Deutscher Hintergrundbericht zur OECD Studie Skills beyond School BILDUNG



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Aufstieg durch berufliche Fortbildung Deutscher Hintergrundbericht zur OECD Studie Skills beyond School BILDUNG

Aufstieg durch berufliche Fortbildung Deutscher Hintergrundbericht zur OECD Studie Skills beyond School BILDUNG

INHALT 1 Inhaltsverzeichnis Vorwort... 3 1 Angebote... 4 1.1 Zum Begriff postsekundare Berufsbildung im Kontext des Berichts...4 1.2 Überblick...4 1.3 Bildungsangebote............................................................................................. 7 2 Einrichtungen... 10 2.1 Öffentliche Anbieter...10 2.2 Private Anbieter...11 3 Statistischer Überblick... 12 3.1 Zahl der Teilnehmer...13 3.2 Die Bedeutung postsekundarer Bildungs kombinationen im Vergleich...19 3.3 Zusammensetzung der Teilnehmer/innen nach Geschlecht, Vorbildung, Alter und Erwerbsstatus...20 3.4 Abbruch- und Abschlussraten...22 3.5 Arbeitsmarktbezogene Ergebnisse postsekundarer Berufsbildungsprogramme....22 3.6 Übergänge in andere Bildungsangebote...24 3.7 Angebotstrends...27 4 Angebotsmix, Steuerung und Organisation, Sozialpartner... 29 4.1 Entwicklung der Angebotsseite, Bedarfsermittlung...29 4.2 Zuständigkeiten auf den unterschiedlichen staatlichen Ebenen...30 4.3 Organisationsformen auf Anbieterseite...31 4.4 Rolle der Sozialpartner...31 5 Fortbildung am Arbeitsplatz... 32 5.1 Rolle des Lernens am Arbeitsplatz bei der Gestaltung/Organisation von Fortbildungsprogrammen...32 5.2 Qualitätssicherung bei der Fortbildung am Arbeitsplatz...33 6 Zugangswege, Durchlässigkeit, Qualifikationsrahmen... 35 6.1 Zugangswege...35 6.2 Durchlässigkeit zu anderen Bildungs programmen...35 6.3 Mögliche Auswirkungen des nationalen Qualifikationsrahmens auf die postsekundaren Bildungsprogramme...37 7 Nachqualifizierungsmöglichkeiten und Chancengerechtigkeit... 39 7.1 Rolle des postsekundaren Berufsbildungssystems beim Angebot von Nachqualifizierungsmöglichkeiten für Wiedereinsteiger....39 7.2 Bedeutung des postsekundaren Berufsbildungssystems für die Förderung der Chancengerechtigkeit...39 8 Übergang in den Arbeitsmarkt... 40 8.1 Nutzen verschiedener Arten von Bildung...40 8.2 Nutzen postsekundarer Berufsbildung (Vertiefung von 8.1)...41 9 Finanzierung und Anreize... 43 9.1 Verhältnis von staatlicher Förderung, Arbeitgeberangeboten und individuell finanzierter postsekundarer Berufsbildung...43 9.2 Staatliche Finanzierung von postsekundarer Berufsbildung im Vergleich zu akademischen Bildungsangeboten...45 9.3 Anreizsysteme, Teilnahmeförderung...47

2 INHALT 10 Pädagogik... 49 10.1 Lehrkräfte und Dozenten in Vorbereitungskursen der Kammern....49 10.2 Lehrkräfte an Fachschulen...49 11 Berufsberatung... 51 11.1 Ausbildungsbegleitende Berufsberatungsmaßnahmen für Teilnehmer sowie für potenzielle Teilnahmeinteressenten..........................................................................51 11.2 Qualifizierung der Berufsberater ( career guidance professionals )...51 11.3 Berufsinformationen für Berufsbildungsteilnehmer und Berufsberater...52 12 Qualitätssicherung... 53 12.1 Fortbildungsordnungen und Kammerregelungen....53 12.2 Fachschulen...54 13 Politikentwicklung und Initiativen... 55 13.1 Entwicklung in den vergangenen 10 Jahren...55 13.2 Aktuelle und geplante Entwicklungen...56 14 Selbsteinschätzung Stärken und Herausforderungen... 57 Bibliographie... 59

VORWORT 3 Vorwort Die OECD hat im September 2010 mit der Studie Learning for Jobs (www.oecd.org/edu/learningforjobs) erstmals eine vergleichende Untersuchung im Bereich der beruflichen (Erstaus-)Bildung veröffentlicht. Als Folge der positiven Resonanz haben die OECD Mitglied staaten beschlossen, ein Nachfolgeprojekt zu initiieren. Im Fokus der im Jahr 2011 gestarteten Studie Skills beyond School stehen berufliche Kompetenzen, die postsekundar, d.h. nach Abschluss einer Erstausbildung erworben werden können. Es handelt sich folglich um Bildungsaktivitäten im Bereich der beruflichen Fortbildung, Weiterbildung oder beruflichen Neuorientierung. Diesem Bildungsbereich kommt zunehmend wachsende Bedeutung zu, da er für die Ausbildung und Qualifizierung von spezialisierten Fach- und Führungskräften essentiell ist und dadurch maßgeblich die Wettbewerbsfähigkeit dynamischer Volkwirtschaften beeinflusst. Im Rahmen von Skills beyond School wird die OECD mittels Reviewverfahren eine internationale Vergleichsstudie zwischen den sich beteiligenden Ländern sowie jeweils spezifische Länderstudien erstellen. Für die Durchführung der OECD Studie Skills beyond School hat jedes teilnehmende Land einen so genannten Nationalen Hintergrundbericht zu erstellen. Die OECD hat für diesen Bericht eine Struktur mit konkreten Fragestellungen vorgegeben. Gemäß diesem Raster baut sich der vorliegende Nationale Hintergrundbericht Deutschland auf. Die staatlich geregelte berufliche Fortbildung ist der formalisierte Kern der vielfältigen Weiterbildungsangebote in Deutschland, die sich insbesondere durch die intensive Einbeziehung von Experten aus der betrieblichen Praxis auszeichnet. Im Nationalen Hintergrundbericht Deutschland werden neben der Darstellung der Verantwortlichkeiten und Strukturen auch Aspekte der Beteiligung, der Weiterbildungsberatung wie auch die Frage der Durchlässigkeit, z. B. des Übergangs in die hochschulische Bildung tiefer gehend behandelt. Eine umfassende Darstellung der gesamten Weiterbildungslandschaft in Deutschland ist mit diesem Hintergrundbericht aufgrund der notwendigen thematischen Fokussierung und der vorgegebenen Struktur weder möglich noch intendiert. Im Bereich der postsekundaren Berufsbildung gibt es zum Teil sehr unterschiedliche nationale Modelle. Aufgrund dieser Heterogenität können die Untersuchungsschwerpunkte der neuen OECD-Studie länderbezogen mit definiert werden. Deutschland beteiligt sich an Skills beyond School. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Kultusministerkonferenz legten gemeinsam den Fokus für den entsprechenden Deutschlandbericht auf die formalen beruflichen Fortbildungsgänge, ihre Abschlüsse sowie die unterschiedlichen Bildungsanbieter dieser Qualifikationen entsprechend dem Niveau ISCED 5B (International Standard Classification of Education, Internationale Standardklassifikation für das Bildungswesen). Dazu gehören Fortbildungsgänge nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung (HWO) sowie an Fachschulen und Fachakademien nach Landesrecht. Nicht einbezogen werden Berufsakademien und duale Hochschulen, da sie als dem hochschulischen Bildungs bereich zugehörig angesehen werden sowie die Schulen des Gesundheitswesens und die Schulen der öffentlichen Verwaltung, da hier der Schwerpunkt auf beruflicher Erstausbildung liegt.

4 ANGEBOTE 1 Angebote 1.1 Zum Begriff postsekundare Berufsbildung im Kontext des Berichts Gegenstand und Grundlage des Berichtes sind berufliche Fortbildungsgänge, ihre Abschlüsse sowie die unterschiedlichen Bildungsanbieter der Qualifikationen auf dem Niveau ISCED 5B (Internationale Standardklassifikation für das Bildungswesen, International Standard Classification of Education). Dazu gehören Fortbildungsgänge nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung (HWO) sowie Fachschulen und Fachakademien nach Landesrecht. Nicht einbezogen werden Berufsakademien und Duale Hochschulen, da sie als dem hochschulischen Bildungsbereich zugehörig angesehen werden sowie die Schulen des Gesundheitswesens und die Schulen der öffentlichen Verwaltung, da hier der Schwerpunkt auf beruflicher Erstausbildung liegt. Nicht enthalten in der ISCED-Klassifikation sind die beruflichen Fortbildungsgänge der zuständigen Stellen, insbesondere der Industrie- und Handelskammern (IHK), sowie der Handwerkskammern (HWK). Ihnen kommt im Bereich des post-secondary VET in Deutschland eine wichtige Rolle zu und sind somit ebenfalls Gegenstand des vorliegenden Berichtes. 1.2 Überblick 1.2.1 Bundesrechtlich geregelte berufliche Fortbildungsordnungen und Prüfungsregelungen der zuständigen Stellen (sog. Kammerregelungen) Zunächst ist zwischen beruflicher Weiterbildung und beruflicher Fortbildung zu unterscheiden. Die berufliche Fortbildung ist ein Teil der beruflichen Weiterbildung und hat im Gegensatz zu anderen beruflichen Weiterbildungsgängen ihre gesetzlichen Grundlagen im Berufsbildungsgesetz ( 53 ff BBiG) und in der Handwerksordnung ( 42 ff HwO). Diese Prüfungen gem. erlassener Fortbildungsordnungen führen zu anerkannten Abschlüssen. Daneben werden dem Oberbegriff berufliche Weiterbildung die Umschulung sowie das Lernen im Prozess der Arbeit (formelles und informelles Lernen) zugeordnet. die die berufliche Handlungsfähigkeit erhalten und an gewandelte Erfordernisse der Arbeitswelt anpassen soll, ermöglicht es die Aufstiegsfortbildung, die berufliche Handlungsfähigkeit im Hinblick auf qualitativ höherwertige Berufstätigkeiten zu erweitern und beruflich aufzusteigen, z. B. auf die Ebene des Meisters, Fachwirts, Fachkaufmanns, Ausbilders oder eines sonstigen höherrangigen anerkannten Ab schlusses. (Herkert and Töltl 1999; Götzhaber, Jablonka et al. 2011, S. 10). Für die Aufstiegsfortbildung werden im Rahmen der genannten gesetzlichen Grundlagen ( 53 BBiG, 42 HwO) Fortbildungsordnungen mit den Prüfungsregelungen von einem Bundesministerium, meist dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, er lassen. Im Bereich des Handwerks liegt die Zuständigkeit für den Erlass von Handwerksmeisterordnungen beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 45 HWO. Initiiert werden die Fortbildungen in der Regel von den Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. Im Jahr 2010 gab es insgesamt 212 bundesrechtlich geregelte Fortbildungsordnungen (BIBB 2011a S. 337). Diese Fortbildungsordnungen sind bundesweit anerkannt und verfügen auch bundesweit über einheitliche Prüfungsregelungen. Nach 54 BBiG, 42a HwO können aber auch die sog. zuständigen Stellen Regelungen zu Fortbildungsprüfungen erlassen, sog. Kammerregelungen. Zuständige Stellen sind beispielsweise die Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie die Handwerkskammern (HWK), 71 ff. BBiG. Hiervon machen sie rege Gebrauch. So gab es im Jahr 2010 3.112 Rechtsvorschriften einzelner Kammern zu 731 von ihnen geregelten Fortbildungsberufen (BIBB 2011b S. 174). Diese Prüfungsregelungen gelten lediglich in den einzelnen, sie erlassenden Kammerbezirken. Beispiel: Fachkraft für regenerative Energietechnik, diese Fortbildungsprüfung gibt es lediglich in vier von insgesamt 53 Handwerkskammerbezirken. Im Rahmen der Fortbildung sind drei Abschlussbzw. Qualifizierungsebenen zu unterscheiden: Innerhalb der Fortbildung wiederum ist zwischen der Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung zu unterscheiden. Im Gegensatz zur Anpassungsfortbildung,

