TOP 2. NORAH-Studie. Wichtige Ergebnisse der. Anja Wollert, LL.M. Geschäftsführerin der Fluglärmkommission Frankfurt

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Transkript:

TOP 2 Wichtige Ergebnisse der NORAH-Studie Anja Wollert, LL.M. Geschäftsführerin der Fluglärmkommission Frankfurt

NORAH-Studie, veröffentlicht am 29.10.2015 Studie gehört zu den größten Forschungsunternehmen, die jemals in Deutschland zum Thema Lärmwirkungen stattfanden Untersuchte Wirkungsbereiche: Belästigung, Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Depressionen, Brustkrebs, Schlafstörung, Blutdruck, kognitive Entwicklung von Kindern Standortvergleich: überwiegend Rhein-Main, teilw. auch Untersuchung von 4 Vergleichsflughäfen (Frankfurt a. M., Köln-Bonn, Berlin-Schönefeld, Stuttgart) Quellenvergleich: Verkehrsträgervergleich (Straßen-, Schienen- und Luftverkehrslärm) teilweise Zeitvergleich (2011-2013) => Längs- und Querschnitt Ergebnisse abrufbar unter www.laermstudie.de bzw. www.norahstudie.de

1. Belästigung und Lebensqualität 2. Krankheitsrisiken 3. Blutdruck 4. Schlaf 5. Lernverhalten von Kindern

Studienziel Aufgaben Zeitvergleich Standortvergleich Quellenvergleich 2. Belästigung und Lebensqualität Inhalt Vergleich der Wirkungen von Fluglärm vor / nach Bahneröffnung => Erhebungen in 2011 2012 2013 Vergleich der Wirkungen von Fluglärm am Flughafen Frankfurt mit den Wirkungen an den Flughäfen: Berlin Brandenburg Flughafen in Änderungssituation Köln Bonn Bestandsflughafen mit Nachtflug Stuttgart Bestandsflughafen mit Nachtflugverbot Vergleich der Wirkung von Fluglärm mit Straßenverkehrslärm Schienenverkehrslärm Kombination: Flug und Straßenverkehrslärm Flug und Schienenverkehrslärm

Methodik Etwa 30.000 persönliche Befragungen zwischen 2011 und 2013 Ablauf der Erhebungen: o Melde-, Gebäude-, Pegeldaten, Gebäudekoordinatoren (inkl. Pegeldaten) wurden mit Meldedaten verschnitten o hieraus geschichtete Zufallsziehungen o Zuordnung (Recherche) von Telefonnummern / Versand von Anschreiben mit der Bitte um Teilnahme an Befragung (Frankfurt wegen Zeitknappheit vor Inbetriebnahme neuer Landebahn Anschreiben vor Telefonnummernrecherche) o Durchführung Befragungen, telefonisch, optional auch als Onlinebefragung o adressgenaue Berechnung von Verkehrsgeräuschen

Befragungsinhalte o Zielvariablen: Lärmbelästigung (5stufige Skala) Schlafstörungen gesundheitsbezogene Lebensqualität (psychisch und körperlich) Weitere, u.a: Störungen der Kommunikation, Ruhe, allg. Schlafqualität, Zufriedenheit mit Wohngegend o Kontrollvariablen: demographische Variablen: Alter, Geschlecht, Sozialstatus (Bildung, Beruf, Einkommen), Migrationshintergrund Wohnsituation: Hauseigentum, Anzahl Stunden außer Haus Einstellungen, Dispositionen: Lärmempfindlichkeit, Lärmbewältigungsvermögen, Bewertung zur Quelle, Erwartung zum Flugbetrieb, Vertrauen in Lärmverantwortliche o zusätzliche Variablen: Wahrnehmung und Bewertung ASS und PSS

Studienregion: umhüllende Kontur Tages- und Nachtdauerschallpegel von 40 db für Luftverkehr (hier auch räuml. Verteilung der Stichproben) Frankfurt Berlin Köln-Bonn Stuttgart Quelle: NORAH-Studie, 2015

Teilstichproben und Hauptanalysegruppen Quelle: NORAH-Studie, 2015

Herausforderung: Beteiligung (Response) Beteiligung an den telefonischen Befragungen war im Rhein-Main- Gebiet am geringsten (7-17% je nachdem Berechnungsmethode), an anderen Flughäfen 20% (Stuttgart), 29% (Köln-Bonn), 31% (Berlin) relativ geringe Teilnehmerbereitschaft ist genereller zeitlicher Trend umfassende Non-Responder-Analyse zu Verweigerungsreaktionen umfangreiche Sensitivitätsanalysen (z. B. Vergleich mit Neurekrutierten in 2013, Bootstrapping) zeigen, dass die dargestellten Expositions-Wirkungskurven robust sind gegenüber potentiellen Stichprobeneffekten

