Abbruch oder Neubau Reformoptionen zur Gestaltung des Sozialstaats aus gewerkschaftlicher Sicht TU Braunschweig, 4. Juni 2010 Thomas Müller IG Metall Bezirksleitung Niedersachsen
Die Säulen des Sozialstaats Arbeitsverfassung Koalitionsfreiheit/ Tarifautonomie - TV-Gesetz - Tarifverträge usw. Arbeitsrechtsgesetze - Kündigungsschutz - Lohnfortzahlung - Arbeitsschutz - Mitbestimmung usw. Sozialsysteme Sozialversicherung - Rentenversicherung - Krankenversicherung - Unfallversicherung - Arbeitslosenversicherung - Pflegeversicherung Versorgungssysteme - Beamtenversorgung - Kriegsopferversorgung Staatliche Transfers Staatliche Leistungsgesetze - Kindergeld - Erziehungsgeld - Bafög - Wohngeld usw. Fürsorge - Sozialhilfe - Jugendhilfe usw. 2
Inhalt 3
Inhalt 4
Ein Minus von über 500 Milliarden Euro bis 2013 5
Krise belastet Sozialversicherungen Knapp 30 Mrd. Defizit Ende 2010 6
Wer trägt die Lasten der Krise? 7
Die Krise und die Bundesregierung 8
Kürzungen und Druck für die Einen 9
noch mehr Geld für die Anderen? 10
Wichtige Ursachen für die finanziellen Löcher im Sozialstaat 11
Inhalt 12
Die Vorgeschichte der Krise 13
Demokratieschädliche Anmaßung: Politik im Schlepptau der Finanzmärkte 14
Schwerste Wirtschaftskrise 15
Explosion der Dax-Vorstands- Gehälter Entwicklung der Gesamtbezüge - 16
Deutschland Spitzenreiter bei der Senkung der Lohnkosten 17
Polarisierung in der Vermögensverteilung schreitet voran 18
Marsch in den Lohnsteuerstaat 19
Entlastung der Unternehmen Belastung von Bund, Gemeinden und privaten Haushalten - Anteile am Sozialbudget in v. H. 20
Inhalt 21
Der erste Blick auf den schwarzgelben Koalitionsvertrag 22
Bewertung der BDA 23
Der zweite Blick auf den schwarzgelben Koalitionsvertrag 24
Inhalt 25
Die sozialen Sicherungssysteme in der Krise 26
Der Vorteil Europas! 27
Vom Nutzen des Sozialstaates 28
Leitlinien einer solidarischen Sozialstaatsreform 29
Fünf Leitlinien einer solidarischen Krisenbewältigung 30
Die verteilungspolitische Fehlentwicklung... Lohnquote sinkt kontinuierlich Anteil Arbeitnehmerentgelt am Volkseinkommen in Prozent 72,2 71,8 71,6 70,8 Gewinnquote steigt kräftig an Anteil Gew inne und Vermögenseinkommen am Volkseinkommen in Prozent 33,2 34,4 35,2 68,2 31,8 66,8 65,6 64,6 27,8 28,2 28,4 29,2 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Quelle: Statistisches Bundesamt 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Quelle: Statistisches Bundesamt 31 31
Polarisierung in der Vermögensverteilung schreitet voran 70 60 Nettovermögen in Deutschland 2002 und 2007 - Anteil der Dezile am Gesamtvermögen in Prozent - 57,9 61,1 50 40 2002 2007 30 20 10 0-10 19,9 19,0 11,8 11,1 7,0 6,0-1,2 0,0 0,0 0,4 2,8 1,3-1,6 0,0 0,0 0,4 1,2 2,8 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Quellen: SOEP, Berechnungen des DIW Berlin 32
Mehr Beschäftigung Mehr Bad-Jobs Veränderung der Erwerbstätigenzahlen von 2003 bis 2008 33
Anteil von Niedriglöhnen steigt Von allen Beschäftigten in Vollzeit arbeiteten in Niedriglöhnen: (Angaben in Prozent) 30 28 26 24 22 20 18 16 14 12 10 22,2 20,1 17,5 15 1995 2000 2004 2006 Quelle:IAQ, 2008 34