ANGEBOTE 5 Schaubild: Ebenenmodell in der beruflichen Fortbildung In einer Vereinbarung von 1996 haben sich die Spitzenorganisationen der Wirtschaft, vertreten im Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung (KWB), gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) auf diese Systematik verständigt. Der Schwerpunkt der geregelten Aufstiegsfortbildungen liegt auf der Ebene 2. Abschlüsse der ersten Ebene beurkunden einen ersten weiteren Qualifizierungsschritt nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Die zugehörigen Qualifikationen sollen in erster Linie die Berufsausbildung erweitern und vertiefen, neue Inhalte betreffen, in andere Berufsfelder führen oder als Quereinstieg für berufserfahrene Praktiker dienen. Auf der zweiten Ebene werden die öffentlichrechtlichen Fortbildungsabschlüsse geregelt, die dem Nachwuchs für die mittlere Führungsebene in den Unternehmen durch Berufspraktiker dienen, oder auf die Wahrnehmung von Funktionen vorbereiten, die ggü. Qualifikationen der ersten Ebene eine deutlich erweiterte Verantwortung beinhalten und für gehobene Sach- und Führungsauf gaben qualifizieren. Im letzten Jahrzehnt wurde eine dritte Ebene gebildet, die in der Regel einen Abschluss der Ebene 2 voraussetzt. Auf dieser Ebene qualifizieren sich berufserfahrene Praktiker für Tätigkeitsfelder, die bislang vorwiegend von Akademikern besetzt sind. Dadurch sollen Karrieremöglichkeiten ohne Umweg über ein Hochschulstudium eröffnet und mögliche Arbeitsmarktnachteile gegenüber Akademikern abgebaut werden (s. auch Kap. 6.2). Das Ziel der beruflichen Aufstiegsfortbildung ist, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erweitern und beruflich aufzusteigen, 1 Abs. 4 BBiG. Durch die Novellierung des Gesetzes im Jahr 2005 hat der Begriff der beruflichen Handlungsfähigkeit eine Modifizierung erfahren. Gemäß der alten Fassung mussten zu ihrer Erreichung im Rahmen der beruflichen Bildung die notwendigen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden. In der novellierten Fassung von 2005 wurde diese Definition um die Dimension der Fähigkeiten ergänzt. Es müssen nunmehr die notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) vermittelt werden. In dieser Neudefinition zeigt sich die stärkere Kompetenzorientierung in der beruflichen Bildung generell. Diese stärkere Kompetenzorientierung wird in den ordnungspolitischen Vorgaben zunehmend aufgegriffen. Dafür ist die Neuordnung und Konzeption des IT- Weiterbildungssystems in Deutschland exemplarisch. IT-Weiterbildung Mit dem im Jahr 2002 implementierten Weiterbildungs - system für den Bereich der Informationstechnologie (IT-Weiterbildungssystem) wurde konzeptionell Neuland betreten. Die IT-Branche beklagte damals einen Mangel an Fachkräften und das Fehlen einer geordneten Weiterbildung. Kompetenzerwerb fand häufig im non-formalen oder informellen Bereich, z. B. am Arbeitsplatz statt. Ziel des IT-Weiterbildungssystems war eine durchgängige Qualifizierung nach Abschluss

6 ANGEBOTE einer dualen Ausbildung zu etablieren, die einerseits eine Weiterentwicklung der individuellen Kompetenzen im Arbeitsprozess ermöglicht, gleichzeitig aber durch eine Zertifizierung Beschäftigungs- und Karrierechancen eröffnet oder verbessert. Das Modell enthält drei Stufen, die dem oben dargestellten Ebenenmodell der beruflichen Fortbildung entsprechen. Auf jeder Stufe werden Zertifikate bzw. Abschlüsse vergeben. Auf Stufe 2 werden nach Ablegen der Fortbildungsprüfungen Abschlüsse zu operativen Professionals und auf Stufe 3 zu strategischen Professionals von den Industrie- und Handelskammern vergeben. (Die Qualifizierungen auf Stufe 1 werden nicht einer Aufstiegsfortbildung, sondern einer Anpassung zugeordnet, s. Kap. 5). In diesem Konzept wird exemplarisch eine stärkere Kompetenzorientierung in der beruflichen Bildung sichtbar, die zunehmend in den ordnungspolitischen Vorgaben aufgegriffen wird. Die Orientierung an Beruflichkeit und formalen Qualifikationen wird durch eine Orientierung an beruflichen Kompetenzen ergänzt. 1.2.2 Fachschulen Die Zuständigkeiten für Bildung und Schulen in Deutschland liegt bei den Ländern (Art. 30, 70 GG). Im Bereich der postsekundaren Berufsausbildung sind es die Fachschulen und Fachakademien, die auf Länderebene Bildungsgänge der beruflichen Fortbildung anbieten. Gemäß der von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Rahmenvereinbarung über Fachschulen, durch die grundlegende Anforderungen bezüglich Struktur, Unterrichtsumfang, Gliederung und Anforderungsniveau des Bildungsganges festgelegt werden, sind die Funktion und der Zweck der Fachschule wie folgt definiert: Fachschulen sind Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung. Die Bildungsgänge in den Fachbereichen schließen an eine berufliche Erstausbildung und an Berufserfahrungen an. Sie führen in unterschiedlichen Organisationsformen des Unterrichts (Vollzeit- oder Teilzeitform) zu einem staatlichen postsekundaren Berufsabschluss nach Landesrecht. Sie können darüber hinaus Ergänzungs-/Aufbaubildungsgänge sowie Maßnahmen der Anpassungsweiterbildung anbieten. Fachschulen qualifizieren für die Übernahme von Führungsaufgaben und fördern die Bereitschaft zur beruflichen Selbstständigkeit. Nach Maßgabe der Vereinbarung über den Erwerb der Fachhochschulreife in beruflichen Bildungsgängen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 05.06.1998 in der jeweils gültigen Fassung) kann zusätzlich die Fachhochschulreife erworben werden. (Rahmenvereinbarung über Fachschulen, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.11.2002 i.d.f. vom 03.03.2010) Grundlage für den Unterricht an den Fachschulen sind die Lehrpläne, die von zuständigen Landesministerien entwickelt und erlassen werden 1.2.3 Exkurs: Zusatzqualifikationen Im Zusammenhang mit der Thematisierung der beruflichen Fortbildung sollte auch ein Blick auf die sog. Zusatzqualifikationen geworfen werden, denn auch sie sind ein flexibles Instrument, um auf veränderte Qualifikationsbedarfe reagieren zu können. Der Begriff der Zusatzqualifikationen ist nicht eindeutig definiert. In der fachwissenschaftlichen Diskussion als auch in der Berufsbildungspraxis werden darunter Maßnahmen verstanden, die Inhalte vermitteln, die über die der beruflichen Erstausbildung hinausgehen, parallel zu einer beruflichen Erstausbildung oder unmittelbar im Anschluss daran stattfinden, einen gewissen zeitlichen Mindestumfang (40 Stunden) nicht unterschreiten und zertifiziert werden können. Gesetzliche Grundlage ist 5 Abs. 2 Nr. 5 BBiG. Hier werden Zusatzqualifikationen als ein Instrument verstanden, mit dem zusätzliche, berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden. Sie werden der beruflichen Erstausbildung zugeordnet. Anbieter sind Betriebe, Berufsschulen, aber auch IHKs und HWKs. Zusatzqualifikationen werden z. B. in den Bereichen Fremdsprachen oder internationales Management angeboten. Sie machen den größten Anteil aus. Daneben gibt es Zusatzqualifikationen im IT-Bereich sowie im kaufmännischen Bereich. Es gibt Zusatzqualifikationen, die eine Schnittstelle zur Weiterbildung darstellen. In anbieterspezifischen Kombinationsprogrammen können parallel zur Erstausbildung Fortbildungsabschlüsse oder anrechenbare Teile für einen Fortbildungsabschluss erworben werden. Bei den kaufmännischen Qualifikationen zählen z. B. die anerkannten Fortbildungen zum/zur Handelsassistenten/Handelsassistentin und zum/zur

ANGEBOTE 7 Handelsfachwirt/-in und der/die Betriebsassistent/-in im Handwerk dazu. Ein Beispiel für die Integration von Fortbildungsabschlüssen in die berufliche Ausbildung ist ein dreistufiges Modell eines dualen Studiums, das von der Handwerkskammer Köln zusammen mit der Fachhochschule des Mittelstands (FMH) angeboten wird. Zielgruppe sind insbesondere Abiturienten, die einen handwerklichen Ausbildungsberuf erlernen und sich gleichzeitig für Führungsaufgaben qualifizieren wollen. Die erste Phase schließt mit der Gesellenprüfung und gleichzeitig der Fortbildungsprüfung zum Betriebswirt im Handwerk ab. In der anschließenden Phase findet die Vorbereitung für die Handwerksmeisterprüfung statt. Parallel wird zusätzlich ein Bachelorstudium Handwerksmanagement angeboten. Die Herausforderung solcher Bildungsgänge ist die Abstimmung von Praxis- und Studienphasen. Zusatzqualifikationen, die eine anerkannte Weiterbildung oder Bestandteile davon bereits während der Erstausbildung vermitteln, wurden in den vergangenen Jahren verstärkt entwickelt. Dadurch unterstützen Zusatzqualifikationen die Verzahnung von Aus- und Weiterbildung. Im Jahr 2010 nahmen etwa 10.000 Auszubildende an rund 200 unterschiedlichen Angebotsvarianten teil, die vorrangig im kaufmännischen Bereich angesiedelt waren. Davon schließen über 80 % mit einer Prüfung vor der zuständigen Stelle ab (BMBF and BIBB 2010, S. 18). Ein Großteil dieser Maßnahmen ist in den berufsschulischen Teil der dualen Ausbildung integriert oder findet in zusätzlichen Kursen an der Berufsschule oder bei Bildungsanbietern statt. 1.2.4 Exkurs: Duale Studiengänge Duale Studiengänge zeichnen sich durch eine Kombination der Lernorte Betrieb und Hochschule bzw. Berufsakademie (ISCED 5B) aus. Man unterscheidet vier Arten, von denen die berufsintegrierenden und berufsbegleitenden dualen Studiengänge auf berufliche Weiterbildung ausgerichtet sind und Studieninteressierte ansprechen, die nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung neben ihrer beruflichen Tätigkeit ein Studium absolvieren möchten. Die beiden anderen Modelle sind die ausbildungsbzw. praxisintegrierenden Studiengänge, die den Angeboten der beruflichen Erstausbildung zugerechnet werden und sich an Absolventen mit allgemeiner Hochschulzugangsberechtigung bzw. mit Fachhochschulzugangsberechtigung richten. Bei den ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen werden während der Ausbildungszeit zwei vollwertige Abschlüsse erworben. Zum einen den Berufsabschluss und zum anderen der Hochschulabschluss. Den praxisintegrierenden dualen Studiengängen fehlt der Erwerb des Berufsabschlusses. Sie haben aber einen großen Praxisanteil, der über das Praxissemester und Praktika herkömmlicher Studiengänge weit hinausgeht. Diese beiden Modelle bilden den ganz überwiegenden Anteil der Angebote (von 776 Angeboten sind 417 ausbildungsintegrierte und 313 praxisintegrierte Studiengänge, im Vergleich zu 7 Angeboten von weiterbildenden Studien gängen (BIBB and BMBF 2010, S. 21.) Die Datenbank AusbildungsPlus bietet seit dem Jahr 2001 einen Überblick über bundesweite Ausbildungsangebote mit Zusatzqualifikationen und über ausbildungs- und praxisintegrierende duale Studiengänge: www.ausbildungsplus.de. 1.3 Bildungsangebote 1.3.1 Bundesrechtlich geregelte berufliche Fortbildungsordnungen und Prüfungsregelungen der zustän digen Stellen (sog. Kammerregelungen) Die bundesrechtlichen Fortbildungsordnungen enthalten im Gegensatz zu den Ausbildungsordnungen für die berufliche Erstausbildung im dualen System, keine sachlich und zeitlich gegliederten Festschreibungen über die zu vermittelnden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten. Sie definieren im Wesentlichen die Prüfungsanforderungen. Darüber hinaus sind in den Fortbildungsordnungen festzulegen ( 53 Abs. 2 BBiG, 42 Abs. 2 HwO): die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses, das Ziel, der Inhalt und die Anforderungen der Prüfung, die Zulassungsvoraussetzungen sowie das Prüfungsverfahren. Ähnliches gilt für die Kammerregelungen. Im Jahre 2008 haben die Spitzenorganisationen der Wirtschaft vertreten im Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung (KWB), gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), eine Vereinbarung getroffen, in der sie sich über Inhalt und Gliederung der Kammerregelungen gem. 53 BBiG, 42a HwO geeinigt haben (DGB and KWB 2008). So sollten u. a. das Prüfungsziel

