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Transkript:

DGUV-Information Ortsbindung der Bedienperson bei pneumatischen Steuerungen Ausgabe 07/2017 FB HM-091 Zahlreiche Maschinen und Vorrichtungen verfügen über pneumatisch angetriebene Antriebe, die von der Bedienperson manuell gesteuert werden. Die europäische Maschinenrichtlinie und die allgemeinen Gestaltungsleitsätze nach DIN EN ISO 12100 stellen Anforderungen an eine Ortsbindung der Maschinenbedienperson bei nicht vorhandener oder bei geöffneter beweglicher trennender Schutzeinrichtung. Diese Anforderungen hängen von der jeweiligen Maschinenanwendung und der Arbeitsaufgabe der Bedienperson ab. Für eine Ortsbindung sind verschiedene technische Lösungen denkbar. In dieser DGUV-Information werden einige Beispiele für eine Ortsbindung der Hände einer Bedienperson beim Einsatz pneumatischer Steuerungen erläutert. Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeine Anforderungen 2 Maschinenspezifische Anforderungen 3 Bauteile einer Zweihandschaltung 4 Risikobeurteilung/Sicherheitsfunktionen 5 Beispiele von Zweihandsteuerungen 6 Integration in Maschinen 7 Zusammenfassung und Anwendungsgrenzen Bild 1: Ortsbindung an einer Maschine 1 Allgemeine Anforderungen Die europäische Maschinenrichtlinie (MRL) [1] stellt im Anhang I Nr. 1.2 die Anforderungen für Steuerungen und Befehlseinrichtungen, die vom Maschinenhersteller zu berücksichtigen sind. In der DIN EN ISO 12100 [2] Sicherheit von Maschinen Allgemeine Gestaltungsleitsätze Risikobeurteilung und Risikominderung werden nicht trennende Schutzeinrichtungen wie zum Beispiel Zweihandschaltungen definiert. Die Tabelle B.1 der Norm zeigt an Beispielen die Gefährdungen für die Bedienperson. Eine Zweihandschaltung kann eine Schutzmaßnahme für die Hände der Bedienperson sein. Alle Anforderungen gelten unabhängig von der verwendeten Technologie (Elektrik, Elektronik, Hydraulik, Pneumatik). Grundsätzlich dient die Zweihandschaltung der Ortsbindung der Bedienperson zum Beispiel beim Bestücken einer Maschine mit Werkstücken oder beim Einstellen von Werkzeugen. Mit Hilfe dieser Schutzmaßnahme ist die Bedienperson bei diesen Arbeiten im Arbeitsraum vor einem Eingriff in eine gefährliche Bewegung geschützt, die zum Beispiel von Antrieben (Stempel) oder Fügewerkzeugen ausgeht. Die Anforderungen und funktionalen Aspekte für Zweihandschaltungen als nicht trennende Schutzeinrichtung sind in der harmonisierten europäischen Typ-B2-Norm DIN EN 574 [3] Sicherheit von Maschinen Zweihandschaltungen Funktionelle Aspekte Gestaltungsleitsätze definiert. Diese Norm entspricht derzeit der ISO 13851 [4] Safety of machinery - Two-hand control devices - Functional aspects and design principles, die gegenwärtig in Überarbeitung ist. In maschinenspezifischen Typ-C-Normen werden detaillierte Anforderungen an die Zweihandschaltung für die jeweilige Maschine gestellt. Darin werden Einsatzmerkmale bei der Verwendung von Zweihandschaltungen genannt, zum Beispiel: Einrichten, Umrüsten, Fehlersuche sowie Reinigungs-/ Instandhaltungsarbeiten an Maschinen müssen bei geöffneter (abgeschalteter) Schutzeinrichtung erfolgen. Alle weiteren Steuerungsarten sind abgeschaltet. Der Betrieb ist nur durch kontinuierliche Betätigung einer Zustimmeinrichtung, einer Zweihandschaltung oder einer Steuereinrichtung mit selbsttätiger Rückstellung zugelassen.