Ursachen der Versorgungsprobleme im Alter sind vielfältig Probleme der Erwerbsarbeit: Prekarisierung der Arbeit durch: Langzeitarbeitslosigkeit Ausdehnung des Niedriglohnsektors Ausdehnung prekärer Beschäftigung späterer Berufseintritt Ausdehnung von Selbstständigkeit Weichenstellungen durch Rentenpolitik: Lebensstandardsicherung zur Fürsorgerente, insbesondere Riestertreppe Nachhaltigkeitsfaktor Ausgleichsfaktor Geringere Bewertung von Ausbildungszeiten Voller Pflegeversicherungsbeitrag Rente mit 67 (Anhebung der Rentenaltersgrenzen) Abwertung von Langzeitarbeitslosigkeit 35 35
Renten abgekoppelt Die Rentenreformen der letzten Jahre ( ) haben in der jüngeren Vergangenheit sowohl in Westdeutschland als auch in Ostdeutschland zu einer Abkopplung der Renten von der Entwicklung der durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter geführt. (aus: Jahresgutachten des Sachverständigenrats 2008/2009, S. 360) 36
Entwicklung des Rentenniveaus vor Steuern 55 52,1 50 48,1 47,4 45 45,7 44 42,5 40 2005 2010 2015 2020 2025 2030 Anmerkung: Das prozentuale Rentenniveau vor Steuern entspricht der Bruttostandardrente eines sog. Eckrentners (45 Arbeitsjahre bei durchschnittlichem Jahreseinkommen) abzüglich des durchschnittlichen Eigenanteils der Rentner an der Kranken- und Pflegeversicherung im Verhältnis zum durchschnittlichem Jahreseinkommen der Aktiven abzüglich ihres durchschnittlichen Beitrags zur Sozialversicherung und zur zusätzlichen Altersvorsorge (Riester-Rente). Nicht enthalten sind die Verschlechterungen durch Rente mit 67 und den Ausgleichsfaktor. 37 37
Eine Rente über Armutsniveau ist immer schwieriger zu erreichen Anzahl an Beitragsjahren zur Deckung des Grundsicherungsbedarfs 70 60 50 56 68 40 30 20 28 34 37 45 10 0 Durchschnittsverdiener 75 %-Verdiener 50 %-Verdiener heute 2030 Quelle: Arbeitnehmerkammer Bremen. Basis: Single, nach heutigen Werten. 38 38
Die Renten sinken! Rentenzahlbeträge West-Deutschland: ca. 950 Euro Ost-Deutschland ca. 850 Euro 2030 nach bereits verändertem Recht (inklusive Rente mit 67) ohne nachgelagerte Besteuerung ca. 700 Euro Aktuelle Werten, Quelle: eigene Berechnungen auf Datenbasis DRV-Bund, nach vierzig durchschnittlichen Versicherungsjahren, Renteneintritt mit 65 Jahren in Westdeutschland 39 39
Die gesetzliche Rente als Hauptsäule der Alterssicherung: Anteil der drei Säulen am Gesamteinkommen 100% 90% 80% Alte Bundesländer Neue Bundesländer Männer Frauen Männer Frauen 9 13 13 10 7 10 5 10 4 9 9 7 2 5 1 5 70% 60% 50% 40% 78 77 84 83 93 85 94 86 30% 20% 10% 0% 1942-1947 1957-1961 1942-1947 1957-1961 1942-1947 1957-1961 1942-1947 1957-1961 1. Säule 2. Säule 3. Säule Quelle: Altersvorsorge in Deutschland 2005, Basisszenario, Endbericht, Abbildung 6-1 40
Trotz Riester-Rente: Versorgungsniveau sinkt! Gesamtversorgungsniveau vor Steuern in Prozent 54 52 50 48 53,6 1,3 1,5 1,8 2,1 2,3 2,6 2,8 3,0 3,4 3,6 3,8 4,1 46 50 49,7 49,4 48,7 44 47,9 47,7 47,7 47,5 47,3 47,2 47,1 46,7 46,2 46,1 42 1998 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Gesetzl. Rente Riesterrente Hinweise: Rechnung für Standardrentner 45 Jahre Beitragszahlung aus Durchschnittsverdienst. Altersvorsorgeaufwand steigt von 1 Prozent in 2002 auf 4 Prozent in 2008 alle zwei Jahre um ein Prozentpunkt. Verzinsung der Riesterrente mit 4 Prozent p.a.; Riester-Rente wird wie Rente aus der GRV angepasst. Für Rentenzugänge vor 2010 wird unterstellt, dass kein Riester-Vertrag abgeschlossen wurde. Quelle: Rentenversicherungsbericht 2007, DRV-Bund 41 41