8 ANGEBOTE beschrieben, die Zulassungsvoraussetzungen geregelt, Inhalt und Gliederung der Prüfung vorgegeben werden, sowie Kriterien für das Bestehen enthalten sein. Das bedeutet, dass jeder, der die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt (s. Kap. 6.1) zu einer Prüfung zugelassen werden kann, ohne dass hierfür ein spezieller Lehrgang oder Kurs besucht werden muss. Insofern ist ein Fortbildungsabschluss ein klassischer Kompetenznachweis, da im Wesentlichen die Kompetenzen geprüft und zertifiziert werden, die im Laufe der beruflichen Tätigkeit erworben worden sind. Prüfungsvorbereitung Gleichwohl werden Vorbereitungskurse angeboten. So bieten private Anbieter, z. B. lokale oder regionale Bildungszentren der Kammern, Vorbereitungslehrgänge sowohl für die Prüfungen von Kammerregelungen als auch für die Vorbereitung auf Prüfungen der bundesrechtlich geregelten Fortbildungsgänge (z. B. sog. Meisterkurse) an. Eine Absolventenbefragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages 2011 ergab, dass sich 83,6 % der Fortbildungsteilnehmer berufsbegleitend auf die Prüfungen vor den Industrieund Handelskammern (IHK) vorbereiten. 75,2 % machten das in Teilzeitlehrgängen bei Bildungseinrichtungen der IHKs oder anderer Bildungsträger, 16,4 % in Vollzeitunterricht, 5,2 % in Fern- oder Onlineunterricht, lediglich 3,2 % im Selbststudium (DIHK 2011, S. 28). Ein Handicap ist, dass insbesondere bei Teilnehmern an Vollzeitlehrgängen für die Zeit der Meisterfortbildung das Beschäftigungsverhältnis unterbrochen ist. Dies hat Auswirkungen auf die Einkommenssituation, als auch auf den in Deutschland notwendigen Versicherungsschutz wie Kranken- und Pflegeversicherung. Eine Entlastung soll durch das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG; sog. Meister-Bafög ) erreicht werden (s. Kap. 9.1). Gleichzeitig entstehen zusätzliche Kosten für Lehrgänge und Prüfungen, die je nach Fachrichtungen und Kammerbezirken variieren. Entwicklung von Lehrgangsmaterialien Für den Bereich der Industrie- und Handelskammern entwickeln die IHKs in den anbietenden Bezirken Quali fizierungskonzepte und das Training, teilweise auch mehrere Kammern gemeinsam, mit Unterstützung der DIHK-Bildungs GmbH, einer privatrechtlichen Gesellschaft des Dachverbandes DIHK. Diese entwickelt im Auftrag der IHKs bundeseinheitliche Produkte. Dazu gehören zahlreiche Fachpublikationen, Lernprogramme, CD-ROMs und Original-Prüfungsaufgaben der vorangegangenen Jahre mit Lösungsvorschlägen (http://www.dihk-bildungs-gmbh.de/). Gemäß der oben genannten Vereinbarung zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und den Spitzenorganisationen der Wirtschaft im Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung (KWB) von 2008 (DBG and KWB 2008) werden Lehrgangsempfehlungen bzw. Rahmenpläne in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften erarbeitet. Für den Bereich der Handwerkskammern liegt diese Aufgabe bei der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH). Sie entwickelt und erstellt Lehrgangsunterlagen, Dozentenhandbücher und Teilnehmerunterlagen (www.zwh.de). Prüfungen Die gesetzliche Grundlage für die Fortbildungsprüfung ist 56 BBiG. Für die Durchführung der Prüfungen bei den zuständigen Stellen gibt es Empfehlungen des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung (HA BIBB), http://www.bibb.de/dokumente/pdf/haempfehlung_128_mpo_fortbildung_bbig.pdf; accessed: 13.10.2011). Es werden für die Prüfung von den zuständigen Stellen Prüfungsausschüsse eingerichtet. Dem Prüfungsausschuss müssen als Mitglieder Beauftragte der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in gleicher Zahl sowie mindestens eine Lehrkraft einer berufsbildenden Schule angehören, 40 BBiG. Die Mitglieder müssen für die Prüfungsgebiete sachkundig sein. Die Prüfungsinhalte sind in den bundesrechtlichen Fortbildungsordnungen oder den Fortbildungsprüfungsregelungen geregelt. 1.3.2 Fachschulen Die landesrechtlich geregelten Fachschulen werden nach einer bereits erworbenen Berufsausbildung und praktischer Berufsausübung, teilweise auch nach langjähriger praktischer Arbeitserfahrung oder mit dem Nachweis einer fachspezifischen Begabung besucht. Sie führen in unterschiedlichen Organisationsformen des Unterrichts (Vollzeit- oder Teilzeitform) zu einem staatlichen Berufsabschluss nach Landesrecht. Die Dauer des Schulbesuchs liegt bei Vollzeitunterricht zwischen ein und drei Jahren. Fachschulen qualifizieren zur Übernahme erweiterter beruflicher Verantwortung und Führungstätigkeit. Nach Maßgabe der Vereinbarung über den Erwerb der Fachhochschulreife in beruflichen Bildungsgängen

ANGEBOTE 9 (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 05.06.1998 in der jeweils gültigen Fassung) kann an Fachschulen zusätzlich die Fachhochschulreife erworben werden. Fachschulen (in Bayern teilweise auch Fachakademien) gibt es für folgende Fachbereiche: Agrarwirtschaft Gestaltung Technik Wirtschaft Sozialwesen (Kultusministerkonferenz 2002) Im Hinblick auf den zum Teil hoch spezialisierten und passgenauen Bedarf an Bildungsangeboten im Weiterbildungssektor erfolgt eine Binnendifferen zierung der Fachbereiche in Fachrichtungen, die zusätzlich zur Berücksichtigung spezieller Erfordernisse vor Ort in Schwerpunkte untergliedert werden können. Momentan werden die Fachschulen in rund 170 Fachrichtungen geführt. Das Angebot an Fachrichtungen wird aufgrund technologischer und wirtschaftlicher Innovationen, gesellschaftlicher Entwicklungen oder geänderter Anforderungen an die Absolventen/Absolventinnen angepasst bzw. erweitert (z. B. Windenergietechnik). Die derzeitigen Nachfrageschwerpunkte (> 10.000 Schülerinnen/Schüler) liegen im Fachbereich Technik (insbesondere in den Maschinenbau- und elektrotechnischen Fachrichtungen), im Fachbereich Wirtschaft (insbesondere in den betriebswirtschaftlichen Fachrichtungen) und im Fachbereich Sozialwesen (insbesondere in der Fachrichtung Sozialpädagogik). Die durch staatliche Fachschulprüfung erworbene Berufsbezeichnung ist in den Fachbereichen unterschiedlich. Mit dem Abschlusszeugnis ist die Berechtigung verbunden, die Berufsbezeichnung Staatlich geprüfter /Staatlich geprüfte bzw. Staatlich anerkannter /Staatlich anerkannte mit der Angabe des Fachbereiches und ggf. in Verbindung mit der Fachrichtung zu führen. (Kultusministerkonferenz 2002)

10 EINRICHTUNGEN 2 Einrichtungen 2.1 Öffentliche Anbieter 2.1.1 Status und Aufgaben der Kammern Die Kammern handeln einerseits im Bereich der Prüfungen hoheitlich und andererseits als Anbieter im Bereich der Vorbereitungslehrgänge über ihre Bildungszentren privat-rechtlich. Industrie- und Handelskammern (IHK) Die Industrie- und Handelskammern (IHK) sind Körper schaften des öffentlichen Rechts. Ihre Aufgabe ist es, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Sie üben teilweise staatshoheitliche Verwaltungsaufgaben aus, deren Art und Kontrolle durch das Gesetz der Industrie- und Handelskammern (IHKG; Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern) geregelt ist. So erfüllen Sie Aufgaben wie: Ausstellung von Ursprungszeugnissen und Carnets Registrierung von Öko-Standorten Vereidigung von Sachverständigen Durchführung gutachterlicher Tätigkeiten für die staatlichen Verwaltungen und für die Gerichte Mitwirkung bei der Bestellung von Handelsrichtern Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist die Spitzenorganisation der insgesamt 80 Industrie- und Handelskammern. Die IHKs sind Einrichtungen der Wirtschaft und wichtigster Interessenvertreter der gesamten gewerbetreibenden Unternehmen in ihrer Region. Grundsätzlich sind fast alle deutschen Unternehmen im Inland per Gesetz ( 2 IHKG) Mitglieder einer Industrie- und Handelskammer. Mitglieder in der Kammerorganisation sind Unternehmen aller Größen und Branchen (der internationale Konzern ebenso wie der mittelständische Inhaber-Unternehmer). Davon ausgenommen sind: Handwerksbetriebe (Ausnahmen: Handwerksbetriebe, die neben dem Handwerk noch ein anderes Gewerbe betreiben, gehören ebenfalls mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der Industrie- und Handelskammer an.), freie Berufe, landwirtschaftliche Betriebe. Diese Unternehmen und Betriebe haben eigene Verbände und Kammern. Die IHK vertritt das Interesse ihrer zugehörigen Unternehmen gegenüber den Kommunen, Landesregierungen, regionalen staatlichen Stellen und durch den DIHK gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Kommission. Darüber hinaus bieten die IHKs als privatwirtschaftlich agierende Unternehmen über ihre Bildungszentren unterschiedliche Weiterbildungslehrgänge, Seminare und Vorbereitungslehrgänge für bundesrechtlich geregelte Fortbildungsprüfung sowie IHK-Prüfungen gegen Gebühren an, s. oben Kap. 1.3.1. Mitwirkung bei den Handelsregistereintragungen, sie sind aber auch zuständig für die Abnahme von Prüfungen bei der Berufsbildung.

