Kirchliches Arbeitsgericht beim Erzb. Offizialat Freiburg. Urteil

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Aktenzeichen: M 04/2017 (Bitte bei allen Schreiben angeben) Kirchliches Arbeitsgericht beim Erzb. Offizialat Freiburg Verkündet am 27. Februar 2018 (gez. Balle) Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Urteil in Sachen Sondervertretung der Mitarbeitervertretung XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Klägerin 1 Sondervertretung der Mitarbeitervertretung XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX X XX - Klägerin 2 Sondervertretung der Mitarbeitervertretung XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XX XX - Klägerin 3 Prozessbevollmächtigter: XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

2 XX gegen Erzbistum Freiburg XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - Beklagte - wegen: Klärung der Frage, ob eine Dienstvereinbarung zur Ausgestaltung des betrieblichen Eingliederungsmanagements geschlossen werden darf ( 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO) hat das Kirchliche Arbeitsgericht der Erzdiözese Freiburg durch den Vorsitzenden Richter am Kirchlichen Arbeitsgericht Dr. Gohm am 27.02.2018 ohne mündliche Verhandlung gemäß 7 Abs. 1 Satz 2, 34 Abs. 3 KAGO. für Recht erkannt: 1. Es wird festgestellt, dass eine Dienstvereinbarung zur Ausgestaltung des betrieblichen Eingliederungsmanagements geschlossen werden darf. 2. Die Auslagen der Klägerinnen hat das beklagte Erzbistum zu tragen. 3. Die Revision zum Kirchlichen Arbeitsgerichtshof wird zugelassen. Tatbestand Die Beteiligten streiten um die Frage, ob eine Vereinbarung zur Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (im Folgenden: BEM) gemäß 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO zulässig ist. Bei den 3 Klägerinnen handelt es sich um die Sondervertretung der Mitarbeitervertretungen der XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX. Beklagt ist das Erzbistum Freiburg. Die Klägerinnen haben mit Antrag vom 17. März 2017 die Einigungsstelle beim Erzbischöflichen Ordinariat angerufen und unter anderem beantragt, das beklagte Erzbistum zu verpflichten, eine Dienstvereinbarung über die Durchführung eines BEM abzuschließen. Das beklagte Erzbistum hat die Zuständigkeit der Einigungsstelle bestritten. Im Verfahren vor der Einigungsstelle haben sich die Beteiligten auf den Abschluss eines Zwischenvergleichs geeinigt. Dieser sieht vor, dass sich die Klägerinnen an das kirchliche Arbeitsgericht zur Klärung der Frage, ob eine Dienstvereinbarung zur Ausgestaltung des BEM geschlossen werden darf, wenden und dass das Einigungsstellenverfahren bis zur Rechtskraft des kirchenrechtlichen Verfahrens ruht. In der Folge leiteten die Klägerinnen mit ihrer Klage vom 10. November 2017 das kirchengerichtliche Verfahren ein.

