heuristik bezeichnet die Methode, Entscheidungen zu treffen oder Erklärungen liefern zu können, ohne fundiertes Wissen zu besitzen. Die Heuristik ist eine Erweiterung der Intuition, bei welcher zum blitzartigen, gewohnheitsmässigen Handeln ein problemlösendes Denken aus der eigenen Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 19

Erfahrung. 5 Für Alltagssituationen ist die Heuristik eine ungemein wichtige Gabe, um den enormen Informationsfluss rasch analysieren und die richtigen Schlüsse ziehen zu können. Diese Gabe ist auch als selektive Wahrnehmung bekannt. Diese Vereinfachung birgt jedoch auch Risiken. Menschen fühlen sich zu sicher, sind zu optimistisch und gehen zu viele Risiken ein, weil sie glauben, eine Situation, insbesondere wenn sie früheren Konstellationen gleicht, genau einschätzen zu können. Ein wichtiger Begriff im Gebiet der kognitiven Sozialpsychologie ist die kognitive Dissonanz von Leon Festinger (1957), einem amerikanischen Psychologen. Personen fühlen sich unwohl, wenn sie gleichzeitig zwei widersprüchliche Erkenntnisse besitzen oder gegen die eigene Überzeugung handeln. Sie versuchen diesen Widerspruch durch eine Veränderung der persönlichen Einstellung zu mindern. Dies kann zu fehlerhaften Vorstellungen und somit zu irrationalem Verhalten führen. Die folgenden Absätze beschreiben die bekanntesten Heuristiken und die davon abgeleiteten Instrumente. a) Framing Unter Framing wird der Einfluss von Informationen je nach Art der Darstellung verstanden. Eine identische Information welche sich ungleich präsentiert, wird von Personen je nach Norm, Gewohnheit oder persönlichen Charakteristiken unterschiedlich aufgenommen. Entsprechend werden deshalb verschiedene Lösungen vorgezogen. Amos Tversky und Daniel Kahneman (1981) beweisen, dass die klassischen Grundsätze der rationalen Entscheidung (Homo Oeconomicus) partiell nicht mehr gelten. Eines der bekanntesten Beispiele, um das Vorhandensein von Framing und das dazugehörige irrationale Verhalten zu belegen, wird in Tabelle 3 dargestellt. Es zeigt die Auswirkungen einer gefährlichen asiatischen Krankheit, bei welcher bis zu 600 Personen sterben können. Personen müssen sich für je eine Alternative (A oder B, C oder D) aus zwei Programmen entscheiden. Die Situation wurde zwei Personengruppen jeweils unterschiedlich präsentiert (Kahneman und Tversky, 1979). Alternative Ergebnis bei Wahl des Programmes Präferenz Programm A 200 Personen werden überleben 72% Programm B 1/3 Chance dass alle Leben, 2/3 Risiko dass niemand überlebt 28% Programm C 400 Personen werden sterben 22% Programm D 1/3 Chance dass niemand stirbt, 2/3 Risiko dass alle Sterben 78% Tabelle 3: Auswahl mit Framing. Eigene Aufbereitung. 5 Vgl.: www.sgipt.org/gipt/method/heurist0.htm Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 20

Obwohl bei allen Programmen die erwartete Anzahl Überlebender 200 beträgt, entschieden sich die befragten Personen je nach Problemstellung unterschiedlich. Sie wollten zwar 200 Leben gewiss in Sicherheit bringen (Programm A vor Programm B), andererseits wurde jedoch die 1/3 Chance bevorzugt, 400 Totgeweihte eventuell zu retten (und dafür 200 Leben zu riskieren, Programm D vor Programm C). Dieses und weitere Beispiele zeigen, wie unterschiedlich Personen bei gleichem Sachverhalt reagieren. Dies kann bedeuten, dass Personen durch die Medien und heutzutage vor allem durch das Internet je nach Präsentation derselben Information unterschiedlich beeinflusst werden können. Dies bietet Raum für raffinierte (betrügerische) Personen, um sich auf Kosten anderer zu bereichern. Vergleichbar mit einem Pokerspiel, können sich geschickte Spieler somit merkbar von den anderen abheben und eine Überrendite erzielen. b) House-money Effekt & Representativitätsheuristik Thaler und Johnson (1990) zeigen auf, wie unterschiedlich Personen nach realisierten Gewinnen respektive Verlusten reagieren. Nach verwirklichten Gewinnen sind Leute eher bereit, grössere Risiken einzugehen, da der Buchgewinn noch nicht zum privaten Vermögen gezählt wird. Dieser Effekt wird House money effect genannt und tritt wegen einer verzerrten Wahrnehmung von Gewinnen und Verlusten auf. Zudem scheint dieser Effekt im Gegensatz zur Prospect Theory zu stehen, wo die Risikoaversion bei Gewinnen eher zurückgeht und bei Verlusten steigt. Gemäss Thaler und Johnson ist dieser Widerspruch jedoch nicht gegeben, da die Prospect Theory nur einzelne Sachverhalte anschaut, der House Money Effekt jedoch nacheinander anfallende Wetten kombiniert betrachtet. Die Reduktion dieses Effektes sollte Anlegern helfen, längerfristig höhere Gewinne zu erzielen (Ackert, Charupat, Church und Deaves, 2006, S. 16). Einige der beschriebenen Heuristiken werden auch bei den Biases wieder relevant. Es handelt sich dann jedoch um konkrete Handlungen aufgrund von Präferenzen, welche wegen Wahrnehmungsverzerrungen vorgenommen werden. Ein Beispiel dazu ist der Halo Effekt und der Repräsentations Bias, welche wegen der Repräsentationsheuristik auftreten. Die Repräsentationsheuristik ist eine Art Daumenregel, Eigenschaften aufgrund von wenigen Merkmalen, welche repräsentativ erscheinen, einer Person oder Situation zuzuweisen. 6 Kahneman und Tversky (1982) haben dieses Phänomen bei Anlegern beobachtet und ausführlich beschrieben. 6 Vgl.: Stereotypenbildung Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 21

c) Technische Analyse Unter technischer Analyse wird das Studium und die Auswertung vergangener Marktdaten, hauptsächlich der Kurse und Volumina, verstanden. Diese Informationen werden verwendet, um kurzfristige oder langfristige Anlageentscheidungen zu treffen. Die technische Analyse geht von korrekten Preisen aus. Alle vorhandenen Informationen sind bereits in den Kursen eingepreist. Allerdings besagt die technische Analyse im Gegensatz zur EMH, dass Kurse nicht zufällig zustande kommen (non random 7 ), sondern verschiedenen Trends folgen und einer Autokorrelation unterliegen. Diese Lehre hat seinen Ursprung vor über 100 Jahren als Charles H. Dow seine Newsletter zu schreiben begann. Daraus ergab sich später das Wall Street Journal. Viele Dow Indizes wurden geschaffen, um die Aktienmärkte zu messen. Es gibt zwei Formen der technischen Analyse: die prognostizierende und die reaktive. Die bekanntesten Vertreter findet man in der prognostizierenden Analyse. Hier werden Charts verwendet, um das breite Publikum über die zukünftige Entwicklung zu informieren. Der eigentliche Service der Anbieter besteht also in der vorausschauenden Prognose von zukünftigen Preisentwicklungen. In der reaktiven technischen Analyse befinden sich Händler, welche aufgrund von konkreten Signalen anlegen und das eigene oder fremdes Geld verwalten (Dahlquist und Kirkpatrick, 2007). In Robert Edwards und John Magee s Buch Technical Analysis of Stock Trends (2001) werden fünf Grundannahmen definiert (S. 4 7) : Aktienpreise werden nur durch Angebot und Nachfrage bestimmt Aktienpreise tendieren sich in Trends zu bewegen Veränderungen in Angebot und Nachfrage ergeben Trendwechsel Veränderungen in Angebot und Nachfrage können in Charts entdeckt werden Chart Formationen tendieren sich zu wiederholen Diese Erkenntnisse gelten allerdings nicht nur für Aktienpreise, sondern auch für Währungskurse und Rohstoffpreise. Zudem funktionieren einige Indikatoren nur bei bestimmten Titeln oder Anlageklassen. Einige Signale müssen je nach zugrundeliegendem Wert adjustiert werden, so zum Beispiel der RSI (Relative Strength Index). 7 Vgl.: Technical Analysis of Stock Trends von Robert Edwards und John Magee (2001) Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 22

Da die technische Analyse konkrete Tipps und Massnahmen liefert Geld zu verwalten und zu vermehren, ist es die kommerzialisierteste Form der Behavioral Finance. Neben vielen wissenschaftlichen Arbeiten findet man auf dem Markt unzählige Werke, welche etwas populistisch wirken. Sie instrumentalisieren die aktuellen Probleme der Anleger für ihre Zwecke und stellen einfache Lösungen vor. Die Realisierbarkeit bleibt dabei weitgehend ausser Acht gelassen. Da die Erklärung der wichtigsten technischen Indikatoren den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, begnügt sich diese Schrift mit einer kurzen Klassifizierung und Auflistung der zentralen Indikatoren in Tabelle 4 (nicht abschliessend). Gefühle Marktstärke Muster und Zyklen Geldflüsse Trends Fear Greed Pessimism Hope Overconfidence Market Breadth Up and Down Volume Indicators High Low Logic Index Hindenburg Omen # stocks above their 30 week Moving Average Arms Index K Waves 34 Year Cycles 7 Year Cycles Election Year Pattern Seasonal Pattern January Effect Events Double Top Shoulder Head Shoulder Diamond Top Funds in the Marketplace Funds outside the security market Misery Index Zweig's Indicators Trading ranges Directional Trends Channels Retracements Pullbacks & Throwbacks Speed Lines Andrews Pitchfork Breakouts Moving Averages Elliott Waves Fibonacci Sequence Tabelle 4: Technische Indikatoren. Eigene Aufbereitung. 3.2.2. Neigungen / Biases Menschen haben mannigfaltig viele und unterschiedliche Vorlieben. Alle zu erfassen wäre weder sinnvoll noch praktikabel. Deshalb werden in der Behavioral Finance nur die systematischen Neigungen betrachtet. Die verschiedenen Passionen können nach verschiedenen Kriterien gruppiert werden. Zweckmäßig scheint eine Gliederung basierend auf den Gründen für die Vorliebe. So ergeben sich vier Hauptkategorien: Gefühle, Motivation, Wissen und Heuristiken. Bei den Gefühlen sind die emotionalen Zustände vor einer Handlung ausschlaggebend, im Gegensatz zur Motivation, wo die Handlung kausal für die anschliessenden Gefühle wirkt. Beim (vermeintlichen) Wissen wird eine persönliche Einschätzung verwendet, um daraus eine Handlung abzuleiten. Dieses Feld liegt deshalb nahe bei der Heuristik, bei welcher eine Situation vereinfacht dargestellt wird, so dass man diese schnell erfassen und die vermeintlich richtigen Schlüsse daraus ziehen kann. Die vier folgenden Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 23

Tabellen zeigen die wichtigsten Neigungen unter den entsprechenden Kategorien auf. Einige Begriffe wurden ins Deutsche übersetzt, bei anderen ist der englische Begriff geläufiger und aussagekräftiger. Gefühle / Emotionen Bezeichnung Beschreibung Angst und Gier Intensive Gefühle wie zum Beispiel Angst und Gier sind schlechte Ratgeber. Sie können zu Kurzschlussreaktionen führen. 8 Hoffnung Rationale Szenarien werden zu Gunsten von vorteilhaften, eher unwahrscheinlichen Möglichkeiten in den Hintergrund gestellt. Risikoaufnahme oder Missachtung von besseren Alternativen. Outcome Bias Anstelle einer Entscheidungsbewertung mit bekannten Folgen wird nur der positive oder negative Ausgang bewertet. Dies birgt die Gefahr, vergangene Fehler nicht richtig aufzuarbeiten und dieselben wieder zu begehen. Status quo Bias Widerstand gegen Veränderungen, weil Personen die Tendenz haben, Dinge so zu belassen wie sie sind (Samuelson und Zeckhauser, 1988). Chancen bleiben unentdeckt. Ostrich Effekt Missachtung/ Verdrängung einer offensichtlichen (negativen) Situation. Dadurch Handlungsunterlassungen mit negativen Folgen. Optimism Bias Systematische Tendenz, bei geplanten Aktionen überoptimistisch über deren Ausgang zu sein. 9 Schlechtes Risiko/Ertrags Verhältnis. Herdenverhalten Tendenz, die eigenen Meinungen anzupassen und dem Verhalten von anderen zu folgen, um sich sicherer zu fühlen und Konflikte zu vermeiden. Lemmingeffekt und Blasenbildung. Tabelle 5: Neigungen: Themenfeld Gefühle / Emotionen. Eigene Aufbereitung. 8 Vgl.: Raimund Schriek (2009), Besser mit Behavioral Finance : Schriek rät zu Entspannungs und Persönlichkeitsmanagement um diese Emotionen in den Griff zu bekommen (Seite 154). Auch Rache ist ein nicht zu unterschätzender Gefühlsfaktor. 9 Vgl.: Positive outcome Bias : Eine Tendenz, die Wahrscheinlichkeit eines positive Ausganges zu überschätzen Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 24

Motivation Bezeichnung Beschreibung Self service Bias Tendenz, sich für Erfolge mehr verantwortlich zu fühlen wie für Niederlagen. Ein erfolgreiches Lernen aus Fehlern ist nur beschränkt möglich. Egozentrische Tritt auf bei gemeinsamen Arbeiten, Projekten oder Analysen. Wie beim self Neigung service bias fühlt sich die Person für Erfolge mehr verantwortlich als dies ein Aussenstehender tun würde. Führt zu Selbstüberschätzung und eventuell zu zukünftigen Fehleinschätzungen. Fundamentaler Akteur Beobachter Divergenz. Tendenz, persönliche Beobachtungen stärker zu Attributions bewerten, als wenn die gleiche Situation ohne eigenes Zutun oder Beobachtung Fehler stattfinden würde. Es ist eine selbstwertdienliche Verzerrung, um eigene Erfolge sich selber, Niederlagen aber eher der Umwelt zuzuschreiben. 10 Tabelle 6: Neigungen: Themenfeld Motivation. Eigene Aufbereitung. Wissen Bezeichnung Beschreibung Confirmation Tendenz, Informationen zu suchen oder zu interpretieren, um die eigene Bias Meinung zu bestätigen und zu stärken. Vernachlässigung von gegensätzlichen Meldungen, höhere Risikobereitschaft. Man glaubt, das vorhandene Wissen sei richtig und umfassend. Fokus Effekt Es wird zu viel Gewicht auf einzelne Aspekte eines Ereignisses gelegt. Die möglichen Zukunftsentwicklungen werden falsch vorausgesehen. Information Bias Tendenz, Informationen zu suchen und die eigene Meinung zu bestätigen, sogar wenn daraus die Handlung nicht beeinflusst werden kann. Availability Bias Wahrscheinlichkeitsschätzung über einen bestimmten Ausgang aufgrund der präsentesten Ereignisse im Gedächtnis, mit der Übergewichtung zu ungewöhnlichen, seltenen und emotionalen Fällen. Hindsight Bias Auch bekannt als ich wusste es die ganze Zeit Effekt. Vergangene Ereignisse erscheinen als voraussagbar gewesen zu sein. Verdrängung eigener Fehler und deshalb geringer Lernerfolg für zukünftige Ereignisse. Selbstüberschschätzung diesem Effekt. Oft gesehen bei Männern, beim Management oder bei Je gebildeter und angesehener Personen sind, desto eher tendieren sie zu Spezialisten. Folge: Verzerrte Wahrscheinlichkeitsschätzung und zu grosse Risikoaufnahme. Home Bias Investiert wird nur in Bekanntes und Naheliegendes. Es gründet in der Ambiguitätsaversion. Tabelle 7: Neigungen: Themenfeld Wissen. Eigene Aufbereitung. 10 Vgl.: Fritz Heider (1958) und Lee Ross (1977) Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 25

Heuristiken Bezeichnung Beschreibung Distinction Bias Tendenz, zwei Optionen unterschiedlicher einzustufen, wenn diese gleichzeitig betrachtet werden, wie wenn sie unabhängig voneinander betrachtet werden. Alternativen werden nach einer Entscheidung zu wenig geprüft. Erwartungs Bias Tendenz, die Informationen, Statistiken und Studien hervorzuheben, welche die eigene Erwartung unterstützen. Abneigung gegenüber andersartigen Berichten und Beweisen. 11 Missachtung von Gefahren, Risikohinweisen. Normalitäts Bias Abneigung von Planung oder Reaktion auf Ereignisse, die vorher noch nie dagewesen sind. Die grössten Chancen und Gefahren liegen jedoch genau im höchst unwahrscheinlichen Szenario. 12 Selection Bias Verzerrung von Beweisen oder Daten je nach Art der Datensammlung. Fokus auf die bestätigenden Fakten, missachten von gegensätzlichen Informationen. Halo Effect Beurteilungsfehler. Einzelne Eigenschaften erzeugen das Gesamtbild und die abgeleitete Handlung aufgrund bekannter Muster. 13 Tabelle 8: Neigungen: Themenfeld Heuristiken. Eigene Aufbereitung. 3.2.1. Aus der Praxis Viele dieser Effekte spüren die Experten in der Praxis täglich. Herr Henri Schneeberger, CFO und Leiter Asset Management bei der Private Client Bank (PCB) bestätigt, dass einige Kunden trotz Vermögensverwaltungsmandat in den Anlageentscheidungsprozess eingreifen und auf aktuelle Entwicklungen an den Finanzmärkten Einfluss nehmen möchten. Die Strategie der PCB ist, solche Ideen mit dem Kunden zu besprechen und gemeinsam eine optimale Allokation in die gewünschten Anlagen zu tätigen. Im Vordergrund steht dabei die Diversifikation und die ursprünglich festgelegte Risikofreudigkeit des Kunden. Durch die holistische Sicht auf alle Vermögenswerte eines Kunden (inklusive Immobilien und Vermögen bei anderen Banken) kann PCB diese Analyse perfekt ausführen. Ein Kunde wollte beispielsweise rund 20% seines Vermögens in Gold anlegen. Eine Abklärung hat ergeben, dass grosse Inflations Ängste in USD die Entscheidung massgeblich beeinflusste. Der Auslöser war also nicht eine positive Sicht für Gold, sondern die Furcht vor einem gewissen Szenario. Dieses ist für einen in Schweizer Franken denkenden Kunden unbegründet. Durch das Aufzeigen der Zusammenhänge konnten verschiedene Anlagen getätigt (inklusiv Gold) und das Klumpenrisiko gesenkt werden. Herr Schneeberger ist überzeugt, dass neben der Angst auch das Herdenverhalten eine grosse Rolle spielte, denn Gold wurde im Jahr 2009 extrem thematisiert und andere Anleger tätigten bereits verschiedene Goldanlagen. 11 Vgl.: Information Bias & Confirmation Bias 12 Vgl.: The Black Swan von Nassim Nicholas Taleb (2007) 13 Der Halo Effekt wurde erstmals von Edward Thorndike beschrieben Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 26