EINRICHTUNGEN 11 Handwerkskammern (HWK) Im Bereich des Handwerks sind die Handwerkskammern (HWK) die zuständigen Stellen. Ihr rechtlicher Status entspricht dem der Industrie- und Handelskammern. Die HWKs betreiben ca. 500 Bildungszentren (http:// www.handwerkskammer.de/themen/weiterbildung.ht ml?phpsessid=hrjtt3ef1s786ujm4k0lc3lnh5, accessed 04.08.2011), die ebenfalls eine große Bandbreite an Seminaren, Kursen anbieten, insbesondere jedoch Lehrgänge, die auf eine bundesrechtlich geregelte Fortbildungsprüfung oder Kammerprüfung vorbereiten. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) ist die Spitzenorganisation im Handwerksbereich. (zum Aufbau der Handwerksorganisation s. http://www.zdh.de/ handwerksorganisationen.html, accessed: 17.10.2011) 2.1.2 Status und Aufgaben der Fachschulen und Fachakademien Grundlage für die Errichtung und den Betrieb von Fachschulen sind gem. der Rahmenvereinbarung über Fachschulen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.11.2002 i.d.f. vom 03.03.2010) die gesetzlichen Vorschriften der Länder. Öffentliche Fachschulen (staatlich oder kommunal) arbeiten auf der Grundlage landesrechtlicher Vorgaben (Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für die Fachschulen), die auf der bundesweiten Rahmenvereinbarung über Fachschulen beruhen. Damit unterliegen sie der staatlichen Schulaufsicht und werden von den in den Ländern etablierten schulischen Qualitätssicherungssystemen erfasst. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes (Fachserie 11, Reihe 2) waren im Schuljahr 2009/2010 bundesweit 936 Fachschulen in öffentlicher Trägerschaft eingerichtet, die insgesamt von ca. 118.000 Personen besucht wurden. 2.2 Private Anbieter 2.2.1 Fachschulen Grundsätzlich sind die Errichtung und der Betrieb von Fachschulen auch in freier Trägerschaft (Privatschulen) möglich. Maßgebend sind auch hier die jeweiligen schulrechtlichen Regelungen der Länder. Über die öffentlich geregelten Bildungsangebote hinausgehend können Privatschulen auch Angebote in eigener Verant wortung vorhalten. Die staatliche Anerkennung von diesen Abschlüssen ist aber auch an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen und Standards geknüpft. Grundsätzlich unterliegen auch die Schulen in freier Trägerschaft der staatlichen Schulaufsicht. Im Schuljahr 2009/2010 waren 475 Schulen in freier Trägerschaft registriert, an denen fast 57.000 Personen ausgebildet wurden (Statistisches Bundesamt Fachserie 11 Reihe 1.1, S. 30). 2.2.2 Weitere Anbieter Arbeitnehmerorganisationen treten ebenfalls als Anbieter von Weiterbildung auf und bieten, über ihre rechtlich eigenständigen Bildungseinrichtungen, Lehrgänge der Aufstiegsfortbildung an, z. B. das Berufsbildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und die Deutsche Angestellten Akademie, die der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) nahesteht. Darüber hinaus bieten freie private Anbieter Kurse im Rahmen von Aufstiegsfortbildung an. Zu unterscheiden sind überwiegend gewinnorientierte, erwerbswirtschaftliche Träger (meist in der Rechtsform von Aktiengesellschaften, Einzelunternehmen oder GmbH) und gemeinnützige Institutionen (kirchliche Träger, Stiftungen, eingetragene Vereine). Als komplementäres Angebot außerhalb der Rahmenvereinbarung über Fachschulen besteht in einigen Ländern zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung die Möglichkeit zum Besuch eigens dafür angelegter Bildungsgänge, die organisatorisch den Fachschulen zugerechnet werden (sogenannte Meisterschulen ).

12 STATISTISCHER ÜBERBLICK 3 Statistischer Überblick Der folgende statistische Überblick soll dabei behilflich sein, die gegenwärtige Bedeutung postsekundarer beruflicher Bildung in Deutschland im Umfeld des Arbeitsmarktes beurteilen zu können und diese Einschätzung mit empirischen Belegen zu untermauern. Diesem Anspruch folgend wird zunächst die quantitative Bedeutung der geregelten anerkannten Aufstiegsfortbildungen nach den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetztes (BBiG 53ff) bzw. der Handwerksordnung (HwO 42) sowie die Entwicklung der Schüler- und Absol ventenzahlen der Fachschulen nach Landesrecht im Verlauf der vergangenen Jahre illustriert (Abschnitt 3.1), soweit dazu das erforderliche statistische Datenmaterial vorliegt. Anschließend wird die globale Perspektive verlassen, indem zunächst die Bedeutung beruflicher Aufstiegsfortbildung für unterschiedliche Altersgruppen vergleichend zu alternativen beruflichen Bildungswegen quantifiziert wird (Abschnitt 3.2 und 3.6). Zudem wird der Frage nachgegangen, wie sich die Teilnehmer an einer Fortbildung hinsichtlich schulischer und beruflicher Vorbildung, Alter und Geschlecht sowie Erwerbstätigkeit zusammensetzen (Abschnitt 3.3). Abschließend wird ein Ausblick gegeben, wie sich die quantitative Bedeutung von Fort bildungsabschlüssen auf dem Arbeitsmarkt sowohl bedarfs-, als auch angebotsseitig bis 2025 verändern wird (Abschnitt 3.7). Datenbasis Statistisches Bundesamt Fachserie 11 Reihe 3 (Prüfungsstatistik) Die Berufsbildungsstatistik erhebt u. a. jährlich die Teilnahmen an Fortbildungsprüfungen eines Berichtszeitraums (Kalenderjahr) und weist die Zahl der Personen nach, die eine Fortbildungsprüfung end gültig absolviert (bestanden bzw. nicht bestanden) haben. Sofern die Fortbildungsprüfung aus mehreren Teilen (z. B. Kursen) besteht, werden die Prüfungsteilnehmer nur dann statistisch erfasst und nachgewiesen, wenn sie sich in der letzten Stufe befinden, die eine neue Berufsbezeichnung zulässt. Nicht jedoch erfasst werden somit die einzelnen Teilprüfungen, durch deren Bestehen noch keine neue Berufsbezeichnung erlangt wird. Die Statistik ist eine Vollerhebung bei den sog. zuständigen Stellen im Sinne des Berufsbildungs gesetzes (i.d.r. den Kammern) für die Auskunftspflicht besteht. Die Rechtsgrundlage der Statistik ist für die Erhebungen der Jahre von 1993 bis 2006 unverändert, so dass für diesen Zeitraum somit vergleichbare Daten vorliegen. Erhoben worden sind danach die Anzahl der Prüfungsfälle, nicht jedoch Prüfungspersonen. Seit der Umstellung der Berufsbildungsstatistik im Jahr 2007 von einer Aggregat- auf eine Individualstatistik müssen zu den Fortbildungsprüfungen Individualdatensätze gemeldet werden; bis einschließlich Berichtsjahr 2009 waren zudem Übergangsregelungen vorgesehen. Im Zuge der Statistikumstellung und der Schwerpunktsetzung der Arbeiten hatte das Statistische Bundesamt keine Ergebnisse über Fortbildungs-/ Meisterprüfungen für die Berichtsjahre 2007 und 2008 veröffentlicht. Für das Berichtsjahr 2009 wurde die Vollständigkeit der Meldungen verbessert und die Ergebnisse für die Fortbildungsprüfungen erstmals wieder veröffentlicht. Dennoch war die gegenwärtige Datenqualität aufgrund von Meldeausfällen auf Kammerebene und unterschiedlichen Melde verhaltens in Ausbildungsbereichen nicht voll zufriedenstellend. Auch für 2010 ist die Zahl der Teilnahmen und abgelegten Fortbildungsprüfungen insgesamt und in Bereichen überhöht, da von einigen Industrie- und Handelskammern noch nicht abgeschlossene Fort bildungsprüfungen bzw. einzelne Teilprüfungen als nicht bestandene Fortbildungsprüfung gemeldet wurden. Grundsätzlich ist somit besonders für den zeitlichen Vergleich zu beachten: Durch die Neukonzeption der Statistik und den damit verbundenen methodischen Änderungen ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse vor und nach Umstellung in 2007 nur eingeschränkt gegeben und es liegen nicht immer auch voll belastbare Angaben vor. Statistisches Bundesamt Fachserie 11 Reihe 2 (Schulstatistik beruflichen Schulen) Im Gegensatz zur Prüfungsstatistik folgt die Schulstatistik einem institutionell ausgerichteten

STATISTISCHER ÜBERBLICK 13 Erhe bungs konzept. Sie erfasst Schüler/-innen (Teil nehmer/-innen) an Schulen und differenziert dabei nach verschieden Merkmalen, u. a.: Art der Schule, Alter, Geschlecht, Nationalität, schulische Vorbildung, Unterrichtsorganisation, Absolventen/ Abgänger und berufliche Ausrichtung. Im Gegensatz zur Prüfungsstatistik (FS11 R3) werden auf Grund der Erhebungssystematik im Bereich der Fachschulen zum Teil auch Bildungsgänge mit erfasst, die nicht dem unter 1.1 und 1.2.2 festgelegten Untersuchungsgegenstand der Studie entsprechen, so z. B. die Altenpflegeausbildung. Die in Abschnitt 3.1.3 dargestellten Zahlen für die im Rahmen dieser Studie untersuchten Fachschulen als postsekundare berufliche Bildungsangebote sind deswegen als leicht überhöht zu betrachten. Mikrozensus Der Mikrozensus ist eine amtliche Repräsentativstatistik des Statistischen Bundesamtes über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt. Jedes Jahr nehmen etwa 1 % aller Haushalte in Deutschland an der Befragung teil (laufende Haushaltsstichprobe). Insgesamt beteiligen sich rund 390.000 Haushalte mit 830.000 Personen an der Befragung. Im Gegensatz zu den meisten Befragungen besteht beim Mikrozensus eine gesetzliche Auskunftspflicht. Daher beantworten ca. 96 % der Befragten die Pflichtfragen im Mikrozensus. Diese Tatsache und der Umfang der befragten Personen machen ihn zur wichtigsten Repräsentativbefragung in Deutschland. BIBB/BAuA (ETB) Die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2005/2006 ist eine Repräsentativbefragung von 20.000 Erwerbstätigen in Deutschland, die gemeinsam vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Ziel der Erhebung ist es, differenzierte repräsentative Informationen über Erwerbstätige und Arbeitsplätze in Deutschland für Forschungsfragen der quantitativen Berufs- und Qualifikationsforschung und der Arbeitsschutzberichterstattung bereit zu stellen. Im Mittelpunkt der Befragung stehen zum einen Fragen zum Arbeitsplatz (Tätigkeitsschwerpunkte, Anforderungsniveau, Kenntnisanforderungen, Arbeitsanforderungen, Weiterbildungsbedarf, Arbeitsbedingungen, Arbeitsbelastungen etc.), zum anderen wird der Zusammenhang zwischen Bildung und Beschäftigung thematisiert (Schul-, Aus- und Weiterbildung, Berufsverlauf, ausbildungsadäquate Beschäftigung, Berufswechsel, Verwertbarkeit beruflicher Qualifikationen, etc.). Verschiedene Berufssystematiken erlauben dabei eine differenzierte Darstellung nach Erwerbs- und Ausbildungsberufen. Größere Erwerbstätigenbefragungen des BIBB zu Erwerb und Verwertung beruflicher Qualifikationen und zur aktuellen beruflichen Situation wurden erstmals 1979 in Kooperation mit Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) durchgeführt und in den Jahren 1985/86, 1991/92 und zuletzt 1998/99 unter Beteiligung der BAuA wiederholt. Derzeit befindet sich die neue BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2011/2012 in der Feldphase. 3.1 Zahl der Teilnehmer 3.1.1 Zahl der bestandenen Fortbildungsprüfungen Die Zahlen in Tabelle 3.1 zeigen einen deutlichen Rückgang der jährlich bestandenen Fortbildungsprüfungen im Zeitraum von 1996 bis zum Jahr 2010. Ihre Gesamtzahl sinkt von über 122 Tsd. im Jahr 1996 auf etwa 93 Tsd. im Jahr 2010. Das entspricht einem Rückgang um annähernd 24 %. Um die Qualität dieser Entwicklung besser beurteilen zu können, ist den Prüfungszahlen die Bevölkerung gegenübergestellt, die für eine Fortbildung in Frage kommt. Dabei handelt es sich um Personen, die eine berufliche Ausbildung jedoch kein Hochschulstudium abgeschlossen haben. Etwa 90 % aller Aufstiegsfortbildungen werden in der Altersgruppe der 20- bis 44-Jährigen absolviert (Krewerth 2004), so dass die hier dargestellte Vergleichspopulation auf diesen Personenkreis begrenzt wurde. Tabelle 3.1 zeigt, dass die Abnahme der Vergleichspopulation mit 7 % deutlich geringer ausfällt, als der Rückgang der erfolgreichen Prüfungen im selben Zeitraum. Von den Personen, die als Kernzielgruppe für Aufstiegsfortbildungen gelten, streben demzufolge immer weniger eine Aufstiegsfortbildung an. Dieser Zusammenhang wird durch Abbildung 3.1 nochmals veranschaulicht. 1 Durch die zuletzt wieder gestiegenen Prüfungszahlen scheint sich eine leichte Stabilisierung der Fortbildungsprüf ungen einzustellen. Es bleibt jedoch 1 Der deutlich erkennbare Einbruch der Prüfungszahlen im Jahr 2009 ist ggf. ein statistisches Artefakt infolge der Umstellungen in den Jahren nach 2007 sowie der interpolierten Werte für 2007 und 2008. Für eine Beurteilung bleibt abzuwarten, wie die Zahlen für das Jahr 2011 entwickeln werden. Insgesamt müssen derartige Sprünge jedoch nicht allzu kritisch beurteilt werden, da es sich nicht um Bestandsgrößen handelt.

