Musterlösung Übung 5 Aufgabe 1: Elektromagnetische Wellen und die Wellengleichung a) Da das Magnetfeld B senkrecht zum elektrischen Feld E und senkrecht zum Wellenvektor k steht ( k E B), zeigt das Magnetfeld in x-richtung, und die entsprechende Wellengleichung für B x lautet ( ) ( ) 2 B x (y, t) = c 2 2 B x (y, t). (1.1) t 2 y 2 b) Man setzt die Funktion in die Differentialgleichung ein und versucht, die Konstanten ω, k, φ und E 0 so zu wählen, dass die Gleichung für beliebige Werte von t und y erfüllt wird. Dabei muss beachtet werden, dass beim Bilden der partiellen Ableitungen 2 / t 2 und 2 / y 2 die jeweils andere Variable konstant gehalten wird. Für E z (y, t) = E 0 sin(ω t + k y + φ) erhält man die ersten und zweiten partielle Abteilungen nach y und t gemäss Daraus folgt die Bedingung E z (y, t) = ω E 0 cos(ω t + k y + φ), t (1.2a) 2 E z (y, t) = ω 2 E t 2 0 sin(ω t + k y + φ) = ω 2 E z (y, t), (1.2b) E z (y, t) = k E 0 cos(ω t + k y + φ), y (1.2c) 2 E z (y, t) = k 2 E y 2 0 sin(ω t + k y + φ) = k 2 E z (y, t). (1.2d) die für alle Orte y und Zeiten t erfüllt sein muss. ω 2 = c 2 k 2 ω = ±c k, (1.3) c) In Abbildung 1-1(a) ist die Funktion E z (y, t = 0, φ = 0) = E 0 sin(k y) dargestellt. Da für die Sinus-Funktion sin (x) = sin (x + 2π) (1.4) gilt, beträgt der örtliche Abstand λ zweier Maxima der Funktion E z (y, t = 0, φ = 0) λ = 2π k. (1.5) Die Grössen k und λ werden als Kreiswellenzahl, beziehungsweise Wellenlänge bezeichnet. Analog wird die Beziehung zwischen dem zeitlichen Abstand T zweier benachbarter Maxima, auch Periode genannt, von der Kreisfrequenz ω hergeleitet. Dazu betrachtet man die Funktion E z (y = 0, t, φ = 0) = E 0 sin(ω t), dargestellt in Abbildung 1-1(b), und erhält Aus der Definition der Frequenz ν folgt nun T = 2π ω. (1.6) ν = 1 T = ω 2π. (1.7) Seite 1 von 6
Abbildung 1-1: Darstellung der Funktion E z (y, t) = E 0 sin(ωt + ky + φ) für (a) t = 0 s, φ = 0 und (b) y = 0 m, φ = 0, wobei die Wellenlänge λ sowie die Periode T eingetragen sind. Schliesslich ergibt sich die Beziehung zwischen λ und ν aus ω (1.3) = c k (1.5) = c 2π λ (1.7) = 2π ν (1.8) zu 2π ν = c 2π λ λ = c ν. (1.9) Anmerkung: Die Energie und der Impuls eines Photons sind durch E = ω, (1.10) beziehungsweise p = k (resp. p = k) (1.11) gegeben. Daraus folgt für das Photon die Beziehung E = p c. Seite 2 von 6
d) Die SI-Einheiten der aufgelisteten Grössen sind in Tabelle 1.1 gegeben. Tabelle 1.1: SI-Einheiten verschiedener Grössen Grösse Dimension 1 SI-Einheit Basis-SI-Einheiten Kreisfrequenz ω T 1 s 1 s 1 Frequenz ν T 1 Hz s 1 Kreiswellenzahl k L 1 m 1 m 1 Phase φ 1 1 1 Zeit t T s s Wellenlänge λ L m m elektrische Feldstärke E L M T 3 I 1 V m 1 m kg s 3 A 1 magnetische Flussdichte B M T 2 I 1 T kg s 2 A 1 Aufgabe 2: Massendefekt a) Bei der Vereinigung der Nukleonen zum Atomkern werden grosse Energiemengen (Kernbindungsenergien) freigesetzt, die aus den anziehenden Kräfte zwischen den Nukleonen stammen. Diese freiwerdende Energie hat nach E = mc 2 (2.1) (mit Energie E, Masse m und Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c) eine Massenverringerung zur Folge, welche als Massendefekt bezeichnet wird und sich aus der Differenz der effektiven Atommasse und der Summe der Massen seiner Bestandteile berechnen lässt. b) 2 1H + -Ionen (Deuteronen) setzen sich aus einem Protonen und einem Neutron zusammen. Der Massendefekt beträgt m2 1 H + = m Proton + m Neutron m2 1 H + = 1.007 276 466 88 u + 1.008 664 915 88 u 2.013 553 212 75 u = 2.388 170 01 10 3 u. (2.2) Der zusätzliche Massendefekt, der durch die Bindung der Elektronen an den Kern zustande kommt, lässt sich als Differenz zwischen der Masse des