EU-Gleichstellungsrecht Seminar für die Rechtspraktiker

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Transkript:

Prof. Dr. Ursula Rust Bremer Institut für Gender-, Arbeits- und Sozialrecht (bigas) Fachbereich Rechtswissenschaft Universität Bremen EU-Gleichstellungsrecht Seminar für die Rechtspraktiker Trier, 16. September 2013 17. September 2013 Prof. Dr. Ursula Rust urust@uni-bremen.de Universität Bremen, Fachbereich Rechtswissenschaft, bigas http://www.fb6.uni-bremen.de/institute/bremer-institut-fuer-gender--arbeits-und-sozialrecht-/

Überblick über das EU-Recht zur Geschlechtergleichbehandlung und Montag, 16. September 2013 2

Gliederung des Referats I. Hintergrund II. III. IV. Überblick über das EU-Recht zur Geschlechtergleichbehandlung Fazit mit Perspektiven 3

Neue Mitgliedstaaten und Verträge 1958: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande (Vorläufer Montanunion) 1973: Dänemark, Irland, Vereinigtes Königreich 1981: Griechenland 1986: Spanien, Portugal 1995: Österreich, Finnland, Schweden 2004: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern 2007: Bulgarien, Rumänien 1/1958 - EWGV 7/1987 - Einheitliche Europäische Akte Art. 118 a EWGV 11/1993 - EG mit ASP sozialer Dialog 5/1999 EGV mit 2/2003 Nizza 12/2009 AEUV; EUV, EU-GrCh 2013: Kroatien Hintergrund 4

Individuelle Rechte mit Stolperseiten, bei widersprüchlichem Verhalten der Organe nach bzw. mit der Rechtssetzung 01.01.1958: Art. 119 tritt mit dem EWGV in Kraft 31.12.1961: Ablauf der Umsetzungsfrist für Art. 119 EWGV 08.04.1976 Urteil des EuGH in der Rs C-43/75 - Defrenne II 17.05.1990 Urteil des EuGH in der Rs C-262/88 Barber 21. 12.2012 Art. 5 Abs. 2 RL 2004/113/EG wird aufgrund des Urteils des EuGH v. 01.03.2011 in der Rs C-236/09 (Test-Achats) ungültig Prinzip der zeitlichen begrenzten Unanwendbarkeit zur Geschlechterentgeltgleichheit Unvereinbarkeit mit Blick auf die in den Erwägungsgründen der Richtlinie genannten der Art. 21 und 23 der EU-GrCh Hintergrund 5

Von der direkt anwendbaren Geschlechterentgeltgleichheit mit Lernen von anderen Verboten bis zur Querschnittklausel für alle Tätigkeiten der Union Art. 119 Vertrag über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) bis zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GrCH) 01.1958 11.1993 05.1999 01.2009 EWGV EG EGV AEUV/EUV/ EU-GrCH Art. 119 EWGV Art. 6 ASP Art. 141 EGV Art. 9, 157 AEUV Art. 3 III EUV Art. 23 EU-GrCh Diskriminierungsverbot zur Staatsangehörigkeit/ Arbeitnehmerfreizügigkeit bis heute Art. 4 ASP Sozialer Dialog als atypisches Gesetzgebungsverfahren der Sozialpolitik Art. 152, 154, 155 AEUV /ex Art. 138. 138 EGV Antidiskriminierungsmaßnahmen bei Einstimmigkeit im Rat - Art. 19 Abs. 1 AEUV/ ex Art. 13 Abs. 1 EGV idf Nizza Hintergrund 6