3 Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass ihnen ein Anspruch auf Abschluss einer Dienstvereinbarung zum BEM in den der Einigungsstelle vorgelegten Fassungen gemäß 37 Abs. 1 Nr. 10, 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO zustehe. Das BEM versuche gemäß 84 Abs. 2 SGB IX durch rechtzeitige Initiative Gesundheitsschäden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abzuwenden und eine Wiedereingliederung in den Arbeitsalltag zu gewährleisten. In 84 Abs. 2 SGB IX sei kein abschließender Maßnahmenkatalog genannt. Vielmehr gebe er den Parteien in der Einrichtung die Möglichkeit, die Inhalte auszugestalten. Es handele sich um eine ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschrift, die das Mitbestimmungsrecht der MAV begründe. Aus dem Umkehrschluss dieses Mitbestimmungsrechts gemäß 36 Abs. 1 Nr. 10 MAVO ergebe sich die zwingende Form als Dienstvereinbarung gemäß 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO, wenn es um Verfahrensvereinbarungen auf dem Gebiet des BEM gehe. Für ein normiertes Initiativrecht im Sinne einer Dienstvereinbarung spreche außerdem, dass das BEM systematisch und präventiv auch den möglichen betrieblichen Ursachen von Arbeitsunfähigkeiten nachgehen solle. Die Erörterung von betrieblichen Maßnahmen zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit solle als ein Verfahren der gesundheitlichen Prävention die betrieblichen Gegebenheiten und den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz verändern. Die anvisierten Regelungen seien auch kollektivrechtlicher Art. Es gehe bei diesen um das Wie der Durchführung des BEM. Individuelle Regelungen für Einzelfälle würden nicht getroffen. Es würde lediglich der allgemeine Rahmen für die Erarbeitung von Maßnahmen festgelegt. Der von der Beklagtenseite gezogene Vergleich zu 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG führe schon deshalb zu keiner anderen Wertung, weil 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO über einen anderen Wortlaut verfüge. Auch die Argumentation der Beklagten, dass das BEM nicht lediglich präventiven Charakter habe, gehe fehl. Wesentliches Ziel des BEM sei gerade die Prävention. Die Klägerinnen beantragen: Es wird festgestellt, dass eine Dienstvereinbarung zur Ausgestaltung des betrieblichen Eingliederungsmanagements geschlossen werden darf. Das beklagte Erzbistum beantragt: Die Klage wird abgewiesen. Man sehe für die angestrebten Vereinbarungen lediglich den Abschluss einer Regelungsabrede als korrektes Instrument an. Dienstvereinbarungen seien nur in den abschließend aufgezählten Angelegenheiten des 38 Abs. 1 MAVO zulässig. Freiwillige Dienstvereinbarungen kenne die MAVO im Gegensatz zu 88 BetrVG nicht. 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO sei vorliegend nicht einschlägig. Bei der Durchführung des BEM handele es sich um die gesetzlich obliegende Verpflichtung des Arbeitgebers gemäß 84 Abs. 2 SGB IX. Das BEM könne zwar auch Maßnahmen des Gesundheitsschutzes beinhalten, ziele jedoch auf den individuellen Einzelfall aufgrund der jeweiligen Arbeitsunfähigkeitszeit mit Zustimmung des Beteiligten ab. Dabei habe das BEM nicht lediglich präventiven Charakter, wie es Maßnahmen zur Verhütung von Dienst und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen seien, sondern wolle die

4 Rehabilitation zur Teilhabe am Arbeitsleben sichern. Die Fallgruppe des 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO erfasse nach ihrem Wortlaut und Inhalt das BEM gerade nicht, da das BEM nicht lediglich auf Maßnahmen zur Verhütung reduziert werden dürfe. Außerdem bestehe nach 84 Abs. 2 SGB IX keine Verpflichtung zur Aufstellung einer Verfahrensordnung. Überdies fehle es bei den geplanten Regelungen an einem kollektiven Bezug. Nichts anderes erschließe sich bei einem Blick in das Betriebsverfassungsrecht, an welches sich die MAVO anlehne. 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sei das inhaltliche Pendant zu 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO. Unter den Zustimmungstatbestand des 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG falle das BEM aber gerade nicht. Zudem ziele der Inhalt der angestrebten Dienstvereinbarungen nicht auf einzelne Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen. Vielmehr würden grundsätzliche Verfahrensabläufe festgehalten werden, wofür die MAVO keinen Abschluss einer Dienstvereinbarung zulasse. Hierfür kenne das Betriebsverfassungsrecht den Mitbestimmungstatbestand des 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Eine entsprechende Regelung in der MAVO gebe es indes nicht. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Auf Vorschlag des Gerichts beantragten alle Beteiligten eine Alleinentscheidung des Vorsitzenden ohne mündliche Verhandlung. Entscheidungsgründe Die zulässige Klage ist begründet. Gemäß 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO darf eine Dienstvereinbarung zur Ausgestaltung des betrieblichen Eingliederungsmanagements geschlossen werden. 1. Die Klage ist zulässig. Rechtsstreitigkeiten über die Frage der Zulässigkeit des Abschlusses einer Dienstvereinbarung sind vom kirchlichen Arbeitsgericht auf Antrag gemäß 2 Abs. 2 KAGO zu entscheiden (Thiel/Fuhrmann/Jüngst, Kommentar zur Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung, 7. Aufl. 39 Rn. 119). Auch das für eine Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse liegt vor. Durch die gerichtliche Entscheidung wird für die Beteiligten verbindlich geklärt, ob eine Dienstvereinbarung zum BEM abgeschlossen werden darf. 2. Die Klage ist auch begründet, denn eine Dienstvereinbarung zur Ausgestaltung des BEM unterfällt dem Tatbestand des 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO. Danach sind Dienstvereinbarungen zulässig für Maßnahmen zur Verhütung von Dienst und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen. Maßnahmen im Rahmen des BEM sind sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck nach Maßnahmen zur Verhütung von sonstigen Gesundheitsschädigungen im Sinne des 167 Abs. 2 SGB IX (ehemals 84 SGB IX). a. 167 Abs. 2 SGB IX bestimmt: Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person

5 die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des 14 Absatz 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt. b. Maßnahmen im Rahmen des BEM sind damit schon dem Wortlaut nach Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen. Mit dem BEM soll erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden. Mit anderen Worten: Es sollen weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die zur Arbeitsunfähigkeit führen, vermieden werden. Dies ist nichts anderes als das Bemühen, Gesundheitsschädigungen zu verhüten. c. Auch dem Sinn und Zweck nach sind Maßnahmen im Rahmen des BEM solche zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen. Nach der Gesetzesbegründung verfolgt 167 Abs. 2 SGB IX den Zweck, einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen möglichst frühzeitig vorzubeugen (BT-Drs. 14/5074 S. 61). Geschütztes Rechtsgut sind die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter/innen (Freiburger Kommentar zur MAVO - Sroka, 36 Rn. 109). Intention des Eingliederungsmanagements ist es, durch rechtzeitige Initiative Indikatoren zu erkennen, die für langandauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten verantwortlich sind und die wiederum häufig ein Indiz für Krankheitsverläufe bilden, die zu bleibenden Gesundheitsschäden und vor allem zu chronisch degenerativen Erkrankungen und Behinderungen führen (Eichstätter Kommentar zur MAVO Schmitz 36 Rn. 90). Zudem soll durch das BEM versucht werden, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden. Rehabilitationsbedarfe sollen erkannt und entsprechend Maßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden (ErfK/Rolfs 18. Aufl. SGB IX 167 Rn. 4-6). Damit weist das BEM präventiven Charakter auf. Der Beklagtenseite ist zwar zuzugestehen, dass das BEM nicht lediglich präventiven Charakter hat. Entscheidend ist aber allein, dass das BEM auch und dies bestreitet auch die Beklagtenseite nicht der Prävention dient. Wenn das BEM darüber hinaus Weiteres leistet, schließt dies den Tatbestand des 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO nicht aus. Den von Beklagtenseite angenommenen Ausschließlichkeitscharakter gibt bereits der Wortlaut der Norm nicht her. d. Der Inhalt des BEM ist vom Gesetz nicht festgelegt (BAG 10.12.2009-2 AZR 198/09 - Rn. 17). Die Regelung nach 167 Abs. 2 SGB IX bezeichnet die Maßnahmen nicht abschließend. Bei 167 Abs. 2 SGB IX handelt es sich vielmehr um eine ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschrift (BAG 22. März 2016 1 ABR 14/14 Rn. 9). Auch dies spricht deutlich dafür, Dienstvereinbarungen zur Ausgestaltung für zulässig zu halten (so auch Eichstätter Kommentar zur MAVO Schmitz 36 Rn. 90, der das Mitbestimmungsrecht der MAV als begründet ansieht). Eine Regelungsabrede wäre dem nicht gleichwertig, weil sich die einzelnen Mitarbeiter hierauf nicht berufen könnten. Richtig mag sein, dass 167 Abs. 2 SGB IX keine Verpflichtung zur Aufstellung einer Verfahrensordnung begründet (BAG 10. Dezember 2009-2 AZR 198/09 Rn. 18). Hieraus kann aber kei-