DGUV-Information, FB HM-091 Ausgabe 07/2017 Seite 2 / 5 Der Betrieb ist nur unter Bedingungen mit vermindertem Risiko (z. B. reduzierte Geschwindigkeit) zugelassen. Häufig fehlen jedoch maschinenspezifische Anforderungen für eine Ortsbindung mit Hilfe einer Zweihandschaltung. 2 Maschinenspezifische Anforderungen Wo maschinenspezifische Typ-C-Normen fehlen, zum Beispiel für: Dichtigkeitsprüfstände, Montageautomaten/Fügemaschinen, bei denen Bauteile durch einen Pneumatikzylinder mit Fügestempel zusammengefügt werden, oder Spannvorrichtungen für Werkstücke, deren unerwarteter Anlauf bei geöffneter beweglicher trennender Schutzvorrichtung für die Bedienperson gefahrbringend sein können, muss der Maschinenhersteller eine individuelle Risikobeurteilung durchführen. Ob eine Zweihandschaltung als geeignete Schutzmaßnahme oder Sicherheitseinrichtung in Frage kommt, resultiert aus der Risikoanalyse/-beurteilung. Die DIN EN 574 beschreibt in Kapitel 3.1 die Zweihandschaltung wie folgt: Eine Zweihandschaltung ist eine Schutzeinrichtung, die mindestens die gleichzeitige Betätigung durch beide Hände erfordert, um den Betrieb einer Maschine einzuleiten und aufrechtzuerhalten, solange eine Gefährdung besteht, um auf diese Weise eine Maßnahme zum Schutz nur der betätigenden Person zu erreichen. Dabei muss der Abstand der beiden Taster (Stellteile der Zweihandschaltung) von der nächstgelegenen Gefahrenstelle so groß sein, dass beim Loslassen eines Tasters die gefahrbringende Bewegung unterbrochen wird, bevor die Bedienperson die Gefahrenstelle erreicht oder bevor die Bedienperson in die Gefahrenstelle hineingreifen kann. (siehe DIN EN ISO 13855 [5]). 1 Eingangssignal (betätigende Hand) 2 Zweihandschaltung als Ganzes 3 Stellteile, die manuell betätigt werden 4 Signalumsetzer 5 Signalverarbeitung 6 Ausgangssignal zur Steuerung von z. B. Ventilen 7 Logikeinheit Bild 3: Bauteile einer Zweihandschaltung EN 954-1 [6] Sicherheit von Maschinen Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen, Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze und enthält keine Hinweise auf eine Ausführung nach der DIN EN ISO 13849-1 [7] Sicherheit von Maschinen Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen, Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze. Im Gegensatz dazu beschreibt die ISO 13851 die Anwendung der Kategorien nach DIN EN ISO 13849-1. Die im folgenden Abschnitt in dieser Information gezeigte Tabelle 1 stellt eine deutsche Fassung der entsprechenden Tabelle aus der ISO 13851 zu den Typen von Zweihandschaltungen und den jeweiligen Mindestsicherheitsanforderungen dar. 4 Risikobeurteilung / Sicherheitsfunktionen Sind keine konkreten Anforderungen zum Sicherheitsniveau einer Ortsbindung aus maschinenspezifischen Typ- C-Normen zu entnehmen, ist eine individuelle Risikobeurteilung zum Beispiel mit dem Risikografen aus der DIN EN ISO 13849-1 durchzuführen. Anmerkung: Bei der individuellen Risikobeurteilung und dem Festlegen von Schutzmaßnahmen für eine konkrete Maschinenanwendung können im Einzelfall auch vorhandene Schutzmaßnahmen aus Typ-C-Normen anderer Maschinenarten mit ähnlichen Gefährdungen zu Hilfe genommen werden. In der Regel lassen sich folgende Sicherheitsfunktionen aus der Risikobeurteilung ableiten: Betätigen nur eines der beiden Stellteile oder keines der beiden Stellteile der Zweihandbedienung. 2. Anhalten der gefahrbringenden Bewegung bei Loslassen a. eines Stellteils b. beider Stellteile. Bild 2: Prinzipdarstellung einer pneumatischen Ortsbindung 3 Bauteile einer Zweihandschaltung Eine Zweihandschaltung setzt sich aus mehreren Bauteilen zusammen, die in der DIN EN 574 beschrieben sind (siehe Bild 3). In Tabelle 1 der DIN EN 574 ist eine Einteilung der Zuverlässigkeit von Zweihandschaltungen dargestellt. Diese Norm bezieht sich noch auf die zurückgezogene DIN Damit die Schutzwirkung nicht auf einfache Weise umgangen werden kann, ist für Zweihandschaltungen des Typs III die Forderung nach einer synchronen Betätigung beider Stellteile zur Erzeugung eines Ausgangssignals zu erfüllen. Unter synchroner Betätigung wird nach DIN EN 574 verstanden, dass beide Stellteile innerhalb von 500 ms betätigt werden müssen, damit ein Ausgangssignal erzeugt wird. Ebenso dient eine Wiederanlaufsperre dem Manipulationsschutz. Dies bedeutet, dass die erneute Erzeugung eines Ausgangssignals erst zulässig ist, nachdem beide Stellteile losgelassen wurden. Auch hierzu definiert die DIN EN 574 Anforderungen an die Steuerungskategorien.

