Verletzung des Transitional Rule Book (Swiss Blue Chip Segment) von SIX Swiss Exchange sowie der Blue Chip Segment Directive 19 von SIX Swiss Exchange



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Transkript:

Verletzung des Transitional Rule Book (Swiss Blue Chip Segment) von SIX Swiss Exchange sowie der Blue Chip Segment Directive 19 von SIX Swiss Exchange Entscheid: Die Sanktionskommission hat festgestellt, dass der Teilnehmer X die Ziffer 2.1.1.2 Abs. 1 der Blue Chip Segment Directive 19 von SIX Swiss Exchange (in Kraft bis 31. März 2010) und die Ziffern 2.5 lit. a und 2.10 lit. a, c und d des Transitional Rule Book for Blue Chip Trading of SIX Swiss Exchange (in Kraft bis 31. März 2010) verletzt hat, indem ein Händler von X am [XY] März 2010 auf der zweiten Handelslinie einen Kaufauftrag für A-Aktien zu einem Preis von CHF 1 eingegeben hat, der erheblich vom Referenzpreis von CHF 292.80 der ersten Handelslinie abwich. Gegen den Teilnehmer X wird eine Busse von CHF 30'000 ausgesprochen. Die Verfahrenskosten von CHF 12'000 werden dem Teilnehmer X auferlegt. Begründung 1. Am [XY] März 2010 hat ein Händler des Teilnehmers X über das Order-Routing-System eines anderen Teilnehmers einen Kaufauftrag über 90 A-Aktien auf der zweiten Handelslinie zu einem Preis von CHF 1 in das Auftragsbuch von SIX Swiss Exchange gestellt. An diesem Tag befanden sich die A-Aktien (zweite Handelslinie) aufgrund eines Bestens-Verkaufsüberhangs in einem Non- Opening-Status. Dieser Non-Opening-Status wurde durch den Kaufauftrag von X aufgelöst, da es unmittelbar nach Eingang dieses Auftrags über 90 A-Aktien durch X um [AA:BB:CC] Uhr zum Abschluss zum Preis von CHF 1 pro Aktie kam. Dieser Abschluss wurde von der Marktsteuerung der SIX Swiss Exchange für ungültig erklärt (Mistrade), da der Abschlusspreis von CHF 1 erheblich vom fairen Marktpreis abwich (Referenzpreis 1. Handelslinie am [XY] März 2010 um [AA:BB:CC] Uhr: CHF 292.80). 2. Am 30. Juni 2011 hat die Abteilung Surveillance & Enforcement (SVE) der Sanktionskommission den Antrag gestellt, dem Teilnehmer X eine Busse in der Höhe von CHF 40'000 aufzuerlegen, da er die Ziffer 2.1.1.2 Abs. 1 der Blue Chip Segment Directive 19 von SIX Swiss Exchange, die Ziffern 2.3, 2.5 lit. a sowie die Ziffern 2.10 lit. a, c und d des Transitional Rule Book verletzt hat. 3. X stimmte den Feststellungen von SVE zu und bestritt den von SVE vorgehaltenen Sachverhalt nicht. X erachtete jedoch (i) die vorgeschlagene Sanktion als unverhältnismässig. Ausserdem bringt X vor, dass (ii) auch Dritte eine Mitschuld tragen, was seines Erachtens zu einer Milderung der Sanktion führen sollte, dass (iii) der Fehler keine Verletzung der Marktintegrität darstellt und dass (iv) die Dauer des SVE-Verfahrens für die Einreichung eines Sanktionsantrages an die Sanktionskommission unangemessen lang gewesen sei. 4. Gemäss Ziffer 2.5 Abs. 1 der Verfahrensordnung von SIX Exchange Regulation kann SVE innerhalb von zwei Jahren nach der möglichen Verletzung von Regeln der Börse ein Sanktionsverfahren einleiten. Der Grund für diese Dauer ist einerseits, dass die Ermittlungen korrekt durchgeführt werden müssen. Kürzere Fristen würden eine unangemessene Vergrösserung von SVE als Organisation bedingen. Andererseits würden zu lange Verfahren die Rechtssicherheit beeinträchtigen. Im vorliegenden Fall hat SVE am 24. April 2010 von X eine erste Stellungnahme eingefordert. Diese Stellungnahme erfolgte mittels Schreiben vom 21. Mai 2010. Die formelle Untersuchung wurde am 6. Dezember 2010 eröffnet und X wurde aufgefordert, eine weitere Stellungnahme einzureichen. X hat sodann seine Stellungnahme mittels Schreiben vom 26. Januar 2011 eingereicht. Der Antrag auf Busse wurde der Sanktionskommission am 30. Juni 2011 eingereicht. X hat der Sanktionskommission seine letzte Stellungnahme am 6. September 2011 eingereicht (nachdem eine Fristerstreckung gewährt wurde). 