Individueller Rechtsschutz und neue Akteure Das einzelnen Opfers hat eine zentrale Rolle für die Rechtsentwicklung Die Aufgabe ist zunehmend mit einem effektiveren Rechtsschutz und mit präventiven Maßnahmen gekoppelt Art. 1 Satz 3, 17-19, 23 26, 29, 30, 31 Abs. 3 RL 2006/54/EG Netzwerk Die zentrale Rolle des einzelnen Opfers ist seit der Änderungsrichtlinie 2002/73/EG um drei weitere Akteure ergänzt: Stellen zur Förderung der Gleichbehandlung Art. 20 RL 2006/54/EG Netzwerk Beteiligung der Sozialpartner Art. 21 RL 2006/54/EG Dialog mit Nichtregierungsorganisationen Art. 22 RL 2006/54/EG Hintergrund 7

Vom individueller Rechtsschutz zur Förderung der Gleichstellung Neuformatiertes Konzept der Geschlechtergleichbehandlung Neuformatierung erfolgt mit der vertraglichen Öffnung für Themen ohne unmittelbaren Erwerbsbezug, gestützt auch auf Rahmenvereinbarungen der Sozialpartner über die Vereinbarkeit von Beruf Arbeit und Familie Effektuiert mit Art. 8 AEUV und Art. 23 EU-GrCh 19. Erklärung zur Schlussakte der Regierungskonferenz zum Vertrag von Lissabon, die am 13. Dezember 2007 zu Art. 8 AEUV angenommen wurde: Die Konferenz ist sich darüber einig, dass die Union bei ihren allgemeinen Bemühungen, Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern zu beseitigen in den verschiedenen Politikbereichen darauf hinwirken wird, jede Art der häuslichen Gewalt zu bekämpfen. Die Mitgliedstaaten sollen alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um solche strafbaren Handlungen zu verhindern und zu ahnden, sowie die Opfer zu unterstützen und zu schützen Hintergrund 8

Grundsatz des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Art. 157 Abs. 1 und 2 AEUV: Der vertragliche Grundsatz des gleichen Entgelts ist seit dem 8. April 1976 (Rs. Defrenne II) für Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Begriffe des Gemeinschaftsrechts) direkt anwendbar = Anwendung ist Aufgabe der nationalen Gerichte Protokoll (Nr. 33) zu Art. 157 Der Grundsatz des gleichen Entgelts ist auch für die betriebliche Altersversorgung anwendbar, aber für Leistungen (nicht für den Zugang) erst aufgrund von Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 (Rs. Barber) Art. 1 Satz 2 lit. b und c RL 2006/54/EG Entgelt und betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit sind Gegenstände der Richtlinie Art. 4 RL 2006/54/EG Gleiches Entgelt Art. 5-13 RL 2006/54/EG Betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit Überblick 9

Kompetenzgrundlagen zu Arbeits- und Beschäftigungsfragen einschließlich des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Art. 157 Abs. 3 AEUV ivm Art. 23 Abs. 1 EUGrCh Kompetenzgrundlage für Gleichbehandlungsrichtlinien, über die im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und damit mit einer starken Stellung des Europäischen Parlaments beschlossen wird. Vor dem Vertrag von Amsterdam waren Gleichbehandlungsrichtlinien auf die Richtlinienkompetenz zur Angleichung von Rechtsvorschriften für den Gemeinsamen Markt oder die subsidiäre Handlungsermächtigung gestützt, die Einstimmigkeit im Rat erforderten. Art. 157 Abs. 4 AEUV ivm Art. 23 Abs. 2 EUGrCh Antwort auf die Rechtsprechung des EuGH (Kalanke und weitere Verfahren) über positive Maßnahmen Optional für die Mitgliedstaaten nach Unionsrecht Gekoppelt mit Berichtspflichten nach Art. 31 Abs. 2 RL 2006/54/EG Im Dialog für die Mitgliedstaaten als Vertragsstaaten des UN-Übereinkommens Erwägungsgründe RL 2006/54/EG nennen im Unterschied zur RL 2002/73/EG das UN-Übereinkommen nicht Überblick 10