DGUV-Information, FB HM-091 Ausgabe 07/2017 Seite 3 / 5 Anforderungen Benutzung beider Hände (gleichzeitige Betätigung) Beziehung zwischen Eingangssignalen und Ausgangssignal Beendigung des Ausgangssignals (Maschinenbetrieb) Vermeidung versehentlicher Betätigung Typen I II III A B C Vermeidung des Umgehens Erneutes Erzeugen des Ausgangssignals Synchrone Betätigung; Betätigung mit max. Zeitversatz 0,5 s *) x x x x - - x x x Anwendung der Kategorie 1 **) x - x - - Anwendung der Kategorie 3 **) - x - x - Anwendung der Kategorie 4 **) - - - - x *) Anmerkung: Für die Auswahl von Typ I siehe DIN EN 574 2008-12, Abschnitt 8.6 **) Anmerkung: nach DIN EN ISO 13849-1 Tabelle 1: Typen von Zweihandschaltungen und deren Mindestsicherheitsanforderungen Eine Realisierung dieser Sicherheitsfunktionen kann mit Hilfe unterschiedlicher Technologien erfolgen. In der folgenden Tabelle 2 sind die elektropneumatische und die rein pneumatische Technologie einander gegenübergestellt. Elektropneumatisch Stellteile Elektromechanische Taster (auch Öffner-/ Schließer- Kombination) Logik Aktor Elektronische Sicherheitsbausteine/ Sicherheits-SPS (SSPS) für eine Zweihandsteuerung Elektrisch gesteuerte Ventile, die über die Logik angesteuert werden und die Bewegung eines gefahrbringenden Antriebs steuern. Pneumatisch Pneumatische Taster, z. B. handbetätigte 3/2- Wegeventile, die als Schieber- oder Sitzventile ausgeführt sind. Zweihandsteuerblöcke, die bereits sicherheitstechnischen Anforderungen nach DIN EN 574 erfüllen. Pneumatisch gesteuerte Ventile, die die Bewegung eines gefahrbringenden Antriebs steuern Tabelle 2: Darstellung der Technologien zur Realisierung von Zweihandschaltungen 5 Beispiele von Zweihandsteuerungen Hersteller von pneumatischen Zweihandschaltungen bieten Steuerblöcke an, die die Anforderungen für den Typ III A nach DIN EN 574 erfüllen. Entsprechende Stellteile und Ventile zur Vervollständigung der Zweihandsteuerung, die den Zylinder steuern, sind bei der Betrachtung der gesamten Sicherheitsfunktion mit einzubeziehen. Im Folgenden werden einige Beispiele aufgezeigt. Im Abschnitt 5.1 wird eine einkanalige pneumatische Zweihandsteuerung in Kategorie 1/PL c beschrieben. Da die fehlererkennenden Maßnahmen für Kategorie 3 nach DIN EN ISO 13849-1 mit einer rein pneumatischen Steuerung sehr aufwändig sind, wird als zweites Beispiel im Abschnitt 5.2 eine zweikanalige elektropneumatische Zweihandsteuerung für den Typ III C nach Tabelle 1 beschrieben. Die hier beschriebenen Steuerungen sind lediglich Beispiele und stellen keine verpflichtende Vorgabe für Maschinenhersteller dar. Den dargestellten Beispielen werden folgende Bedingungen zugrunde gelegt: das Umkehren oder das Anhalten der Bewegung ist nicht gefahrbringend, der Energieausfall und die Energiewiederkehr führen zu keiner gefahrbringenden Bewegung. Das tatsächlich erforderliche Sicherheitsniveau (PLr) einer pneumatischen Steuerung oder Steuerungsfunktion muss stets für den konkreten Anwendungsfall ermittelt werden. Vorausgesetzt wird bei den folgenden pneumatischen Steuerungen, dass die Anforderungen der Kategorie B und die bewährten Sicherheitsprinzipien eingehalten werden (siehe auch DIN EN ISO 13849-2 [8]). Weitere Erläuterungen dazu sind im IFA-Report 2/2017 [9] zu finden. 