Alle Befragten haben erwähnt, dass ein grosser Home Bias in den Depots auszumachen ist. Pascal Wenzinger, Kundenberater und Director bei der UBS AG, betont, dass der Home Bias vor allem in den Obligationendepots zu spüren ist. Wenn Anleger eine positive Meinung von ausländischen Firmen haben, wird normalerweise auf einen höheren Aktienkurs spekuliert und somit die Aktie bevorzugt. Bei den Obligationen scheint sich das Währungsrisiko negativ auf die Entscheidung des Anlegers auszuwirken. Diese, meist grössten Positionen in den Kundendepots, werden hauptsächlich in inländische Obligationen von bekannten Firmen angelegt. Eine Ausnahme stellt Walter Christinger von der UBS fest: er sieht die Tendenz, dass Kunden vermehrt in die aufstrebenden Länder investieren, vor allem weil dort die erwarteten Renditen meistens höher sind und viele Zeitungen und Fachjournale die sogenannten Emerging Markets oft thematisieren. Andere Biases stellt der Autor aus eigenen Anlageentscheidungen auch bei sich selber fest. Schlechte Erfahrungen wurden oft nach sehr guten Perioden gemacht. Wenn einige Gewinne in Serie realisiert wurden, nahm die Risikofreudigkeit zu und es wurden grössere Positionen eingegangen, manchmal mit sehr negativen Folgen. Zudem wurden die schlechten Nachrichten, welche gegen die Strategie sprachen, weitgehend ausgeblendet. Um der Problematik des fundamentalen Attributionsfehlers entgegenzuwirken, schlägt Herr Schneeberger eine praktikable Lösung vor. Alle Entscheidungen werden gemeinsam diskutiert und schriftlich festgehalten. Nach der Anlageperiode werden die Entscheidungen überprüft und gemeinsam die notwendigen Konsequenzen gezogen. So ist einerseits die Bank in der Pflicht, die Anlagen regelmässig zu überwachen, der Kunde andererseits ebenfalls involviert, wenn eine Transaktion nicht den gewünschten Effekt bewirkt. Eine Idee, um die Interessen der Bank und die des Kunden auf eine Ebene zu bringen, wäre die Einführung einer Performance Fee. So profitieren beide Parteien von positiven Ereignissen. Die Management Gebühren sollten dementsprechend tief gehalten und Retrozessionen dem Kunden weitervergütet werden. So lassen sich Zielkonflikte des Beraters mindern (Rendite vs. Gebühren). Eine interessante Studie über die systematische Überschätzung der eigenen Fachkenntnisse hat die ZHAW (ehemals ZHW) in Zusammenarbeit mit Investor s Dialogue GmbH durchgeführt und einen Self Assessment Index geschaffen. Die Resultate in Abbildung 5 zeigen die Selbstüberschätzung deutlich. Der Self Assessment Index zeigt die Selbsteinschätzung der Befragten. Der Financial Literacy Index (FLI) wiederspiegelt dagegen deren Wissensstand. Die Antworten sind nach den erreichten Resultaten im FLI sortiert. Das Resultat zeigt eine systematische Überschätzung der eigenen Kenntnisse (Schönemann, 2008, S. 25). Da die Umfrage unter 340, eher jungen Teilnehmern Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 27

mit relativ hohen Kenntnissen im Finanzwesen durchgeführt wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die Abweichungen über die gesamte Bevölkerungsschicht noch grösser sind. Abbildung 5: Selbsteinschätzung und effektive Kenntnisse im Vergleich. Quelle: ZHAW Verschiedene Institute wie zum Beispiel das AICPA 14 untersuchen die Kosten, welche durch finanzielle Unwissenheit entstehen. Die Schlüsseltreiber sind neben der mangelnden Budgetierung vor allem die fehlenden Kenntnisse in Bezug auf das Sparen und Investieren sowie auf das Risikomanagement. Die Behavioral Finance setzt genau an diesen beiden Punkten an. Erstens wird durch die Ausbildung eine höhere Sensibilität für Tücken beim Anlegen geschaffen. Zweitens resultiert die Untersuchung und Abklärung der Risikofreudigkeit und Fähigkeit der Anleger in einer optimalen Allokation der Ersparnisse in verschiedene Instrumente. Dafür werden spezielle efficient frontiers berechnet, welche neben den harten Faktoren, wie Risiko und Rendite, auch weiche wie zum Beispiel die Kundenzufriedenheit beinhalten. Im Kapitel 4 wird weiter auf den Nutzen der Ausbildung eingegangen und Möglichkeiten aufgezeigt, wie diese einen Mehrwert für die Vermögensverwalter darstellen kann. 14 American Institute of Certified Public Accountants, www.aicpa.org Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 28

The blind leading the blind <Robert J. Shiller> 3.3. Marktverhalten Die ersten beiden Themenfelder beschrieben irrational handelnde Investoren und psychologische Muster. Da einzelne Anleger den Markt jedoch nicht beeinflussen können, müssen die Verhaltensmuster systematisch sein und dürfen sich gegenseitig nicht aufheben. Im letzten Themenfeld Marktverhalten wird die Auswirkung aller irrationalen Entscheidungen auf den Gesamtmarkt untersucht. Andrei Shleifer (2000, S. 10 20) beschreibt in seinem Buch Inefficient Markets weshalb die Suche nach einer zur EMH gegensätzlichen Theorie betrieben wurde und bringt die EMH mit drei Argumenten ins Wanken: Erstens geht die starke EMH von rationalen Investoren aus. 15 Empirische Untersuchungen haben aber irrationale Verhaltensmuster aufgezeigt. Zweitens brechen Anleger die Bayes Regel (bewerten von abhängigen Wahrscheinlichkeiten) und andere Wahrscheinlichkeits Theorien systematisch und bewerten Informationen je nachdem, wie sie präsentiert werden (Framing). Die schwache EMH gemäss Friedman und Fama könnte jedoch weiterhin existieren, nämlich wenn diese Argumente auf den Gesamtmarkt keinen Einfluss hätten, oder Arbitrageure solche Fehlinterpretationen sogleich ausnutzen würden. 16 Die Behavioral Finance reagierte auf diese Argumente und zeigte Situationen auf, in welchen Märkte über längere Zeit fundamentale Anomalien aufwiesen, welche durch die EMH nicht erklärt werden konnten. Diese Ineffizienzen traten auf, weil rationale Arbitrage in Wirklichkeit teilweise limitiert ist (fehlende Instrumente oder zu hohe Kosten) und ihrerseits gar Marktverwerfungen hervorrufen kann (De Long et al., 1990; Jacobsen, 1999). Zudem beschreibt Shleifer, dass sich die Anleger aufgrund des Herdenverhaltens gegenseitig nicht aufheben sondern verstärken. 17 Diese nicht rational agierende Anleger, welche behavioristisch handeln, werden in der Literatur oft als Noise Trader bezeichnet. Diese stehen im Gegensatz zu den News Tradern, welche aufgrund aktueller News handeln (Kyle, 1985, S. 1315 ff.). 18 Diese Arbeit beschreibt Theorien im Feld des Marktverhaltens, welche die effiziente Markttheorie anzweifeln und verschiedene Anomalien aufzeigen. Der Aufbau wird in Abbildung 6 dargestellt. 15 Die starke EMH besagt, dass alle Informationen sofort in den Preisen erhalten und Kurse immer rational sind. 16 Die schwache EMH besagt, dass aus vergangenen Daten keine zukünftigen Schlüsse gezogen werden können. 17 Vgl.: Robert Shiller in Irrational Exuberance (2005, S. 56ff): Amplification Mechanismus und Feedback Theorien 18 Vgl.: Noise von Black (1986) Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 29

Themenfeld Marktverhalten Theorie Overreaction/ Mean reversion Herding / Crowding Weitere Abbildung 6: Theorien im Feld Marktverhalten. Eigene Aufbereitung. 3.3.1. Overreaction und Mean Reversion Dass Anleger auf neue Informationen nicht immer adäquat handeln, ist eine verbreitete Erklärung für Abweichungen der effizienten Markthypothese. Zum Beispiel reagieren Anleger zu stark auf vergangene Renditen, das heisst sie kaufen Aktien mit historisch überdurchschnittlichen Renditen oder meiden solche mit negativen Renditen. Zudem verletzen sie die Bayes Regel bezüglich der Reaktion auf neue Informationen. 19 Solche Reaktionen können Preise über oder unter den fairen Wert drücken (Lo, 1997, S. 6). Richard Thaler widmete diesem Thema in beiden Büchern Advances in Behavioral Finance (Volume I & II) jeweils ein ganzes Kapitel. Diese Arbeit beschränkt sich darauf, die beobachtbare Reaktion nach starken Ausschlägen zu beschreiben. Gründe dafür und geeignete Massnahmen um das Phänomen auszunutzen, liefern verschiedene Werke, darunter Hong und Stein s A unified theory of underreaction, momentum trading and overreaction in asset markets (1997) sowie verschiedene Arbeiten von Barberis, Shleifer und Vishny. Zum Beweis der Overreaction Hypothese wurden verschiedene Portfolios von Gewinneraktien mit vergleichbaren Verliereraktien Portfolios verglichen. Die Resultate sind verblüffend, denn die einstigen Gewinner schneiden über die folgenden Jahre massiv schlechter ab als die einstigen Verlierer. Je nach Versuchsanordnung ergeben sich Ertragsdifferenzen von über 20%. Interessant dabei ist, dass sich die Rendite vor allem in den Januar Monaten unterscheidet. Abbildung 7 zeigt die Rendite des Verliererportfolios gegenüber dem Gewinnerportfolio. Die Portfolios beinhalten die 35 besten, respektive schlechtesten Aktien. 20 Die dargestellte Abweichung sind Prozentangaben im Verhältnis zum Gesamtmarkt. 19 Vgl.: De Bondt und Thaler (1986, S. 793) 20 De Bondt und Thaler (1986, S. 799 ff.) Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 30

Abbildung 7: Contrarian Strategie. Quelle: DeBondt und Thaler Die Ergebnisse sind statistisch relevant und robust. Dies ist ein Indiz dafür, dass die Märkte weder vor noch nach der Messung einem Random Walk folgen, respektive die Kursschwankungen nicht nur allein aufgrund von Kennzahlen rational erklärt werden können. Haben einige Aktien zuerst auf Informationen oder Gegebenheiten überreagiert, pendeln sich die Renditen zukünftig wieder im langfristigen Durchschnitt ein. 3.3.2. Herding / Herdenverhalten Herding beschreibt ein Phänomen, welches nicht nur in der Finanzbranche auftritt. Es ist ein Trieb der Menschheit, sich möglichst anzugleichen, um in der Gruppe akzeptiert zu werden. Banerjee lieferte die Grundlagen für die Anwendung auf den Finanzmarkt im Jahr 1992 (S. 797 ff.). Einzelgänger werden sozial ausgegrenzt, belächelt und nicht für voll genommen. In freien I can predict the motion of heavenly bodies, but not the madness of crowds <Sir Isaac Newton> Märkten, wo der Preis über Nachfrage und Angebot bestimmt wird, birgt dieser Instinkt grosse Risiken. Es können und werden Blasen entstehen, da sich einzelne Stimmen zu wenig Gehör verschaffen können. 21 Sogar wenn die Gruppenmitglieder skeptisch sind, versuchen sie im Strom mitzuschwimmen, um keine Gewinn Chance zu verpassen (Angst vor Bedauern). Dieser Bias verknüpft mit den Echo Mechanismen, lässt Kurse weg von rational erklärbaren Levels treiben. Ein 21 Vgl.: Shiller, 2005, S. 9: Shiller erwähnt gegenüber Alan Greenspan, dass die Marktlevels irrational sind. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 31

Platzen dieser Blasen geschieht, wenn genügend Anleger über die neue Situation im Klaren sind. Kurszerfälle können wiederum rasch und übertrieben einsetzen und solange dauern, bis die Mehrzahl der Personen wieder Chancen erkennt. Ein guter Indikator für die Positionierung der Herde ist der UBS Index of Investor Optimism. 22 3.3.3. Weitere Ideen zum Marktverhalten Robert Shiller (2005, S. 73 ff.) beschreibt in seinem Buch Irrational Exuberance wie sich der Optimismus der Anleger nach positiven Börsenjahren verändert und sich eine Art Goldgräberstimmung entwickelt. Er sagte im Millenniumsjahr eine grosse Korrektur an den Märkten korrekt voraus, stiess bei den Zuhörern seiner Präsentation aber auf taube Ohren, obwohl viele seine Ansicht sogar teilten. Niemand hatte den Mut, sich gegen die grosse Herde, den Gesamtmarkt, zu stellen. In seiner zweiten Auflage im Jahr 2005 findet er die Bewertungen der Aktienmärkte noch immer zu hoch und warnt, dass nach einem Crash die Kurse nicht jedes Mal neue Höchststände erreichen, so wie dies viele Anleger erwarten. Speziell im Bereich der Immobilien sieht er eine Blase, hervorgerufen durch eine lockere Geldpolitik und typische Gegebenheiten, welche Blasenbildungen unterstützen. Hohe Medienpräsenz, neue Technologien, sich selbst überschätzende Personen, verdeckte Risiken und ein erhöhter Spieltrieb sind dabei häufige Faktoren. 23 Bei Blasen gilt es zu beachten, dass eine Überbewertung normalerweise an einem anderen Ort eine Unterbewertung hervorruft. Das Walrasian Equilibrium vom Schweizer Marie Esprit Léon Walras zeigt auf, dass die Summe aller Überschuss Nachfragen in allen Märkten immer Null ist, was bedeutet, dass die kumulierten Angebots und Nachfragemengen gleich sind, jedoch unterschiedlich auf verschiedene Güter verteilt sein können. Deshalb sollten Marktschwankungen auch nicht vereinfacht erklärt werden, denn meistens ist es ein Zusammenspiel vieler Faktoren wie zum Beispiel Zinsniveau, Politik, Erwartungen und so weiter, welche kombiniert die Märkte beeinflussen. 3.3.1. Aus der Praxis Im Bereich Marktverhalten kristallisiert sich hauptsächlich das Anlegerverhalten bei oft behandelten Themen heraus. Marco Pisi, Leiter Asset Management bei der Valiant Bank stellt bei solchen Themen, 22 Früher bekannt als PaineWebber / Gallup Index. Siehe auch Valuation Confidence Index von Shiller 23 Es wurde beobachtet, dass die Anzahl Artikel in Zeitungen zu einem bestimmten Thema vor dem Platzen einer Blase stetig wuchs (Shiller, 2005). Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 32

die oft in der Presse erwähnt werden, ein steigendes Interesse fest. Der Rohstoffboom seit 2006 hatte einen grossen Einfluss auf die Beratungstätigkeit. Neue Produkte und für Privatanleger eher unübliche Basiswerte wie zum Beispiel Zucker werden nachgefragt. Die Aufgabe bestand darin, die Kunden auf die Risiken bei solchen Instrumenten aufmerksam zu machen und Ihnen die Vorteile von breit diversifizierten Baskets näherzubringen. Der Trend von Rohstoffen hat denn auch in der Anlageallokation im Portfolio Management Einzug gehalten. Die Quote an alternativen Anlagen in einigen Mandaten wurde auf die Produkte Hedge Fonds, Immobilien und Rohstoffe aufgeteilt. Ein Vermögensverwalter bei einer deutschen Privatbank 24 bestätigt diesen Trend. Daneben sind die Kunden auch interessiert an Öl, Naturgas, Soyabohnen und weiteren Rohstoffen, wo eine fundamentale Kenntnis zu fehlen scheint. Kürzlich erreichte Höchststände stellen wohl ebenfalls einen grossen Kaufanreiz für Investoren dar. Nachdem der Öl Preis von 140 USD pro Barrell auf 80 gefallen war, stieg die Nachfrage stark. Dieser Vermögensverwalter benutzt das Marktverhalten aus der Behavioral Finance, um eine gesunde Skepsis gegenüber grossen Trends zu entwickeln und andere Sichten einnehmen zu können. Am besten scheint dies in Zeiten grosser Panik zu funktionieren. Wenn viele Argumente gegen eine Anlage sprechen und die Preise einbrechen, kann die Behavioral Finance frühzeitig mögliche Einstiegspunkte aufdecken. Anbieter strukturierter Produkte scheinen am schnellsten auf Trends aufzuspringen. Durch die Möglichkeit, ein Produkt innerhalb von wenigen Tagen herzustellen und zu vertreiben, können Markttrends schnell und effizient aufgegriffen werden. So kann der Kundschaft das gewünschte Auszahlungsprofil auf praktisch jeden Basiswert bereits zu Beginn eines Trends angeboten werden. Anlagefonds, mit dem Vorteil des Sondervermögens, benötigen einiges länger, teilweise bis zu 6 Monate bis sie emittiert werden können. Durch die hohen Gründungskosten müssen zudem die Volumen viel höher sein, was einige Anbieter vom Markteintritt und von kleineren Themen fernhält. Zusammenfassend wird festgestellt, dass Trends für Privatanleger eher gefährlich sind, da sie sich in einer falschen Sicherheit wägen. Oftmals wird zuerst abgewartet und dann im ungünstigsten Zeitpunkt investiert. Professionelle Vermögensverwalter sehen Trends eher mit kritischeren Augen und fokussieren sich auf eine angemessene Risikodiversifikation, auch wenn eine Anlage sehr interessant aussieht. Durch die Kombination von Fundamentalanalyse, Makrolage, Gewinnentwicklung und technischen Aspekten werden ausgewogenere und fundiertere Entscheide getroffen. Privatkunden sollten bei einer Anlage auf jeden Fall einen Spezialisten beiziehen, um eine 24 Person und Institut möchten nicht namentlich erwähnt werden (Interviewpartner X). Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 33

ganzheitliche Betrachtung bezüglich Risikofähigkeit, Erwartungshaltung und Diversifikation zu erhalten. Martin Kloeck sieht durch die Informationsflut eine Verstärkung des Herdenverhaltens und von komplexen, adaptiven Systemen. Dabei handelt es sich um einen neuartigen Ansatz, welcher von einer grossen Pfadabhängigkeit ausgeht. Je nachdem wie ein Verlauf eingetreten ist, können die Ausgänge höchst unterschiedlich ausfallen. Die Anleger scheinen zwar einem chaotischen System zu folgen, trotzdem hat eine Aktivität der einen Person Einfluss auf das Verhalten der anderen. 25 3.4. Kritik an Behavioral Finance Die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft steht im Widerspruch zur neoklassischen Finanztheorie. Da sie keine komplette Erklärung zum Funktionieren der Märkte liefern kann, bietet sie eine grosse Angriffsfläche für Kritik. So bemerkt Eugene Fama (1998, S. 291) beispielsweise, dass diese Theorie in keiner Weise mit der effizienten Markthypothese mithalten kann. Fama schreibt, dass jedes neue Modell nach dem Kriterium bewertet werden soll, ob es das big picture beschreiben kann. Im Falle von Behavioral Finance wo dieses mittels Anomalien anstelle von Markteffizienz erklärt werden soll, ist seine Meinung ein klares Nein. Da die junge Wissenschaft der Behavioral Finance momentan eher eine Sammlung einzelner Unregelmäßigkeiten ist und einige Phänomene durch den Lerneffekt verschwinden, stösst sie weiterhin auf grössere Ablehnung. Historische Analysen über Unregelmässigkeiten ermöglichen zudem keine genaue Prognose über die Zukunft, weshalb auch die im Zuge dieser Arbeit befragten Personen der Thematik eher kritisch gegenüberstehen. Trotzdem anerkennen alle Interviewpartner, dass einzelne Personen nicht immer rational handeln und sich gewisse Muster wiederholen. Auch Praktiker wie zum Beispiel Goedhart, Koller und Wessels (2005, Seite 318) halten an den etablierten Kapitalmarktmodellen fest, obwohl sie Schwächen einsehen. Sie verwenden einen pragmatischen Ansatz, um die bewährten Modelle zu verteidigen und bemerken: "It takes a better theory to kill an existing theory, and we have yet to see the better theory. Therefore, we continue to use the CAPM while keeping a watchful eye on new research in the area". Tabelle 9 zeigt einen Ausschnitt verschiedener Anomalien und deren Erklärungsversuche mittels rationalen und verhaltensorientierten Theorien. Das Feld Gewicht beschreibt, welcher 25 Vgl.: http://pespmc1.vub.ac.be/cas.html Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 34

Erklärungsversuch empirisch mehr erhärtet worden ist. Die rationalen und irrationalen Erklärungen halten sich in etwa die Waage. Tabelle 9: Argumentation neoklassische vs. verhaltensorientierte Lehre. Quelle: Jaunich Kritiker der verhaltensorientierten Wissenschaft glauben an die Vernunft von wirtschaftlich handelnden Personen und sehen vollkommen effiziente Märkte, bei welchen alle verfügbaren Informationen sofort in den Preisen wiederspiegelt werden. Durch die natürlichen Marktkräfte würden sich Unregelmässigkeiten zudem sehr rasch wieder einpendeln. Durch die Dissonanz vom Glauben an rational agierende Menschen zu den Erkenntnissen aus der Prospekttheorie werden Rechtfertigungen gesucht. Die Kritiker verwerfen das Modell von Kahneman und Tversky mit der Aussage, dass die im Labor festgestellten Nutzenfunktionen in der Praxis nicht immer greifen und Personen durch Erfahrung und Wissen in der Praxis nicht mehr diesem irrationalen Verhalten unterliegen. Da zahlreiche Untersuchungen die effiziente Markttheorie widerlegen, andererseits wissenschaftliche Arbeiten diese Beurteilungen wiederum kritisieren, scheint es unmöglich zu sein, die eine oder andere als die wahre Lehre zu akzeptieren. Deshalb präsentiert sich die Frage über das beste Modell zur Erklärung des wirtschaftlichen Zusammenspiels in einer anderen Form. Nach Auffassung des Autors ist sowohl die Kritik an der effizienten Markthypothese, wie auch diejenige an der verhaltensorientierten Wissenschaft gerechtfertigt. Ein Modell wie die EMH, welches die absolute Korrektheit der Formeln und Erklärungen verlangt, kann jedoch einfacher widerlegt werden wie ein Modell, welches offen ist gegenüber neuen Erkenntnissen und Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 35