14 STATISTISCHER ÜBERBLICK Abbildung 3.1: Entwicklung der jährlich bestandenen Fortbildungsprüfungen sowie der Vergleichsbevölkerung im Alter zwischen 20 bis 44 Jahren von 1996 bis 2010 (vgl. Werte in Tabelle 3.1) 170000 160000 150000 140000 130000 120000 110000 100000 90000 80000 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Prüfungen (linke Skala) Vergleichsbevölkerung Erwerbspersonen in Tsd. (rechte Skala) 17 000 16000 15000 14000 13000 12000 11000 10000 9000 8000 abzuwarten, ob sich dies innerhalb der kommenden Jahre bestätigen wird. 3.1.2 Bedeutung verschiedener Fachrichtungen von Fortbildungsabschlüssen Die bisherige Darstellung zeigt den Umfang von Aufstiegsfortbildungen in der Gesamtheit. Mit Hilfe von Tabelle 3.2 soll ein Eindruck gegeben werden, mit welchen fachlichen Ausrichtungen Aufstiegsfortbildungen erfolgen. Innerhalb der jeweiligen Prüfungsgruppen (erste Einrückung) sind die häufigsten Fachrichtungen (letzte Einrückung) dargestellt. Unter den Letztgenannten sind einige zu finden, die einen offensichtlichen Bedeutungsverlust erfahren haben. Dies ist beispielsweise bei den Fachkaufmännern/-frauen für Bilanzbuchhaltung oder für Handwerkswirtschaft der Fall. Teilweise sind ganze Prüfungsgruppen von einem erkennbaren Rückgang der Prüfungszahlen betroffen. U. a. ist dies bei den Fachkaufmännern/ -frauen und den Fachkräften für Schreibtechnik der Fall. Prüfungen zur Fachkraft für Datenverarbeitung sind von einem besonders hohen Bedeutungsverlust betroffen. Die Zahl der erfolgreich abgelegten Prüfungen sinkt im betrachteten Zeitraum von über 5000 auf unter 2000 und verzeichnet damit den stärksten relativen Rückgang unter allen Prüfungsgruppen. Demgegenüber sind es die Fortbildungen zum Fachwirt und zur Fachwirtin, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen und im sich selben Zeitraum mehr als verdoppeln.

STATISTISCHER ÜBERBLICK 15 Tabelle 3.1: Entwicklung der jährlich bestandenen Fortbildungsprüfungen sowie der Vergleichsbevölkerung von 1996 bis 2010 20- bis 44-Jährige mit Ausbildungsabschluss (und ohne abgeschlossenes Studium)** Jahr Teilnahmen an Abschlussprüfungen Veränderung (in %) bestandene Fortbildungsprüfungen Veränderung (in %) Erwerbspersonen (Tsd.) Veränderung (in %) Nichtererwerbspers. (Tsd.) Veränderung (in %) 1996 152935 100,0 122621 100,0 16130 100,0 2160 100,0 1997 147914 96,7 117844 96,1 15842 98,2 2011 93,1 1998 142181 93,0 113544 92,6 15676 97,2 1929 89,3 1999 142085 92,9 114722 93,6 15559 96,5 1873 86,7 2000 131206 85,8 107077 87,4 15469 95,9 1830 84,7 2001 127189 83,2 105225 85,9 15396 95,4 1796 83,1 2002 127628 83,5 106104 86,6 15334 95,0 1768 81,8 2003 125534 82,1 103137 84,2 15281 94,7 1744 80,7 2004 125174 81,9 100950 82,4 15234 94,4 1723 79,7 2005 125073 81,8 100280 81,9 15193 94,1 1704 78,8 2006 120433 78,8 96526 78,8 15155 93,9 1687 78,0 2007 116970 76,5 95470 77,9 15121 93,7 1672 77,3 2008 113506 74,2 94413 77,0 15089 93,5 1659 76,7 2009 106341 69,5 83949 68,5 15060 93,3 1646 76,1 2010 110043 71,9 93357 76,2 15033 93,1 1634 75,5 * Daten über Fortbildungs-/Meisterprüfungen wurden für 2007 und 2008 nicht veröffentlicht. Die Werte für 2007 und 2008 wurde mit gleiten Durchschnitten interoliert. ** Etwa 90 % aller Fortbildungsabschlüsse erfolgen im Alter von 20 bis unter 45 Jahren (BIBB/BAuA 1998/99: Krewerth 2002) Quelle Fortbildungsprüfungen: Fachserie 11 Reihe 3 (Statistisches Bundesamt) Quelle Vergleichsbevölkerung: Mikrozensus (eigene Berechnungen)

16 STATISTISCHER ÜBERBLICK Tabelle 3.2: Bestandene Fortbildungsprüfungen 2003 bis 2010 nach fachlicher Ausrichtung 2003 2004 2005 2006 ** 2009 2010 Kaufmännische Fortbildungsprüfungen Fachkaufmann/Fachkauffrau 12220 11806 12009 10896 7132 7995 Bilanzbuchhalter/in 3780 3566 3719 3676 2956 2706 Personalfachkaufmann/-kauffrau 1769 1313 1153 1466 1335 1644 Fachwirt/Fachwirtin 12316 16196 17031 17698 18547 27063 Technische(r) Fachwirt/in 1816 3670 4372 4893 5122 11286 Handelsfachwirt/in 2361 2606 2289 2310 2757 3237 Bankfachwirt/in 2226 2072 1705 1944 1402 1914 Industriefachwirt/in 1337 1556 1341 1287 1474 1137 Fachkraft für Datenverarbeitung 5306 4225 2954 2433 1986 1776 Qualifizierte(r) EDV-Anwender/in 2405 2036 1123 1062 761 582 Netzwerk-Servicetechniker/in 404 361 204 255 167 192 Professionelle(r) EDV-Anwender/in 595 593 374 353 255 243 Fremdsprachliche Fachkraft 3029 2916 2740 2754 2377 2337 Fremdsprachenkorrespondent/in 1944 2055 1820 2061 1609 1863 Fremdsprache im Beruf (FiB) I und II 195 157 264 88 163 180 Übersetzer/in 220 11 229 174 49 219 Fachkraft für Schreibtechnik 2326 1759 1841 1361 641 549 Betriebswirt/Betriebswirtin 3251 3664 3669 2953 3444 3105 Sonstige kaufmännische Fortbildungsprüfungen 10530 11062 10327 9844 6628 7917 Gewerblich-technische Fortbildungsprüfungen Industriemeister/Industriemeisterin 7370 7703 7760 7439 7944 7827 Industriemeister/in Chemie 871 746 614 764 411 411 Industriemeister/in Metall 3403 3978 3477 3829 3913 4083 Industriemeister/in Elektrotechnik 1186 1204 962 1154 1142 1050 Fachmeister/Fachmeisterin 1482 1470 1647 1474 1727 1848 Küchenmeister/in 463 398 331 286 412 411 Meister/in für Lagerwirtschaft 366 290 428 374 435 600 Meister/in für Schutz und Sicherheit 36 63 74 91 70 144 Handwerksmeister/Handwerksmeisterin 26107 23242 21930 21111 19085 19659 Installateur- und Heizungsbauermeister/in 1989 1542 1491 1314 1232 1146 Feinwerkmechanikermeister/in 1450 1136 1031 846 1052 1107

STATISTISCHER ÜBERBLICK 17 Elektrotechnikermeister/in 2742 2519 2315 2076 1832 1950 Tischlermeister/in 1707 1585 1283 1119 897 1065 Kraftfahrzeugtechnikermeister/in 3605 3491 3695 3505 3549 3612 Friseurmeister/in 2546 2234 2574 2931 2729 2694 Sonstige Meisterprüfungen 2542 2414 2136 2101 1476 1869 Landwirtschaftsmeister/in 633 716 605 592 436 528 Gärtnermeister/in 593 626 483 476 384 303 Meister/in für Bäderbetriebe 167 120 115 103 51 111 Sonstige gew.-techn. Fortbildungsprüfungen 11913 10492 11954 11909 9543 8208 Die Werte der letzten Einrückung sind eine unvollständige Auswahl der jeweils häufigsten Fachrichtungen innerhalb der Prüfungsgruppen. Daher ergibt ihre Summe nicht die Gesamtzahl der Prüfungen innerhalb einer Prüfungsgruppe. ** Für die Jahre 2007 und 2008 existieren aufgrund einer Umstellung der Erhebungsverfahren keine einheitlichen Daten vom Statistischen Bundesamt. Quelle: Fachserie 11 Reihe 3 (Statistisches Bundesamt) Einheitlichen Daten. Die insgesamt größte Veränderungsdynamik ist im Bereich der kaufmännischen Fortbildungen zu verzeichnen. Deutlich stabiler ist demgegenüber die Entwicklung im gewerblich-technischen Bereich. Zwar zeigt sich dort in der Breite ein erkennbarer Rückgang der Prüfungszahlen. Im Unterschied zu den kaufmännischen Fortbildungen verläuft der Trend in den einzelnen Prüfungsgruppen jedoch näher an der Gesamtentwicklung, die durch eine stetige Abnahme gekennzeichnet ist. Davon ausgenommen sind lediglich die Industrie- und die Fachmeister/-innen, deren Trend leicht aber kontinuierlich nach oben weist. 3.1.3 Schülerinnen und Schüler an Fachschulen Die Entwicklung der Schülerzahlen an den Fachschulen (Tabelle 3.3) unterliegt Schwankungen, die sich nicht aus dem Verlauf des generell für eine Fortbildung zur Verfügung stehenden Erwerbspersonenpotenzials erklären bzw. ableiten lassen (siehe Abbildung 3.1).