Deuteriumatoms und der Summe der Massen des 2 1H + -Kerns und eines Elektronen berechnen: m2 1 H,Elektronen = m2 1 H + + m Elektron m2 1 H = 2.013 553 212 75 u + 5.485 799 090 70 10 4 u 2.014 101 778 1 u = 1.46 10 8 u. (2.3) Der aus der Bindungsenergie der Elektronen resultierende Massendefekt ist um mehrere Grössenordnungen kleiner als der Massendefekt, der aus der Bindungsenergie des Deuterons 1 Die Dimensionen werden als physikalische Grössen des Basis-SI-Einheiten-Systems aufgeführt. Um Angaben übersichtlich zu halten, werden folgende Symbole verwendet: T = Zeit, L = Länge, M = Masse und I = Stromstärke. Seite 3 von 6
herrührt. Da Prozesse, die im Allgemeinen der Chemie zugeordnet werden (Bindungsbildung und -spaltung zwischen Atomen, Ionisierung von Atomen, etc.), ausschliesslich Veränderungen in der Elektronenhülle der Atome darstellen, sind Massendefekte aufgrund chemischer Reaktionen zu vernachlässigen. Das ist die Grundlage für den Massenerhaltungssatz 2 in der Chemie. c) Der Massendefekt eines Atoms mit Massenzahl A und Ladungszahl Z wird allgemein mittels m Atom = Zm Proton + Zm Elektron + (A Z)m Neutron m Atom (2.4) berechnet. Die berechneten Massendefekte, Massendefekte pro Nukleon und die resultierenden Kernbindungsenergien pro Nukleon sind in Tabelle 2.1 zusammengefasst. Zudem ist die Kernbindungsenergie pro Nukleon in Abbildung 2-1 gegen die Gesamtzahl der Nukleonen aufgetragen. Kernbindungsenergie pro Nukleon / MeV 0 2 4 6 8 10 0 50 100 150 200 250 Zahl der Nukleonen Abbildung 2-1: Abhängigkeit der Kernbindungsenergie pro Nukleon von der Gesamtnukleonenzahl für einige ausgewählte Nuklide. Der grundlegende Verlauf dieses Zusammenhangs wird bereits aus den neun eingetragenen Punkten deutlich: Die stabilsten Kerne mit der höchsten Kernbindungsenergie pro Nukleon finden sich um A = 56 bei Elementen wie Eisen und Nickel. Für Kerne mit deutlich grösserer Massenzahl nimmt die Kernbindungsenergie pro Nukleon wieder ab. Bei diesen Kernen wird durch Spaltung oder Zerfall Energie frei. Mit Kernen von kleinerer Massenzahl als A = 56 lässt sich durch Fusion Energie gewinnen. Dieser Prozess findet in Sternen statt und Elemente bis zum Eisen werden so durch Fusion in Sternen ausgehend von Wasserstoff gebildet. Schwerere Elemente bis hin zum Uran werden ausschliesslich in endothermen Prozessen, z.b. in Supernovae, gebildet. 2 Brief von M. W. Lomonossov an L. Euler vom 5. Juli 1748, aus Ausgewählte Schriften, Band I, Akademie- Verlag, Berlin, 1961. A.-L. de Lavoisier, Œuvre de Lavoisier, Band 1, Traité Élémentaire de Chimie, Imprimerie Impériale, Paris, 1789. Seite 4 von 6
Atom n p n n n e m/u m/u m n p+n n /u E/MeV η Zerfall 1 H 1 0 1 1.007 825 032 2 1.4589 10 8 1.4589 10 8 13.5896 10 6 0 3 H 1 2 1 3.016 049 277 7 0.009 105 6 0.003 035 2 2.827 2 β 4 He 2 2 2 4.002 603 254 1 0.030 376 7 0.007 594 2 7.074 1 6 Li 3 3 3 6.015 122 887 4 0.034 347 0 0.005 724 5 5.332 1 15 O 8 7 8 15.003 065 6 0.120 189 2 0.008 012 6 7.464 0.88 β + 32 P 15 17 15 31.973 907 27 0.290 772 0 0.009 086 6 8.464 1.13 β 56 Fe 26 30 26 55.934 936 3 0.528 462 4 0.009 436 8 8.790 1.15 120 Sn 70 50 70 119.902 201 6 1.078 797 0.008 981 0 8.374 0.86 235 U 92 143 92 235.043 930 1 1.915 057 2 0.008 149 2 7.591 1.55 α Tabelle 2.1: Massendefekte, Massendefekte pro Nukleon und Kernbindungsenergien pro Nukleon ausgewählter Nuklide. n p, n n, n e stehen für die Anzahl Protonen, Neutronen bzw. Elektronen m aus denen das Nuklid zusammengesetzt ist. m, m, n p+n n, E bzw. η bezeichnen die Masse des Nuklids, den Massendefekt, den Massendefekt pro Nukleon, die dem Massendefekt entsprechende freigesetzte Energiemenge pro Nukleon bzw. das