Beobachtungen. Die Behavioral Finance hat nicht den Anspruch die EMH abzulösen, sondern will als ergänzende Theorie neben der klassischen Lehre akzeptiert sein. Für grundlegende Bewertungsmethoden und die Erklärung von makroökonomischen Zusammenhängen bezüglich der Veränderung bei einzelnen Anlageklassen, ist ein Modell von Nöten, welches mittels einer Formel ohne unbekannte Parameter verlässliche Resultate liefern kann. Das CAPM (Capital Asset Pricing Model) und die CAL (Capital Allocation Line) sind deswegen sicherlich geeignete Instrumente. Trotzdem sollte bei diesen Methoden ein unbekannter Faktor eingebaut (oder im Hinterkopf gehalten) werden, welche eine gewisse Streuung der Resultate zulässt. Die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft greift die neoklassische Lehre nämlich nicht in den Kernpunkten an, sondern zeigt Unregelmässigkeiten auf, welche beweisen, dass die EMH um verschiedene, schwer quantifizierbare Faktoren ergänzt werden sollte. Das Ziel der verhaltensorientierten Lehre ist deswegen auch nicht, das grosse Bild zu deuten, sondern sie will die Erklärungslücken der klassischen Lehre füllen. Zudem hilft die Theorie, den Efficient Frontier auf die Risikoneigung und der einzelnen, unterschiedlichen Nutzenfunktionen verschiedener Anleger anzupassen. So ändert sich der ursprünglich berechnete Frontier je nach Verlustaversion, Anlagehorizont und weiteren persönlichen Merkmalen. 26 Gemäss Alfons Cortés von der LGT Capital Management (Private, 2004, S. 22 23) werden Börseninformationen grundsätzlich auf zwei Ebenen analysiert. Die eine befasst sich mit den zugrundeliegenden volks und betriebswirtschaftlichen Daten, die andere mit deren vermuteten Wirkung auf die Handlungsweise der Marktteilnehmer. Letztere ist die Domäne der Behavioral Finance. Die gewonnenen Erkenntnisse über situatives, irrationales Anlegerverhalten fördert deswegen ein besseres Verständnis des realen Marktgeschehens. Die kontroverse Diskussion sensibilisiert die Anleger bezüglich des eigenen irrationalen Verhaltens und führt zu einer besseren finanziellen Aufgeklärtheit. 26 Vgl.: Interview mit Thorsten Hens Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 36

Ich würde alles noch einmal so machen, wie ich es getan habe. Bis auf eine Ausnahme: Ich würde früher bessere Berater suchen. <Aristoteles Onassis> 4. Anlageberatung in der Schweiz Durch den Fokus auf vermögende Privatkunden und die enge Bindung des eigenen Schicksals mit der Kundschaft, haben namhafte Privatbanken vor über 50 Jahren ein solides Fundament geschaffen. Durch die alleinige Konzentration der Ressourcen auf die finanziellen Bedürfnisse der Klientel, gepaart mit einer oft lebenslangen Begleitung des Kunden durch denselben Berater, konnten die Institute ein nachhaltiges Wachstum generieren und waren massgeblich am Erfolg des heutigen Finanzplatzes Schweiz beteiligt. Dennoch stehen der Branche, gemäss dem Bericht Vermögensverwaltung in der Schweiz Strategien für eine profitable Zukunft von Deloitte, grosse Herausforderungen bevor: Viele Banken befinden sich in einer Profitabilitätsfalle 27, auf welche mit verschiedenen Massnahmen reagiert werden soll. Fazit des Berichts ist, dass gesamthaft gesehen nur ein einziges Bankenmodell unter 10 untersuchten eine hohe Profitabilität und Standhaftigkeit in Krisenjahren erzeugt. Es ist ein Modell, bei welchem die drei Hebel Kunden, Produkte/Services sowie Organisation optimal bedient werden. Im Bereich Kunden soll ein Fokus auf Affluent/HNWI (Vermögen zwischen 250 000 CHF und 10 Millionen CHF) sowie Institutionelle Kunden gelegt werden. Die Studie stellt ebenfalls fest, dass das höchste Kundensegment (UHNWI, > 10 Millionen CHF) eine zu geringe Profitabilität ausweist. Dies hauptsächlich durch die grössere Verhandlungsmacht und die ausgeprägte Anlageerfahrung. Daraus lässt sich schliessen, dass die Anlageberatung bei unerfahrenen Kunden (Finanzieller Analphabetismus = financial illiteracy), ebenfalls einen Wert für die Bank darstellt. Gemäss Dr. Doris Schönemann ist deshalb die Verknüpfung der Ausbildung der Kunden in Finanzfragen mit Behavioral Finance ein perfekter Match. 28 Des weiteren hebt die Studie eine niedrige Profitabilität bei traditionellen Produkten aus dem eigenen Hause, sowie Tracking Produkten (passive Anlagen, zum Beispiel Index Tracker ohne Gebühren) hervor und Banken vergeben sich rund 0.17% Rendite. Ein sehr positiver Effekt hingegen haben die Produktion und das Angebot von erweiterten Dienstleistungen wie zum Beispiel 27 Vgl.: Kobler, Celner und Stauffer (2009, S. 3). Vermögensverwaltung in der Schweiz von Deloitte. 28 Vgl.: Die Financial Literacy bestimmt das Verhalten von Dr. Doris M. Schönemann Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 37

Finanzplanung, Familien und Lifestyle Produkte. Diese Produkte wurden kreiert um das Vertrauensdefizit zu überwinden und dem Kunden ein breites und tiefes Angebot präsentieren zu können. Diese erweiterten Services, die kosteneffektiv abgerechnet wurden, hatten einen positiven Einfluss auf die Gesamtprofitabilität von 5.1 Basispunkten. Da in der jüngsten Vergangenheit das Gut Kunde durch gewinnmaximierende Modelle, dem Verkaufsdruck und anglo amerikanischen Vergütungsmechanismen je länger je mehr als Massenware abgefertigt wurde, verloren einige Banken die Kundenbedürfnisse aus den Augen. Verstärkt wurde diese Abkehr des bewährten Private Bankings durch den neuen Fokus auf das Secret Banking 29, welches sich auf die Datensicherheit und die Geheimhaltung der Identität der Kontoinhaber fokussierte. Wenn die Schweiz auch in Zukunft als weltweit führender Bankenplatz angesehen werden möchte, muss sich die Industrie wieder vollumfänglich um die finanziellen Bedürfnisse des Kunden kümmern. Bereits in einer Studie von Price Waterhouse Coopers im Jahr 2004 wurde festgestellt, dass die Loyalität von Kunden zunehmend schwindet und dies durch verschiedene Massnahmen verhindert werden kann. Der Kunde muss noch vehementer in den Mittelpunkt gestellt werden, das heisst eine genaue Bedürfnisanalyse ist unabdingbar. Die Behavioral Finance ist hierzu ein ideales, komplettierendes Instrument, da aufgrund der Verbindung von Wirtschaftlichkeit und Psychologie die Wünsche und Erwartungen des Kunden genauer verstanden und befriedigt werden können. Hauptbeweggründe, wieso ein Kunde die Bank verlässt zeigt die Abbildung 8. Es sind dies einerseits die schlechte Rendite sowie schlechte Empfehlungen und andererseits eine Unzufriedenheit mit dem gebotenen Service. 29 Vgl.: Optimale Beratung von Thorsten Hens (Uni Zürich) in Finanz und Wirtschaft, Private Banking, (Oktober 2008) Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 38

Abbildung 8: Wieso verlassen Kunden die Bank. Quelle: Pricewaterhouse Coopers Elemente aus der Behavioral Finance setzen genau an diesen Punkten an. Durch die umfassende Abklärung der Bedürfnisse können dem Kunden einerseits bessere Dienstleistungen angeboten werden und, fast genauso wichtig, erkennt der Kunde die Wichtigkeit, die wir seinen Bedürfnissen beimessen, auch wenn die Bank nicht alle befriedigen kann. Auf der anderen Seite kann die Rendite besser in Einklang mit den Erwartungen der Klientel gebracht werden und durch die gemeinsame Ausarbeitung von Anlagelösungen, die präzise auf das Risikoprofil des Kunden zugeschnitten sind, wird der Kunde über die Resultate eher erfreut sein. Dieses Kapitel beschreibt den Umgang von in der Schweiz ansässigen Banken mit dem Thema Behavioral Finance. Es zeigt in wie fern die Psychologie bei der Evaluation der Anlagestrategie eine Rolle spielt und auf welchen Standbeinen das Erfassen der Kundenbedürfnisse steht. Die aktualisierte Studie von PWC aus dem Jahr 2009 zeigt in Abbildung 9, dass einige der wesentlichen Herausforderungen von Banken in der Analyse der Kundenbedürfnisse und in der angemessenen Beratung liegen, um keine falschen Produkte anzubieten. Die Daten basieren auf Antworten von Risikomanagern, welche über die Hauptrisiken bei Banken in den nächsten zwei Jahren befragt wurden. Die Grafik zeigt auf der X Achse die Häufigkeit der bei einer Umfrage Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 39

genannten Kriterien. Das Resultat unterstreicht ebenfalls, wie wichtig die Identifikation der Kundenbedürfnisse und Erwartungen ist. Dies jedoch nicht im Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit und Loyalität, sondern in Bezug auf eine Einschränkung des Risikos vor Klagen und Reputationsschäden. Abbildung 9: Zukünftige Schwerpunkte im Bereich Risikomanagement der Bank. Quelle: Pricewaterhouse Coopers Da die Banken in der Schweiz die Prozesse und Fragebogen nicht öffentlich zugänglich machen, ist es schwierig die verschiedenen Ansätze zu verstehen und Vergleiche anzustellen. Diese Arbeit fokussiert sich deshalb nicht auf eine bestimmte Bank oder einen bereits gewählten Ansatz, sondern schlägt aufgrund der verschiedenen Interviews, Informationen auf den Homepages verschiedener Banken sowie Analysen von Firmen wie Pricewaterhouse Coopers, Euromoney und KPMG einen Prozess vor, wie das Kundenverständnis gesteigert, Risiken eingedämmt und optimale Produkte angeboten werden können. 4.1. Dimensionen der Profilbildung Bei einer Kontoeröffnung werden die wichtigsten Informationen über den Kunden gesammelt. Die Angaben betreffen aber nicht nur die finanziellen Verhältnisse, sondern auch das nähere Umfeld wie Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 40

Familien und Beruf sowie geplante Investitionen. Genauso wichtig ist die Abklärung des Risikoappetits und der Risikofähigkeit. Letztere beiden werden meist mittels einem speziellen Fragebogen eruiert. Im Anschluss an eine erste Bedürfnisanalyse wird der Kunde dem Geschäftsbereich zugeordnet, welcher für das vorhandene Kapital und die Ausrichtung des Kunden die optimalen Lösungen anbieten kann. Die Dienstleistungen, welche dem Kunden angeboten werden, weisen diverse Ausprägungen auf. Je nach Anlageziel, Zeithorizont und Volumen sind unterschiedliche Lösungen passend. Allgemeines Bedürfnis Risiko Zeit Familie & Beruf Einkommen & Vermögen Finanzkenntnisse Rendite Dienstleistungen Ziel Risikofähigkeit Risikobewusstsein Risikopräferenz Anlagehorizont Kapitalflüsse Vorsorge Abbildung 10: Dimensionen der Profilbildung. Eigene Aufbereitung. Alle vier in Abbildung 10 dargestellten Dimensionen haben einen Berührungspunkt mit Behavioral Finance. So erfasst der Bereich Allgemeines den Kunden als Ganzes, das heisst alle Vermögenswerte und Verpflichtungen werden aufgezeichnet. So können beispielsweise Klumpenrisiken bezüglich Währungsexposure, Regionen oder Anlageklassen identifiziert, verringert und die Einflüsse auf die Meinungsbildung eruiert werden. In der Ebene Zeit wird der Anlagehorizont abgeklärt. Dem Kunden gilt es aufzuzeigen, dass eine häufige Evaluation des Portfolios bei einem langfristigen Engagement keinen Sinn macht und zu Unsicherheit und Ärger führen können. Diese Information kann helfen, Kurzschluss Handlungen des Anlegers zu verhindern, bei denen er übermässig oft handelt und dies gar ungünstigsten Zeitpunkt, wie die Abbildung 11 zeigt. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 41

Abbildung 11: Typisches Investorenverhalten. Quelle: BhFS & eigene Aufbereitung. 30 Auf der Ebene Bedürfnis werden die Ansprüche des Kunden festgestellt. Es gilt, das Bedürfnis der Rendite mit dem Kunden zu besprechen und mit der Risikotoleranz zu vereinen. Im Bereich Risiko kann mit der richtigen Fragestellung die Präferenz des Anlegers erfahren werden. Dieser Punkt ist das Herzstück der verhaltensorientierten Beratung und sollte zu geeigneteren Produkten, höherer Zufriedenheit und deshalb zu einer nachhaltigeren Geschäftsbeziehung führen. In den folgenden Absätzen wird der Nutzen und die Ziele einer Profilbildung dargestellt, der Prozess erläutert und ein Fragebogen skizziert, der die relevanten Bereiche abdeckt. 4.2. Nutzen und Ziele der Profilbildung In der Schweiz ist es gesetzlich vorgeschrieben, den Bankkunden zu identifizieren und ein Kundenund Risikoprofil zu erstellen. 31 Jörg Neumann von der Schulungsfirma NeumannZanetti & Partner erkennt aus der Marktstudie Private Banking im Wealth Management, dass die Banken jedoch nicht weit über das gesetzlich Vorgeschriebene gehen und die Kundenprofile ungläubig seien, da die Anwendung sogar innerhalb derselben Bank sehr unterschiedlich ausfällt. Die Ergebnisse zieht er aus 30 Vgl.: Annex 7 und http://risk.bhfs.ch. 31 Vgl.: www.finma.ch; http://www.finma.ch/d/finma/publikationen/documents/bericht lehman madoff 20100302 d.pdf Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 42

einem Test mit 25 Mistery Shoppern in 50 Bankfilialen (Tages Anzeiger, 1. Dezember 2008, S. 31). Das Resultat ist ernüchternd, denn der Nutzen eines guten Kundenprofils ist enorm. Abbildung 12 beschreibt die erkannten Nutzen für die involvierten Parteien. Verständnis Der Kunde kann sich ausdrücken und erkennt den Wert einer ganzheitlichen Finanzberatung. Er versteht den Zielkonflikt zwischen Risiko und Rendite und seine Erwartungen können besser gemanaged werden. Die Bank versteht die Ängste und Bedürfnisse des Kunden. Es entsteht eine Chance, die Vermögenswerte von anderen Banken zu erfassen und über die Zeit zu aquirieren. Sicherheit Der Kunde erhält die Produkte, welche auf seine Risikotoleranz passen. Er kann ruhiger schlafen und prüft sein Depot weniger häufig. Die Bank sichert sich damit vor allfälligen Klagen bezüglich falscher Beratung ab. Struktur Der Kunde fühlt sich kompetent beraten und erteilt die gewünschten Informationen. Das Gespräch wirkt professionell und zielgerichtet. Die Beratungs Qualität steigt und die Bank erhält ein einheitliches Gesicht. Gefühl Der Kunde fühlt sich verstanden und sicher. Dies wird die Loyalität stärken und er wird von sich aus die Bank bei Veränderungen seiner Lebenssituation eher informieren. Der Kunde erhält zudem ein Gefühl, wie gut seine eigenen Leistungen und diejenigen der Bank im Bezug auf die Renditen sind. Die Bank kann Vergleiche zwischen Mandaten und dem Kundenportfolio anstellen. Dies kann den Kunden zu einem Wechsel in die Mandate bewegen. Abbildung 12: Nutzen eines Kundenprofils. Eigene Aufbereitung. Die Ziele sind, nebst der Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften, den Kunden und dessen Bedürfnisse zu verstehen, sowie Vertrauen zu schaffen. Durch die gezielte Befragung über die ganzheitlichen Vermögensverhältnisse kann zudem möglicherweise mehr Geld akquiriert werden. Eine Bank muss eine genügend hohe Diversifikation sicherstellen. Nur wenn Sie Kenntnisse des gesamten Vermögens besitzt, kann also auch ein fokussiertes Depot im Bereich der Kernkompetenz der Bank angeboten werden. Der Hauptnutzen für die Institute liegen jedoch im Erfassen der finanziellen Kenntnisse und der Risikobereitschaft. Die grösste Profitabilität liegt bei langjährigen Kunden, welche nie enttäuscht wurden. 32 Deshalb ist ein kritischer Erfolgsfaktor das richtige Erfassen der Risikofähigkeit und das verwalten der Erwartungen. Wie die Analyse von Deloitte bestätigt, ist die Beratung an sich ebenfalls etwas 32 Vgl.: Annex 8 zeigt den Kundenlebenszyklus sowie die Höhe des Deckungsbeitrages. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 43

Wertvolles, denn sie unterstützt das Vertrauen des Kunden, was zu einer höheren Loyalität, Mundzu Mund Propaganda und einer Bereitschaft führt, für erbrachte Leistungen zu bezahlen. Mittels eines ausgereiften Profilings kann sich die Bank deswegen klar von der Konkurrenz differenzieren. 4.3. Anlageberatungs-Prozess Die Credit Suisse, als Gewinnerin des Euromoney Awards 2010 für die besten Privatbank Angebote weltweit, stellt die Bedürfnisse der Kunden ins Zentrum Ihrer Geschäftsaktivitäten. Denn wer seine Kunden besser versteht, kann massgeschneiderte Dienstleistungen anbieten, schliesst mehr Geschäfte ab und kann dadurch wachsen. 33 Abbildung 13 zeigt den Anlageberatungsprozess bei der Neuen Aargauer Bank sowie der Credit Suisse, welche beide denselben Ansatz verfolgen. Abbildung 13: Anlageberatungsprozess bei der CS und der Neuen Aargauer Bank. Quelle: Credit Suisse. Der Kunde steht bei der Credit Suisse im Mittelpunkt. Sie gibt diesem Umstand den Begriff Client Centricity. Durch diese Initiative wird dem Kunden das gesamte Wissen der integrierten Bank zugänglich gemacht. Dabei steht ein fünfstufiger Beratungsprozess im Zentrum. Der Ausgangspunkt ist die persönliche Situation des Kunden. Dabei wird das Investitionsverhalten, die Vermögensherkunft und die Lebensphase abgeklärt. Auf dieser Basis werden die weiteren Maßnahmen abgeleitet. Nach dem Erfassen des Vermögens wird eine Aufteilung in gebundene und freie Anteile aufgeschlüsselt. Dann erfolgt die Erstellung des persönlichen Kundenprofils, was dem Kunden und Berater hilft, die richtigen Finanzentscheidungen zu treffen. Die UBS geht hier noch einen Schritt weiter und teilt das Risikoprofil in zwei Teile ein. Zuerst wird die generelle Risikotoleranz des Kunden eruiert, welche die gesamten Vermögensverhältnisse abdeckt. 33 Vgl.: https://www.credit suisse.com/citizenship/de/banking/client_focus.jsp Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 44

In einem zweiten Schritt wird auf Portfolio Stufe ein Kundenziel definiert und je nach Bedürfnis und Ziel des einzelnen Portfolios eine optimale Anlagestrategie festgelegt. Dieser zweistufige Prozess hat den Vorteil, dass ein Kunde mit verschiedenen mentalen Konten (teilweise physisch getrennt, teilweise innerhalb eines Depots) differenziert beraten und mit Produkten versorgt werden kann. In diesem Zusammenhang schlägt der Autor vor, einem skeptischen und selber aktiven Kunden, dem ein Vermögensverwaltungsmandat vorgeschlagen wird, eine Art Spielgeld zu Verfügung zu stellen. Dabei soll der Kunde 80% seines Geldes der Bank zur Verwaltung nach seinen Kriterien überlassen, jedoch mit 20% selber anlegen. So kann dem Kunden nach jeder Periode dargelegt werden, was die Vorteile eines Mandates sind. Voraussichtlich werden die totalen Kosten in Prozent des Anlagevolumens im Depot höher sein, als im Mandat. Zudem sollte im Mandat auch das Sharpe Ratio und die Diversifikation tendenziell besser ausfallen, was dem Kunden weitere Argumente für die Mandatslösung liefert. Nach dem ein oder zweistufigen Risikoprofil Erstellungs Prozess entwickelt der Berater mit dem Kunden eine individuelle Anlagestrategie. In der Umsetzungsphase werden dem Kunden die passenden Lösungen angeboten. In dieser Phase können wiederum Elemente aus der Behavioral Finance eingesetzt werden. Die Universität Zürich untersucht neuerdings auch spezielle Produkte wie zum Beispiel Strukturierte Produkte in Bezug auf die Angemessenheit und den Fit zu einem ausgewählten Kundenrisikoprofils. Je mehr die Produkte auf die Präferenzen der Anleger ausgerichtet sind, desto weniger wird der Kunde vom Ergebnis enttäuscht sein, was wiederum das Vertrauen und die Loyalität zur Bank unterstützt. Außerdem hilft der Berater den Kunden auch bei der Überwachung und Pflege seiner Anlageprodukte. In diesem Prozess können einige Elemente aus der verhaltensorientierten Finanzwissenschaft deutlichen Mehrwert generieren. Einem wichtigen Aspekt wird jedoch zu wenig Beachtung geschenkt. Die Bedürfnisse des Kunden sowie die Risikofähigkeit verändern sich über die Zeit. Dieser Prozess muss demnach systematisch wiederholt werden. In der Abbildung 14 wird dementsprechend ein optimierter Anlageberatungsprozess skizziert und mit wichtigen Details aus der Behavioral Finance angereichert. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 45