5.1 Beispiel einer einkanaligen pneumatischen Zweihandsteuerung In Bild 4 ist eine einkanalige pneumatische Steuerung dargestellt, bei der sich der horizontal angeordnete Zylinder ohne Ansteuerung der Ventile in der federbelasteten Grundstellung befindet. In der Steuerung wird ein Zweihandsteuerblock mit den beiden Eingängen 11 und 12 und dem Ausgang 2 verwendet. Für die Risikobeurteilung werden folgende Bedingungen vorausgesetzt: kein zyklischer Eingriff in den Gefahrenbereich notwendig reduzierte Geschwindigkeit, die ein Ausweichen der Bedienperson ermöglicht Damit ergeben sich die erforderlichen Performance Levels PLr für die Sicherheitsfunktionen wie folgt: Betätigen nur eines der beiden Stellteile oder keines der beiden Stellteile der Zweihandbedienung. => PL c basierend auf S2, schwere Verletzung F1, selten der Gefahr ausgesetzt P1, kann der gefahrbringenden Bewegung ausweichen 2. Anhalten der gefahrbringenden Bewegung (ausfahren) sowie Abbau der nach rechts wirkenden Kraft bei Loslassen eines der beiden Stellteile => PL c basierend auf S2, schwere Verletzung F1, selten der Gefahr ausgesetzt P1, kann der gefahrbringenden Bewegung ausweichen Für die gleichzeitige Betätigung zur Erzeugung eines Ausgangssignals sowie für die Wiederanlaufsperre sind die Anforderungen an die Kategorie 1 nach DIN EN ISO 13849-1 einzuhalten. In diesem Beispiel wird die Ausfahrbewegung des Zylinders mit dem Zweihandsteuerblock 1V3 und dem 3/2-

DGUV-Information, FB HM-091 Ausgabe 07/2017 Seite 4 / 5 Die beiden Stellteile S1 und S2 sind Taster, die als Öffner- /Schließer- Kombination ausgeführt sind. Nähere Erläuterungen dazu finden sich im IFA-Report 2/2017, Beispiel Nr. 35. Die Ventile 1V1 und 2V1 sind mit einer Stellungsüberwachung 1S1 bzw. 2S1 ausgestattet. Aufgrund der Plausibilitätsprüfung der Signale der Stellungsüberwachungen und der elektrischen Ansteuerung der Ventile in der elektronischen Steuerung (SSPS) K1 ergibt sich ein Diagnosedeckungsgrad von 99%. Der elektrisch/elektronische Teil der Zweihandsteuerung in der SSPS muss die Anforderung der Kategorie 4/PL e erfüllen. Die Be- und Entlüftung des Zylinders erfolgt sowohl für die Stangenseite als auch für die Kolbenseite redundant über die Ventile 1V1 und 2V1. Die Gleichzeitigkeitsüberwachung und die Wiederanlaufsperre müssen durch eine entsprechende Programmierung und Ausführung in der SSPS K1 realisiert werden. Bild 4: Einkanalige pneumatische Steuerung mit einem Zweihandsteuerblock entsprechend DIN EN 574 Typ III A in Kategorie 1/PL c Wegeventil 1V4 gesteuert. Werden die pneumatischen Taster 1V1 und 1V2 innerhalb von 500 ms betätigt, erzeugt der Steuerblock das pneumatische Steuersignal für das 3/2-Wegeventil 1V4. Dadurch wird der Zylinder mit dem Druck P2 beaufschlagt und die Bewegung oder der Kraftaufbau setzt ein. Mit Loslassen eines oder beider Stellteile wird über den Zweihandsteuerblock 1V3 der Steuerdruck für 1V4 weggenommen und der Zylinder wird entlüftet. Unter der Voraussetzung, dass es sich bei den Ventilen für diese Anwendung um bewährte Bauteile handelt, kann für die oben genannten Sicherheitsfunktionen ein Performance Level c in Kategorie 1 realisiert werden. Für die Forderung der gleichzeitigen Betätigung zur Erzeugung eines Ausgangssignals sowie für die Wiederanlaufsperre sind die Anforderungen an die Kategorie 1 nach DIN EN ISO 13849-1 einzuhalten. 