Neutron/Proton-Verhältnis η = (A Z)/Z. Das Neutron/Proton-Verhältnis η = (A Z)/Z ist in der neunten Spalte von Tabelle 2.1 aufgelistet. Kerne mit Z > 83 sind instabil und zerfallen meistens über α-zerfälle. Leichte Kerne mit η > 1 haben zu viele Neutronen und zerfallen meistens über β -Zerfälle. Kerne mit η < 1 haben dagegen zu viele Protonen und zerfallen mehrheitlich über β + -Zerfälle oder durch Elektroneneinfang. d) Die Summen der Massen der Ausgangs- und Produktnuklide sind 2 m2 1 H = 2 2.014 101 778 1 u und (2.5) m3 2 He + m1 0 n = 3.016 029 320 u + 1.008 664 915 88 u (2.6) = 4.024 694 24 u. Der Massendefekt beträgt m Fusion = 3.509 32 10 3 u. (2.7) Aufgabe 3: Kernspaltung a) Das Nuklid X besitzt die Massenzahl A = 235 + 1 144 3 1 = 89 und die Ordnungszahl Z = 92 56 = 36. Damit entspricht X dem Kryptonisotop 89 36Kr. b) Die Summen der Massen der Ausgangs- und Produktnuklide sind m ( 235 92 U ) + m ( 1 0 n ) = 235.043 930 1 u + 1.008 664 915 88 u (3.1) = 236.052 595 0 u und m ( 144 56 Ba ) + m ( 89 36Kr ) + 3 m ( 1 0 n ) = 143.922 96 u + 88.917 84 u + 3 1.008 664 915 88 u (3.2) = 235.866 79 u. Der Massendefekt beträgt was einer Energie von m Fission = 0.185 80 u, (3.3) E Fission = m Fission c 2 = 173.07 MeV = 2.7729 10 11 J (3.4) Seite 5 von 6
entspricht, die während der Kernspaltung freigesetzt wird. Da die in Reaktionen beteiligten Stoffmengen üblicherweise im Bereich von Molen sind, wird häufig die molare Reaktionsenergie verwendet: E mol Fission = m Fission c 2 N A = 1.042 26 10 26 MeV mol 1 = 1.6700 10 10 kj mol 1. (3.5) c) Für jedes zerfallene 235 U laufen jeweils beide Folgereaktionen einmal ab. Deshalb ist die Gesamtenergie, die bei dem Zerfall von 235 U frei wird, die Summe der Energien der Zerfallsreaktion und der Folgereaktionen, also E mol tot = EFission mol + EBa mol + EKr mol = 1.893 41 10 10 kj mol 1, (3.6) wobei EBa mol und EKr mol den freigesetzen molaren Energien durch die Zerfallsreihen von Barium respektive Krypton entsprechen. Pro 235 U-Isotop sind das d) Die thermische Leistung des Reaktors beträgt E tot = Emol tot = 3.144 08 10 11 J. (3.7) N A P th = 1 η P Strom = 1 3155 GWh = 1 0.33 1 a 0.33 3155 109 J s 1 3600 s = 1.091 GW, (3.8) 31 556 952 s wobei η für den Wirkungsgrad und P Strom für die durchschnittliche elektrische Leistung im Jahr 2014 steht. Die durch Zerfälle in einer Stunde ( t) freigesetzte Energie E th ist demnach Also zerfallen pro Stunde E th = P th t = 3.926 10 12 J. (3.9) n 235 = 235 U-Isotope. Die Masse beträgt demnach E th E mol wobei M 235 die molare Masse des Uranisotops 235 U ist. tot = 0.2074 mol (3.10) m 235 = n 235 M 235 = 48.74 g, (3.11) e) Die Neutronen werden durch Kollisionen mit Moderatorkernen abgebremst. Folglich ist der Energieverlust der Neutronen pro Stoss am größten, wenn ihr Stosspartner vergleichbare Masse hat. Wirksame Moderatoren sind Substanzen, deren Moleküle Atome möglichst niedriger Masse enthalten. Beispiele hierfür sind Wasser, Graphit und Beryllium. Schweres Wasser (D 2 O) bietet gegenüber H 2 O den Vorteil, dass die Wahrscheinlichkeit eines Neutroneneinfangs erheblich reduziert ist. f) Die relativen Massendefekte betragen m Fusion = 3.509 32 10 3 u m 0,Fusion 2 2.014 101 778 1 u = 8.711 87 10 4, (3.12) m Verbrennung m 0,Verbrennung m Fission m 0,Fission = 0.185 80 u 236.052 595 0 u = 7.8711 10 4 und 3 10 7 J (3 10 8 m s 1 ) 2 1 kg 3 10 10. Wir sehen, dass der Massendefekt durch chemische Reaktionen um Grössenordnungen kleiner ist als der Massendefekt der Kernreaktionen. Die relativen Massendefekte von Fission und Fusion sind vergleichbar, obwohl sich die Ausgangssubstanzen kaum mehr unterscheiden könnten. Seite 6 von 6