6 neswegs der Schluss gezogen werden, dass 167 Abs. 2 SGB IX ein Verbot zur Aufstellung entsprechender Verfahrensordnungen vorsieht. Im Gegenteil gibt die Vorschrift wie aufgezeigt einen ausfüllungsbedürftigen Rahmen vor. e. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ist auch der notwendige kollektive Bezug gegeben. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal hierfür ist, ob es sich inhaltlich um generelle Regelungen handelt oder ob es um Maßnahmen und Entscheidungen geht, die nur einen Arbeitnehmer betreffen, weil es um dessen besondere Situation oder dessen Wünsche geht, die ausschließlich einzelfallbezogen sind (BAG 24. April 2007 1 ABR 47/06 Rn. 19). Dies zugrunde gelegt, stellen die anvisierten Vereinbarungen kollektive Regelungen dar. Es soll dabei um das Wie der Durchführung des BEM gehen, und zwar für alle Arbeitnehmer, die von einem BEM betroffen sein können. Damit handelt es sich gerade nicht um eine Maßnahme, die lediglich einen Arbeitnehmer betreffen kann. Im Übrigen macht die Nennung des BEM in 166 Abs. 1 SGB IX deutlich, dass auch der Gesetzgeber beim BEM regelmäßig von einem kollektiven Bezug ausgeht. f. Die von dem beklagten Erzbistum behauptete Parallele zu 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG verfängt nicht. Der Beklagtenseite ist zwar darin recht zu geben, dass 38 MAVO eine abschließende Regelung darstellt, Dienstgeber und MAVO zum Abschluss von Dienstvereinbarungen damit nur über Angelegenheiten berechtigt sind, für die nach der MAVO eine Rechtsetzungskompetenz besteht (Eichstätter Kommentar zur MAVO-Schmitz 38 Rn. 12 mit weiteren Nachweisen). Schlussfolgerungen für das Mitarbeitervertretungsrecht lassen sich aus einem vergleichenden Blick zum BetrVG jedoch nicht ziehen. Dies ergibt sich schon daraus, dass 38 Abs. 1 Nr. 12 MAVO einen anderen Wortlaut als 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG aufweist. Im Übrigen ist die Systematik des Betriebsverfassungsgesetzes, die gemäß 88 BetrVG im Gegensatz zur MAVO auch freiwillige Betriebsvereinbarungen kennt, eine andere. Schließlich ist das kirchliche Arbeitsrecht für sich selbst und selbstständig auszulegen. 3. Der Ausspruch über die Kostentragung beruht auf 12 Abs. 1 KAGO in Verbindung mit 17 Abs. 1 MAVO. Die Revision wurde gemäß 47 Abs. 2 Buchstabe a) zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. 4. Die Entscheidung erging ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden des Kirchlichen Arbeitsgerichts gemäß 7 Abs. 1 Satz 2, 34 Abs. 3 KAGO. Rechtsmittelbelehrung: Sie können gegen das Urteil des Kirchlichen Arbeitsgerichts die Revision zum Kirchlichen Arbeitsgerichtshof einlegen, wenn diese in dem Urteil des Kirchlichen Arbeitsgerichts zugelassen worden ist. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das Urteil des Kirchlichen Arbeitsgerichts auf der Verletzung einer Rechtsnorm beruht. Die Revision ist binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Kirchlichen Arbeitsgericht - Adresse: Kirchliches Arbeitsgericht der Erzdiözese Freiburg beim Erzb. Offizialat Freiburg, Herrenstraße 14, 79098 Freiburg, Telefax: 0761 13791313 (vorläufige Nummer, die sich in Kürze ändern wird!) oder dem Kirchlichen Arbeitsgerichtshof Adresse: Kirchlicher Arbeitsgerichtshof für die deutschen Diözesen, Kaiserstraße 161, 53113 Bonn, Telefax: 0228 103-273 schriftlich einzulegen. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Revision muss innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils begründet werden. Die Begründung ist bei dem Kirchlichen Arbeitsgerichtshof einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. gez. Dr. Gohm Vorsitzender Richter am Kirchlichen Arbeitsgericht