5.2 Beispiel einer zweikanaligen elektropneumatischen Zweihandsteuerung Dieses Beispiel zeigt in Bild 5 eine durchgängig zweikanalige Steuerungsstruktur. Bild 5: Zweikanalige elektropneumatische Steuerung mit SF Schutz vor unerwartetem Anlauf der gefahrbringenden Bewegung mit Zweihandschaltung nach DIN EN 574, Typ III C und Kategorie 4/PL e Für die Sicherheitsfunktionen: Betätigen nur eines der beiden Stellteile oder keines der beiden Stellteile der Zweihandbedienung.

DGUV-Information, FB HM-091 Ausgabe 07/2017 Seite 5 / 5 2. Anhalten der gefahrbringenden Bewegung (ausfahren) sowie Abbau nach rechts wirkenden Kraft bei Loslassen eines der beiden Stellteile kann mit entsprechenden fehlererkennenden Maßnahmen (DC) eine Kategorie 4/PL e nach DIN EN ISO 13849-1 erreicht werden. In der Regel stehen für die SSPS fertige Funktionsbausteine für eine Zweihandsteuerung zur Verfügung. Es ist darauf zu achten, dass die Plausibilitätsprüfung für die Ventile 1V1 und 2V1, anders als bei Schützen/Hilfsschützen, beide Ventilstellungen umfassen muss. Auch für die Forderung der gleichzeitigen Betätigung zur Erzeugung eines Ausgangssignals sowie für die Wiederanlaufsperre sind die Anforderungen an die Kategorie 4 nach DIN EN ISO 13849-1 einzuhalten. Damit sind die Anforderungen an Typ III C nach der DIN EN 574 erfüllt. 5.3 Weitere Hinweise Bei der konkreten Auslegung einer Maschinensteuerung sind auch alle weiteren Einflüsse zu berücksichtigen. Anmerkung: Gefährdungen, die beispielsweise von hochgehaltenen Lasten, schwerkraftbelasteten Achsen oder Spannvorrichtungen bei Energieverlust ausgehen, müssen gesondert betrachtet und abgesichert werden. Wenn zusätzliche steuerungstechnische Funktionen ausgeführt werden sollen, wie z. B. die Umstellung auf ein höheres Druckniveau (sogenannte Befehlsübernahme ), ist hierfür eine gesonderte Risikobeurteilung vorzunehmen. Das Steuerungsniveau der Zweihandschaltung darf durch die zusätzliche Funktion nicht gemindert werden und die zusätzlichen Funktionen müssen mindestens dem der Zweihandschaltung entsprechen. 6 Integration in Maschinen Die weiteren Anforderungen zur Ausrüstung der Pneumatik nach DIN EN ISO 4414 [10] und der elektrischen Ausrüstung nach DIN EN 60204-1 [11] sind zu beachten. Die europäische Maschinenrichtlinie, die Gestaltungsleitlinien nach DIN EN ISO 12100, die Anforderungen aus der DIN EN ISO 13849-1 und -2 und weiteren zutreffenden Normen müssen in jedem Fall vom Maschinenhersteller applikationsabhängig beachtet werden. 7 Zusammenfassung und Anwendungsgrenzen Diese DGUV-Information beruht auf dem durch den Fachbereich Holz und Metall, Sachgebiet Maschinen, Anlagen und Fertigungsautomation zusammengeführten Erfahrungswissen auf dem Gebiet der pneumatischen Ausrüstungen von Maschinen und Anlagen. Die vorliegende DGUV-Information wurde unter Einbeziehung des Instituts für Arbeitsschutz (IFA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) erarbeitet. Sie soll besonders Hersteller und Betreiber informieren und sie bei der Beurteilung einer Ortsbindung von Bedienpersonen bei Einsatz pneumatischer Steuerungen unterstützen. Die besonderen Bestimmungen für andere Anwendungsfälle (bei Pressen, im