18 STATISTISCHER ÜBERBLICK Tabelle 3.3: Schüler/-innen an Fachschulen nach Geschlecht, Unterrichtsorganisation, Berufsbereichen und Vorbildung Schuljahr 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 Insgesamt 1) 167 558 162 776 159 165 152 110 153 001 159 467 175 200 183 379 männlich 79 580 77 953 75 477 72 191 73 014 77 713 85 301 89 327 weiblich 87 978 84 823 83 688 79 919 79 987 81 754 89 899 94 052 Teilzeitunterricht 2) 58 793 56 813 52 872 50 171 50 664 50 398 58 380 59 998 Berufsbereiche 2) Berufe in der Land-, Tier-, Forstwirtschaft und im Gartenbau 5 815 5 567 5 203 5 458 5 435 5 562 5 834 6 022 Fertigungsberufe 4 475 4 575 4 741 3 835 3 994 3 958 4 321 4 556 Technische Berufe 47 539 46 217 43 858 42 416 43 734 48 398 54 077 56 009 Dienstleistungsberufe 101 576 98 664 96 399 91 251 90 450 92 214 101 321 107 542 Ohne Berufsangabe 730 205 1 533 1 547 1 860 2 136 2 001 1 440 Schulische Vorbildung 2) * Hauptschulabschluss 10 595 7 646 7 382 6 748 7 060 8 486 8 854 8 149 Realschul- oder gleichw. Abschluss 43 477 40 298 39 327 35 712 36 887 38 635 41 539 42 722 Fachhochschulreife 5 179 5 799 6 201 6 877 7 821 7 857 8 649 8 545 Allg. und fachgeb. Hochschulreife 5 312 5 556 5 325 5 703 5 940 6 128 6 658 7 272 Sonstige Vorbildung 7 611 6 763 5 986 5 494 5 906 6 748 8 531 7 967 1) incl. Fachakademien in Bayern 2) ohne Fachakademien in Bayern *nur Anfänger/innen eines Bildungs-/Ausbildungsganges Quelle: Fachserie 11 Reihe 2 (statistisches Bundesamt) Maßgeblicher Einfluss auf die Entscheidung eine Weiterbildung an einer Fachschule zu beginnen, dürfte auch der aktuellen bzw. kurzfristigen wirtschaftlichen Entwicklung zukommen. Insbesondere in ökonomisch unsicheren Phasen sinkt die Bereitschaft, ein gesichertes Beschäftigungsverhältnis zu Gunsten einer mindestens einjährigen Vollzeitqualifizierung aufzugeben. Der hohe Ausbaugrad im Bereich der Teilzeitausbildung deutet hier offensichtlich auf eine akzeptierte Alternative hin, um Erwerbstätigkeit und qualifizierte Weiterbildung in Einklang zu bringen. Gerade für die Zielgruppe derer, die nicht über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügt, bieten die Fachschulen eine anerkannte Alternative für eine berufliche Höherqualifizierung außerhalb der Hochschulen. Der signifikante Anstieg zum Schuljahr 2009/10 (ca. 10 %) entsteht vermutlich durch die Überlagerung mehrerer Effekte. So dürfte zum einen auf Grund der Wirtschaftskrise ein Teil der freigesetzten Erwerbspersonen die Gelegenheit für eine Weiterqualifizierung genutzt haben. Andererseits ist ein deutlicher Anstieg im Bereich der Qualifizierung von Erzieherinnen und Erziehern zu verzeichnen, die für den gesetzlich garantierten Ausbau der Betreuungskapazitäten für Kleinkinder benötigt werden.

STATISTISCHER ÜBERBLICK 19 3.1.4 Absolventen und Absolventinnen an Fachschulen Die Zahl der Absolventen folgt mit zeitlichem Nachlauf in etwa der Entwicklung der Schülerzahlen. Mangels getrennter statistischer Erhebung sind Aussagen zu Abbruch- bzw. Erfolgsquoten nicht möglich. 3.2 Die Bedeutung postsekundarer Bildungskombinationen im Vergleich Die berufliche Ausbildung kombiniert mit einer anerkannten Aufstiegsfortbildung ist nur eine Möglichkeit für eine berufliche Karriere unter vielen. Darunter ist die Ausbildung auch ohne den späteren Erwerb eines Fortbildungsabschlusses mit über 50 % in der Bevölkerung sehr häufig vertreten (Tabelle 3.5). Dies trifft auf Männer und auf Frauen gleichermaßen zu, wobei der Anteil bei den Frauen kontinuierlich leicht über dem der Männer liegt. Ob es sich bei den etwas geringeren Quoten der unter 35-jährigen um einen reinen Alterseffekt oder wenigstens partiell um veränderte Präferenzen der jüngeren Geburtenjahrgänge handelt, ist aus dieser Darstellung nicht ersichtlich. Vor dem Hintergrund vergleichsweise hoher Anteile mit Hochschulstudium in diesen Jahrgängen ist zu vermuten, dass sich die Bildungsentscheidungen in den jüngeren Kohorten leicht zu Gunsten der Hochschulabschlüsse verschoben haben. Trotz alledem bleibt die berufliche Ausbildung die beliebteste berufliche Quali fikation und die Zahlen deuten nicht darauf hin, dass sich an dieser Tatsache sehr bald etwas ändern könnte. Der Bereich der anerkannten Aufstiegsfortbildungen als weiterführender Bildungsweg beansprucht in den Altersgruppen der über 40-jährigen einen relativ konstanten Anteil. Über 10 % der Männer dieser Jahrgänge wählen demnach diesen Bildungsweg. Frauen sind mit höchstens 5 % nur etwa halb so oft in dieser Gruppe vertreten. Da ein großer Teil der anerkannten Aufstiegs fortbildungen auf männliche Domänen in den ertigungsberufen und im Handwerk entfällt (Tabelle 3.2), ist der sehr viel geringere Anteil von Frauen mit anerkannten Aufstiegsfortbildungen wenig verwunderlich. Dieses Verhältnis zwischen den Anteilen der Männer und der Frauen ist in den jüngeren Kohorten ebenfalls zu beobachten wenn auch auf einem niedrigeren Niveau. Tabelle 3.4: Absolventinnen und Absolventen von Fachschulen nach Berufsbereichen Schuljahr 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 Insgesamt*) 55 775 58 429 58 657 56 647 54 159 53 744 50 799 54 965 Berufsbereiche**) Berufe in der Land-, Tier-, Forstwirtschaft und im Gartenbau 2 936 3 101 3 021 2 862 2 770 2 761 2 893 3 107 Fertigungsberufe 2 880 2 763 2 772 2 584 2 423 2 428 2 651 2 600 Technische Berufe 13 830 15 559 15 857 15 133 14 325 12 544 14 254 15 978 Dienstleistungsberufe 32 648 33 513 33 071 32 017 30 236 28 196 26 723 29 240 Ohne Berufsangabe 722 766 1 294 1 407 1 446 4 469 1 236 980 *) incl. Fachakademien in Bayern **) ohne Fachakademien in Bayern Quelle: Fachserie 11 Reihe 2 (Statistisches Bundesamt)

20 STATISTISCHER ÜBERBLICK Tabelle 3.5: Verteilung verschiedener beruflich qualifizierender Abschlüsse in der Bevölkerung Betrachtung der Gesamtbevölkerung nach Altersgruppen Alter (gruppiert) Ausbildung o. Fortbildung Ausbildung mit Fortbildungs abschluss Ausbildung und Studium (mit oder ohne Fortbildungsabschluss) Hochschulabschluss ohne beruflich qualifizierenden Abschluss* m w m w m w m w m w 15 19 2,3 % 2,7 % 0 % 0,1 % 0 % 0 % 0 % 0 % 97,5 % 97 % 20 24 40,2 % 39,1 % 1,2 % 1,3 % 0,1 % 0,2 % 1,2 % 2,4 % 57 % 56,8 % 25 29 54,4 % 56,1 % 4,1 % 2,5 % 2 % 2,1 % 11 % 14 % 28,3 % 25 % 30 34 55,3 % 58,1 % 6,6 % 3,3 % 4,4 % 3,2 % 15,4 % 15,8 % 17,9 % 19,1 % 35 39 56,9 % 62,5 % 8,4 % 4 % 5,3 % 3,7 % 14 % 12,2 % 14,8 % 17,2 % 40 44 57,7 % 64,9 % 10,3 % 4,8 % 5,5 % 3,6 % 12,9 % 9,8 % 13,2 % 16,4 % 45 49 58,3 % 63,4 % 10,3 % 4,9 % 4,6 % 2,8 % 12,8 % 9,7 % 13,5 % 18,6 % 50 54 57,9 % 62,2 % 10,3 % 5 % 4,7 % 2,7 % 13,9 % 10,4 % 12,7 % 19,1 % 55 59 57,8 % 61 % 10,9 % 4,4 % 5,6 % 2,3 % 13,1 % 8,5 % 11,9 % 23,1 % 60 64 56,1 % 59 % 11,2 % 4,1 % 5,7 % 1,7 % 13 % 7,1 % 13,2 % 27,5 % 65+ 56,2 % 43,6 % 11,9 % 2,7 % 3,9 % 0,5 % 10 % 3,2 % 16,9 % 48,2 % Quelle: Gesamtbevökerung von 82,1 Mio. Mikrozensus 2008 (eigene Berechnungen) Die Differenz der Summe der Zeilenprozente zu 100 sind fehlende Angaben im Datensatz (< 1 % bei den unter 65-Jährigen) * Nicht vergleichbar mit den Berechnungen der NFQ des BIBB, da inkl. Schüler/-innen, Studierende, Auszubildende, Wehr- oder Zivildienstleistende und Personen in Maßnahmen der beruflichen Fort- und Weiterbildung und Umschulung. 3.3 Zusammensetzung der Teilnehmer/innen nach Geschlecht, Vorbildung, Alter und Erwerbsstatus Die Darstellung in Tabelle 3.6 zeigt, wie die Teilnehmer/ innen an beruflichen Fortbildungen hinsichtlich unterschiedlicher Merkmale verteilt sind. Die Zahlen sind das Ergebnis von Berechnungen mit den Daten des Mikrozensus. Dabei ist es nicht möglich, die anerkannten Aufstiegsfortbildungen eindeutig von den übrigen (Anpassungs-)Fortbildungen und manchen schulischen Ausbildungsgängen zu trennen. Trotz einiger Anstrengungen die Datengrundlage zu bereinigen, ist davon auszugehen, dass die Untersuchungsgesamtheit nicht ausschließlich Personen während einer Aufstiegsfortbildung erfasst. Zunächst wird deutlich, dass sich die Anteile von Männern und Frauen insgesamt etwa die Waage halten (erste Zeile in Tabelle 3.6). Dieses Ergebnis steht nicht in Einklang mit der Feststellung aus dem vorangehenden Abschnitt, dass Männer in den anerkannten Aufstiegsfortbildungen überrepräsentiert sind und ist vermutlich den geschilderten Unzulänglichkeiten der Datenbasis geschuldet. Hinsichtlich der in Tabelle 3.6 dargestellten Merkmale unterscheiden sich Männer und Frauen meist nur geringfügig. Bezüglich der schulischen Vorbildung entfällt etwa die Hälfte auf Abschlüsse bis zum Mittleren Schulabschluss und die andere Hälfte auf Abschlüsse mit Hochschulzugangsberechtigung. Dabei stellen Frauen anteilig weniger Hauptschulabsolventen und mehr Hochschulzugangsberechtigte als Männer. Auch bei den beruflichen Abschlüssen sind die Differenzen zwischen den Geschlechtern überschaubar. Lediglich bei der dualen Berufsausbildung und der vollschulischen Berufsausbildung zeigen sich nennens-

STATISTISCHER ÜBERBLICK 21 Tabelle 3.6: Zusammensetzung der Teilnehmer nach Geschlecht, Vorbildung, Alter und Erwerbsstatus Anteile in % männl. weibl. zus. Zusammen 49,4 50,6 100,0 Zusammensetzung nach Vorbildung höchster Schulabschluss Hauptschule/Volksschule 18,2 12,9 15,5 Mittlerer Schulabschluss 33,9 35,5 34,7 Fachhochschulreife 23,1 23,4 23,3 Hochschulreife 24,8 28,2 26,5 höchster Beruflicher Abschluss keine Ausb. (max. Anlernausbildung) 2,1 * 2,0 * 2,0 Duale Berufsausbildung 57,0 51,6 54,3 Vollschulische Berufsausbildung 7,0 * 11,7 * 9,4 Ausbildung + Fortbildungsabschluss 20,7 21,8 21,2 Hochschulstudium 13,2 12,9 13,1 Zusammensetzung nach Alter und Geschlecht bis 24 Jahre 16,9 * 20,2 * 18,6 25 bis 29 23,1 16,9 20,0 30 bis 34 15,7 15,3 15,5 35 bis 39 16,5 14,5 15,5 40 bis 44 9,1 13,7 11,4 45 bis 49 7,4 8,9 8,2 50 und darüber 11,2 * 10,5 * 10,8 Zusammensetzung Erwerbstätigkeit der Teilnehmer Erwerbstätige 57,8 50,8 54,3 Erwerbslose 9,1 15,3 12,2 Nichterwerbspersonen 33,1 33,9 33,5 Quelle: Mikrozensus 2008 (eigene Berechnungen) Untersuchungsgesamtheit: Personen mit besuch einer Fachschule innerhalb der letzten vier Wochen vor der Befragung. * Werte mit Randsummen geschätzt (Originalwerte zwecks Anonymisierung durch das Statistische Bundesamt gesperrt)