Rahmenvereinbarung Elternurlaub mit RL 2010/18/EU statt RL 96/34/EG mit RL 97/75/EG Arbeitsbedingungen RL 2006/54/EG statt RL 76/297/EWG mit 2002/73/EG Mutterschutz RL 92/85/EWG Rahmenvereinbarung Teilzeit mit RL 97/81/EG mit RL 98/81/EG Zugang zu Gütern und Dienstleistungen Richtlinie 2004/113/EU Gleiches Entgelt mit RL 2006/54/EG statt RL 75/117/EWG und RL 97/97/EG statt 86/378/EWG Art. 157 Abs. 1 und 2 AEUV statt Art. 141 Abs. 1 und 2 EGV, statt Art. 119 EWGV Unternehmerische Tätigkeit mit Mutterschutz für Selbständige RL 2010/41/EU statt RL 86/613/EWG Rahmenvereinbarung Befristung mit RL 1999/70/EG Gesetzliche Systeme der sozialen Sicherheit RL 79/7/EWG Überblick 11

Verteilung der Beweislast : Beweislastrichtlinie mit eine Definition der mittelbaren Diskriminierung eingeführt nach dem Vertrag von Maastricht gestützt auf das Abkommen über die Sozialpolitik als Richtlinie zunächst ohne Großbritannien und Irland, abgelöst mit der Richtlinie 2006/54/EG Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Schutzmaßnahmen für schwangere Arbeitnehmerinnen als 10. Einzelrichtlinie aus 1992 zur Arbeitsschutzrahmenrichtlinie von 1989 - Mutterschutz für Selbstständige als Richtlinie von 2010 in Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG - Elternzeit als Rahmenvereinbarung zur Richtlinie 2010/18/EU unter Aufhebung der Rahmenvereinbarung zur Richtlinie 96/34/EG zunächst ohne Großbritannien und Irland Rechtsbehelfe und Sanktionen im Antidiskriminierungsrecht: Entstanden durch Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Richtlinie 76/207/EWG, verankert mit der Änderungsrichtlinie 2002/737EG, abgelöst durch die Richtlinie 2006/54/EG Positive Maßnahmen im EU-Recht und Geschlechterquoten: vorgeprägt durch Auslegung des Europäischen Gerichtshofs zur Richtlinie 76/207/EWG, geöffnet mit der Richtlinie 2002/73/EG nach dem Vorbild der auf Art. 13 gestützten Gleichbehandlungsrichtlinien, gekoppelt mit Berichtspflichten nach Art. 31 Abs. 2 Richtlinie 2006/54/EG, begleitet von Art. 8 AEUV und Art. 23 EU-GrCh Gleiches Entgelt bei gleichwertiger Arbeit: entstanden als Kompromiss zwischen den Gründungsstaaten, die bereits die ILO-Konvention Nr. 100 über gleiches Entgelt ratifiziert hatten und anderen, die der Wirtschaftsgemeinschaft ohne Ratifizierung der ILO- Konvention beitraten, entstanden aus Erwägungen möglicher Wettbewerbsverzerrungen Gleichbehandlung außerhalb des Beschäftigungsbereichs: gestützt auf die einstimmig möglichen Antidiskriminierungsmaßnahmen, genutzt mit der Richtlinie 2004/113/EG teils nach dem Vorbild der Richtlinie 2000/43/EG, der Antirassismusrichtlinie Überblick 12

Ab 2000 sind die Definitionen der Schlüsselbegriff in fünf Gleichbehandlungsrichtlinien zu finden: - Art. 2 Rl 2000/43/EG - Art. 2 Rl 2000/78/EG - Art. 2 Rl 2004/113/EG - Art. 2 Rl 2006/54/EG (Neufassung) - Art. 3 Rl 2010/41/EU Zwei der vier Schlüsselbegriffe werden in Art. 4 RL 79/7/EWG ohne Definition genannt. Neufassungsrichtlinie Anwendung für RL 79/7/EWG? 13

in der Neufassungsrichtlinie 1. Unmittelbare Diskriminierung 2. Mittelbare Diskriminierung 3. Sexuelle Belästigung 4. Belästigung 14