Ergebnisse An allen 4 Flughäfen ist der Prozentsatz stark Fluglärm-belästigter Personen deutlich höher als nach bislang verwendeten EU-Standardkurven zu erwarten. % severe annoyance by aircraft noise 100 80 60 40 20 Amsterdam, 1996 Amsterdam, 2002 Birmingham, 1996 Dusseldorf, 1995 Eelde, 1998 Frankfurt, 1998 Geneve/Zurich, 1991 London, 1996 Maastricht, 2002 Munich, 2000 Paris, 1998 Sweden, 1993 Zurich, 2001 Zurich, 2003 EU-curve Frankfurt, 2005 (RDF Study) 0 30 40 50 60 70 80 Ldn in db(a) Quelle: RDF-Belästigungsstudie, 2005

Expositions/Wirkungskurven zur Fluglärmbelästigung unterscheiden sich nur wenig zwischen den 4 Flughäfen, Reihenfolge mittlerer Fluglärmbelästigung: Frankfurt, Köln-Bonn, Berlin-Bbg., Stuttgart Fluglärmbelästigung in Frankfurt ist in 2011-2013 höher als 2005, Maximum der Fluglärmbelästigung im Jahr 2012 Quelle: NORAH-Studie, 2015

Veränderungseffekte in der Fluglärmbelästigung Differenz zwischen erwarteter und aufgetretener Belästigung (geringer) Change-Effekt in beide Richtungen, etwas stärker bei Lärmzunahme Änderungsgruppen 2012 gegenüber 2011 Fluglärmreduzierung < 2 db Änderung Fluglärmstabilität + / - 2 db Änderung Fluglärmzunahme > 2 db Änderung Quelle: NORAH-Studie, 2015

Change Effekt Was ist das? Überschussreaktion in der Belästigung bei Veränderung der Lärmbelastung oder bereits davor in Erwartung dieser Änderung. Die überproportionale Reaktion ist in beide Richtungen denkbar, d. h. sich stärker entlastet ( Change-Bonus ) oder belästigt fühlen ( Change-Malus ), als man aufgrund der Schallpegel erwarten würde.

Gruppe Fluglärmreduzierung Im Mittel Abnahme der Fluglärmbelästigung im Jahr 2013 um 0,36 Skalenpunkte gegenüber 2011, bei gleichem Mittelungspegel Change Bonus Diskrepanz zwischen erwarteten Werten des Jahres 2012 (schwarze Linie) und eingetretenen Werten 2012 (rot gestrichelt) im unteren Pegelbereich gering, im oberen Pegelbereich Zunahme auf bis zu 0,25 Skalenpunkte => Die Reduktion des Pegels wird insbesondere von am stärksten Betroffenen besonders deutlich wahrgenommen. Quelle: NORAH-Studie, 2015

Gruppe Fluglärmstabilität Im Mittel in 2012 erhöhte Fluglärmbelästigung, insgesamt bis 2013 Abnahme der Fluglärmbelästigung, bei gleichem Mittelungspegel. Diskrepanz zwischen erwarteten Werten des Jahres 2012 (schwarze Linie) und eingetretenen Werten 2012 (rot gestrichelt) im unteren Pegelbereich bis zu 0,25 Skalenpunkte höher, im oberen Pegelbereich keine Diskrepanz Quelle: NORAH-Studie, 2015

Gruppe Fluglärmzunahme Im Mittel Zunahme der Fluglärmbelästigung, bei gleichem Mittelungspegel Fluglärmbelästigung in 2012 fällt um 0,7 Skalenpunkte höher aus als 2011 und fällt nach 2013 hin leicht ab, verbleibt aber auf höherem Niveau als 2011 (0,55 Skalenpunkte) D. h. Anwohner regieren so auf die Pegelzunahme, als ob der Pegel gemessen an Dosis- Wirkungs-Beziehung von 2011 höher ausgefallen wäre Change-Malus Quelle: NORAH-Studie, 2015

Fluglärmbelästigung zu verschiedenen Tageszeiten (Frankfurt 2011-2013) 2011 niedrigste Belästigung in allen Jahren zwischen 7-18 Uhr, am Wochenende aber höhere Belästigung mit Nachtflugverbot in 2012 kaum noch Belästigung zwischen 23-5 Uhr in 2012 und 2013 höhere Belästigung für Zeit 18-23, 5-6 und 6-7 Uhr, am höchsten zwischen 5-6 und 18-23 Uhr. 2012 2013 Quelle: NORAH-Studie, 2015

Fluglärm ist unter drei Verkehrslärmarten die lästigste und störendste Lärmquelle, Straßen- und Schienenverkehrslärm-Belästigung unterscheiden sich weniger als erwartet (kein Schienenbonus) Quelle: NORAH-Studie, 2015

Die geringere Belästigung durch Straßen- und Schienenverkehrslärm gegenüber Luftverkehrslärm korrespondiert u. a. mit folgenden Bewertungsunterschieden: o o Der Schienen- und Straßenverkehr wurde gegenüber dem Luftverkehr teilweise als positiver bewertet: nützlicher (Differenz zur Bewertung des Luftverkehrs: 0,4 bzw. 0,8 Skalenpunkte der 5stufigen Antwortskala) weniger umweltschädigend (Differenz zur Bewertung des Luftverkehrs etwa 2 Skalenpunkte, siehe zuvor) die Lärmempfindlichkeit der TeilnehmerInnen ist geringfügig niedriger

Bei Mehrfachbelastung (Flug + Straße bzw. Flug + Schiene) folgt die Gesamtbelästigung der lästigsten Quelle => Gesamtlärm-Belästigung wird im Wesentlichen durch Fluglärmbelästigung vermittelt (nicht der energetisch aufsummierte Gesamtdauerschallpegel und auch nicht die im Geräuschpegel dominierende Lärmquelle erweisen sich als maßgebend => Gewichtung nach der Belästigung notwendig) Quelle: NORAH-Studie, 2015

Weitere Korrelationen des Verkehrspegels mit o o Zunahme Kommunikationsstörungen Störungen von Ruhe und Konzentration psycho-vegetative Störungen (Erschrecken, Nervosität, Kopfschmerzen) negative Erwartungen zum künftigen Flugbetrieb Abnahme Lärmbewältigungsvermögen Zufriedenheit mit der Wohngegend und der Wohnung/Haus Vertrauen in Lärmverantwortliche allgemeine Schlafqualität der letzten 4 Wochen ohne Bezug auf verkehrslärmbedingte Störungen wahrgenommenen prozedurale Fairness im Entscheidungsprozess

Berichtete fluglärmbedingte Schlafstörungen der letzten 12 Monate => Positiver Effekt der Kernruhezeit: Anteil der stark durch Fluglärm schlafgestörten Personen ist mit Einführung der Kernruhezeit in Frankfurt zwischen 23-5 Uhr deutlich zurück gegangen Frankfurt 2011 Hier: Anteil der hoch durch Fluglärm schlafgestörten Personen - Frankfurt - Köln-Bonn - Berlin-Brandenburg - Stuttgart... jeweils 95% - Konfidenzintervall Frankfurt 2012 Frankfurt 2013 Quelle: NORAH-Studie, 2015

Veränderungseffekte in fluglärmbedingten Schlafstörungen Differenz zwischen erwarteter und aufgetretener Belästigung Change-Effekt Change Bonus Änderungsgruppen 2012 gegenüber 2011 Fluglärmreduzierung < 2 db Änderung Nacht-Leq Quelle: NORAH-Studie, 2015 Fluglärmstabilität +/- 2 db Änderung Nacht-Leq Fluglärmzunahme > 2 db Änderung Nacht-Leq

Gruppe Nacht-Fluglärmreduzierung Im Mittel Abnahme der berichteten fluglärmbedingten Schlafstörungen Change Bonus in 2012 und 2013 erwartete Werte der Jahre 2012 und 2013 fast identisch, beide Funktionen liegen übereinander (zu sehen nur grün) Quelle: NORAH-Studie, 2015 Zunahme der Diskrepanz zwischen den erwarteten Werten des Jahres 2012 (schwarz/grün) und den eingetretenen Werten 2012 (rot) im oberen Pegelbereich auf bis zu 0,35 Skalenpunkte, wohingegen im unteren Pegelbereich eine Angleichung auf 0,15 erfolgte => Reduktion der Pegel wird bei hohen Pegeln besonders wahrgenommen

Gruppe Nacht-Fluglärmstabilität Im Mittel Abnahme der berichteten fluglärmbedingten Schlafstörungen erwartete Werte der Jahre 2012 und 2013 fast identisch, beide Funktionen liegen übereinander (zu sehen nur grün) Zunahme der Diskrepanz zwischen den erwarteten Werten des Jahres 2012 (schwarz/grün) und den eingetretenen Werten 2012 (rot) im oberen Pegelbereich auf bis zu 0,5 Skalenpunkte, wohingegen im unteren Pegelbereich eine Angleichung auf 0,10 erfolgte Quelle: NORAH-Studie, 2015

Gruppe Nacht-Fluglärmzunahme Im Mittel Abnahme der berichteten fluglärmbedingten Schlafstörungen. Wohl positiver Effekt des Nachtflugverbots von 23-5 Uhr trotz lokaler Zunahme des Pegels von 22-6 Uhr Change Bonus, der auch 2013 erhalten bleibt Zunahme der Diskrepanz zwischen den erwarteten Werten des Jahres 2012 (schwarz) und den eingetretenen Werten 2012 (rot) im unteren Pegelbereich auf bis zu 0,3 Skalenpunkte, dabei waren die eingetretenen Werte höher als die erwarteten Werte. Dagegen zeigten sich im oberen Pegelbereich niedrigere Werte im Vergleich zu den erwarteten Werten (Diskrepanz von 0,5 Skalenpunkten) Quelle: NORAH-Studie, 2015

Berichtete Einschlaf- und Aufwachstörungen (Frankfurt 2011-2013) dokumentieren verbleibendes Störungspotential in den Nachtrandstunden (hier: Grad der Schlafstörungen) Durchschlafstörungen (Nachtschlaf) sind zurückgegangen Einschlafstörungen sind konstant geblieben (ganz leichter Rückgang) Ausschlafstörungen haben zugenommen (bei gleichem Nacht-Leq) Quelle: NORAH-Studie, 2015

Verkehrsträgervergleich Die berichteten Schlafstörungen und der Anteil der hoch schlafgestörten Personen sind beim Fluglärm bei gleichen Nacht- Mittelungspegeln höher als beim Schienen- und Straßenverkehrslärm Quelle: NORAH-Studie, 2015

Der Effekt von Verkehrslärm auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität ist im Vergleich zur Fluglärmbelästigung und den berichteten fluglärmbedingten Schlafstörungen deutlich geringer, aber statistisch signifikant. An allen Standorten leichte Minderung der Lebensqualitätswerte in höheren Pegelklassen als in niedrigeren, insbesondere der psychischen Lebensqualität. Bei Personen mit einer Fluglärmzunahme (Frankfurt 2011 zu 2012) ist dieser Effekt am deutlichsten erkennbar vor allem ab hohen Pegelwerten ab 55 db. Die körperliche Lebensqualität ist dagegen vor allem mit der Schienenverkehrsbelästigung assoziiert. Der Einfluss der Verkehrslärmbelastung auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität wird über die Fluglärmbelästigung vermittelt.

Auf die Verkehrslärm-Belästigung haben verschiedene untersuchte Faktoren Einfluss: den größten hat der Pegel, aber auch nicht-akustische Faktoren haben einen Einfluss: 1. Mittelungsschallpegel 20,2% 2. Einstellung zum Verkehr, zu verantwortlichen Institutionen 7,2% 3. Lärmbewältigungsvermögen, erlebte Kontrolle über Lärmsituation 4,1% 4. individuelle Lärmempfindlichkeit 3,6% 5. Alter, 40-60 Jahre stärker belästigt 0,8% 6. Wohndauer, je länger exponiert, desto höher Belästigung 0,7% 7. Hauseigentum 0,3% etc.

1. Belästigung und Lebensqualität 2. Krankheitsrisiken 3. Blutdruck 4. Schlaf 5. Lernverhalten von Kindern

3. Krankheitsrisiken (Fallkontrollstudie) Studienziel Untersucht wurden die Auswirkungen von Verkehrslärm auf das Risiko, an bestimmten Krankheiten zu erkranken. Basis der Untersuchung war eine möglichst große Menge an Krankenkassendaten aus dem Rhein-Main-Gebiet, restrospektiv. Untersucht wurden die Krankheiten: Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Depressionen (depressive Episoden) und Brustkrebs (bei Frauen).

Methodik Verordnungs- und Abrechnungsdaten 2005-2010 von 3 großen gesetzlichen Krankenkassen im Rhein-Main-Gebiet (Sekundärdaten) = 23,3% der Gesamtbevölkerung über 40 Jahre o soweit verfügbar einschließlich Wohnvorgeschichte 1996 bis 2005 o Einschluss mindestens 40jähriger Fälle und Kontrollpersonen o Insgesamt 1.026.658 Personen adressbezogene Zuordnung von Fluglärm, Straßenverkehrsund Schienenverkehrslärm (Dauerschallpegel für 24h und für best. Zeitscheiben, Maximalpegel) für das Jahr 2005 sowie für Wohnvorgeschichte bis 1996 o verschiedene Mittelungspegel (24h und Zeitscheiben), < 40 db- Mittelungspegel sowie nächtliche Maximalpegel von > 50 db (bei Fluglärm) o Referenzkategorie < 40 db Dauerschallpegel

Miteinander verglichen wurde die Verkehrslärm-Exposition von erkrankten und nicht-erkrankten Personen. Einzeldiagnosen überschneiden sich, d. h. Kontrolle hat teilweise andere Krankheit stationäre und ambulante (bei Herzschwäche und Depressionen, da häufig nicht stationär behandelt) Neu-Diagnosen 2006 bis 2010: o Herzinfarkt 19.632 o Schlaganfall 25.495 o Herzschwäche 104.145 o Brustkrebs 6.643 o Depressionen 77.295 Vertiefende Befragung (8.540 Teilnehmer) o um nicht oder nicht vollständig in den Krankenkassendaten enthaltene potentielle Confounder (Verzerrer) zu erkennen o Informationen zur Abschätzung der Innenraumpegel

Ergebnisse Herzinfarkt Statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen 24h- Dauerschallpegel des Straßen- und Schienenverkehrslärms (2,8% und 2,3%), nicht des Fluglärms, aber (bezogen auf Fluglärm): Bei Analyse der bis 2014 verstorbenen Herzinfarkt-Patienten* statistisch signifikant erhöhtes Risiko ab 60 db Dauerschallpegel (Hinweis auf Beeinflussung des Krankheitsverlaufes, 50% 3 Jahre nach Herzinfarkt verstorben) Bei 55-60 db Dauerschallpegel zwischen 5 und 6 Uhr 25% statistisch signifikant erhöhtes Risiko, zw. 6-7 Uhr statistisch grenzwertig signifikant (12%) Bei <40 db Dauerschallpegel, verbunden mit nächtlichen >50 db Maximalpegel statistisch signifikant erhöhtes Risiko (Hinweis auf Bedeutung hoher nächtlichen Maximalpegel, auch wenn Dauerschallpegel niedrig ist) *Personen die zwischen 2005 und 2010 einen Herzinfarkt erlitten haben und vor der Durchführung der vertiefenden Befragung in 2014/2015 verstarben, etwa 53% (tatsächliche Todesursachen unbekannt)

Schlaganfall Statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen 24h- Dauerschallpegel des Straßen- und Schienenverkehrslärms (1,7% und 1,8%), nicht des Fluglärms Bei <40 db Dauerschallpegel (Fluglärm), verbunden mit nächtlichen >50 db Maximalpegel um 7% erhöhtes statistisch signifikantes Risiko

Herzschwäche (Herzinsuffizienz) Statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen 24h- Dauerschallpegel des Straßen-, Schienen- und Flugverkehrslärms: Fluglärm 1,6% (bei Analyse der Verstorbenen* 3,1%), Straße 2,4%, Schiene 3,1% Beim Fluglärm und einem <40 db Dauerschallpegel verbunden mit nächtlichen >50 db Maximalpegel um 6% erhöhtes statistisch signifikantes Risiko Herzschwäche ist in Deutschland die dritthäufigste Todesursache und zweithäufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte. *Personen, bei denen zwischen 2006 und 2010 Herzschwäche diagnostiziert wurde und die vor der Durchführung der vertiefenden Befragung 2014/2015, etwa 33%, tatsächliche Todesursache unbekannt

Depressionen Statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen 24h-Dauerschallpegel des Straßen-, Schienen- und Flugverkehrslärms. Fluglärm hat höchsten Effekt: 8,9% Risikoanstieg pro 10 db Dauerschall-Pegelanstieg, Straßen 4,1%, Schiene 3,9% Flug- und Schienenverkehrslärm: wieder abfallende Risiken bei höheren Lärmpegeln (umgekehrte U-Kurve), evtl. Verkehrslärm-abhängiges Wohnverhalten Quelle: NORAH-Studie, 2015

Brustkrebs kein statistisch signifikanter Zusammenhang (Straßen-, Schienen- und Flugverkehrslärm) bezogen auf 24h- Dauerschallpegel statistisch signifikant erhöhtes Risiko auf das Dreifache bei nächtlichen Dauerschallpegeln ab 55 db(a) zwischen 23 und 5 Uhr (bei geringen Felderbelegungen, n= 6, 139 Kontrollpersonen)

Vertiefende Befragung von 8.540 Versicherten (Daten haben Krankenkassen nicht) Ziele der Befragung o Ergebnisverzerrung durch Störfaktoren (Confounder) überprüfen: Beeinflussen best. Faktoren die Verkehrslärmrisiken? Sozialstatus (Einkommen, berufl. Stellung, Bildung, Tabakkonsum, Gewicht, Alkoholkonsum, Nachtschichtarbeit, Arbeitslärm, körperliche Aktivität) o Innenraumpegel-Ergebnisse mit den Außenpegel- Ergebnissen vergleichen Für Herzschwäche (= weitaus größte Fallgruppe der Herz- Kreislauf-Erkrankungen) konnten beide Ziele erreicht werden, da die Ergebnisse der (allein) sekundärdatenbasierten FKS trotz der niedrigen Antwortrate von 5,5% in der vertiefenden Befragung reproduzierbar war.

Ergebnis der vertiefenden Befragung: o Keine wesentliche Verzerrung der Herzschwäche- Risikoschätzer durch eine unzureichend Berücksichtigung des Sozialstatus und des Lebensstils, d. h. es besteht kein Einfluss des Lebensstils auf die Wohnadresse und damit auf die zugrunde liegende Verkehrslärm-Exposition o Innenraumpegel-bedingte Herzschwäche-Risikoschätzer liegen für alle drei Verkehrslärm-Arten höher als auf Außenpegel bezogene. Das spricht grundsätzlich für einen ursächlichen Zusammenhang der Verkehrslärm- Exposition zu der Entstehung einer Herzschwäche. Denn aufgrund individueller Wohngegebenheiten (z. B. Ausrichtung des Schlafzimmers) und Wohngewohnheiten (z. B. Fensterstellung) sind die Außenpegel nicht ohne Weiteres mit der tatsächlichen Lärmexposition vergleichbar.

Auch ohne vertiefende Befragung (bezogen auf alle anderen Krankheiten, außer Herzschwäche): Wenn Analysen auf Versicherte mit (aus Krankenkassendaten) bekanntem individuellem Sozialstatus beschränkt werden, ändern sich Ergebnisse nicht. Dies spricht für alle einbezogenen Erkrankungen gegen eine Ergebnisverzerrung durch den Sozialstatus. Die Wohndauer erhöht die meisten Gesundheits-Risiken (Summe der Lärmjahre in den 5 Jahren vor einer Zielerkrankung)

1. Belästigung und Lebensqualität 2. Krankheitsrisiken 3. Blutdruck 4. Schlaf 5. Lernverhalten von Kindern

4. Blutdruck Studienziel Sind mit steigender regelmäßiger Exposition von Luft-, Schienenoder Straßenverkehrsgeräuschen o o chronisch höhere Blutdruckmesswerte und ein höheres 10-Jahres-Herzinfarktrisiko zu verzeichnen? Können zeitliche Veränderungen beobachtet werden?

Methodik Untersuchungsgebiet o umhüllende Kontur Tages- und Nachtdauerschallpegel von 40 db für Luftverkehr des Rhein-Main-Gebietes Auswahlkriterien Probanden (844 Personen) o Erwachsene o wohnhaft zum Zeitpunkt der Untersuchung im Untersuchungsgebiet o Ausschluss von ärztlich diagnostizierten Hypertonikern (140/90 mmhg) und anderen Erkrankungen (z. B. Vorhofflimmern) o allerdings waren dann doch einige Hypertoniker (Messung, blutdrucksenkende Medikamente), wurden für Sensitivitäts- Analysen herangezogen

Exposition o adressgenaue Verkehrslärm-Zuweisung der Luft-, Schienenund Straßenverkehrsgeräusche o als Lärmexposition wurde die kombinierte Abend-Nacht- Zeitscheibe (18-6 Uhr) des Dauerschallpegels (außen) festgelegt, bezogen auf die letzten 12 Monate regelmäßige Exposition der Teilnehmer an der Wohnadresse

Messungen o Blutdruck-Selbstmessungen (Weißkittelhochdruck) nach standardisierter Vorgehensweise mit telemedizinischen Blutdruckmessgeräte-Sets (Oberarm- Messgerät und Mobiltelefon, Übertragung per Bluetooth) nach ausführlicher Schulung (Hausbesuch) mit mündlicher und praktischer Einweisung, zusätzlich schriftliche Hinweise technische Übertragung der Messwerte in Echtzeit (Prüfung auf Vollständigkeit und Regelmäßigkeit der Messungen) und Dokumentation durch Blutdruck-Tagebuch o Erfassung von Systole (oberer Wert), Diastole (unterer Wert) und Herzfrequenz (Puls) Blutdruckamplitude Mittelwerte aus 3wöchigen (21 Tagen) Selbstmessungen morgens und abends, Wiederholung nach 1 Jahr

Zeitraum o Beobachtungsperiode 1 (BP1) Juli 2012 Juni 2013 o Beobachtungsperiode 2 (BP2) Juli 2013 Juni 2014 Begleitende Befragung (persönliches Interview beim Hausbesuch) für Analyse Confounder (Alter, Geschlecht, Sozialstatus) und für Berechnung des 10-Jahres-Risikos mit dem PROCAM-Score o aktuellen Gesundheit o chronische Erkrankungen (u. a. Hypertonie, Diabetes mellitus), Personellen Faktoren: sozioökonomischer Status o Medikamente o Lebensstil: Rauchen, Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, Körpermaße (Taille-Hüft-Verhältnis) o Lärmempfindlichkeit

Auswertung Zusammenhang zwischen dem äquivalenten Dauerschallpegel (18-6 Uhr) von Luft-, Schienen- und Straßenverkehrsgeräuschen und der Hauptzielgröße (Systole) und den Nebenzielgrößen (Diastole, Herzfrequenz, Blutdruckamplitude und PROCAM). Sensitivitätsanalysen o Geschlecht o Wohndauer o Lärmempfindlichkeit o Vorliegen einer Hypertonie (mit und ohne blutdrucksenkender Medikation in den letzten 7 Tagen)

10-Jahres-Herzinfarkt-Risiko: PROCAM-Schnelltest Zur Beurteilung des kardiovaskulären Risikos wurde der Score des PROCAM-Schnelltests berechnet: Der Test ist ein sehr einfaches Punktesystem zur Vorauswahl von herzinfarktgefährdenden Personen, der keine ärztliche Untersuchung erfordert. Er berücksichtigt Geschlecht, Alter, Körpergewicht und größe beziehungsweise den Taillenumfang, ob man raucht, ob man an Bluthochdruck oder Diabetes mellitus leidet, und ob ein enger Verwandter frühzeitig einen Herzinfarkt erlitten hat ( ). Bei einem Punktwert von 61 bei Männern und 64 bei Frauen überschreitet das Risiko, innerhalb der nächsten 10 Jahre einen Herzinfarkt zu erleiden, 10%. (Quelle: Assmann, 2005)

Herausforderung geringe Responsrate I o angestrebte Teilnehmerzahl beim Blutdruck-Monitoring waren 1.600 Teilnehmer o Der Teilnehmerkreis basierte auf Teilnehmerstichproben aus Modul 1 (schon dort geringe Responserate). Die Teilnehmer wurden am Ende des telefonischen Interviews um Einverständnis gebeten, für die Blutdruckstudie kontaktiert zu werden. Hiervon wurden Personen ausgeschlossen, die angaben, an Bluthochdruck zu leiden, so dass potentielle Personen ermittelt wurden. Die Ausgangsgesamtzahl betrug danach 1.824 Personen. o Auf diese Weise ermittelte sog. Teilstichprobe 1 (TS1) des Blutdruck-Monitorings nur 844 Teilnehmer (45,8%)

Herausforderung geringe Responsrate II o Zunächst Gewinnung neuer Untersuchungsteilnehmer durch eine neue Stichprobe (ZS), um Teilnehmerzahl zu maximieren. Weitere Zufallsstichprobe (N = 8.000) analog der Ziehung in Modul 1 wurden angeschrieben, allerdings lagen keine Informationen (Gesundheitsstatus) vor, deshalb kein Ausschluss eines Bluthochdrucks möglich (N = 174) o Weitere Stichprobenziehung (TS2) aus zweiter und dritter Befragungswelle in Modul 1. Hier wurden Hypertoniker nicht ausgeschlossen, um eine Annäherung an ZS zu erhalten (N = 231). o Unterschiedliche Methoden bei der Generierung der TSP erforderten vor der Auswertung einen Vergleich in Bezug auf Ziel- und Einflussgrößen: deutliche Unterschiede bzgl. demografischer Merkmale, Blutdruckmesswerte, Gesundheitsverhalten und Erkrankungen => keine gemeinsame (gepoolte) Auswertung statthaft

Herausforderung geringe Responsrate III o o o Ursache für Großteil der strukturellen Unterschiede: unterschiedliche Rekrutierungsverfahren Analyse der statischen Testpower (Wahrscheinlichkeit mit der ein Effekt statistisch abgesichert werden kann) der TS1 mit 844 Probanden ausreichend und damit verwendbar. ZS war der TS1 am ehesten vergleichbar (bis auf Hypertoniker), so dass ZS zur Beurteilung von Detailfragestellungen herangezogen wurde (z. B. Subgruppenanalysen bei Hypertonie).

Ergebnisse kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen chronischer Fluglärmbelastung (Abend- plus Nachtpegel) und Höhe des Blutdrucks (ebenso Straße und Schiene) Systolischer Blutdruck über 5 db-pegelklassen von Luftverkehrsgeräuschen L pa,eq,18-06 systolischer Blutdruck Mittelwert morgens [mmhg] Frauen Männer oberer Grenzwert für Systolischen Blutdruck (140 mmhg) 35,0 N=29 Quelle: NORAH-Studie, 2015 35,1 40,0 N=174 40,1 45,0 N=162 45,1 50,0 N=190 50,1 55,0 N=232 Luftverkehrsgeräusche L pa,eq,18-06 in 5 db-pegelklassen 55,1 60,0 N=44

überwiegend positive (= auf einen Anstieg des Blutdruck mit steigender Lärmbelastung hindeutende), jedoch quantitativ geringe Effektschätzer in Bezug auf alle untersuchten Größen (systolischer und diastolischer Blutdruck, Herzfrequenz, Blutdruckamplitude und PROCAM-Score), ohne statistische Signifikanz Änderungen der Exposition nach einem Jahr: o gaben keine Hinweise auf bedeutsame Änderungen auf die Blutdruckmesswerte (systol. Wert) bei Luftverkehrsgeräuschen o Bei Schienen- und Straßenverkehrsgeräuschen traten nur bei einzelnen Teilnehmern Änderungen auf => daher keine Analysen durchführbar