Abbildung 14: Erweiterter Beratungsprozess. Eigene Aufbereitung. Konkret bedeutet dies die folgenden Veränderungen: In der Analyse werden alle 4 Dimensionen erfasst, das heisst auch die Aspekte Erwartungshaltung, Familie und sonstiges Umfeld. Im Finanzkonzept wird unterschieden zwischen gebundenem und freiem Geld und die Vermögensplanung wird der Lebensphase und der Marktstimmung angepasst. Beim Profiling, dem Fokus bei der verhaltenswissenschaftlichen Analyse, werden die Risikofähigkeiten und Präferenzen generell abgeklärt und speziell auf jedes einzelne Portfolio abgestimmt. Die Strategie wird dem Kunden erklärt und die Erwartungen besprochen. Bevor die Implementierung zu Stande kommt, muss die Erwartungshaltung des Kunden mit dem Potenzial der nach dem Risikoprofil ausgewählten Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 46

Produkten in Einklang gebracht werden. Nach einer erfolgreichen Umsetzung muss der Prozess laufend wiederholt werden, so dass der Berater Veränderungen im Kundenprofil sofort bemerkt, wobei Veränderungen nicht nur bei verschiedenen Lebensphasen oder der Änderung der finanziellen Verhältnisse eintreten können, sondern auch durch die Wahrnehmung der Umwelt bei speziellen Ereignissen wie zum Beispiel einer starken Rally oder einem Kursverfall am Aktienmarkt. Solch ein Beratungsansatz rechtfertigt also eine wiederholte Auseinandersetzung mit dem Kunden, welche dieser bei korrekter Anwendung als wertvoll empfinden wird. 4.4. Fragebogen Die meisten Banken gewähren keine Einsicht in ihren Fragebogen. Die nachfolgenden Informationen sind das Ergebnis einer Analyse verschiedener, öffentlich zugänglicher Fragebogen, dem Profiler Tool von BhFS sowie von Fragebogen drei namhafter Banken, die Aspekte der verhaltensorientierten Finanzwissenschaft einfliessen lassen. 4.4.1. Fragebogen im Allgemeinen Die untersuchten Fragebogen unterscheiden sich in Umfang und Durchführung unwesentlich, wobei die grösseren Institute mehr Informationen aus den Bogen zu ziehen scheinen. Die Fragebogen dienen primär einem Ziel, nämlich die Suitability (Angemessenheit) von Produkten und Dienstleistungen sicherzustellen. Nur sekundär werden die Kunden auf verhaltensbedingte Problematiken aufmerksam gemacht. Die Fragebogen werden normalerweise nur einmalig durchgeführt. Gewisse Prozesse bei verschiedenen Banken lassen jedoch erkennen, dass eine wiederholte Befragung alle paar Jahre stattfinden soll. Annex 10 zeigt einen typischen Fragebogen ohne Behavioral Finance Hintergrund. Das einzige Ziel für die Bank ist es, einige Hintergrund informationen über den Kunden zu sammeln und ihm ein Risikoprofil zuzuordnen. Vor allem im deutschen Markt sind solche Fragebogen Standard und oft auch Online verfügbar (aufgrund der neuen Regulationen durch MIFID). Kunden werden gewissermassen bevormundet, da sie ohne neuerliche Erfassung des Fragebogens keine abweichenden Anlagen tätigen können. 34 Es wird jedoch komplett darauf verzichtet, die wahre 34 Vgl.: Lambert und Khan (2007, S. 830): EU Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente. Praktische Auswirkungen für die Schweiz. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 47

Risikotoleranz und psychologische Faktoren zu ergründen und den Kunden wissenschaftlich fundiert einzustufen. 4.4.2. Fragebogen bezüglich Behavioral Finance Die modernen Fragebogen unterscheiden sich wesentlich von den Herkömmlichen im Bereich der Risikotoleranz und des Risikoempfindens. Sie weisen die Kunden speziell auf die Problematiken bezüglich Verlustaversion, Handeln aus dem Affekt und Verhalten unter Unsicherheit hin. Dabei versuchen sie mittels speziellen Tests, das Verhalten des Anlegers im konkreten Fall aufzudecken, um die Erkenntnisse danach in der Bildung eines Portfolios einwirken zu lassen. Abbildung 15 zeigt die Ergänzungen bei einem verhaltensorientierten Fragebogen im Vergleich zu einem Gewöhnlichen. Abbildung 15: Änderungen bei einem verhaltensorientierten Fragebogen. Eigene Aufbereitung. Ein weiterer Unterschied ist die Auswertung des Bogens. Thorsten Hens stellt fest, dass die meisten Fragebogen nach unwissenschaftlichen Methoden aufgebaut sind und mit einem Scoringsystem arbeiten. So wird nur die Risikotoleranz des Kunden erfahren. Bei der sogenannten psychometrischen Methode werden die wesentlichen Merkmale in mehreren Dimensionen erfasst. Dies würde Banken erlauben, neben der genauen Kundenanalyse auch Möglichkeiten im Produktangebot festzustellen. Kapitel 5 zeigt verschiedene Produkte auf und beschreibt die möglichen Anwendungsbereiche. Zudem wird der Nutzen, welchen diese Produkte bieten sollen, umschrieben. Die Universität Zürich führt wissenschaftliche Laboruntersuchungen durch, bei welchen die Fragebogen optimiert werden können, um die Erwartungen der Kundschaft vor einer Anlage korrekt zu erfassen. Dies sollte Banken helfen, weniger unzufriedene Kunden aufgrund ungeeigneten Anlagemethoden zu verlieren und die Kundenbindung im allgemeinen zu stärken. Solche Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 48

Risikoprofiling Untersuchungen lassen sich nicht nur für Anlageprodukte durchführen, sondern werden vermehrt auch in Versicherungsprodukten oder bei der Wahl der Eigenheimfinanzierung angewendet. Im Zentrum steht also nicht ein konkretes Produkt, sondern die langandauernde Zufriedenheit der Anleger. Weitere Informationen dazu sind im Absatz 5.1.1 ersichtlich. 4.4.3. Wiederkehrende Betrachtung Es ist wichtig, die Umfrage in einem regelmässigen Zyklus durchzuführen, da sich die finanziellen Verhältnisse, die Pläne, aber auch die Risikofreudigkeit über die Zeit verändern. 35 Dieser Aspekt bedeutet für die Banken eine Veränderung des Prozesses und einen höheren Aufwand. Da bei allen untersuchten Banken kein Dokument für eine Wiederholung der Befragung vorhanden war, und angenommen werden muss, dass Kunden einer erneuten Befragung im gleichen Stil kritisch gegenüber stehen, scheint dies noch nicht vorgesehen zu sein. Natürlich besteht die Anweisung, mit einem Kunden nach einer Erbschaft oder einer sonstigen drastischen Veränderung der Vermögenssituation ein neues Profil zu erstellen. Jedoch ist, voraussichtlich aus Zeit und Kostenüberlegungen, keine periodische Erneuerung vorgesehen. Ein Vorschlag, der aus dieser Arbeit hervorgeht, ist die Schaffung eines wiederkehrenden Fragebogens mit Elementen aus dem bestehenden Bogen aber mit einem Fokus auf Veränderungen und den damit einhergehenden Einfluss auf die Investitionsentscheide. Ein solcher Prozess erlaubt der Bank, in regelmässigem Abstand ein allgemeines, nicht Produkt oder Dienstleistungsspezifisches Gespräch mit dem Kunden zu führen und dabei weitere Erkenntnisse über die Erwartungen und Bedürfnisse zu gewinnen. Diese Durchführung sollte auch zu einem Vertrauensgewinn und höherer Loyalität führen, zwei Aspekte welche zu den kritischen Erfolgsfaktoren des Privatbankengeschäfts gehören. 4.5. Anlageberatung und Portfoliomanagement Aus dem durch den Fragebogen abgeleiteten Ergebnis lassen sich die Kunden segmentieren und in eine Produkt Dienstleistungsmatrix einteilen. Je nach Vertrauen in die Bank und den Berater, sowie den Finanzkenntnissen und Interessen kann der Nutzen eines Vermögensverwaltungsmandates 35 Vgl: Optimale Beratung von Thorsten Hens (Uni Zürich) in Finanz und Wirtschaft, Private Banking, (Oktober 2008) sowie Alfons Cortés (LGT) in Private (2004, 5) Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 49

aufgezeigt werden. Genau durch die Aspekte der Behavioral Finance kann einem Kunden eindeutiger dargestellt werden, wieso eine professionelle Verwaltung Sinn macht. Die Argumente dabei sind neben der Diversifikation, geringeren totalen Kosten und dem professionellen Management vor allem in Bezug auf Mental Accounting, Verlustaversion und dem Verhalten unter Unsicherheit aufzuzeigen. Mit den gewonnenen Resultaten aus den spezifischen Fragebogen kann ein Kunde sein irrationales Verhalten erkennen. Denn gerade in diesem Moment ist er am ehesten bereit, eine Lösung zu akzeptieren, die sein Problem löst. Als Mittelweg kann allenfalls ein Split zwischen Beratungsdepot und Vermögensverwaltungsmandat vorgeschlagen werden. So kann der Kunde seine Ideen selber umsetzen und erhält einen direkten Vergleich. Für Kunden, welche eine Mandatslösung ablehnen, sollen Produkte angeboten werden, die die Risikotoleranz und nicht etwa die Erwartungshaltung optimal bedient, wobei die Erwartung entsprechend angepasst werden muss. Dies kann mittels Risk/Return Diagrammen aufgezeigt und mit Simulationen gestützt werden. Verlustszenarien zu verbildlichen und anstelle von prozentualen Verlusten auf den konkreten Verlust in Schweizer Franken hinzuweisen, kann Anlegern eine rationalere Sicht ermöglichen. Hier greift das Element Framing aus der Behavioral Finance, den je nachdem wie eine Situation präsentiert wird, wird ein Mensch unterschiedlich darauf reagieren. Gerade in diesem Bereich sollten die Berater speziell geschult werden: durch ungenaue Angaben, kritikloser Annahme eines Argumentes oder dem Ausblenden von Gefahren können Anleger im Falle eines ungünstigen Ausganges einer Investition das Verhalten der Bank kritisieren und allenfalls auch Schadenersatzklagen durchringen. 4.6. Researchabdeckung und Perspektive Die UBS bietet ihrer Kundschaft einen 7 Kapitel umfassenden Research Bericht an, welcher die Problematiken der Behavioral Finance aufzeigt. Der Bericht liefert einfache Massnahmen zur Bekämpfung der häufigsten Fehler und obwohl die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft noch nicht bei jedem Kundenberater präsent ist, wird mittels Fragebogen und gezielten Informationskampagnen das Wissen der Berater und der Kundschaft in diesem Bereich gefördert. Obwohl bei einigen der grösseren Schweizer Banken, die sich aktiv mit Behavioral Finance befassen, eher wenig Informationsmaterial öffentlich verfügbar ist. Der Trend aber ist klar ersichtlich: Alle Interview Partner der grösseren Institute (Banken wie auch Versicherungen) beschreiben einen erhöhten Fokus auf diesem Gebiet und über die Hälfte sind gar am Erarbeiten neuer Konzepte. Bei den kleineren Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 50

Instituten wie Privatbanken und Kantonalbanken spielt das Thema noch eine untergeordnete Rolle, vermutlich aufgrund fehlender Ressourcen. Dennoch ist der Glaube an diese eher junge Wissenschaft da ist, und jeder selber bereits Erfahrungen mit irrationalem Verhalten gemacht hat, wird der Mehrwert unterschiedlich hoch eingestuft. Interessant in dieser Hinsicht ist, das sich vor allem kleinere, unabhängige Vermögensverwalter aktiv mit der Thematik und anderen, neuartigen Ansätzen auseinandersetzen. Dieser Umstand könnte einerseits auf die Notwendigkeit der Differenzierung zurückzuführen sein, andererseits zeigt es aber auch auf, dass sich Finanzspezialisten, welche auf Gedeih und Verderben mit den Kunden verbunden sind, vermehrt um solche weichen Faktoren der Kundenbetreuung kümmern. 4.7. Nutzen und Bedeutung eines verhaltensorientierten Ansatzes In den folgenden Absätzen soll der Nutzen der neuen Methode aus Kunden sowie aus Bankensicht kritisch hinterfragt werden. Am Ende wird ein Fazit gezogen, ob das Label Behavioral Finance in der Praxis auch andersartige Prozesse und Lösungen nach sich zieht oder ob es mehrheitlich ein Marketing Gag darstellt. 4.7.1. Nutzen für den Kunden Die Kritik wie in Absatz 3.4 beschrieben, ist nicht von der Hand zu weisen. Für die meisten Phänomene an den Aktienmärkten gibt es sowohl rationale wie irrationale Begründungen. Zudem ist der Markt, als Summe aller Teilnehmer, in der Regel korrekt und nicht vorhersehbar. Wenn Blasen oder andere Anomalien auftreten, kann es entweder unmöglich sein dies auszunutzen, oder der Markt bleibt länger irrational wie einem Kunde Barmittel zur Verfügung stehen. Einem normalen Anleger fehlen also in der Regel die Mittel und Kenntnisse, um von einer Marktanomalie profitieren zu können. Wieso die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft aber dennoch einen grossen Nutzen für den einzelnen Anleger haben kann, liegt in der Definition des Nutzens. Im Bereich der Rendite liegt der Nutzen nicht in einer Outperformance gegenüber dem Markt, sondern im Optimieren des eigenen Verhaltens, um teure Fehler zu vermeiden. Neben diesem Renditeaspekt spielen die psychologischen Faktoren ebenfalls eine wichtige Rolle. Kunden können ihr Portfolio insofern anpassen, dass die Schwankungen und maximalen Verluste mit der eigenen Risikotoleranz übereinstimmen. Das Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 51

Eruieren dieses Toleranzwertes wurde in der Vergangenheit zu wenig wissenschaftlich durchgeführt. Die Behavioral Finance springt genau in diese Lücke ein, vor allem weil Phänomene wie die Prospekt Theorie und das Allais Paradox beigetragen haben, irrationales Verhalten aufzudecken und zu messen. Da ein Kunde die Beratung und Analyse in der Regel gratis im Zuge einer optimalen Betreuung erhält, spricht nichts dagegen, diesen Service in Anspruch zu nehmen und die Resultate zu überprüfen. Die Ausbildung führt zudem zu erhöhter Kenntnis im Bereich der Modernen Portfolio Theorie, weil dem Kunden die Zusammenhänge und Trade Offs zwischen Risiko und Rendite erklärt werden. Letztendlich bleibt die freie Entscheidung, entsprechend dem Ausgang der Analyse zu Handeln, beim Kunden. 4.7.2. Nutzen für die Bank Der Aufwand, sich in einer neuen Wissenschaft ein Standbein aufzubauen, ist enorm. Um Prozesse neu zu gestalten und einer umstrittenen Theorie anzupassen, braucht es Druck vom Markt oder vom Management. Eine Bank muss demnach kalkulieren, ob und wo die Behavioral Finance einen Mehrwert generieren kann und ob sich die anfallenden Kosten rechtfertigen. Da sich drei der grössten Banken auf dem Finanzplatz Schweiz intensiv mit dieser Thematik befassen, liegt der Schluss nahe, dass diese neue Wissenschaft einen Mehrwert generieren kann. Ohne an dieser Stelle eine Bewertung über die Theorie als solches zu nennen, können doch einige Werttreiber festgestellt werden: Beispielsweise müssen sich die Finanzhäuser im zunehmenden Wettbewerb von der Konkurrenz abheben und differenzieren. Ein veränderter und auf den Kunden fokussierter Beratungsansatz ist sicherlich ein geeignetes Mittel dazu. Da praktisch jeder Anleger bereits in gewisse Fallen getappt ist, scheint es sinnvoll, diesen Gefahren eine Gestalt zu geben, um auf sachlicher Ebene mit dem Kunden diskutieren zu können. Ein weiterer Wert wird in der Loyalität des Kunden erkannt. Wenn Erwartungen von Kunden erfüllt oder gar übertroffen werden können, hat dies einen sehr positiven Einfluss auf den Kundenwert. 36 Sofern mit Produkten aus der Behavioral Finance einerseits Kapital erhalten (Absicherung von Verlusten) und andererseits eventuell auch höhere Return on Assets (strukturierte Produkte und spezielle Fonds sowie Mandatslösungen) erwirtschaftet werden kann, hat die neue Wissenschaft auch einen finanziell messbaren Wert. 36 Vgl.: Wöhle 1999, S. 131. Sehr zufriedene Kunden weisen durch die positive Mund-zu-Mund Propaganda einen höheren Kundenwert auf. Zufriedenheit kann vor allem über die Erfüllung von Erwartungen gesteuert werden. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 52

4.7.3. Unterschied zum herkömmlichen Beratungsansatz Eine kritische Frage ist, wie viel Behavioral Finance in einer Beratung drinsteckt, wenn damit geworben wird. Aufgrund der relativ jungen Wissenschaft ist die Anwendung in der Regel noch in den Kinderschuhen und das Label wird teilweise für blosse Marketingzwecke missbraucht. Die Synthese von Wissenschaft und Praxis wie sie in der Schweiz stattfindet, wird voraussichtlich über die Jahre aber Früchte tragen. Erst wenn der neue Ansatz voll integriert ist und sich Kunden verändern kann festgestellt werden, was der neue Ansatz in der Praxis bringt. Die Arbeit bewertet deshalb nicht die aktuelle Handhabung, sondern zeigt die nötigen Veränderungen im Prozess auf. Erstens müssen die Fragebogen wissenschaftlich erstellt werden, um den Einfluss der Darstellungsweise zu kennen und keine Fehlinterpretationen zu ziehen. Zweitens müssen die Befragungen regelmässig durchgeführt werden, um Änderungen in der Risikotoleranz oder des Anlagehorizontes festzustellen. Dies hat einen wesentlichen Einfluss auf die Erwartung der zukünftigen Renditen und Volatilitäten, wie es in Annex 9 aufgezeigt ist. Die Bildung eines neuen, verhaltensorientierten Efficient Frontiers kann die Erkenntnisse des Fragebogens dann in geeignete Portfolio Allokationen ummünzen. Zu guter Letzt können Produkte ebenfalls nach behavioristischen Kriterien bewertet und dem Kunden empfohlen werden. Prinzipiell bedeutet solch eine konsequente Umsetzung dieser Methode also eine komplette Anpassung, respektive Erweiterung, der gesamten Wertschöpfungskette. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 53

