Seite 1 von 8 Freie und Hansestadt Hamburg B e h ö r d e f ü r W i s s e n s c h a f t u n d F o r s c h u n g Zweite Bürgermeisterin Feier zum 25. Dienstjubiläum von Weihbischof Dr. Hans-Jochen Jaschke 3. September 2014, Katholische Akademie, Herrengraben 4 Sehr geehrter Herr Weihbischof Dr. Jaschke, sehr geehrte Frau Bischöfin Fehrs, sehr geehrter Herr Landtagspräsident Schlie, sehr geehrter Herr Thim, meine sehr geehrten Damen und Herren, man könnte zum Anlass der heutigen Feier die ketzerische Frage stellen: Was sind schon 25 Jahre angesichts der Ewigkeit? Andererseits: Ein silbernes Dienstjubiläum ist durchaus etwas Besonderes in der Politik jedenfalls kommt es selten vor. Die Kirche
Seite 2 von 8 wiederum ist ja seit jeher an etwas längerfristige Perspektiven gewöhnt. Wie auch immer: Der dienstälteste Bischof, der je in Hamburg tätig war, muss offensichtlich außer purer Beharrlichkeit noch einiges mehr mitbringen. Und tatsächlich. Die Medien sparten zu Ihrem Jubiläum, lieber Herr Weihbischof Jaschke, in diesem Jahr nicht mit Lob und Superlativen. Spezialist für die Ökumene und für die Weltreligionen, hieß es an einer Stelle beispielsweise. Der modernste deutsche Bischof hat Sie an anderer Stelle eine Zeitung mit großen Buchstaben genannt und daneben Ihr ziemlich modernes Smartphone abgebildet. Was Sie selbst unter modernen Positionen verstehen, machten Sie vergangenes Jahr im Interview mit der Mopo deutlich, in dem Sie mehr Macht für Frauen in der Kirche forderten und sich wünschten, dass auch
Seite 3 von 8 homosexuelle Menschen sich in der Kirche zu Hause fühlen können. Die Frage, wie das mit der offiziellen katholischen Lehre einhergeht, scheint Sie dabei eher am Rand zu interessieren. Es geht, haben Sie gesagt, immer auch darum, wie ich die Lehre umsetze in das konkrete Leben und das Leben hat eigene Situationen. Diese Lebenszugewandtheit zeichnet Sie aus und hat Ihnen in unserer Stadt und weit darüber hinaus viele Sympathien eingebracht. Sehr geehrter Herr Jaschke, als Anlass Ihres Dienstjubiläums veranstaltet das Erzbistum Hamburg heute Abend eine Festakademie mit dem Titel Vom Konflikt zur Gemeinschaft Reformationsgedenken 2017. Spontan mag man den Vorgriff auf das Jahr 2017 vielleicht als etwas übereilt ansehen.
Seite 4 von 8 Aber moderne Bischöfe wie Sie verlangen natürlich auch einen unkonventionellen Umgang mit der vierten Dimension. Darüber hinaus wird die Reformation bereits am 31. Oktober in Hamburg zu einem großen Thema werden. Im Rahmen der bis 2017 andauernden Lutherdekade ist Hamburg zum Paten für das nächste Dekadenjahr benannt worden. Mit einem großen Festakt im Hamburger Rathaus am diesjährigen Reformationstag wird dieses Jahr unter dem Thema Bild und Bibel eröffnet und in der Folge werden stadtweit zahlreiche Veranstaltungen und Konzerte stattfinden. Bereits im Juni 2013 hat die lutherische/ römische Kommission in ihrem gleichnamigen Bericht mit dem programmatischen Titel Vom Konflikt zur Gemeinschaft
Seite 5 von 8 für die Einheit der Christen einige ökumenische Imperative formuliert. Der erste und zentrale dieser Imperative enthält die Aufforderung, das Gemeinsame zu sehen und weniger die Unterschiede. Ein weiterer appelliert daran, sich durch die Begegnung mit dem Anderen verändern zu lassen. Diese Imperative passen hervorragend zu unserer Stadt, in der die Reformation ohne einen religiösen Bildersturm, sondern eher konservativ vollzogen wurde. Bilder und kirchliche Kunst, die im Einklang mit dem Evangelium standen, blieben bestehen. Allerdings: Der Dom wurde evangelisch. Und auch wenn die Toleranz gegenüber Andersgläubigen damals begrenzt war man denke nur an den Umgang der Lutheraner mit den calvinistischen niederländischen Emigranten oder den portugiesischen
Seite 6 von 8 Juden so leben mittlerweile doch Angehörige von rund 120 verschiedenen Glaubensgemeinschaften in Hamburg. Konflikte und gesellschaftliche oder religiöse Grundsatzfragen wie zu Zeiten Luthers öffentlich zu verhandeln, ist über all die Jahrhunderte eine Herausforderung geblieben erst recht in unserer Zeit. Das Ziel heißt Toleranz und Respekt vor der Überzeugung anderer, ein humaner Umgang miteinander und der Dialog zwischen den Religionen. Hamburg ist mit seiner Offenheit und gelebten Toleranz zweifellos ein besonders geeigneter Ort, um sich Gedanken über Wege vom Konflikt zur Gemeinschaft zu machen. Versöhnen statt spalten um ein altes Wort von Johannes Rau zu zitieren: Unsere Welt braucht mehr denn je Menschen, für die der Dialog nicht bloß die zweitbeste Kommunikationsform ist,
Seite 7 von 8 weil das eigene Durchsetzungsvermögen nämlich bedauerlicherweise nicht ausreicht. Menschen, deren Gesprächsbereitschaft aus einer inneren Haltung entspringt, die von Respekt und Lernbereitschaft geprägt ist. Beim Interreligiösen Forum des Kirchentags 2013 haben Sie als gern angefragter Ansprechpartner der Katholischen Kirche mit Ihrer protestantischen Kollegin, Frau Bischöfin Fehrs, Vertreterinnen und Vertretern der jüdischen Gemeinde, des Tibetischen Zentrums, der Aleviten, der Schura und der Baháí diskutiert. Das Gespräch als Suche nach Wegen: Als Islam-Experte setzen Sie sich dafür ein, dass Muslime ihren Glauben praktizieren, Moscheen bauen und ihre Kinder schulischen Religionsunterricht erhalten können. Und Sie rufen immer wieder zur Wachsamkeit gegenüber jedweder Form von Antisemitismus auf.
Seite 8 von 8 Toleranz nicht nur predigen, sondern sie leben dafür stehen Sie, Herr Weihbischof. Nicht nur in religiösen Fragen. In Zeiten, in denen nicht wenige Menschen, Gruppierungen und Regionen auf Verunsicherungen etwa infolge der Globalisierung mit eifersüchtiger Bewachung ihrer Partikularinteressen, mit Separatismus und Intoleranz reagieren, sind Sie eine wichtige Stimme des aufgeschlossenen, demokratisch-streitbaren Zusammenlebens humorvoll statt rechthaberisch, selbstbewusst, aber unprätentiös. Verstehen und sich verständlich machen, heißt Ihre Devise. Hamburg kann sich glücklich schätzen, dass es Sie hat! Im Namen des Senats gratuliere ich Ihnen sehr herzlich zum Dienstjubiläum und wünsche Ihnen weiter erfolgreiche Jahre in Gesundheit und persönlicher Zufriedenheit.