5. Das Verfahren von SVE dauerte 15 Monate, was deutlich innerhalb der zugelassenen Frist von 24 Monaten liegt. Schnellere Verfahren wären sicher angebrachter, insbesondere wenn ein öffentliches Interesse vorliegt (betreffend den vorliegenden Fall, vgl. Ziffer 23 nachfolgend). Es wäre

jedoch unangemessen, mehr SVE-Mitarbeiter einzustellen, nur um in allen Fällen kürzere Verfahren sicherzustellen. Da die Frist bei weitem eingehalten wurde, gibt es keinen Grund, auf den von SVE vorgebrachten Antrag nicht einzugehen. 6. X brachte vor, dass es nicht sinnvoll sei, dass SVE nach so langer Zeit bei der Sanktionskommission Antrag auf Sanktion stelle, und dass SVE hätte entscheiden sollen, kein Sanktionsverfahren gegen X einzuleiten. SIX Swiss Exchange unterliegt als Börse dem Börsengesetz (Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel, BEHG). Das Gesetz sieht vor, dass eine Börse und ihre verantwortlichen Mitarbeiter Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten (Art. 3 BEHG). Solange SVE bzw. die SVE-Mitarbeiter demnach einen begründeten Verdacht auf einen Regelverstoss haben, der ein Sanktionsverfahren erfordern könnte, muss ein Verfahren eingeleitet werden. Andernfalls würde ein Risiko der Ungleichbehandlung und eine Rechtsunsicherheit bestehen, was mit dem BEHG nicht vereinbar ist. Im vorliegenden Fall würde ein Verzicht auf ein Verfahren seitens SVE den Rahmen ihrer Verwaltungsbefugnisse überschreiten. Erwägungen zu den verletzten Bestimmungen 7. Gemäss Ziffer 2.3 des Transitional Rule Book sind die Teilnehmer für die Echtheit und die Richtigkeit der Aufträge, die an das Börsensystem weitergeleitet werden, verantwortlich. Sie und nicht ihre Mitarbeiter die Händler sind verantwortlich für alle Aufträge, die in das Auftragsbuch eingegeben werden. Folglich liegt die Schuld für den Regelverstoss beim Teilnehmer. Der Teilnehmer ist gemäss Ziffer 2.5 lit. a des Transitional Rule Book auch dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass jede Transaktion im Blue Chip Segment gemäss den zum Zeitpunkt der Transaktion geltenden Bestimmungen durchgeführt wird. 8. Gemäss Ziffer 2.1.1.2 Abs. 1 der Blue Chip Segment Directive 19 dürfen nur die für Rückkäufe verantwortlichen Teilnehmer Geldkurse in das Auftragsbuch stellen, und zwar nur im Auftrag des Unternehmens, das den Rückkauf ausführt. Im vorliegenden Fall war [AB] für den Rückkauf der A- Aktien auf der zweiten Handelslinie verantwortlich. Folglich wurde durch die Eingabe des Kaufauftrags auf der zweiten Handelslinie durch den Händler von X am [XY] März 2010 die Ziffer 2.1.1.2 Abs. 1 der Blue Chip Segment Directive 19 verletzt. Wie erwähnt, ist der Teilnehmer X für diesen Verstoss verantwortlich. 