Begriffsbestimmungen Art. 2 Rl 2006/54/EG Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck a) unmittelbare Diskriminierung eine Situation, in der eine Person aufgrund ihres Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde; b) mittelbare Diskriminierung eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich c) Belästigung unerwünschte auf das Geschlecht einer Person bezogene Verhaltensweisen, die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird; d) sexuelle Belästigung jede Form von unerwünschtem Verhalten sexueller Natur, das sich in verbaler, nicht verbaler oder physischer Form äußert und das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. 15

Unmittelbare Diskriminierung Wenn eine Person in einer vergleichbaren Situation schlechter behandelt wird, ist die Frage der Vergleichbarkeit zentral niedrigeres Entgelt für eine höherwertige Arbeit - fehlt die Vergleichsperson? (Murphy 1988 Rn 12) Männliche und weibliche Arbeitnehmer, die Vater bzw. Mutter von Kleinkindern sind, befinden sich im Hinblick auf die für sie möglicherweise bestehende Notwendigkeit, ihre tägliche Arbeitszeit zu verringern, um sich um dieses Kind kümmern zu können, in einer vergleichbaren Lage (Álvarez Rn 23) 16

Unmittelbare Diskriminierung Eine Situation, in der eine Person aufgrund ihres Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation, erfährt, erfahren hat oder erfahren würde; EuGH, 27 März 1980, 129/79 (Macarthys) 17

Unmittelbare Diskriminierung Hypothetische Vergleichsperson EuGH 23 Mai 1996, 237/94 (O Flynn)- Ar Case-law of the CJEU, leading case O Flynn (1996): Regulation in the UK according to which the needy can turn to the State for a financial contribution to the costs of the burial of a relative. Condition: burial in the UK disadvantages migrant workers. No justification. 18

Unmittelbare Diskriminierung Ausnahme: bei Schwangerschaft ist keine Vergleichsperson erforderlich EuGH, 8 November 1990, C-177/88 (Dekker) Art. 3 II c Richtlinie 2006/ 54/EG 19

Unmittelbare Diskriminierung auch Ohne Vergleichsperson bei Belästigung Ohne Vergleichsperson bei sexueller Belästigung - Pävention 20

Diskriminierung durch (sexuelle) Belästigung Verhalten Arbeitsumfeld 21

Diskriminierung auch durch Anweisung zur Diskriminierung 22

Diskriminierung durch Drittbezug EuGH, 24 Juli 1986, 150/85 (Drake) EuGH 17 Juli 2008, C-303/06 (Coleman) 23

Mittelbare Diskriminierung dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren die in besondere Weise Personen benachteiligen können im Vergleich und nicht sachlich gerechtfertigt EuGH 13. Mai 1986, C-170/84 (Bilka) 24

Mittelbare Diskriminierung Art. 2 I b Rl 2006/54/EU EuGH, 20.10.2011 Rs C-123/10 - Brachner 25

III. Aktuelle und zukünftige Entwicklung 26

Seit 2010 Öffnung zu anderen Menschenrechtsinstrumenten Art. 6 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union (Vorbereitung des Beitritts der Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention) Seit 2010 Europäische Union Vertragsstaat des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen 27

Vertrag von Lissabon Beitritt Union mit Vorbehalten zur BRK In Vorbereitung: Beitritt Union EMRK 28

29

Abschließende Überlegungen Stärkere Orientierung am inhaltlichen Gleichheitskonzept des Frauenrechtsübereinkommens Mit klarem Diskriminierungsverbot und Sensibilität für Geschlechter-Stereotype 30

Handbücher und Zeitschriften Handbuch zum europäischen Anti- Diskriminierungsrecht European Gender Equality Law Review 31

Und zum Abschluss Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! 32