URTEIL. In dem Rechtsstreit. der DBV-Winterthur Krankenversicherung AG, vertreten durch den Vorstand, Beklagte und Berufungsklägerin, gegen



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Transkript:

Mey 15S9/02 Landgericht Münster 3 C 206/01 Amtsgericht Münster Verkündet am 17.11.2005 Meyer, Justizsekretär z.a. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Landgerichts LANDGERICHT MÜNSTER IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit der DBV-Winterthur Krankenversicherung AG, vertreten durch den Vorstand,, Prozessbevollmächtigte: Beklagte und Berufungsklägerin, gegen Klägerin und Berufungsbeklagte, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt.Dr. Hugo Lanz, Schifferlstr. 1, 80687 München,

2 hat die 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster/Westf. auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2005 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Mailand, die Richterin am Landgericht Mauro sowie den Richter am Landgericht Kaub für R e c h t erkannt: Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. Februar 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Münster wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3 G r ü n d e I. Die Klägerin, die sich bereits in der Zeit vom 19. Februar 1997 bis 11. April 1997 bei dem Arzt A. Hilgers in Düsseldorf einer Immunglobulin-Therapie mit Infusionen und Injektionen der immunologisch wirkenden Substanz Octagam unterzogen hatte, befand sich in der Folgezeit, und zwar vom 23. Juni 1997 bis 6. April 1998 erneut bei Dr. A. Hilgers in einer Immunglobulin-Behandlung, bei der wiederum das Immunglobulin-Octagam infundiert wurde u. a. wegen des bei ihr diagnostizierten Chronic-Fatigue-Syndroms - CFS - (chronisches Müdigkeitssyndrom). Die dadurch entstandenen Krankheitskosten in Höhe von 6.833,82 DM verlangt sie in Höhe von 30 %, mithin 2.050,15 DM, entsprechend 1.048,22 von der beklagten Krankenversicherung erstattet. Nach Einholung eines fachneurologischen Gutachtens durch den Sachverständigen Prof. Dr. H. Przuntek - Neurologische Klinik der Ruhr-Universität vom 3. September 2001 (BI. 120 ff. d. A.) erkannte das Amtsgericht Münster der Klägerin den eingeklagten Erstattungsbetrag zu. Prof. Dr. Przuntek traf in seinem Gutachten die Feststellung, dass das Vorliegen eines immunvermittelten Fatigue-Syndroms außer Zweifel sei und dass bei dieser Diagnose ein Therapieversuch mit Immunglobulinen gerechtfertigt gewesen sei, zumal sich unter der Therapie eine Verbesserung des Wohlbefindens der Klägerin einge stellt habe. Mit der Berufung hat die Beklagte das Vorliegen eines CFS weiter in Abrede gestellt und der durch Dr. Hilgers durchgeführten Behandlung mit Immunglobulinen jegliche Notwendigkeit abgesprochen.

4 darüber hinaus hat die Beklagte beanstandet, dass das Amtsgericht nicht den Sachverständigen zu ihren Einwendungen im Schriftsatz vom 17. Januar 2002 geladen und angehört habe. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 15. Februar 2002 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Amtsgericht zurückzuverweisen, hilfsweise beantragt sie, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Münster vom 15. Februar 2002 die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Münster vom 15. Februar 2002 kostenpflichtig zurückzuweisen. Sie weist darauf hin, dass der Sachverständige eindeutig festgestellt habe, dass der Therapieversuch mit Immunglobulinen wiederum erforderlich war. Das Gericht hat mit Beschluss vom 12. Dezember 2002 erneut ein Sachverständigengutachten zu der Frage der medizinischen Notwendigkeit der von Dr. Hilgers durchgeführten Therapie, insbesondere der Verabreichung der Immunglobulin- Präperaten (Octagam) eingeholt. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das von dem Sachverständigen PD Dr. med. P. Haller erstattete Gutachten vom 12. August 2004 (BI. 255 ff. d. A.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

5 II. Die zulässige Berufung blieb in der Sache ohne Erfolg. Dass die Klägerin an einem chronischen Müdigkeitssyndrom litt, steht auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. Przuntek, die insoweit auch von dem Sachverständigen PD Dr. P. Haller bestätigt werden, fest. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer Heilbehandlung sind sowohl Erkenntnisse zu berücksichtigen, die in der medizinischen Forschung und Lehre als wissenschaftlich gesichert oder anerkannt angesehen werden, als auch solche, die sich im Bereich der alternativen Medizin ergeben haben oder sich als Ergebnis der Anwendung von Außenseitermethoden" darstellen. Bei einer Erkrankung, wie der vorliegenden, bei der es noch keine allgemein anerkannte Therapie gibt, ist - wenn die Behandlung einer schweren, lebensbedrohenden oder gar lebenszerstörenden Krankheit dient - die objektive Vertretbarkeit der Behandlung schon dann zu bejahen, wenn die Behandlung nach medizinischen Erkenntnissen zum Zeitpunkt ihrer Vornahme als wahrscheinlich geeignet angesehen werden kann, auf eine Verhinderung der Verschlimmerung der Krankheit oder zumindest auf ihre Verlangsamung hinzuwirken. Auf diesen Linderungs- und Verlangsamungseffekt durch die Gabe von Immunglobulinen haben aber beide Gutachter, sowohl Prof. Dr. Pruzuntek als auch PD Dr. P. Haller, hingewiesen. Insofern ist die Behandlung der Klägerin mit Immunglobulinen als medizinisch notwendig einzustufen.

Kostenentscheidung beruht auf 95 Abs. 1 ZPO Mailand Mauro Kaub Ausgefertigt (Meyer), Justizsekretär z. A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle