Solvency II Solvenzquoten, Übergangsmaßnahmen und UFR. Hintergrundgespräch der DAV, 27. April 2017

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Transkript:

Solvency II Solvenzquoten, Übergangsmaßnahmen und UFR Hintergrundgespräch der DAV, 27. April 2017

Solvency II Ziele von Solvency II: Schutz der Ansprüche der Versicherungsnehmer Finanzmarktstabilität Vergleich der Kapitalvorschriften unter Solvency I und Solvency II: Grundlage Ziel der Bewertung Kapitalvorschriften Solvency I Bilanzierung gemäß Handelsgesetzbuch (HGB) Stabile Bewertung, zusätzliche Sicherheiten (Vorsichtsprinzip) Leicht nachvollziehbar, aus Handelsbilanz ableitbar Solvency II Ökonomische Bewertung Erfassen der tatsächlichen individuellen wirtschaftlichen Situation eines Versicherers Für Laien sehr komplex; Experten erhalten vertieften Einblick 2

vorhandene Eigenmittel* Hintergrundgespräch der DAV, 27. April 2017 Ermittlung der Solvenzquote Ökonomischer Wert der Aktiva (inklusive der Kapitalanlagen) Puffer Solvenzkapital* Ökonomischer Wert der versicherungstechnischen Rückstellungen sowie der übrigen Passiva Solvenzkapital: Benötigtes Kapital, um ein Ereignis oder eine Verkettung von Ereignissen auszuhalten, die im Schnitt nur alle 200 Jahre zu erwarten sind Solvenzquote = vorhandene Eigenmittel Solvenzkapital Solvabilitätsübersicht gemäß Solvency II Unter Solvency II gefordert: Solvenzquote 100 Prozent * Solvenzkapital = Solvency Capital Requirement (SCR); vorhandene Eigenmittel = Available Solvency Margin (ASM) 3

Aussagekraft von Solvenzquoten Schwankung der Solvenzquoten im Zeitverlauf In der Lebensversicherung: Solvenzquoten von Entwicklung der Kapitalmärkte (insbesondere Zinsniveau) abhängig, daher starke Schwankungen im Zeitverlauf zu erwarten In der Schaden- und Unfallversicherung: Solvenzquoten im Zeitverlauf stabiler als in der Lebensversicherung Vergleichbarkeit der Solvenzquoten zwischen Unternehmen Ähnliche Solvenzquoten zweier Versicherer lassen grundsätzlich zwar auf ähnliche Risikotragfähigkeit schließen, im Detail stößt Vergleich aber an Grenzen Übergangsmaßnahmen (engl. Transitionals) sind zu berücksichtigen Tatsächliche Risikosituation wird unter Solvency II besser erfasst als bisher, gleichzeitig schwanken die Quoten umso stärker in der Zeit und variieren zwischen Unternehmen 4

Solvenzquoten der Sparten Anfang 2016 Die BaFin hat am 9. August 2016 die Solvenzquoten der einzelnen Versicherungssparten veröffentlicht: 500 % 450 % 400 % 350 % 300 % 250 % 200 % 150 % 100 % 50 % 0 % 283 % 278 % 209 % 280 % Solvenzkapital Lebensversicherer Schaden- und Unfallversicherer 437 % 433 % 326 % 320 % 305 % 280 % Krankenversicherer Rückversicherer Gesamt Solvenzquoten am 31. Januar 2016 Solvenzquoten am 31. März 2016 Quelle: BaFin, eigene Darstellung 5

Übergangsmaßnahmen Übergangsmaßnahme bei versicherungstechnischen Rückstellungen* 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 Maximal abzugsfähige Teile der versicherungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II von 2016 bis 2031 Handelsrechtliche Deckungsrückstellung gemäß Solvency I Versicherungstechnische Rückstellung gemäß Solvency II Stichtag 1. Januar 2016 Übergangsmaßnahmen ermöglichen schrittweisen Übergang von bisherigen Solvenzregelungen auf Solvency II Bewertungen mit und ohne Übergangsmaßnahmen unterscheiden sich stark; Solvenzquoten mit und ohne Übergangsmaßnahmen daher nicht vergleichbar Unternehmen beschreiben Effekt der Anwendung von Übergangsmaßnahmen im jährlichen Solvabilitäts- und Finanzbericht** * Auch als Rückstellungstransitional bezeichnet; andere Übergangsmaßnahmen werden in Deutschland kaum eingesetzt ** Solvabilitäts- und Finanzbericht = Solvency and Financial Condition Report (SFCR), Erstveröffentlichung bis zum 22. Mai 2017 auf den Webseiten der Unternehmen 6

Solvency-II-Zinskurven Zinsentwicklung beeinflusst Solvenzquoten, da Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen anhand von Zinskurven (durch EIOPA europaweit vorgegeben) 2,5 % 2,0 % Solvency-II-Zinskurven (ohne Volatilitätsanpassung) 1,5 % 1,0 % 0,5 % 0,0 % 0,5 % Quelle: EIOPA 5 10 15 20 25 30 31.12.2015 31.03.2016 30.06.2016 30.09.2016 31.12.2016 31.03.2017 Zinsen bis Herbst 2016 gesunken, Zinserholung seit Ende 2016 7

Bedeutung der Ultimate Forward Rate (UFR) Ermittlung der Zinskurven: Kurze Laufzeiten (bis 20 Jahre): Finanzmarkt liefert genügend Information (Markt ist tief und liquide ) Lange Laufzeiten (ab 20 Jahre): Kein aktiver Markt für Finanzprodukte vorhanden; Zinsen werden extrapoliert und nähern sich einem endgültigen Wert (Ultimate Forward Rate) an, ohne diesen Wert jemals zu erreichen 4,5% 4,0% 3,5% Ultimate Forward Rate (4,2 Prozent) 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% Solvency-II-Zinskurve vom 31. März 2017 0,0% -0,5% -1,0% 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 8

Neues Verfahren zur Ermittlung der UFR Bis 31.12.2017: Ultimate Forward Rate = 4,2 Prozent; ab 01.01.2018: Jährliche Neuberechnung der Ultimate Forward Rate mittels Ultimate Foward Rate = Inflationsziel der Europäischen Zentralbank + Langfristige Realzinserwartung (Zinsentwicklung von sieben Wirtschaftsnationen seit 1960) Gleichzeitig: Jährliche Änderung der Ultimate Forward Rate auf maximal 15 Basispunkte begrenzt Für 2018: Ultimate Forward Rate = 4,05 Prozent Aus Sicht der DAV zu beachten: Herleitung der Ultimate Forward Rate ist letztlich ein mechanisches und politisch motiviertes Verfahren und nicht finanzmathematisch oder aktuariell begründbar Auch andere Parameter bei Solvency-II-Berechnungen wichtig: Anstelle der isolierten Betrachtung einer einzelnen Größe wäre es aus Sicht der DAV sinnvoller gewesen, sämtliche Parameter gesamthaft bei der ohnehin für 2018 anstehenden Solvency-II-Revision zu überprüfen 9