Bergbau o. Ä.) sind zu beachten. Die Bestimmungen nach einzelnen Gesetzen und Verordnungen bleiben durch diese DGUV-Information unberührt. Die Anforderungen der gesetzlichen Vorschriften gelten uneingeschränkt. Um vollständige Informationen zu erhalten, ist es erforderlich, alle in Frage kommenden Vorschriftentexte und aktuellen Normen einzusehen. Der Fachbereich Holz und Metall setzt sich unter anderem zusammen aus Vertretern und Vertreterinnen von Unfallversicherungsträgern, staatlichen Stellen, Sozialpartnern, Herstellern und Betreibern. Diese DGUV-Information ersetzt die gleichnamige Fassung, herausgegeben als Entwurf 03/2017. Weitere DGUV-Informationen bzw. Informationsblätter des Fachbereichs Holz und Metall stehen im Internet zum Download bereit [12]. Zu den Zielen der DGUV-Information siehe DGUV- Information FB HM-001 Ziele der DGUV-Information herausgegeben vom Fachbereich Holz und Metall. Literatur: [1] Richtlinie 2006/42/EG (Maschinenrichtlinie) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 157/24 vom 09.06.2006 mit Berichtigung im Amtsblatt L76/35 vom 16.03.2007. [2] DIN EN ISO 12100 Sicherheit von Maschinen - Allgemeine Gestaltungsleitsätze- Risikobeurteilung und Risikominderung, 2011-03, Beuth Verlag Berlin. [3] DIN EN 574, Sicherheit von Maschinen Zweihandschaltungen Funktionelle Aspekte Gestaltungsleitsätze; 2008-12 Beuth Verlag, Berlin. [4] ISO 13851 Safety of machinery - Two-hand control devices - Functional aspects and design principles, 2002-03, derzeit in Überarbeitung [5] DIN EN ISO 13855 Sicherheit von Maschinen - Anordnung von Schutzeinrichtungen im Hinblick auf Annäherungsgeschwindigkeiten von Körperteilen, Ausgabe 2010-10, Beuth Verlag, Berlin. [6] DIN EN 954-1 Sicherheit von Maschinen Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen, Teil I Allgemeine Gestaltungsleitsätze, 1996, Beuth Verlag, Berlin; Norm ist zurückgezogen [7] DIN EN ISO 13849-1 Sicherheit von Maschinen Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze, Ausgabe 2016-06, Beuth Verlag, Berlin. [8] DIN EN ISO 13849-2 Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen - Teil 2: Validierung, 2013-02, Beuth Verlag, Berlin. [9] IFA-Report 2/2017 "Funktionale Sicherheit von Maschinensteuerungen - Anwendung der DIN EN ISO 13849, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Sankt Augustin, www.dguv.de/ifa/ [10] DIN EN ISO 4414, Fluidtechnik Allgemeine Regeln und sicherheitstechnische Anforderungen an Pneumatikanlagen und deren Bauteile; 2011-04, Beuth Verlag, Berlin. [11] DIN EN 60204-1 Sicherheit von Maschinen - Elektrische Ausrüstung von Maschinen Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Norm-Entwurf 2014-10, Neue Ausgabe in Vorbereitung, Beuth Verlag, Berlin. [12] Internet: www.dguv.de/fb-holzundmetall Publikationen oder www.bghm.de Webcode: <626> Bildnachweis: Die Bilder und Graphiken dieser DGUV-Information wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: Bild 1 Bilder 2 bis 5: FB HM, SG MAF, Stollewerk Institut für Arbeitsschutz (IFA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV, 53757 Sankt Augustin Herausgeber: Fachbereich Holz und Metall der DGUV Sachgebiet Maschinen, Anlagen und Fertigungsautomation c/o Berufsgenossenschaft Holz und Metall Postfach 37 80 55027 Mainz