Privatanleger wollen vor allem Verluste (und nicht etwa Volatilität) vermeiden <Thorsten Hens> 5. Mehrwert durch Behavioral Finance In der Schweiz ansässige Banken setzen sich unterschiedlich stark mit dem Thema Behavioral Finance auseinander. Prinzipiell geht es bei den meisten Finanzinstituten um die Frage, welche Risiken ein Anleger tragen kann und will. So kann ein für den Kunden individueller Vorschlag mit einer ausgewogenen Verteilung des Vermögens ausgearbeitet werden. Da das Thema Behavioral Finance bei den Banken mehr Mittel zum Zweck zu sein scheint, springen immer öfter kleinere Anbieter ein, um diese Marktlücke zu füllen. Diese Firmen bieten konkrete Produkte wie zum Beispiel Fonds an und gewinnen durch die erfreuliche Performance zunehmend an Marktanteilen. Auch Thorsten Hens ist der Auffassung, dass Behavioral Finance zuerst durch kleinere Anbieter gefördert werden muss, bis der Markt eine so grosse Nachfrage entwickelt, dass die Banken mitziehen. In diesem Kapitel wird die Rendite von Behavioral Finance Produkten im Vergleich zu ihren Benchmarks untersucht. Allerdings wird neben dem Risiko/Rendite Profil auch anderen Faktoren wie zum Beispiel der Verlustaversion, Absolute Renditen und Einklang der erwarteten Rendite mit der tatsächlichen Rechnung getragen. Da gemäss verschiedenen Artikeln und Research Berichten wie zum Beispiel dem UBS Wealth Management Research Behavioral Finance der erste Schritt zu einer Verbesserung der Performance in der persönlichen Kenntnis des Themas liegt (financial literacy), werden im ersten Teil dieses Kapitels die Informationsangebote beschrieben. Im zweiten Abschnitt werden bestehende Finanzprodukte mit der Benchmark verglichen und die Performance bezüglich absoluter Rendite, Volatilität und der symmetrischen Verteilung von Gewinnen und Verlusten ausgewertet. Nach der Zusammenfassung im dritten Abschnitt, werden im vierten die Vorteile von strukturierten Produkten zur Verminderung von gängigen Verhaltensmustern dargestellt. 5.1. Informationsangebote Weltweit erfreut sich die Behavioral Finance vor allem in den vereinigten Staaten grosser Beliebtheit. In der Schweiz haben sich noch kaum Unternehmen auf dieses Segment spezialisiert. Nachfolgend Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 54

werden die wichtigsten Informationsportale und Personen in der Schweiz in Bezug auf die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft präsentiert. 5.1.1. Universität Zürich und BhFS Die Universität Zürich forscht seit Jahren im Bereich der psychologischen Auswirkungen auf das Anlegerverhalten. Das Problem von herkömmlichen Risikoprofilern 37 ist, dass die Resultate durch die Art der Fragestellung verzerrt sein können und dadurch falsche Schlüsse gezogen werden. Zudem besteht das die Kundschaft zu verwirren. Durch ein Experimentallabor, wo gleichzeitig sechzig Teilnehmer Anlageentscheidungen treffen können, entstehen wissenschaftlich fundierte Risikoprofiler. Dort bekommt eine Gruppe eine Anlageempfehlung mittels einer Auswertung des Fragebogens, bevor eine Anlage getätigt wird. Eine zweite Gruppe muss die Entscheidungen ohne einen solchen Profiler tätigen. Anschliessend wird eine Simulation der Renditen durchgeführt. Am Ende des Experiments kann so der Einfluss des Risikoprofilers von anderen Einflüssen, wie zum Beispiel dem Verlauf der Renditen oder sozioökonomischen Faktoren der Teilnehmer, isoliert betrachtet werden. Dies erlaubt eine gezielte Anpassung der Fragestellung bis die Essenz der Ängste und Erwartungen eines Anlegers offengelegt wird. Durch diese Kenntnisse können Vermögensverwalter die Kunden besser verstehen und mit Produkten, welche ebenfalls nach verhaltensorientierten Kriterien bemessen werden, versorgt werden. 38 Leiter des Swiss Banking Instituts der Uni Zürich ist Professor Thorsten Hens. Er konzentriert sich mit dem Spin off BhFS (Behavioral Finance Solutions) hauptsächlich auf das Risikomanagement und die Anlageberatung unter Beachtung der psychologischen Eigenschaften von Anleger. Das Ziel von BhFS ist einerseits, das Verständnis der Anleger in Bezug auf irrationales Verhalten zu erhöhen und andererseits, die Kundenzufriedenheit durch massgeschneiderte Produkte und Anlageberatungsansätze sicherzustellen. Das Produktangebot von BhFS umfasst deshalb verschiedene Bereiche. Diese sind in Abbildung 16 dargestellt und erläutert. Bei der Portfolio Konstruktion legt Hens Wert darauf, dass eine Produktempfehlung den Charakteristiken des Kunden unter Berücksichtigung der drei Risikodimensionen (Risikofähigkeit, Risikopräferenz und Risikobewusstsein) entspricht. Diese stimmt aber nicht notwendigerweise mit seinen Rendite Erwartungen überein. Dies ist der klassische Tradeoff zwischen Risiko und Rendite. 37 Risikoprofiler sind Fragebogen, welche die Risikoneigung, Fähigkeit und Toleranz wissenschaftlich feststellen. 38 Quelle: Interview mit Thorsten Hens. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 55

Die Fähigkeit eines Beraters, die Erwartungen des Kunden bezüglich Rendite auf die ausgewerteten Risikopräferenzen anzupassen, ist deswegen zentral. Hilfsmittel für diese Illustration können Tools sein, die dem Kunden die Volatilität und dessen (negativen) Folgen auf die Renditen darstellen. Fragebogen Ein Fragebogen welcher den Beratungsstil und das Kundenegment berücksichtigt, wird erarbeitet. Es sollen die kritischsten Faktoren, wie zum Beispiel Risikopräferenz, Risikobewusstsein und Risikofähigkeit, eruiert werden. Profilbildung Die Stärke des BhfS Ansatzes ist, die erhaltenen Antworten anhand eines einzigartigen Modells auszuwerten und dem Kunden ein Profil in Bezug auf den Entscheidungsprozess zuzuteilen. Das Risikoprofil wird dadurch zutreffender als mit herkömmlichen Fragebogen. Porftolio Konstruktion Das Portfolio soll so konstruiert werden, wie es der Kunde erwartet. Risikoansätze zu verwenden, welche nicht den Erwartungen entsprechen, werden mit Unzufriedenheit des Kundens und einem Vertrauensverlust einhergehen. Die Frage ist, welche Anlagen werden dem Kunden die grösste Zufriedenheit geben. Interdependenz Neben der Regelmässigkeit, dem Inhalt und Format der Untersuchung von Kundenbedürfnissen sind andere Aspekte wichtig, zum Beispiel wie ein Portfolio verwaltet werden soll (diskretionär oder gemeinsam). Wenn die Interdependenzen verstanden werden, kann die Zufriedenheit des Kunden wesentlich gesteigert werden. Qualität Um mit speziellen Fragestellungen, Kunden nicht zu verunsichern oder in eine falsche Richtung zu lenken, können die Auswirkungen im Labor getestet werden. So wird das Risiko von unzufriedenen Kunden vor der Anwendung in der Anlageberatung minimiert. Abbildung 16: Produktangebot der BhFS. Eigene Aufbereitung. Neben dem Produktangebot bietet die BhFS auch Dienstleistungen im Bereich Consulting und Ausbildung an. Im Consulting wird die Brücke zwischen den akademischen Fortschritten und der Finanzindustrie geschlagen. In der Praxis bedeutet dies, dass neuartige Lösungen für Vermögensverwalter entwickelt werden. Zudem werden auch für andere Institutionen, wie zum Beispiel Versicherungen, welche verschiedene Risikoaspekte einer Klientel abdecken, Lösungen erstellt. Da die Behavioral Finance ermöglicht, die Bedürfnisse und Ängste von Kunden in Bezug auf Anlagen, Renditen, Risiken, Vorsorge bis hin zum Tod allumfassender zu erkennen, können Lösungen angeboten werden, welche die Gewichtung der einzelnen Aspekte bei einer Zieldefinition berücksichtigt. Diese Value Proposition hat zum Beispiel die Baloise Versicherung und Baloise Bank SoBa erkannt. Sie lanciert gemäss Thomas Egli, Mitglied des Kaders bei der Baloise und Projektleiter für die Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 56

Implementation dieses Konzepts, im Laufe des Jahres 2010 einen neuen Beratungsansatz. Dieser soll die Bedürfnisse der Kundschaft noch genauer eruieren und mittels Produkten in den Bereichen Anlage, Vorsorge, Versicherung und Finanzierung optimal abdecken. Im Bereich Ausbildung führt die BhFS verschiedene Schulungen und Präsentationen durch, welche sich je nach Bedürfnissen der Kursteilnehmer leicht unterscheiden. Dass die Thematik der Behavioral Finance auf dem Finanzplatz durchaus ernst genommen wird, zeigt die Referenzliste auf der Homepage www.bhfs.ch. Die grössten Banken und Versicherer auf dem Finanzplatz Schweiz haben die angebotene Schulung bereits besucht. Oft wurde daraus auch eine langjährige Zusammenarbeit wie dies die Beispiele der LGT, der Credit Suisse oder eben der Baloise zeigen. In der Praxis kann die Behavioral Finance gemäss Hens jedoch auch in anderen Bereichen wie der Beratung eingesetzt werden. Professionelle Portfoliomanager sind gut beraten, entgegen den Empfehlungen der klassischen Finanztheorie, auch technische Analysen durchzuführen und den Fundamentalwerten die Entwicklungen an den Aktienmärkten gegenüberzustellen. Der Nutzen kann sehr konkret sein, wenn es gelingt, Marktanomalien aufzuspüren und schlüssige Erklärungen dafür zu finden. Diese Erkenntnisse können danach verwendet werden, riskante Positionen rechtzeitig abzusichern oder abzustossen. Der gesunde Menschenverstand kann Anleger davor schützen, auf Zahlen und Statistiken basierte Fehler zu vermeiden. Ein Beispiel dazu ist die (falsche) Annahme, dass alle Preise korrekt und normalverteilt sind. Hier zeigt sich auch die Schwäche der traditionellen Finance. Die Volatilität als gebräuchliches Risikomass ist für viele Anleger ziemlich ungeeignet. Sie eignet sich nur dann, wenn Renditen der Normalverteilung folgen. Diese Annahme ist jedoch für die meisten Anlagen, wie beispielsweise Aktien und Obligationen, nicht oder nur beschränkt gültig. Für alternative Anlagen ist sie sogar völlig falsch (Hens, 2008, S. 33). Die Hauptproblematik liegt darin, dass die Volatilität extreme Ausbrüche (fat tails) ungenügend wiederspiegelt. Anleger werden deswegen immer wieder negativ von grossen Schwankungen beim Platzen von Blasen oder anderen Ereignissen wie zum Beispiel Staatsinterventionen überrascht. 5.1.2. www.behavioralfinance.ch & www.evolutionaryfinance.ch Weitere Informationsangebote in der Schweiz sind rar. Neben der BhFS unterhält Thorsten Hens zusammen mit der LGT auch die Homepage www.behavioralfinance.ch. Dort finden sich viele Präsentationen, Interviews sowie eine Auswahl wichtiger wissenschaftlicher Arbeiten. Der Fokus auf dieser Seite wird vor allem auf das Vermitteln der Behavioral Finance bezüglich klugem Investieren Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 57

gelegt. Die LGT als Partner bietet in diesem Bereich konkrete Produkte an. Sie arbeitet seit Dezember 2009 mit der Universität Zürich zusammen, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse noch stärker in die Praxis einfliessen zu lassen. 39 Eine interessante Entwicklung zeigt Abbildung 17 wo Robert Shiller aufzeigt, dass die neue Finanzwissenschaft zunehmend populärer wird. Die Hypothese effizienter Märkte verliert deshalb auch an Akzeptanz als einzig wahre Finanzwissenschaft. Die Grafik zeigt die Anzahl Wortnennungen Behavioral Finance und Efficient Market Hypothesis in den letzten Jahren gemessen mit Lexis Nexis. 40 Im Gegensatz zur enormen Steigung des Begriffs Behavioral Finance ist die Anzahl Nennungen für den Begriff Efficient Market Hypothesis stark rückläufig. Abbildung 17: Trend EMH vs BF. Quelle: www.econ.yale.edu Auf dieser Homepage ist auch ein Paper von Finrisk 41 zu finden. Dieses zeigt das Verhalten der Konsumenten bezüglich dem täglichen Geldgeschäft. Interessant ist die Erkenntnis, dass sich Anleger stark unterscheiden. Deswegen ist es wichtig, die Einstellungen, Ängste, Entscheidungsstile, das Sparund Konsumverhalten und das allgemeine Interesse an Finanzen der Anleger zu eruieren (Fünfgeld und Wang, 2008, S. 3). Nur so können im Anschluss optimale Produkte geschaffen werden, welche dem Kunden bedürfnisgerechte Lösungen bieten. Die Seite www.evolutionaryfinance.ch wird ebenfalls von Thorsten Hens und drei weiteren Professoren in England, Dänemark und der Schweiz unterhalten. Sie bietet Informationen zu speziellen Research Papers sowie zu Präsentationen zum Thema evolutionäre Finanzwissenschaft, welche den Random Walk von Aktien hinterfragt. Findet eine Kursbewegung willkürlich statt oder hängt es davon ab, welcher Pfad zuerst beschritten wurde? 39 Vgl.: LGT and Science, www.behavioralfinance.ch 40 Lexis Nexis scannt Bücher, Zeitschriften, wissenschaftliche Schriften und weitere Quellen. 41 Schweizerisches Kompetenzzentrum für Finanzrecherche Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 58

5.1.3. www.bfpb.ch Die Seite www.bfpb.ch ist auf Vermögensverwalter ausgerichtet und vermarktet im Grunde das Buch Behavioural Finance for Private Banking von Thorsten Hens. Auf der Homepage können verschiedene Tools bestellt oder direkt heruntergeladen werden. Sie decken das Kundenrisikoprofiling, das Produktdesign sowie dynamisches Investieren und Life Cycle Planning ab. Beim Programm dynamisches Investieren wird die optimale Gewichtung der Anlagen je nach Nutzen Präferenz des Anlegers berechnet. Die Einstellung kann so verändert werden, dass die zukünftigen Renditen entweder pfadabhängig sind, oder einem Random Walk folgen. Für jede neue Periode kann ein Anleger so seine optimale Allokation zwischen risikofreier und risikobehafteter Anlage wählen. Da die Flexibilität gewährt ist, die Renditeerwartungen der verschiedenen Anlagen einzustellen, kann das Tool für Anleger hilfreich sein. Zudem kann der Anleger wählen, mit welcher Nutzenfunktion er die Analyse gerechnet haben möchte. Dabei steht ihm eine CRRA oder eine Prospekt Theorie Funktion zur Verfügung. Für Anleger ist es jedoch kompliziert zu verstehen, welche Funktion für sie mehr Sinn macht und worin sich die beiden unterscheiden. Hier müssten die Eigentümer der Seite nebst dem Manual noch mehr Informationen liefern. Auf dieser Webseite kann zudem ein Login für ein Kunden Risikoprofiler Tool bestellt werden. Diese Applikation ist schön aufbereitet und führt, wie in Abbildung 18 dargestellt, die relevanten Schritte durch, um ein nach Risikopräferenzen optimiertes Portfolio zu generieren. Abbildung 18: Risk Profiler. Quelle: http://risk.bhfs.ch Das Programm zeigt zu allererst anhand einer Simulation, was die Verlustaversion ist und welchen Einfluss sie haben kann. Danach zeigt es unter der Rubrik Marktfaktoren anhand einer Simulation, welchen Einfluss die Zeit auf die erwartete Rendite hat. Prinzipiell lässt sich feststellen, dass Obligationen und Aktien in der kurzen Frist bis drei Jahre ungefähr die selbe Rendite abwerfen, Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 59

jedoch schwanken die Aktienrenditen bei den verschiedenen Szenarien mehr, wie Annex 9 aufzeigt. In der langen Frist von zehn Jahren übertreffen Bond Portfolios Aktien jedoch nur in rund 30% der Fälle. Auch wird aufgezeigt, dass sich ein frühzeitiger Verkauf und Wiedereinstieg oftmals nicht auszahlt und welchen Einfluss dies auf die Renditen haben kann. Folglich soll die gewählte Strategie beibehalten und keine teuren Panikverkäufe getätigt werden. Dies trifft natürlich nur auf breit diversifizierte Anlagen und nicht auf einzelne Aktien zu, bei welchen sich der Verkauf durchaus positiv auswirken kann. Beim Risk Profiler werden nun die üblichen Fragen gestellt, wie sie bereits im Absatz 4.4 beschrieben wurden. Dabei bedarf es insbesondere Abklärungen bezüglich Anlageziel und Horizont, Verlustaversion, Verhalten bei Unsicherheit und dem Anlagetemperament. Am Ende berechnet das Programm eine Ziel Anlage Allokation, errechnet die erwarteten Renditen und Volatilitäten und zeigt die Resultate in verschiedenen Marktszenarien. Je nach Eingabe kann der Investor sein Portfolio gemäss der kalkulierten Behavioral Efficient Frontier Linie anpassen. 5.1.4. Weitere Informationsangebote In der Schweiz nehmen hauptsächlich Universitäten die Ausbildung bezüglich Behavioral Finance in die Hand. Nebst der Universität Zürich bieten die meisten Universitäten und Hochschulen Angebote in dieser Richtung an. Die Uniiversität St.Gallen arbeitete ebenfalls mit LGT zusammen. Die Homepage ist allerdings veraltet und wird anscheinend nicht mehr aktualisiert. Es sind nur vereinzelte Papers zu finden. Interessant auf dieser Seite sind die Videos mit Experten wie zum Beispiel Werner de Bondt. Die ZHAW (Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften) ist auf Alternative Anlagen spezialisiert. Im Rahmen von Masterstudiengängen werden auch Themen im Bereich Behavioral Finance behandelt. Mit der Analyse bezüglich der Selbstüberschätzung wurde der Grundstein für weitere Forschungen gelegt. 5.2. Analyse bestehender Finanzprodukte Die Suche nach Produkten, welche den Allokationsprozess nach Kriterien aus dem Bereich der Behavioral Finance vornehmen, gestaltet sich kompliziert. Es befinden sich viele Trendfolgestrategien im Markt, welche systematisch, das heisst ohne manuelles Eingreifen, Positionen kaufen und Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 60

verkaufen. Eine Analyse von Wright, Banerjee und Boney aus dem Jahr 2006 (S. 33), bei der 16 kotierte, amerikanische Fonds untersucht wurden, zeigte ein uneinheitliches Bild in Bezug auf den Mehrwert der Behavioral Finance. Die Performance ohne Berücksichtigung der Volatilität war grösstenteils besser wie die Rendite des S&P 500 Index und übertraf mehrheitlich auch verwandte, aktiv verwaltete Fonds ohne Behavioral Finance Approach. Nach Anwendung der Risiko Adjustierung konnte jedoch keine signifikante Überrendite erzielt werden. Es scheint, dass der ausserordentliche Ertrag nur dank dem Fokus auf Growth Aktien mit erhöhtem Beta zu Stande kam. Die Haupterkenntniss aus der Analyse ist jedoch sehr interessant: aktiv verwaltete Fonds, welche nach Behavioral Finance Kriterien investieren, ziehen ausserordentlich viel Kapital an. Das Wachstum war also deutlich höher als bei Indexfonds oder anderen aktiv verwalteten Fonds. Nachfolgend werden sechs verschiedene Produkte, die einen verhaltenswissenschaftlichen Ansatz verfolgen, vorgestellt und analysiert. Die Produkte wurden so gewählt, dass verschiedene Bereiche abgedeckt werden. Die Gebiete umfassen systematische Anlagestile, kombinierte Hedge Fund Strategien, Newswatcher mit entsprechender Ausnutzung der Reaktionsverzögerung, Small Cap Investitionen mit BF Selektionskriterien, Stimmungsindikatoren und Trendanalysen. Die Analysen vergleichen die einzelnen Fonds mit bekannten Indizes. Alle Analysen beruhen auf monatlichen Daten, sind in USD und berechnen den Zeitraum seit Emission des entsprechenden Produktes bis und mit Ende Februar 2010, frühestens aber seit Februar 2000 (10 Jahre). Die Renditen wurden bei Produkten in Schweizer Franken und Euro in USD umgerechnet. Die Renditen sowie die Währungskurse beruhen, wo nicht anders erwähnt, auf historischen Daten aus Bloomberg. Da in einer verhaltensorientierten Welt die absolute Renditezahl nicht das einzige Entscheidungsargument ist, werden zuerst Kriterien definiert, welche dem Nutzen des Anlegers dienen. Neben rein quantitativen Werten soll auch festgestellt werden, wie sich ein Anleger fühlt wenn er das entsprechende Produkt hält. Um das Gefühl zu messen, werden verschiedene Indikatoren qualitativ bewertet. Zum Beispiel wird die Transparenz des Produktes gemessen. Hält das Produkt sein Versprechen? Zudem wird die allgemeine Verlustaversion der Anleger berücksichtigt. Je höher einzelne oder kumulierte Verluste ausfallen können, desto höher muss die Risikobereitschaft des Anlegers liegen, um mit dem Instrument zufrieden sein zu können. Für die Nutzwertanalyse wurden die Produkte nach den Kriterien in Abbildung 19 gemessen. Die Punktegebung geht von 0 bis 5. Für komplett erfüllte Kriterien gibt es 5 Punkte, für nicht erfüllte 0 Punkte. Die Kriterien werden unterschiedlich gewichtet, wobei die Gewichtung neben dem Titel des Kriteriums angegeben ist. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 61