9. Die Ziffer 2.10 des Traditional Rule Book sieht unter anderem vor, dass ein Teilnehmer nicht a) in einer Weise handeln darf, die einen falschen oder irreführenden Eindruck über den Wert oder den Preis eines Wertpapiers vermittelt oder vermitteln könnte, b) bewirken darf, dass ein falscher Preis im Börsensystem eingegeben wird, c) eine Transaktion tätigen oder einen Auftrag zu einem Preis eingeben darf, der in einem unangemessenen Umfang vom üblichen Marktpreis abweicht, wenn anderen Marktteilnehmern dadurch ein falscher oder irreführender Eindruck vermittelt werden könnte. Die practice note zur Ziffer 2.10 erläutert die Bedeutung dieser Bestimmung etwas genauer. Gemäss Punkt 2 dieser practice note handelt ein Teilnehmer in einer Weise, welche einen falschen oder irreführenden Eindruck über den Preis eines Wertpapiers vermittelt oder vermitteln könnte, wenn er einen Auftrag zu einem Preis in das Auftragsbuch eingibt, der im Verhältnis zum Marktpreis unangemessen hoch oder tief ist. In Punkt 8 werden Beispiele aufgeführt, bei welchen die Preise in einem unangemessenen Ausmass vom üblichen Marktpreis abweichen könnten, wie beispielsweise: die Eingabe des beabsichtigten Transaktionsvolumens in dem für den Preis vorgesehenen Feld; die Eingabe eines Preislimits bei einem Level wie z.b. CHF 1'000'000; oder das Platzieren eines Dezimalpunktes an der falschen Stelle. Die Liste mit Beispielen ist absichtlich nicht abschliessend. Aus dieser Liste geht hervor, dass es keinen Vorsatz erfordert, um gegen die Ziffer 2.10 des Transitional Rule Book zu verstossen. Ein unbeabsichtigter Fehler reicht aus für einen Verstoss. 10. X erklärte, dass die A-Aktien am [XY] März 2010 die Aufmerksamkeit des involvierten Händlers auf sich zogen, da ihm die Aufträge im Auftragsbuch angesichts der Liquidität dieser Aktien (auf der ersten Handelslinie) als sehr ungewöhnlich auffielen. Er nahm an, dass die A-Aktien keine Aktien,

sondern eher Zertifikate oder Warrants seien. Er erachtete diese Marktsituation als eine einmalige Geschäftsmöglichkeit und gab den Kaufauftrag für 90 A-Aktien zu CHF 1 in grosser Hast und ohne Kontrollieren der Beträge ein, was unmittelbar zu einem Abschluss zu einem Preis von CHF 1 führte. X erklärte ausserdem, dass der Händler in keiner Weise die Absicht hatte, den Markt zu manipulieren oder andere Marktteilnehmer irrezuführen. 11. Wie oben dargelegt, wird auch eine versehentliche Eingabe als Verstoss gegen die Ziffer 2.10 des Transitional Rule Book betrachtet. Ein vorsätzliches Handeln oder eine Absicht ist nicht erforderlich. Die Eingabe eines Kaufauftrags in das Auftragsbuch zu einem Preis von CHF 1 ist unverhältnismässig tief im Verhältnis zum Referenzpreis von CHF 292.80 auf der ersten Handelslinie und stellt einen Verstoss gegen Ziffer 2.10 lit. a dar. 12. X erklärte, dass es höchst unwahrscheinlich sei, dass den Marktteilnehmern ein falscher oder irreführender Eindruck im Sinne von Ziffer 2.10 lit. a vermittelt wird, wenn bei einem Referenzpreis von CHF 292.80 ein Preis von CHF 1 eingegeben wird. Je mehr der Preis des eingegebenen Auftrags vom Marktpreis abweicht, desto unwahrscheinlicher ist es, dass andere Marktteilnehmer einen falschen oder irreführenden Eindruck erhalten. Dieses Argument steht nicht im Einklang mit der nicht abschliessenden Liste unter Punkt 8 der practice note der Ziffer 2.10, die als Beispiel eine Preislimite von CHF 1 000 000 anstatt der gewünschten Limite nennt. Dies verdeutlicht, dass ein Auftrag von CHF 1 im vorliegenden Fall ebenfalls geeignet ist, einen falschen oder irreführenden Eindruck zu vermitteln. (Dieses Argument wird bei der Bestimmung der Schwere der Verletzung berücksichtigt, um den Umfang der Sanktion zu bemessen.) 