22 STATISTISCHER ÜBERBLICK werte Verschiedenheiten zwischen Männern und Frauen. Letztere haben relativ häufiger eine vollschulische Berufs ausbildung und seltener eine duale Berufsausbildung absolviert. Unabhängig vom Geschlecht sind berufliche Ausbildungsabschlüsse mit einem Anteil von über 60 % die häufigste Form der beruflichen Vorbildung. Auf Fortbildungsabschlüsse entfallen etwa 20 % und ca. 13 % bringen bereits einen Hochschulabschluss mit. Die Altersverteilung der Teilnehmer/innen weist eine zu erwartende Konzentration bei den unter 40-jährigen auf. Im Schnitt sind etwa 70 % der Teilnehmer jünger als 40 Jahre. Bei den Männern sind es etwa 72 % bei Frauen dagegen etwa 67 %. Frauen s cheinen demnach etwas später als Männer eine berufliche Fortbildung anzustreben. Sowohl Männer als auch Frauen sind überdurchschnittlich häufig erwerbslos, während sie Schüler an einer Fachschule sind (Teilnehmer). Gegenüber den in Tabelle 3.7 ausgewiesenen Werten sind die Anteile während der Fortbildungsphase mit über 12 % stark erhöht. Frauen sind in deutlich höherem Maße davon betroffen als Männer. Auch die Anteile der Nichterwerbspersonen sind mit etwa 33 % im Vergleich zu Tabelle 3.7 stark erhöht, wobei dies Männer und Frauen in gleichem Ausmaß betrifft. 3.4 Abbruch- und Abschlussraten Mit Abbruchraten wird beschrieben, welcher Teil derjenigen Personen, die eine Fortbildung beginnen, diese nicht bis zum erfolgreichen Abschluss durchlaufen, sondern zu einem beliebigen Zeitpunkt die Fortbildung abbrechen. Abschlussraten stellen das entsprechende Pendant dar, für alle Personen, die die Fortbildung erfolgreich bis zum Ende durchlaufen. Die Berechnung sowohl von Abbruch- als auch von Abschlussraten setzt voraus, dass lückenlos Informationen darüber verfügbar sind, wie groß die Zahl derer ist, die eine Fortbildung beginnen bzw. sich zur Prüfung anmelden sowie über die Zahl derer, die diese erfolgreich beenden. Letzteres kann anhand der in den Abschnitten 3.1.1 und 3.1.2 dargestellten Statistiken ermittelt werden. Jedoch gibt es keine verlässlichen Angaben für die Zahl aller Aspirantinnen und Aspiranten. Somit fehlt derzeit die Basis für eine Berechnung von Abbruch- oder Abschlussraten im Bereich der anerkannten Aufstiegsfortbildungen. Seit dem Jahr 2007 ist die Erhebung der Prüfungsstatistik von Sammelmeldungen auf Einzelmeldungen umgestellt. Auf dieser Grundlage kann sich die unbefriedigende Datenlage entscheidend ändern. In den ersten beiden Jahren nach der Umstellung verlief die Erhebung noch nicht reibungslos, so dass gegenwärtig noch keine unmittelbar verbesserte Datensituation zu erkennen ist. Dieser Zustand sollte sich jedoch bald ändern, einen Ausblick auf mögliche Entwicklungen gibt Klaukien (Klaukien 2011). 3.5 Arbeitsmarktbezogene Ergebnisse postsekundarer Berufsbildungsprogramme Eine wichtige Frage sowohl für die Entwicklung des Systems als auch für individuelle Bildungsentscheidungen ist die nach dem Nutzen bestimmter beruflicher Bildungswege im Vergleich zu alternativen Bildungsoptionen. Unter der Annahme, dass eine höhere berufliche Qualifizierung die individuellen Arbeitsmarktchancen steigert, sollte sich eine höhere Qualifikation in einigen Kennzahlen für die Qualität von Arbeitsverhältnissen widerspiegeln und auf diese Weise Anreize für eine hochwertige berufliche Bildung schaffen. Ein wichtiger Indikator für den beruflichen Erfolg ist die Wahrscheinlichkeit unfreiwilliger Erwerbslosigkeit. Die Zahlen im ersten Teil von Tabelle 3.7 dokumen tieren, in welchem Umfang die Erwerbslosenquoten zwischen den verschiedenen Gruppen variieren. Dabei ist gut zu erkennen, dass Personen ohne berufliche Ausbildung das höchste Risiko tragen, erwerbslos zu sein. Bei einer Erwerbslosigkeit von ca. 6 % tragen Personen mit einer beruflichen Ausbildung bereits ein deutlich geringeres Risiko erwerbslos zu sein. Sowohl Fortbildungsabschlüsse als auch Hochschulabschlüsse führen zu einer weiteren Reduzierung auf bis unter 3 %. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind diesbezüglich vergleichsweise gering. Im zweiten Teil von Tabelle 3.7 sind jeweils die ersten drei Quartile der Einkommensverteilung untergliedert nach Bildungswegen und Geschlecht dargestellt. Exkurs: Quartile werden berechnet, indem die vorliegende Verteilung zunächst geordnet wird. In diesem Fall wird die Stichprobe nach dem Einkommen aufsteigend und für jede der im Tabellenkopf unterschiedenen Teilgruppen getrennt sortiert. Das erste Quartil ist gleich dem Ein kommen, das dem letzten Datum der ersten 25 % der (auf steigend sortierten) Fälle entspricht. Das zweite Quartil der Median wird bei 50 % der Verteilung gemessen und das 3. Quartil analog dazu bei 75 %. Die Einkommen der Erwerbstätigen mit verschiedenen Bildungswegen unterscheiden sich deutlich von einander. Hohe berufliche Qualifikation führt in der

STATISTISCHER ÜBERBLICK 23 Tabelle 3.7: Returns on Investment Arbeitsmarktbezogene Ergebnisse beruflicher Bildung Ausbildung o. Fortbildung Ausbildung mit Fortbildungsabschluss Ausbildung und Studium (mit oder ohne Fortbildungsabschluss) Hochschulabschluss ohne beruflich qualifizierenden Abschluss m w m w m w m w m w Erwerbsstatus Erwerbslose 6,3 % 5,4 % 2,8 % 4,1 % 2,5 % 2,9 % 2,8 % 3,5 % 11,1 % 7,3 % Nichterwerbspers 11,5 % 22,6 % 9,4 % 17,4 % 8 % 11,4 % 7,4 % 16,8 % 26,4 % 44 % Einkommen ( ) 1. Quartil (25 %) 2000 1000 2400 1500 2900 1600 3000 1800 700 400 2. Quartil (Median) 2500 1500 3000 2200 3800 2500 4000 2600 1850 900 3. Quartil (75 %) 3200 2300 4000 2900 5000 3350 5000 3500 2600 1600 Art der ausgeübten Tätigkeit einfache Tätigkeit 9,5 % 18,2 % 1,3 % 6,2 % 1,5 % 3,3 % 1,9 % 5,4 % 37,9 % 48,8 % leitende Tätigkeit 23,9 % 12,7 % 46,9 % 20,7 % 44,9 % 21,9 % 36,5 % 21,1 % 16,7 % 10,4 % qualifizierte Tätigkeit 66,6 % 69,2 % 51,8 % 73,1 % 53,6 % 74,8 % 61,6 % 73,5 % 45,4 % 40,8 % Berechtigung andere Mitarbeiter anzuleiten ja 73,0 % 59,9 % 86,0 % 67,0 % 77,8 % 60,4 % 72,3 % 57,1 % 57,8 % 45,0 % Arbeitsverhältnis befristet ja 9,2 % 10,6 % 5,6 % 9,5 % 8,9 % 14,5 % 12,1 % 19,4 % 21,7 % 18,7 % * einschließlich Personen mit Hochschulstudium, Fortbildungsabschluss und Ausbildung Quelle: Erwerbstätigenbefragung (BIBB/BAuA) 2006 und Mikrozensus 2008 (eigene Berechnungen) Regel zu deutlich höheren Einkommen sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Dabei ist sehr deutlich zu erkennen, dass eine fehlende berufliche Qualifikation (äußerst rechte Spalte) zu auffallend geringen Einkommen führt. Der Median beträgt im Vergleich zu Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung (äußerste linke Spalte) mit 1850 Euro nur etwa zwei Drittel gegenüber 2500 Euro bei den Männern und 900 Euro gegenüber 1500 Euro bei den Frauen. Damit liegt das Einkommen von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung um etwa 50 % über den Einkommen nicht formal Qualifizierter. Zwischen Personen mit abgeschlossener beruflicher Ausbildung und denen mit einem auf einer Ausbildung aufbauenden Fortbildungsabschluss sind ebenfalls starke wenn auch weniger drastische Differenzen zwischen den Einkommen zu erkennen. Demnach führt eine Aufstiegsfortbildung im Median zu 500 Euro (25 %) mehr Einkommen bei den Männern und 700 Euro (47 %) mehr Ein kommen bei den Frauen. An dieser Stelle ist Vorsicht bei der Inter pretation geboten, insbesondere der Zahlen für Frauen. Die dargestellten Ergebnisse kontrollieren nicht die Effekte durch Teilzeitbeschäftigung, deren Anteil bei Frauen in der Regel besonders hoch ist. Der starke Einkommensgewinn der Frauen mit einem Fortbildungsabschluss ist ggf. auf eine geringere Teilzeitquote dieser Frauen zurückzuführen. Dennoch kann festgehalten werden, dass ein