Rendite verglichen mit Benchmark (10%) Wie ist die Rendite gegenüber dem Benchmark? Je höher die Outperformance ist, desto besser Risikoadjustierte Rendite / Sharpe Ratio (20%) Je höher das Sharpe Ratio desto besser Verlustszenarien (20%) maximaler Verlust (> 30% ungenügend) grösster 1-Monatsverlust (> 10% ungenügend) grösster 12-Monatsverlust (> 20% ungenügend) Recovery-Periode (5%) Wie lange ist die längste Erhohlungsphase? (>70 Monate ungenügend (wie Aktienmarkt)) Korrelation in positiven und negativen Märkten (15%) Positiv wenn Korrelation zu Aktienmärkten in positivem Umfeld hoch ist. Positiv wenn Korrelation zu Aktienmärkten in negativem Umfeld nahe bei -1 liegt. Gefühl (25%) Hält das Produkt was es verspricht? Umgang mit Verlustaversion von Investoren. Liquidität, Transparenz Abbildung 19: Kriterienkatalog für Behavioral Finance Produkte. Eigene Aufbereitung. Von den sechs untersuchten Produkten arbeiten vier explizit mit dem Begriff Behavioral Finance als Verkaufsargument. Nur RADA SF und A&Q Global Alpha Strategies weisen nicht speziell auf dieses Verfahren bei der Selektion und im Anlagestil hin. Zwischen diesen beiden und den tatsächlichen Behavioral Finance Produkten werden bei der Auswertung Unterschiede gemacht. Conquest Behavioral Finance AMI P Fonds Der Fond investiert schwerpunktmässig in Aktien grosser und mittlerer Unternehmen aus der Eurozone. Das Anlageziel ist eine positive absolute Rendite ohne Beachtung einer Benchmark. Ausgangspunkt der Anlagepolitik dieses Fonds ist ein Behavioral Finance Ansatz, der die Entscheidungsbasis für die Anlageallokation bildet. Das Hauptgewicht liegt auf der psychologischen Analyse von Stimmungen an den Finanzmärkten (Sentiment), welche oftmals einen guten Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 62

Kontraindikator darstellen. 42 Tabelle 10 zeigt die Rendite seit Auflegung des Fonds im Juni 2006. Auffallend ist die geringere Volatilität gegenüber den Aktienindizes sowie die negative Korrelation zum MSCI World wie auch zu dem Obligationenindex JPM Global Broad. Bei näherer Betrachtung der Monatsrenditen fällt zudem auf, dass der Fond auf die Finanzkrise (2008/2009) reagierte und bei einem Verlust von 21.5% (kumulierter Verlust vom Höchststand bis zum Tiefststand) vermutlich Leerverkäufe getätigt hat (Short Positionen). So konnte bereits im November 2008 der einstmalige Höchststand wieder erreicht werden. 43 Renditeanalyse Conquest Behavioral Finance AMI P Fonds HFRI Fund of Funds Index MSCI World S&P 500 DJ Euro STOXX JPM Global Broad Rendite in % seit Januar 2010 4.74 0.39 2.72 0.61 12.35 0.51 Total Rendite in % seit Juni 2006 3.97 0.52 5.64 5.69 5.44 35.26 Rendite p.a. seit Juni 2006 1.08 0.14 1.54 1.55 1.48 8.39 Volatilität 13.71 7.29 20.42 18.70 24.71 7.65 Sharpe ratio* <0 <0 <0 <0 <0 0.70 Korrelation mit MSCI World 0.61 0.35 1.00 0.97 0.98 0.33 Korrelation mit JPM Global Broad 0.78 0.05 0.33 0.27 0.38 1.00 * kalkuliert mit einem risikofreien Zins von 3% Tabelle 10: Renditeanalyse Conquest Behavioral Finance AMI P Fonds. Eigene Aufbereitung. Dieser Fond punktet hauptsächlich bei der Korrelation, welche während des Aktienmarktcrashs im Jahr 2008 bei fast 1 lag. 44 Die Volatilität ist trotz den Verwerfungen an den Börsen nicht im gleichen Ausmass gestiegen. Leider hat der Manager nicht rechtzeitig Long Positionen aufgebaut. Der Fond verliert deshalb seit Anfang 2009 kontinuierlich an Wert während die Aktienmärkte florieren. Weitere Punkte erhält der Fond beim gefühlten Nutzen, da die Verluste begrenzt waren und die Drawdown Periode relativ kurz ausgefallen ist. Durch die gute Diversifikation, das tiefe Risiko und die Liquidität ist die gefühlte Sicherheit beim Anleger hoch. Die Zufriedenheit wird allerdings durch die hohe Ausgabekommission von 5%, welche sich mit der Renditeentwicklung nicht rechtfertigen lässt, vermindert. 42 Vgl.: Konrad Mattern, Fondsleiter. 43 Siehe Anhang für weiterführende Analysen und Grafiken 44 Vgl.: Annex 3, Abbildung 47. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 63

Clariden Leu Swiss Small Cap Fund Dieser Fond investiert in kleine Schweizer Aktien, welche die Marktkapitalisierung von 2% der Gesamtmarktkapitalisierung nicht überschreiten. Die Selektion beruht gemäss Verkaufsprospekt auf Kriterien der Behavioral Finance. Durch die Allokation in sehr kleine, eher riskante Titel rentiert der Fond in Bullenmärkten besser als der Gesamtmarkt. Tabelle 11 zeigt im Vergleich mit anderen Indizes, dass er nach dem Höchststand im Juli 2007 allerdings rund 60% seines Wertes verlor. Dies obwohl bereits während der High Tech Bubble ein Verlust von 75.44% resultierte (schlimmster Rückfall seit dem Höchststand). Dieser Fond nimmt keine Rücksicht auf die Gemütszustände der Investoren, auch wenn er nach verhaltensorientierten Kriterien verwaltet wird,. Da die Rendite im Vergleich zur Benchmark (Swiss Small and Mid Cap Index ohne Dividenden) bescheiden ausfällt, erhält der Fond bei diesem Kriterium keine Punkte. Das Sharpe Ratio liegt ebenfalls unter 0. Bei diesem Fond scheinen, falls tatsächlich angewendet, die Erkenntnisse aus der verhaltensorientierten Lehre nicht zu greifen. Renditeanalyse Clariden Leu Swiss Small Cap Fund HFRI Fund of Funds Index MSCI World S&P 500 DJ Euro STOXX JPM Global Broad Rendite in % seit Januar 2010 6.55 0.39 2.72 0.61 12.35 0.51 Total Rendite in % seit Feb. 2000 23.54 47.28 5.59 4.87 3.05 108.11 Rendite p.a. seit Februar 2000 2.63 3.91 0.54 0.49 0.31 7.54 Volatilität 25.66 5.70 16.82 16.32 22.06 7.27 Sharpe ratio* <0 0.16 <0 <0 <0 0.62 Korrelation mit MSCI World 0.63 0.24 1.00 0.97 0.96 0.17 Korrelation mit JPM Global Broad 0.42 0.02 0.17 0.07 0.25 1.00 * kalkuliert mit einem risikofreien Zins von 3% Tabelle 11: Renditeanalyse Clariden Leu Swiss Small Cap Fund. Eigene Aufbereitung. LGT Equity Fund Global Sector Trends 1 Der Fond der LGT investiert primär in weltweit operierende Unternehmen. Der Anlage und Portfolioselektionsprozess dieses Fonds basiert ebenfalls auf Erkenntnissen der Behavioral Finance. Dadurch werden Anlagetrends identifiziert und mittels einer Fundamentalanalyse anschliessend potenzielle Positionen ermittelt. Im Zentrum der Analyse steht die Evolution der Markterwartungen und der daraus resultierenden Trends. Der Fonds investiert in Aktien mit positiven relativen Trends und klar identifizierbaren Themen. Tabelle 12 zeigt im Vergleich eine annähernd perfekte Korrelation zum MSCI World seit Auflegung im Juli 2005. Gemäss Standard & Poor s verhalf die frühzeitige Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 64

Identifikation von Trends Anfang 2008 zu einer Überrendite gegenüber vergleichbaren Konkurrenten. 45 Durch die Beachtung von Behavioral Finance Aspekten, zum Beispiel in Bezug auf Shortfall Risiken, bei welchen das Risiko von starken Verlusten gering gehalten wird, erzielte die LGT mit verschiedenen Produkten hervorragende Ergebnisse. Diese wurden 2010 durch Lipper ausgezeichnet. 46 Renditeanalyse LGT Equity Fund Global Sector Trends HFRI Fund of Funds Index MSCI World S&P 500 DJ Euro STOXX JPM Global Broad Rendite in % seit Januar 2010 2.32 0.39 2.72 0.61 12.35 0.51 Total Rendite in % seit Juli 2005 18.31 14.71 10.86 2.31 14.67 36.47 Rendite p.a. seit Juli 2005 3.67 2.98 2.23 0.49 2.98 6.89 Volatilität 19.42 6.97 18.76 17.05 22.77 7.28 Sharpe ratio* 0.03 <0 <0 <0 <0 0.53 Korrelation mit MSCI World 0.98 0.34 1.00 0.97 0.98 0.29 Korrelation mit JPM Global Broad 0.30 0.05 0.29 0.23 0.35 1.00 * kalkuliert mit einem risikofreien Zins von 3% Tabelle 12: Renditeanalyse LGT Equity Fund Global Sector Trends. Eigene Aufbereitung. Die genaue Betrachtung zeigt jedoch ein etwas verzerrtes Bild. Durch einen kumulierten Verlust von 55.39% hat der Fonds noch mehr verloren als die grössten Aktienmärkte in derselben Periode. Erst im Jahr 2009 nach Erreichen der Talsohle konnte der Fond dank des hohen Betas wieder Boden gut machen. LGTs Ansatz punktet hauptsächlich bei den Renditen, jedoch kaum bei den für das Gefühl der Anleger wichtigen Kriterien. Vor allem das angepriesene Vermeiden von Shortfall Risiken scheint in der Praxis nicht zu greifen. UBS Risk Adjusted Dynamic Alpha Index (RADA) Ein von der UBS Investment Bank entwickelter Risikoindikator misst insgesamt 8 verschiedene Marktfaktoren und errechnet daraus die Risikoneigung der Anleger. Je nach Höhe dieses Wertes positioniert sich der RADA Index entweder Long, Neutral oder Short. Sowohl die fortlaufenden Werte von RADA als auch die Positionierung können zum Beispiel auf Bloomberg nachvollzogen werden sie sind somit transparent. Der Indikator wird seit 2002 für die Beratung institutioneller Kunden verwendet. Die Strategie wird seit 2005 öffentlich publiziert. Die Daten vor 2005 basieren auf einem 45 Vgl.: www.fundsinsights.com 46 Vgl.: www.fondstrends.ch, Gewinner Lipper Funds Awards 2010, LGT Strategy Funds Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 65

Backtesting. Tabelle 13 verdeutlicht die Vorteile dieser systematischen Strategie, denn trotz geringerer Volatilität als bei den Vergleichsindizes erwirtschaftete diese Vorgehensweise hervorragende Renditen. Der Indikator kann allerdings Boomphasen verpassen, wenn die Risikoneigung 47 zu gross ist und die Strategie in einen neutralen Modus wechselt (Cash). Bei Marktrückschlägen bietet diese Strategie aber komfortablen Schutz. Ungeeignet scheint RADA, wenn keine Trends bestehen oder rasche Trendwechsel einsetzen. Renditeanalyse RADA Index HFRI Fund of Funds Index MSCI World S&P 500 DJ Euro STOXX JPM Global Broad Rendite in % seit Januar 2010 9.09 0.39 2.72 0.61 12.35 0.51 Total Rendite in % seit Feb. 2000 110.14 47.28 5.59 4.87 3.05 108.11 Rendite p.a. seit Februar 2000 7.64 3.91 0.54 0.49 0.31 7.54 Volatilität 15.33 5.70 16.82 16.32 22.06 7.27 Sharpe ratio* 0.30 0.16 <0 <0 <0 0.62 Korrelation mit MSCI World 0.21 0.24 1.00 0.97 0.96 0.17 Korrelation mit JPM Global Broad 0.53 0.02 0.17 0.07 0.25 1.00 * kalkuliert mit einem risikofreien Zins von 3% Tabelle 13: Renditeanalyse RADA Index. Eigene Aufbereitung. Das Produkt wird nicht als Behavioral Finance Ansatz verkauft. Jedoch scheint die systematische Vorgehensweise, die Auswahl der Indikatoren, sowie die Fähigkeit, in Zeiten hoher Unsicherheit neutral zu bleiben, einige Voraussetzungen von verhaltensorientierten Produkten zu erfüllen. Das Fabrikat punktet sowohl bei der Korrelation, welche in Zeiten hoher Unsicherheit negativ wird als auch bei den Verlustszenarien. Zudem sind die Drawdowns zeitlich beschränkt: das Produkt war längstens 43 Monate unter Wasser. 48 Wegen der vollen Transparenz, der täglichen Liquidität und der Sicherheit vor grossen Marktübertreibungen punktet die Strategie auch im Bereich des gefühlten Nutzens für den Anleger. UBS Alternative & Quantitative Global Alpha Strategies Index Der Dachfond für verschiedene Hedge Fonds ist die klassische Alternative zu traditionellen Long only Fonds. Durch die geringe Regulierung von Hedge Fonds können die Manager Strategien verfolgen, welche herkömmlichen Fonds nicht zur Verfügung stehen. Beispielsweise sind dies das Eingehen von 47 Wenn der Risikoappetit sehr gross oder sehr klein ist, werden keine Positionen genommen. Denn in diesen Zeiten ist die Gefahr von abrupten Trendwechseln am höchsten. 48 Vgl.: Annex 2. Unter Wasser bedeutet, dass der aktuelle Wert unter dem Höchststand liegt. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 66

Short Positionen und das Absichern von Anlagen sowie Investitionen in aktuelle Trends, welche in den Richtlinien nicht vorgesehen wären (zum Beispiel Distressed Securities nach der Immobilienkrise im Jahr 2008 49 ). Tabelle 14 zeigt die Rendite des breit diversifizierten Global Alpha Strategies Index. Renditeanalyse UBS AQ GAS IC HFRI Fund of Funds Index MSCI World S&P 500 DJ Euro STOXX JPM Global Broad Rendite in % seit Januar 2010 0.05 0.39 2.72 0.61 12.35 0.51 Tot. Rendite in % seit Aug. 2001 34.10 38.36 29.23 7.59 23.44 103.30 Rendite p.a. seit August 2001 3.48 3.86 3.03 0.86 2.48 8.62 Volatilität 5.89 5.53 17.00 16.11 22.53 7.37 Sharpe ratio* 0.08 0.15 0.00 <0 <0 0.76 Korrelation mit MSCI World 0.69 0.27 1.00 0.97 0.97 0.13 Korrelation mit JPM Global Broad 0.11 0.04 0.13 0.03 0.21 1.00 * kalkuliert mit einem risikofreien Zins von 3% Tabelle 14: Renditeanalyse UBS AQ GAS IC. Eigene Aufbereitung. Auffallend bei Dach Hedge Fonds sind die geringe Volatilität und die konstanten Erträge. Auch in Krisenjahren, wie zum Beispiel beim Platzen der Tech Bubble im Jahr 2001, konnte der Fonds reüssieren. Einer systematischen Krise wie im Jahr 2008 konnten die meisten Hedge Fonds allerdings nicht entkommen. Ausserordentlich hohe Rückschläge vom Höchststand (Drawdowns) von über 20% traten ein und negative Aspekte der Fonds traten hervor: Die Liquidität ist begrenzt. Das heisst, Verkäufe der Anlage sind nicht immer gewährleistet. Zudem sind die Fonds meistens nicht transparent und es muss eine (teure) Due Dilligence durchgeführt werden. Anleger sollten sich demnach zwischen einer Anlage in Hedge Fonds und einem Basket von systematischen Strategien entscheiden. Die fehlende Liquidität und das Versagen bei systemischen Krisen haben dem Fonds Punkte genommen. Alternative Anlagen bewähren sich aber als Beimischung aufgrund der eher tiefen Korrelation und der geringen Volatilität der Renditen. JP Morgan Undiscovered Managers Behavioral Growth Fund Der Fond investiert hauptsächlich in amerikanische Aktien mit Growth Charakter. Er sucht irrationales Verhalten, welches zu einer verminderten Reaktion auf aktuelle Meldungen führt. Als relevante Neuigkeiten gelten hauptsächlich über den Erwartungen liegende Gewinne und 49 Vgl.: www.bloomberg.com, Blackrock kauft Distressed Securities. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 67

Wachstumsaussichten. Dieser Fond war ebenfalls in der Auswahl von Wright, Banerjee und Boney (2006, S. 40) im Rahmen der Analyse von Überrenditen bei verhaltensorientiert verwalteten Fonds. Die Analyse in Tabelle 15 zeigt eine hohe Korrelation zum MSCI World auf. Zudem ist die Volatilität höher, was auf den Fokus auf Wachstums Aktien zurückzuführen ist. Würden die Daten erst ab Juli 2001 analysiert, schlüge der Fond den MSCI World um rund 34%, wobei die Dividendenzahlungen im Index nicht berücksichtigt sind. Renditeanalyse JP Morgan Undiscovered Managers Behavioral Growth HFRI Fund of Funds Index MSCI World S&P 500 DJ Euro STOXX JPM Global Broad Rendite in % seit Januar 2010 0.32 0.39 2.72 0.61 12.35 0.51 Total Rendite in % seit Feb. 2000 19.27 47.28 5.59 4.87 3.05 108.11 Rendite p.a. seit Februar 2000 2.10 3.91 0.54 0.49 0.31 7.54 Volatilität 25.36 5.70 16.82 16.32 22.06 7.27 Sharpe ratio* <0 0.16 <0 <0 <0 0.62 Korrelation mit MSCI World 0.78 0.24 1.00 0.97 0.96 0.17 Korrelation mit JPM Global Broad 0.00 0.02 0.17 0.07 0.25 1.00 * kalkuliert mit einem risikofreien Zins von 3% Tabelle 15: Renditeanalyse JP Morgan Undiscovered Managers Behavioral Growth Fund. Eigene Aufbereitung. Durch die hohen Verluste über verschiedene Perioden (1 Monatsverlust = 20.11%, 12 Monatsverlust = 53.91%), die hohe Volatilität und eine Minderrendite gegenüber den Benchmarks schneidet der Fond aber schlecht ab. Der Fokus auf Growth Aktien kann sich über einen vollen Zyklus in keiner Überrendite manifestieren. Anleger, welche diesen Fond halten, brauchen eine sehr hohe Risikotoleranz. Der Fond ist zudem seit Auflegung praktisch immer unter Wasser (seit 120 Monaten). 5.3. Fazit bestehender Finanzprodukte Ein Sprichwort sagt: Es ist nicht überall drin, was draufsteht. Dies gilt auch bezüglich der analysierten Produkte, welche die Vorteile von Behavioral Finance aufdecken sollen. Es ergibt sich ein durchzogenes Bild. Auf einer Punkteskala von 0 bis 5 erreicht nur gerade ein Produkt den genügenden Wert über 3. Wenn nur diejenigen Produkte betrachtet werden, welche sich explizit auf Behavioral Finance Ansätze berufen, fällt das Ergebnis noch schlechter aus. Abbildung 20 stellt die Ergebnisse aufgrund der vorgenommenen Nutzwertanalyse dar. Über alle Produkte gesehen, wurde das Kriterium der Korrelation (120 Tage Korrelation) in unterschiedlichen Marktumfeldern am Besten Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 68