Fünf-Punkte-Programm der IG Metall Für einen Neuen Generationenvertrag 1/5) 1. Alle rein ins Solidarsystem Für eine solidarische Erwerbstätigenversicherung! schrittweise Einbeziehung von Selbständigen, Freiberuflern, Beamten hälftige Finanzierung durch AG und AN Bemessung der Rente nach verbeitragtem Einkommen FB Sozialpolitik 42 42
Fünf-Punkte-Programm der IG Metall Für einen Neuen Generationenvertrag (2/5) 2. Lebensstandardsicherung und Armutsvermeidung beides muss drin sein! Wiederankopplung der Renten an die allgemeine Einkommensentwicklung keine Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten höhere Beitragsleistungen für Langzeitarbeitslose Anhebung der Grundsicherung im Alter FB Sozialpolitik 43 43
Fünf-Punkte-Programm der IG Metall Für einen Neuen Generationenvertrag (3/5) 3. Betriebsrenten für Alle! bav als verpflichtendes Angebot ( Arbeitgeber- Obligatorium ) Regeln für die Mindestbeteiligung der Arbeitgeber Verbesserte Versorgungssicherheit und Leistungszusagen (Unverfallbarkeitsfristen, Mindestdynamisierungs-Regeln usw.) wenn bav nicht möglich, dann AG-Beteiligung an der privaten Vorsorge FB Sozialpolitik 44 44
Fünf-Punkte-Programm der IG Metall Für einen Neuen Generationenvertrag (4/5) 4. Flexible Altersübergänge und auf Rente mit 67 verzichten! Fortführung der öffentlich geförderten Altersteilzeit erleichterter Zugang zur Erwerbsminderungsrente Verzicht auf die Rente mit 67 FB Sozialpolitik 45 45
Fünf-Punkte-Programm der IG Metall Für einen Neuen Generationenvertrag (5/5) 5. Gute Löhne für gute Renten! Sozialversicherungspflicht prinzipiell für alle Beschäftigungsverhältnisse flächendeckende Einführung Mindestlohn mehr Verteilungsgerechtigkeit FB Sozialpolitik 46 46
Verteilung der Beitragslast in der grv - nach Regierungsplänen und IG Metall-Alternative - 30% Regierungspläne Alternativszenario der IG Metall 25% 20% plus 18 Mrd. Steuerzuschuss 15% 10% 22% 6% 24% 5% 11% 12% 11% 12% 0% RV-Beitrag AG-Anteil AN-Anteil Privatvers. AN 47
Tragelast der Beschäftigten bis 2030 18 16 14 12 Regierungsmodell IGM- Modell 10 8 6 4 2 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2025 2030 GRV-Beitrag im Regierungsmodell Gesamtbelastung im IGM-Modell Notwendige Privatvorsorge im Regierungsmodell 48
Zur Unterstützung für die Arbeit vor Ort 49
Die Kampagne der IG Metall 50
Vielen Dank! FB Sozialpolitik 51 51
Der stille Systemwechsel in der gesetzlichen Rentenversicherung Vom Leistungsorientierten System zum Beitragsorientierten System zum ( Defined-benefit-system ) ( Ausgabenorientiertes Einnahmesystem ) ( Defined-contribution -system ) (Einnahmeorientiertes Ausgabensystem )? Von der Lebensstandard -Sicherung zur Grund-Rente zum (für statistische Eckrentner/in ) (für alle Versicherungsbiographien)? 52