24 STATISTISCHER ÜBERBLICK Fortbildungs abschluss zu deutlich höheren Einkommen führt. Die Einkommen der Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss (Spalten 3 und 4) liegen nochmals stark über den Einkommen von Erwerbstätigen mit einem Fortbildungsabschluss. Die Steigerungsraten liegen wiederum im Bereich von 25 bis 35 %. Demzufolge sind Fortbildungsabschlüsse in Bezug auf das resul tierende Einkommen zwischen reinen Ausbildungsabschlüssen und Hochschulabschlüssen zu verorten. Ähnlich wie beim Einkommen führt ein höherer Bildungsabschluss bei der Art der Beschäftigung ebenfalls zu Differenzen. Insbesondere die Be deu tung einfacher Tätigkeiten nimmt mit höheren Bildungsabschlüssen erkennbar ab. Während von den Personen ohne beruflichen Abschluss an nähernd 50 % Frauen bzw. knapp 40 % Männer mit einfachen Tätigkeiten beschäftigt werden, sind es bei den Personen mit abgeschlossener be ruflicher Ausbildung lediglich knapp 20 % Frauen bzw. knapp 10 % Männer. Bei den Personen mit Fort bildungsabschluss und in gleichem Ausmaß ebenfalls bei Personen mit Hochschulabschluss ist der Anteil der Beschäftigung mit einfachen Tätigkeiten nahezu bedeutungslos niedrig. Zwischen den Letztgenannten sind dies bezüglich kaum Differenzen auszumachen. 3.6 Übergänge in andere Bildungsangebote Die folgenden Darstellungen sollen dazu dienen, die quantitative Bedeutung verschiedener Bildungswege und darin eingebettet den Stellenwert von Fortbildungsabschlüssen zu verdeutlichen. Wegen der Komplexität der Abbildungen wird auf eine erschöpfende Ausdeutung verzichtet. Anstelle dessen werden punktuell einige Befunde bezüglich Fortbildungsabschlüssen erläutert, die für diesen Bericht besonders nennenswert erscheinen. Spezifik der Datengrundlage Bei der Interpretation der Zahlen sollte beachtet werden, dass die Angaben ausschließlich realisierte Abschlüsse repräsentieren und keine abgebrochenen Versuche enthalten. Daher könnten beispielsweise Übergänge zur Hochschule in anderen Statistiken merklich höher ausfallen, wenn beispielsweise alle Studienanfänger berücksichtigt werden. Weiterhin werden bei der Erhebung ausschließlich Personen berücksichtigt, die in der Regel mindestens zehn Stunden pro Woche erwerbstätig sind. Es ist anzunehmen, dass das beobachtete Bildungsverhalten mit der Erwerbsneigung korreliert ist. Insofern kann es zu einer weiteren Ergebnis verzerrung kommen. 2 Erläuterung der Darstellungsform In den Flussdiagrammen der Abbildungen 3.2 bis 3.4 kann abgelesen werden, wie sich die Bildungsverläufe verschiedener Alterskohorten zusammensetzen. Im Sinne eines Stufenmodells des beruflichen Bildungssystems ist zu erkennen, welcher Anteil einer Alterskohorte ausgehend vom Erwerb der Ausbildungs- bzw. Hochschulreife die jeweils nachfolgende Stufe erreicht. Der vorgesehene Weg für Hochschulzugangsberechtigte kann bis an die Hochschule führen, während ohne Hochschulzugangsberechtigung mit einer Aufstiegsfortbildung in der Regel die höchste Stufe erreicht ist. In der Darstellung wird allen Personen einer Stufe eine Position auf der darauf folgenden Stufe zugeordnet, so dass die Summe auf jeder Stufe dem Anteil der Personen auf der vorangehenden Stufe entspricht. Die Grundlage der Daten ist die BIBB/BAuA-Erhebung 2006 (s.o.). Es ist deshalb bei der Interpretation zu berücksichtigen, dass sich in den Dar stellungen ausschließlich bereits realisierte Abschlüsse aber keine abgebrochenen Versuche wiederfinden lassen. Weiterhin sollte beachtet werden, dass die Reihenfolge der Abschlüsse im Einzelfall nicht zwingend der hier dargestellten entspricht. So kann ein Lehrabschluss auch nach einem Studium erfolgen. 3 Ergebnisse Zunächst wird deutlich, dass die berufliche Ausbildung innerhalb aller dargestellten Alterskohorten eine überaus bedeutsame Position einnimmt. Unter Personen ohne Hochschulzugangsberechtigung ist sie mit etwa 90 % die häufigste weiterführende Ausbildung nach der allgemein bildenden Schule. Aber auch unter Hochschulzugangsberechtigten ist die berufliche Ausbildung für etwa 45 bis 55 % eine Alternative zur Hochschule. 2 In den Abbildungen 3.2 bis 3.4 erscheinen die Anteile der Hochschulzugangsberechtigen, die eine Lehre absolvieren etwas überhöht. 3 Besonders bei Personen mit nachgeholter Hochschulzugangsberechtigung kann es häufiger der Fall sein, dass diese erst zu sammen mit einer bestimmten Ausbildung erworben wird. Dies würde den hohen Anteil derer erklären, die mit einer nachgeholten Hochschulzugangsberechtigung eine Lehrausbildung mit einem Studium kombinieren, da die Lehrausbildung in diesen Fällen Voraussetzung für das Studium war.

STATISTISCHER ÜBERBLICK 25 Abbildung 3.2: Bildungsverläufe I 34,2 % 60,5 % 5,2 % 100 % 100 % 100 % 38,8 % 51,5 % 9,7 % 8,1 % 91,9 % 12,3 % 87,1 % 0,6 % 13,1 % 5,3 % 33,2 % 4,4 % 87,5 % 35,1 % 13,1 % 38,8 % 1,7 % 2,5 % Abbildung 3.3: Bildungsverläufe II 26,3 % 66,1 % 7,3 % 100 % 100 % 100 % 40,2 % 55,1 % 4,7 % 9,4 % 90,6 % 16,4 % 82,1 % 1,4 % 23,3 % 7,7 % 24,1 % 10,3 % 80,3 % 48,7 % 14,5 % 18,9 % 3,1 % 6,9 %

26 STATISTISCHER ÜBERBLICK Abbildung 3.4: Bildungsverläufe III 24,8 % 68,7 % 6,4 % 100 % 100 % 100 % 51,7 % 44,7 % 3,5 % 11,4 % 88,6 % 20,0 % 78,6 % 1,5 % 20,7 % 7,0 % 17,0 % 8,2 % 80,4 % 55,2 % 11,4 % 12,0 % 3,7 % 6,6 % Von ihnen erreichen später mehr als 50 % einen Hochschulabschluss (nicht bei nachgeholter HZB). So verbleiben letztlich etwa 25 bis 30 % eines Altersjahrgangs mit Hochschulzugangsberechtigung (bspw. in Abb. 3.3: 7,7 + 24,1), die eine berufliche Ausbildung abschließen, ohne einen Hochschulabschluss zu erwerben. Insgesamt erwerben etwa 65 bis 70 % einen Hochschulabschluss, von denen mehr als ein Drittel zusätzlich eine berufliche Ausbildung abgeschlossen hat (bspw. Abb. 3.4: (20,7 + 3,7)/(51,7 + 20,7 + 3,7)). Die Übergänge von einer beruflichen Ausbildung zu einem Fortbildungsabschluss sind ebenfalls ungleich verteilt. Einerseits zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Hochschulzugangsberechtigung, wobei erstere eine um etwa ein Drittel höhere Neigung aufweisen, eine Fortbildung abzuschließen. Andererseits sind zwischen den Alterskohorten ebenfalls erhebliche Differenzen auszumachen. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil der Fort bildungsabschlüsse. Dieser Prozess scheint in der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen weitestgehend abgeschlossen zu sein, da bei den 45- bis 54-Jährigen keine weitere Steigerung zu erkennen ist. 2. Insgesamt erlangt etwa ein Achtel aller Personen mit beruflicher Ausbildung eine abgeschlossene Aufstiegsfortbildung (unabhängig von der Hochschulzugangsberechtigung). 3. Hochschulzugangsberechtigte schließen relativ häufiger eine anerkannte Aufstiegsfortbildung ab. Je nach Alterskohorte ist ihre Neigung zu einer Aufstiegsfortbildung bis zu 50 % höher (25- bis 34-Jährige) oder um etwa 25 % höher (45- bis 54-Jährige) als bei Personen ohne Hochschulzugangsberechtigung. 4. Unter den Hochschulzugangsberechtigen erfolgen Fortbildungsabschlüsse zu einem früheren Zeitpunkt. 5. Von den Hochschulzugangsberechtigten mit ab geschlossener Berufsausbildung und Fortbildungsabschluss schließen etwa 50 % ein Hochschul studium ab (ohne nachgeholte Hoch schulzugangsberechtigung). Damit verbleiben etwa 7 bis 8 % eines Jahrgangs auf dem Niveau des Fortbildungsabschusses. Dies liegt unterhalb des Anteils bei Personen ohne Hochschulzugangs berechtigung, der bei über 8 bis 10 % liegt (Abb. 3.3 und 3.4). 6. Die Zahlen lassen den Schluss zu, dass die betriebliche Karriere mit einer anerkannten Aufstiegsfortbildung nach wie vor eine hohe Bedeutung innerhalb des Systems der beruflichen Bildung besitzt.

STATISTISCHER ÜBERBLICK 27 3.7 Angebotstrends In den vorangehenden Abschnitten wurden postsekundäre berufliche Abschlüsse von verschieden Seiten beleuchtet. Naturgemäß können für solche Betrachtungen nur Vergangenheitsdaten genutzt werden. In diesem letzten Abschnitt des statistischen Überblicks soll daher ein Ausblick auf zukünftige sich abzeichnende Entwicklungen gegeben werden. Insbesondere für Deutschland ist diese Frage von Interesse, da hierzulande mit auch im europäischen Vergleich verhältnismäßig starken Veränderungen im Zuge des demographischen Wandels zu rechnen ist. Somit fallen mindestens zwei Effekte zusammen: Erstens wird die Zahl der Erwerbspersonen demographiebedingt sinken. Zweitens ist gegenwärtig ein Wandel der Qualifikationsstruktur in Richtung höher Abschlüsse (ISCED 5a und 6) zu beobachten. Im Rahmen eines Kooperationsprojektes 4 des BIBB und des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs- 4 Die BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufshauptfeldprojektionen (Helmrich/Zika 2010) sind koordinierte Angebots- und Be darfsprojektionen auf der Grundlage einer gemeinsamen Datenbasis und einheitlich definierter Berufsfelder (Tiemann et al 2008). Siehe auch www.qube-projekt.de forschung) sowie weiteren projektbeteiligten Instituten 5 werden regelmäßige Berechnungen des zukünftigen Arbeitsangebotes 6 und -bedarfs angestellt und veröffentlicht. Das Arbeitsangebot gibt das Potential der Arbeitskräfte an, die für eine Volkswirtschaft verfügbar sind. In den folgenden Abbildungen wird das Arbeitsangebot für Deutschland bis 2025 nach Qualifikationsstufen getrennt dargestellt. Der Kurvenverlauf in den verschieden Graphiken stellt keine genaue Prognose der zukünftigen Entwicklung dar, dies ist infolge des langen Projektionszeitraums kaum seriös möglich. Vielmehr werden Trends, die sich heute messen und quantifizieren lassen unter gegenwärtig geltenden Annahmen 7 (Helmrich and Zika 2010) fortgeschrieben. Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf Ausmaß und Richtung zukünftiger struktureller Veränderungen zu und können so Handlungsbedarf offenlegen. 5 Neben dem BIBB und dem IAB sind das Fraunhofer Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) sowie die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbh (GWS) an diesem Projekt beteiligt. 6 Das Arbeitsangebot ist definiert durch die Summe aller Personen, die ihre Arbeitskraft für Erwerbszwecke einsetzen (=Erwerbstätige) oder einsetzen möchten (=Erwerbslose). Erwerbspersonen = Erwerbstätige + Erwerbslose 7 Annahmen werden bspw. bezüglich zukünftiger Rahmenbedingungen getroffen und können sich im Zeitverlauf ändern (z. B. Renteneintrittsalter mit 67) oder als falsch erweisen (z. B. bzgl. des durchschnittlichen Wirtschaftswachstums).

28 STATISTISCHER ÜBERBLICK Abbildung 3.5: Heutige zukünftige Bedeutung verschiedener Abschlüsse für den Arbeitsmarkt (Erwerbspersonen in Millionen) bis zum Jahr 2025 a) ISCED 3b und 4 25 24 23 22 21 20 2005 2010 2015 2020 2025 b) ISCED 5b 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 2005 2010 2015 2020 2025 c) ISCED 5a und 6 10 8 6 4 2 0 2005 2010 2015 2020 2025 d) ISCED 1, 2 und 3a 12 10 8 6 4 2 0 2005 2010 2015 2020 2025 Quelle: Berechnungen QuBe-Projekt, www.qube-projekt.de (Helmrich/Zika 2010) Die dargestellten Zahlen sind das Ergebnis aktueller Berechnungen des Arbeitsangebotes. Bis 2008 wurden die Daten des Mikrozensus verwendet (Stützzeitraum), die Projektion beginnt mit dem Jahr 2009. Lesehilfe: Die Linien zeigen den Verlauf der Angebotsprojektionen unterschiedlicher Rechenmodelle (BIBB-FIT: hellblau/bibb-demos: blau). Aufgrund unterschiedlicher Modellarchitekturen sind die Ergebnisse der beiden Modelle nicht direkt zu vergleichen, der Bereich zwischen den Kurven sollte als Korridor der möglichen Entwicklung angesehen werden (bei heute gültigen Informationen und Annahmen). Die Graphen in Abbildung 3.5 zeigen, dass sich das Qualifikationsgefüge der deutschen Erwerbspersonen innerhalb der kommenden 15 Jahre deutlich verschieben wird. Während die Zahl der Erwerbspersonen mit Ausbildungsabschluss (a) und mit Aufstiegsfortbildung (b) mit der demographischen Entwicklung in Deutschland zurückgeht, steigt die Zahl der Erwerbspersonen mit (Fach-)Hochschulabschluss (c) entgegen des Trends sehr stark. Dies hat eine merkliche Verschiebung der Mengenverhältnisse zur Folge und steht im Einklang mit dem gegenwärtigen Trend zur Höherqualifizierung. Während der beschriebenen Entwicklung geht die Zahl der beruflich nicht Qualifizierten leicht zurück (d).