erfüllt. Obwohl die Zufriedenheit des Anlegers bei einigen Produkten in den Vordergrund gestellt wird, enttäuschen die ausgewiesenen Behavioral Finance Strategien durch die hohen Verluste über verschiedene Perioden. Abbildung 20: Auswertung bestehender Produkte. Eigene Aufbereitung. Der Dach Hedge Fond von A&Q hätte bis zum Jahr 2008 am besten abgeschlossen. Die systemische Krise Ende 2008 bis März 2009 hatte jedoch einen negativen Einfluss auf die Volatilität, die Verlustgrössen sowie auf die Liquidität. Obwohl der Conquest Behavioral Finance AMI P Fond seit rund einem Jahr stetig leicht negative Renditen erzielt, gilt er als Sieger unter den reinen Behavioral Finance Angeboten. Dieser Fond hält Anleger von grösseren Verlusten fern und verwaltet die Volatilität gezielt. Negativpunkt ist allerdings der hohe Ausgabeaufschlag, welcher nicht gerechtfertigt scheint. Produkte, die nur einen einzelnen Aspekt aus der verhaltensorientierten Finanzwissenschaft aufnehmen und zu nutzen versuchen, schneiden tendenziell eher schlecht ab. Fehlende Instrumente zur Vermeidung von grösseren Verlusten und hohe Korrelationen führen dazu, dass sie sich kaum von den herkömmlichen Fonds unterscheiden. Enttäuscht hat der JP Morgan Undiscovered Managers Behavioral Growth Fund, der wegen den hohen Verlusten die Benchmarks nicht erreichen konnte. Fazit ist, dass die Thematik Behavioral Finance unterschiedlich ausgelegt wird und somit ein Kunde keine vordefinierten Qualitätskriterien erwarten darf. Nach Ansicht des Autors sind die wichtigsten Merkmale von Produkten vor allem in den Risikoperspektiven zu finden. Verhaltensorientierte Anlagen sollten auf die Gemütsschwankungen des Anlegers Rücksicht nehmen. So sollen Produkte Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 69

den Anleger vor allem vor grösseren Verlusten schützen, transparent sein und eine Volatilitätsobergrenze beinhalten. Eine Absicherung von Tail Risiken könnte durchwegs sinnvoll sein. Zufriedenheitssteigernd sind aber auch Faktoren wie Liquidität, gutes Verhältnis zwischen positiven und negativen Monaten und Diversifikation. Die Renditen sollten wenn möglich rechtsschief verteilt sein, das heisst die Verluste müssen so klein wie möglich gehalten werden. Um dies zu erreichen, können Fonds mit Derivaten arbeiten. Der nächste Absatz beschreibt einige derivative Strategien, welche die erwähnten Vorteile mit sich bringen. 5.4. Derivative Strategien In den folgenden Absätzen werden Strategien beschrieben, welche das Auszahlungsprofil einer Anlage verändern. Die Untersuchung beschränkt sich auf drei Ideen zur Absicherung und beschreibt den Sinn und Zweck sowie die Kosten. Grafisch wird der Nutzen dargestellt. 5.4.1. Kapitalschutz Der klassische Kapitalschutz mit einer Absicherung von 100% des investierten Kapitals bewährt sich, Abbildung 21: Renditeverteilung Kapitalschutz. Quelle: Finanz und Wirtschaft. falls das Hauptziel eines Anlegers der Kapitalerhalt ist. Die Kosten des Kapitalschutzes hängen vom Zinsniveau, den Dividenden, der Laufzeit und der Volatilität ab. Im Falle von verbrieften Produkten zudem auch von der Bonität des Emittenten. Die Vorteile eines solchen Schutzes werden in Abbildung 21 deutlich. Das Risiko, Verluste von mehr als 10% einzufahren, wird über diesen Schutzmechanismus verhindert. Obwohl das vom Anleger gehaltene Produkt in über 40% der Fälle eine negative Rendite ausweist, erfüllt das Produkt die Erwartungen der Anleger. Die nebenstehende Grafik vergleicht die Renditen des Basiswertes (Orange) mit denjenigen des strukturierten Produkts (Blau). Es lässt sich erkennen, dass die Renditen des Basiswertes nicht normalverteilt sind, weshalb ein Schutz umso mehr Sinn macht. Gemäss einer Studie der Universität Zürich aus dem Jahr 2008 sind über 75% der Besitzer und über 54% der ehemaligen Besitzer zufrieden mit dem Preis Leistungsverhältnis von solchen Kapitalschutzprodukten. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 70

5.4.2. Schutz vor Tail-Risiken Nebst dem klassischen Kapitalschutz besteht auch die Möglichkeit, sich nur gegen grössere Kursschwankungen, welche die dreifache Standardabweichung überschreiten, abzusichern. Diese Absicherung kann zum Beispiel mit dem Erwerb eines Down and in Puts geschehen. Dabei handelt es sich um eine Put Option, welche erst aktiviert wird, wenn eine bestimmte Barriere unterschritten wird. Je tiefer die gewählte Barriere gewählt wird, desto günstiger wird die Option. Anleger handeln prinzipiell entgegen Ihren Risikovorstellungen, wenn sie das Gegenteil tun, nämlich Down and In Puts verkaufen. Sogenannte Barrier Reverse Convertibles, ein Produkttyp der genau diese Strategie umsetzt, erfreuen sich aber grosser Beliebtheit. Durch die Kombination von beispielsweise drei Basiswerten können solche Produkte attraktive Coupons auszahlen. Der Anleger nimmt im Gegenzug das Risiko auf sich, im Falle einer Verletzung der Barriere den schlechtesten der drei Titel geliefert zu bekommen. In diesem Verhalten wiederspiegelt sich das Allais Paradox wieder: Kunden sichern sich einen Gewinn in Form eines hohen Coupons, nehmen aber den (fälschlicherweise) wenig wahrscheinlich eingestuften Verlust in Kauf. Da die Korrelationen und die Volatilitäten nicht richtig eingeschätzt werden, sind sich die Investoren dem ausgesetzten Risiko nicht voll bewusst. 5.4.3. Volatilitätsbegrenzung Eine neuartige Erscheinung sind sogenannte Vol Cap und Vol Target Strategien. Bei beiden Strategien wird die Volatilität des Basiswertes laufend überwacht und beschränkt. Der Unterschied von Vol Cap zu Vol Target ist, dass bei einem Vol Cap der Basiswert immer 1:1 verfolgt wird, ausser die Volatilität steigt über ein vordefiniertes Zielband. Bei einer Vol Target Strategie, wird das Management der Volatilität auf beiden Seiten vollzogen. Je nach Schwankung des unterliegenden Wertes, wird der Hebel vergrössert oder verkleinert. Beide Strategien bieten den Vorteil, dass die Tail Risiken herausgefiltert werden. Eine Volatilitätsbeschränkung hat zudem den Vorteil, dass Optionen auf Basiswerte mit solcher Begrenzung günstiger werden. Gewünschte Auszahlungsprofile können so mit weniger Kapitaleinsatz dargestellt werden. Da die Volatilitäten vor allem in Zeiten erhöhter Unsicherheit ansteigen, bieten beide Strategien einen komfortablen Schutz gegenüber Verlusten, die Gewinne werden jedoch kaum beschränkt. 50 50 Vgl.: UBS Investment Bank: CMCI Essence T10 (Vol Target) und CMCI Essence V12 (Vol Cap) Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 71

5.5. Erfolgreich durch Behavioral Finance Der letzte Abschnitt dieser Arbeit ist zu gleichen Teilen Privatanlegern wie professionellen Investoren gewidmet. Er soll die positiven Effekte der Nutzung von Instrumenten aus der Behavioral Finance aufzeigen und konkrete Massnahmen zur Reduktion von gängigen Fehlern aufzeigen. Da die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft hauptsächlich die persönlichen Eigenschaften, Vorlieben und das irrationale Verhalten der Anleger beschreibt, muss zur Bekämpfung von Fehlern auch beim Individuum angesetzt werden. Genau darin liegt jedoch die Problematik dieser Lehre, denn eigene Fehler einzusehen, diese zukünftig zu vermeiden und sein ganzes Verhalten entsprechend zu verändern, fällt den meisten Anlegern schwer. Deshalb ist es wichtig, dass Berater die Kunden immer wieder auf die Schwächen aufmerksam machen und gemeinsame Wege aus diesem Dilemma suchen. Produkte welche einerseits dem natürlichen Spieltrieb der Anleger gerecht werden und andererseits vor den Fallen schützen, müssen einfach zu handeln sein. Die Renditen sollten wenn möglich rechtsschief verteilt sein (Verlustbegrenzung mit offenem Gewinnpotenzial) und der Bank neben kleinem Verwaltungsaufwand auch eine anständige Rendite auf dem Kapital einbringen. Der folgende Abschnitt zeigt praxiserprobte Massnahmen zur Vermeidung von negativen Effekten im Handel mit Aktien und mit ähnlichen Instrumenten. Bereits mit wenigen Schritten kann der Erfolg nachhaltig verbessert werden. Die Einhaltung der Regeln stellt jedoch für viele das grösste Problem dar. Jeder Anleger ist letztendlich seines Glückes Schmied. 5.5.1. Verminderung von negativen Effekten Angemessene Regeln und die strikte Einhaltung ebendieser ist oberstes Gebot. Unabhängig davon welche Tradingstrategie verfolgt wird, kann langfristig nur erfolgreich sein, wer diszipliniert handelt und Entscheidungen so rational wie möglich trifft. Dies funktioniert nur, wenn konsequent auf die Signale der fest vordefinierten Strategie geachtet wird und keine Ausnahmen toleriert werden. Ob ein Anleger technische Signale einer Fundamentalanalyse vorzieht oder beide miteinander vereint, ist nebensächlich. Wichtig ist, dass vordefinierte Ein und vor allem Ausstiegssignale eingehalten werden und die Willkür keine Chance erhält. 51 Nachfolgend werden die in der Praxis am häufigsten 51 Vgl.: UBS WMR Research Bericht Behavioral Finance Seite 13 und Raimund Schriek Besser mit Behavioral Finance Seite 93 ff. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 72

verwendeten Massnahmen zur Reduktion von fehlerhaftem Verhalten beschrieben. Wie erwähnt besteht der erste Schritt zu einer erfolgreichen Anlage in einer umfassenden Selbstkenntnis! 52 Verminderung von Verlusten im Bereich Persönlicher Nutzen Der Dispositionseffekt gehört zu den grössten Renditetreibern im Gebiet der Behavioral Finance. Unzählige Analysen haben bewiesen, dass das Verharren auf Verliererpositionen und das zu frühe Verkaufen von Gewinneraktien zu einer erheblichen Minderrendite führen. Zusätzlich wird Kapital durch den sunk cost Effekt vernichtet. Bereits wenige Massnahmen können hier einen Mehrwert liefern. Erstens sollte das Portfolio nicht allzu oft überprüft werden. Dies erhöht das Risiko, eine Anlage oder eine verpasste Chance zu bedauern. Dies führt zu einer ungünstigen Veränderung der Risikoneigung. Verluste sollten demnach automatisch gestoppt werden. Strukturierte Produkte welche auf nicht normalverteilte Renditen ausgerichtet sind, können systematisch zur Begrenzung des Verlustpotenzials eingesetzt werden. 53 Um den sunk cost Effekt zu vermeiden gilt der folgende Leitsatz: Werfen Sie schlechtem Geld kein gutes Geld hinterher! (Klement, Weisser und Wacker, 2008, S. 35). Die Problematik der erhöhten Risikobereitschaft beim Eintreten von Verlusten kann mit demselben Leitsatz eingedämmt werden. Zudem soll der Umfang der spekulativen Anlagen auf ein vernünftiges Mass (zum Beispiel maximal 20%, abhängig von der Risikofähigkeit) begrenzt werden. Investitionsentscheidungen sollten aber in jedem Fall auf einer soliden Beurteilung fussen und es sollten keine vom persönlichen System abweichende Geschäfte getätigt werden. Die disziplinierte Befolgung des eigenen Systems kann grosse Verluste verhindern. Ein guter Leitsatz ist: never catch a falling knife! Verminderung von Verlusten im Bereich Wahrnehmungsstörungen Die selektive Wahrnehmung beeinflusst eine rationale Entscheidungsfindung negativ, da die guten Nachrichten zu stark gewichtet und die negativen Meldungen unterbewertet oder ganz ausgeblendet werden. Dies kann vermieden werden, indem ein auf Zahlen basiertes Handelssystem (technisch oder fundamental) eingesetzt wird und die entsprechenden Signale diszipliniert verfolgt werden. Für den Ausstieg sollen Stop Loss Marken gesetzt und (am besten automatisch) ausgeübt werden. Viele 52 Vgl.: UBS WMR Research Bericht Behavioral Finance Seite 3 53 Vgl.: Thorsten Hens in ideas (Ausgabe 5, Februar 2010, Seite 2) Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 73

professionelle Händler ziehen die Stop Loss Marke nach, das heisst der Abstand vom Höchstkurs bis zum Stop Loss ist immer derselbe. Dies ermöglicht das Einloggen von Gewinnen ohne verkaufen zu müssen. Um die negativen Effekte des hindsight bias und des self service bias, also die verfälschte Wahrnehmung von vergangenen Ereignissen zu verringern, kann ein einfacher Trick angewendet werden: Anleger sollten ein genaues Journal führen, welche Entscheidungen aufgrund welcher Annahmen getroffen wurden. Alle für die Entscheidung wesentlichen Informationen sollen notiert und mit einem Datum versehen werden. Ebenfalls kann die Quelle der Information im Nachhinein nützlich sein, um positive Ereignisse nicht allzu sehr sich selbst (Gefahr der Bildung von Selbstüberschätzung) und negative nicht zu sehr fremden Personen zuzuschreiben. 54 Ankerpunkte und Referenzpreise sollten wenn immer möglich vermieden werden. Jede Situation sollte neu betrachtet und die gegebenen Preise als fair angesehen werden. Vergangene Höchststände sind keine Indikatoren für zukünftige Renditen und der Fokus sollte auf künftige Vorund Nachteile (und nicht auf bereits entstandenen Kosten) gelegt werden. Verminderung von Verlusten im Bereich Marktverhalten Herdenverhalten wird oft beobachtet, wenn sich Trends etablieren. Wenn Zeitungen und Magazine dasselbe Thema aufgreifen und im täglichen Leben oft über eine Situation gesprochen wird, ist Vorsicht geboten. Natürlich sind Trends sehr interessante Chancen für Anleger, jedoch muss verstanden werden, wie weit ein Trend fortgeschritten ist und welcher Umstand eine Blase zerplatzen lassen kann. Die Devise lautet, lieber etwas zu früh aussteigen als überhaupt nicht mehr. Einem Modetrend in der Geldanlage soll nur gefolgt werden, wenn er zum bestehenden Portfolio, zur Risikobereitschaft und zum eigenen Investment Ansatz passt und man das Wesen des Trends versteht. Anstelle von Gesprächen mit Befürwortern des Trends, sollten Diskussionen mit Personen mit neutraler oder negativer Einstellung zum Thema gesucht werden. Gründe für bestimmte Marktbewegungen sollten nicht in detaillierten Berichten, welche nur einen Kernfaktor herausstreichen, gesucht werden. Gemäss dem Walrasian Equilibrium hängen nämlich alle Vermögenswerte wie durch ein unsichtbares Fadennetz zusammen. Wenn ein Parameter verändert wird, hat dies meist einen Einfluss auf alle anderen Faktoren. Ohne ein grundsätzliches 54 Vgl.: UBS WMR Research Bericht Behavioral Finance Seite 47 Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 74

Verständnis der Makroökonomie und dem Zusammenhang der grossen Einflussfaktoren (Wirtschafts Zins und Anlagepreisentwicklung) sollte die Vermögensverwaltung von substanziell wichtigem Vermögen an professionelle Institute übergeben oder ein breit diversifiziertes Portfolio gewählt werden. Ein guter Barometer, um Zyklen zu erkennen und zu messen, ist das Sentiment. Die Messung der Marktstimmung etwa anhand des UBS Risk Indicators oder des Sentix können Aufschluss über die weiteren Kursverläufe geben. Diese Indizes beschreiben entweder die Einschätzung von institutionellen Investoren betreffend der Marktlage (Sentix 55 ) oder ziehen verschiedene Signale zur Messung des Risikoappetits der Marktteilnehmer bei. Dies um festzustellen, ob ein Markt attraktiv, neutral oder unattraktiv ist (UBS Risk Indicator). Auch der UBS Index of Investor Optimism kann bei einer Anlageentscheidung hilfreich sein. Der Sentix erhebt wöchentlich die Gemütslage von Investoren und versucht, Übertreibungen zu identifizieren und mögliche Trendwenden zu erkennen. Da die Analyse sowohl die monatliche als auch die halbjährige Sicht der Anleger aufzeigt, können die Ergebnisse für kurzfristige oder auch für mittelfristige Bewegungsprognosen verwendet werden. 5.5.2. Goldene Regeln für Anleger Wer erfolgreich handeln will, muss ein paar wichtige Regeln befolgen und seinem eigenen System dabei immer treu bleiben. Zudem gibt es einige Strategien, welche längerfristig eher rentieren als andere. Jeder wird sich seine eigenen Regeln aufstellen müssen. Ein Merkblatt oder ein sogenanntes Cheat sheet zu verwenden, macht sicherlich Sinn. Dies sollte bei jeder Anlageentscheidung konsultiert werden und einen prominenten Platz im Büro erhalten. Ein mögliches Merkblatt mit wenigen aber dafür prägnanten Regeln wird auf der Innenseite des Buchumschlages am Ende dieser Arbeit dargestellt (www.ck home.ch). 55 Vgl.: Schriek in Besser mit Behavioral Finance, Seite 132. www.sentix.de Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 75

Es gibt keine ewigen Tatsachen, so wie es keine absoluten Wahrheiten gibt. <Friedrich Nietzsche> 6. Fazit Zu Beginn dieser Arbeit wurden drei Thesen aufgestellt. Erstens wird behauptet, dass verschiedene Anomalien im tagtäglichen Leben auftreten und diese den Spezialisten durchwegs bekannt sind. Zweitens glaubt der Autor, dass die Thematik rund um die verhaltensorientierte Finanzwissenschaft von hiesigen Instituten sehr unterschiedlich angegangen wird und insgesamt ein grosser Handlungsbedarf besteht. Die dritte Hypothes besagt, dass durch Behavioral Finance ein Mehrwert für Kunde und Bank generiert werden kann. Der Autor verfolgt mit dieser Arbeit verschiedene Ziele. Einerseits soll der Konflikt zwischen neoklassischer und behavioristischen Methoden beigelegt werden. Das eine Modell soll das andere nicht verdrängen sondern vielmehr ergänzen. Die psychologische Sicht kann Phänomene erklären, welche nach den herkömmlichen Praktiken nicht existieren dürften. Wenn die klassische Lehre das Zusammenspiel der verschiedenen Kräfte auf den Märkten im Grossen und Ganzen erfasst, so kann die verhaltensorientierte Wissenschaft die Mikrosicht besser verstehen. Sie setzt deswegen die Hebel zur Verbesserung des Verständnisses beim einzelnen Anleger an, und schwankt erst danach zu den grösseren Zusammenhängen des Gesamtmarktes. Diese Vorgehensweise deckt einige interessante Aspekte auf, so zum Beispiel dass gewisse Faktoren autokorreliert sind, das heisst sich in Wechselwirkungen beeinflussen und demselben Kurs folgen. Diese pfadabhängige Korrelation kann indes dazu führen, dass gewisse Kurse vom typischen Random walk abweichen und über eine gewisse Zeit mit erhöhter Wahrscheinlichkeit berechnet werden können. Diese Begebenheit erlaubt das Funktionieren der technischen Analyse. Diese sollte deswegen nach Meinung des Autors zusammen mit einer Fundamentaldatenanalyse für Investitionsentscheidungen verwendet werden. Andererseits ist der Verfasser der Meinung, dass die psychologischen Fallen nicht leicht beseitigt werden können. Trotz intensiver Befassung mit dem Thema seit mehreren Jahren, ist der Geist bei heiklen Entscheidungen stärker als der Verstand und Phänomene wie der sunk cost Effekt treten immer wieder auf. Das Rezept dagegen sind strikte Regeln und genaue Anlagepläne. Am besten würde der Anlageentscheidungsprozess von der Verwaltung der Positionen getrennt werden, zum Beispiel mittels genauen Instruktionen an den Kundenberater inklusive einer Abkehr von einer ständigen Beobachtung der getätigten Investitionen. Diese Regeln betreffen hauptsächlich, aber nicht nur, kurz bis mittelfristige Investoren mit vermehrten Transaktionen. Jedoch ist es auch für Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 76

langfristige Anleger imminent wichtig, die getätigten Entscheide nicht bei jeder neuen Information in Frage zu stellen. Des weiteren liegt dem Autor die Verbreitung des Themas Behavioral Finance am Herzen, da es eine perfekte Synthese zwischen dem menschlichen Verhalten und der rationellen Finanzmarkttheorie ist. Die Symbiose zwischen neoklassischer und verhaltensorientierter Lehre ergibt ein holistisches Bild über die Eigenschaften und Tücken des Anlegens und ermöglicht das Entwickeln von investorengerechten und individuellen Finanzprodukten. Dafür muss jedoch die Psyche des Individuums sowie die Risikoeigenschaften von Produkten zuerst wissenschaftlich erfasst werden, was den Nutzen der wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich Profiling und von speziellen Produktanalysen hervorhebt. Die erste Hypothese bezüglich dem Vorhandensein von irrationalem Verhalten in der Praxis konnte bestätigt werden. Neben den wissenschaftlichen Beweisen haben auch die Vertreter verschiedener Schweizerischer Finanzinstitute einzelne Phänomene festgestellt. Am häufigsten treten die psychologischen Elemente aus dem Bereich Gefühle und Emotionen auf, welche zu nicht rationalen Entscheiden führen, so zum Beispiel dem typischen Verlauf von Anlageentscheidungen sowie Panikhandlungen bei Angst und Gier. Ebenfalls prominent vertreten sind Handlungen bezüglich dem Themenfeld Wissen, wo Informationen unbewusst gefiltert werden und zu einem erhöhten Selbstvertrauen und einer Vernachlässigung der eingegangenen Risiken führen. All die psychologischen Fallen, welche systematisch auftreten, führen zu einem nicht allein durch Informationen getriebenen Gesamtmarkt. Trends können entstehen und Kurse bewegen sich über längere Zeit von rational erklärbaren Levels weg. Dieser Herdentrieb ist einer der Gründe für die regelmässig auftretenden Blasen und Crashs, welche öfter auftreten als die Theorie der Normalverteilung suggerieren würde. Die Beleuchtung des Schweizerischen Finanzplatzes stützt die zweite Vermutung, nämlich dass die Thematik rund um die verhaltensorientierte Wissenschaft noch in den Kinderschuhen steckt. Jedoch setzen sich die grösseren Institute sowie die unabhängigen Vermögensverwalter als Nischenplayer vermehrt mit der Thematik auseinander. Einige grosse Projekte bei verschiedenen Instituten sind momentan in Planung oder gar in der Realisierungsphase. Dass neben dem Bankengewerbe auch die Versicherungsbranche die Neigungen und Ängste der Kunden genauer erfahren möchte, zeigt die Relevanz dieser Thematik. Vom rein regulatorisch vorgeschriebenen Prozess zur Identifikation der Anleger und deren Risikoprofilen erweitern immer mehr Anstalten die Profiling Fragebogen um die wahren Bedürfnisse und Erwartungen der Kundschaft zu verstehen. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 77