13. Die vorgenannte Ziffer 2.10 lit. c wurde verletzt, indem der Händler von X im Börsensystem einen eindeutig falschen Preis für ein Wertpapier ausgelöst hat. Des Weiteren wurde auch lit. d der Ziffer 2.10 verletzt: Der Auftrag zum Preis von CHF 1 wich in einem grossen, unverhältnismässigen Ausmass vom Marktpreis (bzw. vom Referenzpreis auf der ersten Handelslinie) ab und ist daher geeignet, anderen Marktteilnehmern gegenüber einen falschen Eindruck des Wertes des Wertpapiers zu vermitteln. 14. Gemäss Ziffer 2.3 des Transitional Rule Book werden solche Verstösse gegen die Marktintegrität dem Teilnehmer angerechnet, was bedeutet, dass X gegen Ziffer 2.10 lit. a, c und d des Transitional Rule Book verstossen hat. 15. Der Auftrag zu einem Preis von CHF 1 für A [Aktien] wurde von X über das Orderrouting System eines anderen Teilnehmers weitergeleitet. X vertrat die Auffassung, dass dieser andere Teilnehmer ebenfalls Verantwortung trage, weil er keine systematischen Massnahmen ergriff, um Eingaben wie im vorliegenden Fall zu verhindern. Theoretisch müsste dieses Argument in Betracht gezogen werden, wenn X selber nicht ein direkter Teilnehmer wäre (dann wäre er jedoch auch nicht Subjekt des Sanktionsverfahrens von SIX Exchange Regulation gewesen). Da X aber selbst ein Teilnehmer von SIX Swiss Exchange ist, ist er selbst verantwortlich und kann nicht auf das Mitverschulden des anderen Teilnehmers verweisen. X hat die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Börse akzeptiert und ist verpflichtet, eine angemessene Organisation zu haben, selbst angemessene interne Richtlinien herauszugeben und die Einhaltung der reglementarischen Bestimmungen zu überwachen. Es ist folglich irrelevant, ob der andere Teilnehmer an diesem [XY] März 2010 hätte eingreifen müssen oder nicht. Dasselbe gilt für das Argument von X, dass der dritte Teilnehmer, welcher einen unlimitierten Verkaufsauftrag in ein leeres Auftragsbuch gestellt hat, in das Verfahren einbezogen werden sollte. Dies würde X nicht entlasten. 16. Gemäss der beständigen Praxis der Sanktionskommission dürfen Teilnehmer allfällige Fehler von anderen Teilnehmern nicht ausnutzen, und es dürfen damit keine Gewinne erzielt werden, wenn diese nicht im Einklang mit realen Marktbedingungen stehen. Allfällige Verstösse gegen die reglementarischen Bestimmungen durch andere Teilnehmer, welche die Eingaben von unlimitierten Verkaufsaufträgen in ein leeres Auftragsbuch nicht verhindert haben, werden folglich nicht berücksichtigt bei der Sanktionierung von anderen Teilnehmern wie X im vorliegenden Fall (siehe

Entscheidungen gegen Snake Trading, 1998, erwähnt in: http://www.six-exchangeregulation.com/enforcement/participants/sanction_decisions/sve_en.html). 17. X machte geltend, dass SIX Swiss Exchange eine Mitschuld trägt, da sie die separate Handelslinie für andere als den für den Rückkauf verantwortlichen Teilnehmer nicht blockiert hat, so dass die Eingabe eines Kaufauftrags nicht möglich gewesen wäre. Es ist ganz klar nicht Sinn und Zweck eines Sanktionsverfahrens, über mögliche zukünftige Systemänderungen zu befinden. Dies fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Sanktionskommission. Die reglementarische Bestimmung war einfach und eindeutig, so dass von jedem Händler erwartet werden konnte, dass er sie versteht und befolgt. Erwägungen zur Sanktion 18. Wenn ein Teilnehmer gegen die reglementarischen Bestimmungen verstösst, verhängt SIX Swiss Exchange Sanktionen, die von einem Verweis bis zu einer Busse in der Höhe von bis zu CHF 10 Millionen reichen. Um eine Sanktion zu verhängen, muss die Sanktionskommission der Schwere der Verletzung und dem Grad des Verschuldens Rechnung tragen (Ziffer 1.24 Abs. 3 AGB SIX Swiss Exchange, in Kraft bis 31. März 2010). Die Sanktion wird gegen den Teilnehmer selbst verhängt, da er verantwortlich und haftbar ist für Personen, die über seine Terminals Daten an das Börsensystem weiterleiten (Ziffer 1.22 AGB SIX Swiss Exchange). 19. X verwies auf das Prinzip der Gleichbehandlung. Er argumentierte, dass die Sanktionskommission X im Jahr 2009, als die Praxis der Sanktionskommission strenger wurde, mit einer Busse sanktioniert hat. Später jedoch, im Jahr 2010, erhielt ein anderer Teilnehmer lediglich einen Verweis, als er gegen die Registrierungsvorschriften für Händler verstiess, ähnlich wie der Verstoss von X im Jahr zuvor. X mit einer Busse zu sanktionieren, würde eine Ungleichbehandlung darstellen. Dieses Argument ist falsch. Die Sanktionskommission erachtete den von X genannten Missbrauch von Händler-IDs durch den anderen Teilnehmer in ihrem Entscheid im Jahr 2009 für weniger gravierend als den Missbrauch von Händler-IDs durch X. 20. X erklärte, dass eine Busse von CHF 40 000 eine drakonische Strafe darstellen würde im Vergleich zur Busse von CHF 100 000, die im Januar 2011 einem anderen Teilnehmer auferlegt wurde. An dieser Stelle sei jedoch daran erinnert, dass dieser andere Teilnehmer nicht als Teilnehmer, sondern als Emittent auf der Grundlage des Kotierungsreglements sanktioniert wurde (Ad-hoc-Publizität). Zu dieser Zeit war der Rahmen für Bussen für die Verletzung des Kotierungsreglements auf CHF 200 000 begrenzt. Die Busse für diesen anderen Teilnehmer wurde auf 50 % des Maximums festgesetzt, was darauf hinweist, dass die Verletzung schwerwiegend war. Das Handelsreglement für Emittenten wurde seither überarbeitet und die Limite wurde auf CHF 10 Mio. angehoben, d.h. auf denselben Betrag, der auch für Teilnehmer gilt. 21. Im vorliegenden Fall wird bei der Strafzumessung berücksichtigt, dass die Schwere der Verletzung nicht gravierend war. Der Abschluss konnte leicht aufgedeckt und für ungültig erklärt werden. SIX Swiss Exchange erklärte das Geschäft unverzüglich für ungültig (Mistrade). Der falsche oder irreführende Eindruck auf andere Marktteilnehmer hatte keine Folgen. Der Grad des Verschuldens war jedoch sehr hoch. Es ist weder annehmbar, dass ein Händler klare reglementarische Bestimmungen verletzt, noch dass ein Händler Aufträge zu höchst unüblichen Preisen eingibt, nur um einen Gewinn zu erzielen. X sagte aus, dass der Händler aufgrund einer einmaligen Geschäftsmöglichkeit handelte und (den Kaufauftrag) in grosser Hast und ohne Überprüfung der Beträge eingab. Der Grad des Verschuldens ist folglich nicht geringfügig. In Anbetracht sowohl der Schwere der Verletzung wie auch des Grads des Verschuldens im vorliegenden Fall und unter Berücksichtigung der von X ergriffenen Massnahmen, um sicherzustellen, dass seine Händler keine unangemessenen Aufträge mehr erteilen (es wurde seither kein Regelverstoss mehr festgestellt), wäre eine Busse in der Höhe von CHF 20 000, wie sie X im Jahr 2009 auferlegt wurde, angemessen.

22. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass SIX Swiss Exchange gegen X bereits im Jahr 2009 eine Busse von CHF 20 000 ausgesprochen hat. Gemäss Ziffer 1.24 Abs. 4 AGB SIX Swiss Exchange muss diese Sanktion berücksichtigt werden. Da wiederum eine Busse auszusprechen ist, muss ihr Betrag angemessen erhöht werden. Die Erhöhung um die Hälfte des Betrags, der X auferlegt würde, wenn X bisher nicht sanktioniert worden wäre, ist nach bestem Urteilsvermögen der Sanktionskommission. Die seit dem [XY] März 2010 verstrichene Zeit liegt vollständig im Zeitrahmen von zwei Jahren, der SVE zur Verfügung steht, um ein Verfahren einzuleiten. SVE hätte somit bis zum [XY] März 2012 Zeit gehabt, ein Verfahren einzuleiten. Ebenso liegt die verstrichene Zeit im Zeitrahmen für die Sanktionskommission, um eine Sanktion auszusprechen. Die Sanktionskommission hätte nämlich bis zum [XY] Dezember 2012 Zeit gehabt, eine Sanktion auszusprechen. Aus diesem Grund wird im vorliegenden Fall die Zeitspanne bei der Bemessung der Sanktion nicht berücksichtigt. In Anbetracht all dieser Umstände wird eine Busse von CHF 30 000, welche sich eher im unteren Bussenrahmen befindet, als angemessen erachtet. 23. Gemäss den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat SIX Swiss Exchange die Möglichkeit, nicht jedoch die Pflicht, Sanktionen der Öffentlichkeit bekannt zu geben (Ziffer 1.24 in fine). Diese Kann- Vorschrift hat Vorrang gegenüber Ziffer 6.3 der Verfahrensordnung, gemäss welcher die Sanktionskommission die in Rechtskraft erwachsenen Sanktionsentscheide zu publizieren hat. In früheren Fällen, die von geringer Bedeutung waren, hat die Sanktionskommission die Sanktion nicht publiziert, wenn die Sanktion an sich ausreichend war, um den Teilnehmer zu veranlassen, eine weitere Verletzung der Regeln der Börse zu vermeiden. Dies ist der Fall, wenn es kein öffentliches Interesse gibt, den Namen des Teilnehmers zu publizieren, und wenn die Sanktion einer Busse an der unteren Grenze des Bussenrahmens liegt. Dem Antrag von SVE wird gefolgt, da dieser Entscheid in keinem öffentlichen Interesse steht und deshalb von SIX Exchange Regulation nicht veröffentlicht werden muss. 24. Gemäss der Verfahrensordnung sind die Verfahrenskosten von CHF 12 000 (CHF 5 000 für SVE, CHF 7 000 für die Sanktionskommission) vom Teilnehmer X zu tragen. Zürich, 18. November 2011 (Übersetzung)