Die dritte und letzte These muss differenziert betrachtet werden. Die Analyse von verschiedenen Produkten hat bezüglich der Rendite ein uneinheitliches Bild abgeworfen. Die Hypothese, dass mittels speziellen Produkten, welche einen verhaltensorientierten Anlagestil verfolgen, eine Überrendite erwirtschaftet werden kann, wird mit dem beigezogenen Sample nicht gestützt. Erst wenn zu den rohen Renditen andere Kennzahlen wie zum Beispiel Korrelation, Schutz vor Verlusten und die Volatilität hinzugezogen werden, lässt sich der Mehrwert erkennen. Jedoch decken die meisten Produkte auf dem Markt die definierten Kriterien noch nicht vollumfänglich ab. Dies ist eine Chance für Produktentwickler, welche in diesem Gebiet aktiv sein möchten. Des weiteren wird ein anderer Mehrwert für Anleger und Bankinstitut bei der Anwendung der Theorien festgestellt. Da teure Fehler vermieden werden können, kann die Rendite im Vergleich zur Handhabung ohne Beizug von Behavioral Finance gesteigert werden. Banken, welche die Erwartungen der Kundschaft genau kennen, können durch die höhere Zufriedenheit der Kunden einen nachhaltigen Mehrwert generieren. Wahrnehmungsstörungen sind ein äusserst interessantes Phänomen. Trotz der menschlichen Intelligenz, des Wissens und der Gabe zu lernen, kann das Gehirn nicht alle Dimensionen immer richtig einordnen. Am besten kann dies mittels Täusch Bildern illustriert werden. Schwieriger nachzuweisen sind Täuschungen dagegen beim Verhalten. Trotzdem sollte der Mensch akzeptieren, dass er teilweise vom Gehirn überlistet wird und dies schwer erkennbar ist. Sich nicht mit Behavioral Finance auseinanderzusetzen ist wie autofahren ohne zu wissen wohin die Strasse führt. >ENDE< Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 78

7. Literaturverzeichnis Ackert, L. F., Charupat, N., Church, B. K. und Deaves, R. (2006). House money effect (Thaler and Johnson). Atlanta: Springer. Allais, M. (1979). Expected Utility Hypotheses and the Allais Paradox. Dordrecht: Reidel, S. 27 145. Ang, A., Bekaert, G. und Liu, J. (15. Februar 2003). Why Stocks May Disappoint. Journal of Financial Economics, S. 471 508. Banerjee, A. V. (August 1992). A simple model of herd behavior. The Quarterly Journal of Economics, S. 797 817. Barber, B. M. und Odean, T. (2004). Individual Investors. In R. Thaler, Advances in Behavioral Finance, Vol. II. New York: Russell Sage Foundation. (S. 543 564) Benartzi, S. und Thaler, R. H. (1995). Myopic Loss Aversion and the Equity Premium Puzzle. The quarterly Journal of Economics, 110(1), S. 73 92. Bondt, W. und Thaler, R. (Juli 1986). Does the Stock Market Overreact? The Journal of Finance, S. 793 807. Cortés, A. (o.a. 2004). Die Anleger stehen im Mittelpunkt. Private, S. 22 23. De Bondt, W. und Thaler, R. (1985). Does the stock market overreact. The Journal of Finance, 40(3), S. 793 805. Edwards, R. und Magee, J. (1991). Technical Analysis of Stock Trends. Darmstadt: Verlag Hoppenstedt. Epstein, L. (1997). Uncertainty Aversion. Toronto: University of Toronto. Fama, E. (1998). Market efficiency, long term returns, and behavioral finance. Journal of Financial Economics, 49(3), S. 283 306. Festinger, L. (1957). A theory of cognitive dissonance. Stanford, CA: Stanford University Press. Fünfgeld, B. und Wang, M. (2008). Attitudes and Behaviour in Everyday Finance: Evidence from Switzerland. Bern: Finrisk. Goedhart, T., Koller, M. und Wessels, D. (2005). Measuring and Managing the Value of Companies. New York: John Wiley & Sons. Hens, T. (Februar 2008). Hin und Her macht die Taschen leer. Denaris, S. 33 34. Jaunich, A. O. (2008). Anlagestrategie Behavioral Finance. o.a.: o.a. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 79

Kahneman, D. und Tversky, A. (27. September 1974). Judgment Under Uncertainty: Heuristics and Biases. Science, S. 1124 1131. Kahneman, D. und Tversky, A. (1979). Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk. Econometrica 47(2), S. 263 292. Kahneman, D., Knetsch, J. und Thaler, R. (Winter 1991). The Endowment Effect, Loss Aversion, and Status Quo Bias. Journal of Economic Perspectives, S. 193 206. Klement, J., Weisser, V. und Wacker, T. (2008). Behavioral Finance; Warum Ihr Gefühl Sie beim Anlegen täuschen kann und was Sie dagegen tun können. Zürich: UBS AG, Wealth Management Research. Kobler, D., Celner, A. und Stauffer, A. (2009). Vermögensverwaltung in der Schweiz Strategien für eine profitable Zukunft. Zürich: Deloitte. Kyle, A. S. (November 1985). Continuous Auctions and Insider Trading. Econometrica, S. 1315 1335. Lakonishok, J., Shleifer, A. und Vishny, R. W. (1994). Contrarian Investment, Extrapolation, and Risk. The Journal of Finance, 49(5), S. 1541 1578. Lambert, B. und Khan, I. (November 2007). EU Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente Praktische Auswirkungen für die Schweiz. Der Schweizer Treuhänder, S. 829 833. Le Bon, G. (1896). The Crowd: A Study of the Popular Mind. London: T. Fischer Unwin. Lo, A. (1997). Market Efficiency: Stock Market Behaviour in Theory and Practice. Oxford: Oxford University Press. Monroe, K. (Februar 1973). Buyers Subjective Perceptions of Price. Journal of Marketing Research (10), S. 70 80. Niedrich, R. W., Sharma, S. und Wedell, D. H. (Vol. 28 (12) 2001). Reference price and price perceptions; A comparison of alternative models. Journal of Consumer Research, S. 339 354. Pricewaterhouse Coopers. (2009). European Private Banking Wealth Management Survey. London: PWC. Samuelson, W. und Zeckhauser, R. (März 1988). Status Quo Bias in Decision Making. Journal of Risk and Uncertainty, S. 7 59. Schönemann, D. M. (Februar 2008). Die Financial Literacy bestimmt das Verhalten. Denaris Die Zeitschrift des Verbandes Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV), S. 22 27. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 80

Shefrin, H. (2002). Beyond Greed and Feer. Oxford: Oxford University Press. Shiller, R. J. (2005). Irrational Exuberance. New Jersey: Princeton University Press. Shleifer, A. (2000). Inefficient Markets; an introduction to behavioral finance. Oxford: Oxford University Press. Solenthaler, E. (2008). Keine Bank hat die Nase vorn. Tages Anzeiger, 116. Jahrgang, Nr. 281, S. 31. Tversky, A. und Kahneman, D. (30. Januar 1981). The Framing of Decisions and the Psychology of Choice. Science, S. 453 458. Wilding, B., Volkart, R., Affolter, B. und Lautenschlager, P. (2008). Strukturierte Produkte in der Schweiz. Zürich: Universität Zürich. Wright, C., Banerjee, P. und Boney, V. (2006). Behavioral Finance: Are the Disciples Profiting from the Doctrine? Tallahassee: Florida State University. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 81

8. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1: Übersicht Behavioral Finance Themenfelder. Eigene Aufbereitung.... 11 Abbildung 2: Theorien im Feld "Persönlicher Nutzen". Eigene Aufbereitung.... 12 Abbildung 3: Prospect Theory. Quelle: Kahneman und Tversky, 1986.... 13 Abbildung 4: Theorien im Feld Wahrnehmung. Eigene Aufbereitung.... 19 Abbildung 5: Selbsteinschätzung und effektive Kenntnisse im Vergleich. Quelle: ZHAW... 28 Abbildung 6: Theorien im Feld Marktverhalten. Eigene Aufbereitung.... 30 Abbildung 7: Contrarian Strategie. Quelle: DeBondt und Thaler... 31 Abbildung 8: Wieso verlassen Kunden die Bank. Quelle: Pricewaterhouse Coopers... 39 Abbildung 9: Zukünftige Schwerpunkte im Bereich Risikomanagement der Bank. Quelle: Pricewaterhouse Coopers... 40 Abbildung 10: Dimensionen der Profilbildung. Eigene Aufbereitung.... 41 Abbildung 11: Typisches Investorenverhalten. Quelle: BhFS & eigene Aufbereitung.... 42 Abbildung 12: Nutzen eines Kundenprofils. Eigene Aufbereitung.... 43 Abbildung 13: Anlageberatungsprozess bei der CS und der Neuen Aargauer Bank. Quelle: Credit Suisse.... 44 Abbildung 14: Erweiterter Beratungsprozess. Eigene Aufbereitung.... 46 Abbildung 15: Änderungen bei einem verhaltensorientierten Fragebogen. Eigene Aufbereitung.... 48 Abbildung 16: Produktangebot der BhFS. Eigene Aufbereitung.... 56 Abbildung 17: Trend EMH vs BF. Quelle: www.econ.yale.edu... 58 Abbildung 18: Risk Profiler. Quelle: http://risk.bhfs.ch... 59 Abbildung 19: Kriterienkatalog für Behavioral Finance Produkte. Eigene Aufbereitung.... 62 Abbildung 20: Auswertung bestehender Produkte. Eigene Aufbereitung.... 69 Abbildung 21: Renditeverteilung Kapitalschutz. Quelle: Finanz und Wirtschaft.... 70 Abbildung 22: Komplette Einteilung der Felder und Theorien. Eigene Aufbereitung.... 85 Abbildung 23: Übersicht verschiedene Biases. Eigene Aufbereitung.... 86 Abbildung 24: Wertentwicklung Conquest Behavioral Finance AMI P Fonds. Eigene Aufbereitung.... 87 Abbildung 25: Wertentwicklung Clariden Leu Swiss Small Cap Fund. Eigene Aufbereitung.... 88 Abbildung 26: Wertentwicklung LGT Equity Fund Global Sector Trends 1. Eigene Aufbereitung.... 88 Abbildung 27: Wertentwicklung Rada SF. Eigene Aufbereitung.... 89 Abbildung 28: Wertentwicklung UBS AQ GAS IC. Eigene Aufbereitung.... 89 Abbildung 29: Wertentwicklung JP Morgan Undiscovered Managers Behavioral Growth. Eigene Aufbereitung.... 90 Abbildung 30: Rendite und Korrelationsanalyse RADA SF. Eigene Aufbereitung.... 91 Abbildung 31: Rendite, Korrelations und Volatilitätsanalyse Conquami GR. Eigene Aufbereitung... 91 Abbildung 32: Rendite und Korrelationsanalyse LGT Equity Fond. Eigene Aufbereitung.... 91 Abbildung 33: Rendite, Korrelations und Volatilitätsanalyse Clariden Leu Swiss Small Cap Fond. Eigene Aufbereitung.... 92 Abbildung 34: Zufriedenheit Preis Leistungs Verhältnis nach Besitzgruppen. Quelle: Wilding et. al.. 95 Abbildung 35: Typischer Verlauf einer Anlageentscheidung. Quelle: http://www.retro.ms11.net/investormind.gif... 96 Abbildung 36: Beziehungslebenszyklus und DB. Quelle: Tomczak / Dittrich 1997, S. 22; sowie Rudolf Sipötz 2001, S. 43... 96 Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 82

Abbildung 37: Szenarioanalysen. Quelle: http://risk.bhfs.ch... 97 Abbildung 38: Fragebogen Risikoprofil Seite 1. Quelle: Ökorenta.... 98 Abbildung 39: Fragebogen Risikoprofil Seite 2. Quelle: Ökorenta.... 99 Abbildung 40: Frageboge Risikoprofil Seite 3. Quelle: Ökorenta.... 100 Tabelle 1: Erklärungsversuch Dispositionseffekt. Eigene Aufbereitung.... 14 Tabelle 2: Allais Paradox. Eigene Aufbereitung.... 15 Tabelle 3: Auswahl mit Framing. Eigene Aufbereitung.... 20 Tabelle 4: Technische Indikatoren. Eigene Aufbereitung.... 23 Tabelle 5: Neigungen: Themenfeld Gefühle / Emotionen. Eigene Aufbereitung.... 24 Tabelle 6: Neigungen: Themenfeld Motivation. Eigene Aufbereitung.... 25 Tabelle 7: Neigungen: Themenfeld Wissen. Eigene Aufbereitung.... 25 Tabelle 8: Neigungen: Themenfeld Heuristiken. Eigene Aufbereitung.... 26 Tabelle 9: Argumentation neoklassische vs. verhaltensorientierte Lehre. Quelle: Jaunich... 35 Tabelle 10: Renditeanalyse Conquest Behavioral Finance AMI P Fonds. Eigene Aufbereitung... 63 Tabelle 11: Renditeanalyse Clariden Leu Swiss Small Cap Fund. Eigene Aufbereitung.... 64 Tabelle 12: Renditeanalyse LGT Equity Fund Global Sector Trends. Eigene Aufbereitung.... 65 Tabelle 13: Renditeanalyse RADA Index. Eigene Aufbereitung.... 66 Tabelle 14: Renditeanalyse UBS AQ GAS IC. Eigene Aufbereitung.... 67 Tabelle 15: Renditeanalyse JP Morgan Undiscovered Managers Behavioral Growth Fund. Eigene Aufbereitung.... 68 Tabelle 16: Übersicht Analyse inklusive Drawdowns. Eigene Aufbereitung.... 87 Tabelle 17: Erreichte Punkte gemäss Kriterien. Eigene Aufbereitung.... 93 Tabelle 18: Erreichte Punkte multipliziert mit Gewichtung. Eigene Aufbereitung.... 93 Tabelle 19: Bewertungsraster Nutzwertanalyse. Eigene Aufbereitung.... 94 Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 83

9. Verzeichnis der Interviewpartner Christinger W.: UBS AG, Kundenberater, 15. März 2010 Egli, T.: Baloise Bank SoBa AG, Produktmanagement, 27. April 2010 Hens, T.: Universität Zürich, Director Swiss Banking Institute, 8. April 2010 Interviewpartner X, eine deutsche Privatbank, Mitglied der Geschäftsleitung, 7. April 2010 Interviewpartner Y, eine Liechtensteinische Bank, Advisoryteam, 29. März 2010 Kloeck, M.: Signinacapital AG, Geschäftsleiter, 23. April 2010 Pisi, M.: Valiant Privatbank AG, Bereichsleiter Portfolio Management, 11. März 2010 Riesner, M.: UBS AG Investment Bank, Technischer Analyst, 24. März 2010 Rosengren, A.: UBS AG, IPS WMR Thematic Research, Behavioral Finance, 10. März 2010 Schneeberger, H.: Private Client Bank AG, CFO, 15. März 2010 Suter S.: UBS AG, Kundenberater, 10. März 2010 Wenzinger, P.: UBS AG, Kundenberater, 15. März 2010 Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 84

10. Annex Annex 1: Überblick Theorien Abbildung 22: Komplette Einteilung der Felder und Theorien. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 85

Angst (Fear) Gefühle Gier (Greed) Zugehörigkeit (Similarity Bias) Cognitive Bias (Heuristics) Hindsight Bias Wissen Availability Bias Biases Home Bias Representative Bias Status Quo Bias Veränderung Conservatism Bias Overconfidence Motivation Recognition Bias Selt Attribution Bias Egocentric Bias Abbildung 23: Übersicht verschiedene Biases. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 86

Annex 2: Weitere Renditeanalysen Tabelle 16: Übersicht Analyse inklusive Drawdowns. Eigene Aufbereitung. Abbildung 24: Wertentwicklung Conquest Behavioral Finance AMI P Fonds. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 87

Abbildung 25: Wertentwicklung Clariden Leu Swiss Small Cap Fund. Eigene Aufbereitung. Abbildung 26: Wertentwicklung LGT Equity Fund Global Sector Trends 1. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 88

Abbildung 27: Wertentwicklung Rada SF. Eigene Aufbereitung. Abbildung 28: Wertentwicklung UBS AQ GAS IC. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 89

Abbildung 29: Wertentwicklung JP Morgan Undiscovered Managers Behavioral Growth. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 90

Annex 3: Selektierte Grafiken um Stärken/ Schwächen einzelner Produkte hervorzuheben Abbildung 30: Rendite und Korrelationsanalyse RADA SF. Eigene Aufbereitung. Abbildung 31: Rendite, Korrelations und Volatilitätsanalyse Conquami GR. Eigene Aufbereitung. Abbildung 32: Rendite und Korrelationsanalyse LGT Equity Fond. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 91

Abbildung 33: Rendite, Korrelations und Volatilitätsanalyse Clariden Leu Swiss Small Cap Fond. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 92

Annex 4: Auswertung und Bewertungsraster Nutzwertanalyse Tabelle 17: Erreichte Punkte gemäss Kriterien. Eigene Aufbereitung. Tabelle 18: Erreichte Punkte multipliziert mit Gewichtung. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 93

Tabelle 19: Bewertungsraster Nutzwertanalyse. Eigene Aufbereitung. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 94

Annex 6: Strukturierte Produkte Abbildung 34: Zufriedenheit Preis Leistungs Verhältnis nach Besitzgruppen. Quelle: Wilding et. al. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 95

Annex 7: Typischer Verlauf einer Anlageentscheidung. Abbildung 35: Typischer Verlauf einer Anlageentscheidung. Quelle: http://www.retro.ms11.net/investormind.gif Annex 8: Beziehungslebenszyklus und Deckungsbeitrag Abbildung 36: Beziehungslebenszyklus und DB. Quelle: Tomczak / Dittrich 1997, S. 22; sowie Rudolf Sipötz 2001, S. 43 Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 96

Annex 9: Renditevergleich Obligationen und Aktien. Über 1 und 10 Jahre. Verschiedene Anzahl Szenarien und mehrere Monte-Carlo Analysen. Abbildung 37: Szenarioanalysen. Quelle: http://risk.bhfs.ch Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 97

Annex 10: Musterfragebogen herkömmlicher Stil. Quelle: Ökorenta. Abbildung 38: Fragebogen Risikoprofil Seite 1. Quelle: Ökorenta. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 98

Abbildung 39: Fragebogen Risikoprofil Seite 2. Quelle: Ökorenta. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 99

Abbildung 40: Frageboge Risikoprofil Seite 3. Quelle: Ökorenta. Anlageberatung für beschränkt rationale Investoren Seite 100