Wiederholung der Querschnittsanalysen nach einem Jahr gibt keine Hinweise auf systematische Unterschiede zwischen den Effektschätzern der Beobachtungsperioden Hinweise auf besonders empfindliche (vulnerable) Personengruppen in der Region (tendenziell stärkere Effekte, ohne statistische Signifikanz) aus Sensitivitätsanalysen: o o o o o Männer Bluthochdruck-Patienten (Hypertoniker) Personen mit einer Wohndauer <14 Jahre Personen mit einer mittleren Lärmempfindlichkeit Alter > 40 Jahre

1. Belästigung und Lebensqualität 2. Krankheitsrisiken 3. Blutdruck 4. Schlaf 5. Lernverhalten von Kindern

5. Schlaf Studienziel Erhebung der akuten Auswirkungen von Fluglärm auf die Schlafqualität von Anwohnern.

Methodik weltweit größte Felduntersuchung mit Luftverkehrsgeräuschgewohnten schlafgesunden Erwachsenen (202 Teilnehmer) Messungen zu Hause Zeitraum: 2011 2013 (vor und nach Einführung Nachtflugverbot zwischen 23-5 Uhr), je 3 Nächte im Sommer Untersuchung objektiven Schlafqualität (medizinische Untersuchungen) subjektiven Schlafqualität (Befragungen zum Schlaf der vorangegangenen Nacht) Berücksichtigung von Einstellungen der TeilnehmerInnen zum Luftverkehr

- Schalldruckpegel wurden mit Messgerät direkt im Schlafzimmer gemessen 40-minütiger Schalldruckpegelverlauf am Ohr des Schlafenden vom 28.07.2011 an einer Messstelle in Offenbach bei geöffnetem Fenster. Quelle: NORAH-Studie, 2015

Auswahlkriterien o über 18 Jahre o keine Schwerhörigkeit o keine Kleinkinder in der Wohnung o kein Benutzen lärmmindernder Hilfsmittel wie z. B. Ohrstöpsel Medizinische Untersuchungen (zwei Verfahren) o Polysomnografie = EEG ( Goldstandard der Schlafmessung ) o vegetativ-motorische Methode (VVM) = in NORAH weiterentwickeltes vereinfachte Methodik

Polysomnografie (EEG) o o o o sehr aufwändige Methode Goldstandard der Schlafmessung Messung der Aufwachreaktionen Schlafstadienklassifizierung (REM-Schlaf, Tiefschlaf etc.): Phasen verändern sich, visueller Scorer stellt Aufwachen fest, Prüfung des Diagramms alle 30 Sekunden

Vegetativ-motorische Methode (VMM) o o Weiterentwicklung einer vegetativ-motorischen Methode: beruht auf Beobachtung der physiologischen Reaktionen beim Aufwachen: EKG (Herzfrequenz) und Körperbewegungen bildet anderen physiologischen Prozess ab durch vereinfachte Messmethode Untersuchung größerer Stichproben bei gleichem finanziellen Aufwand (2014/2015 auch in aktueller US-amerikanischer Feldstudie bei Prof. Basner im Einsatz) können Probanden selbst anwenden (kein Mitarbeiter jeden Morgen und Abend vor Ort) Geräte können nach 3 Nächten wieder abgeholt werden viel leichtere Auswertung (automatisiert ggü. visueller Auswertung durch Scorer)

Bettzeitgruppen 2011 (Polysomnografie, 49 Probanden à 3 Nächte) Bettzeitgruppe 1: 22-22:30 bis 6-6:30 Uhr Bettzeitgruppe 2 nicht, da keine Zeit mehr vor Nachtflugverbot 2012 (Polysomnografie, 83 Probanden à 3 Nächte, 41 davon Längsschnitt, Rest zusätzlich) + 2013 (vegetativ-motorische Methode, 187 Probanden à 3 Nächte) Bettzeitgruppe 1: 22-22:30 bis 6-6:30 Uhr Bettzeitgrupp 2: 23-23:30 bis 7-7:30 Uhr

Ergebnisse Polysomnografie-Messungen 2011 + 2012 Anwohner am Flughafen Frankfurt schlafen seit Einführung des Nachtflugverbots im Oktober 2011 besser durch: Die fluglärmassoziierte Aufwachhäufigkeit verringerte sich bei Personen, die etwas früher ins Bett gehen (Bettzeitgruppe1) statistisch signifikant von 2 auf 0,8 (2011-2012). Bei Personen, die etwas später ins Bett (BZG 2) gehen und hierdurch am Morgen eine Stunde länger durch Flugverkehrsgeräusche belastet sind, lag der Wert 2012 bei 1,9. Frühes zu Bett gehen wirkt sich also protektiv auf den Schlaf aus (abends ist der Schlafdruck groß). Die Schlafquantität und qualität (Gesamtschlafzeit, Einschlaflatenz, Schlafeffizienz, Wachzeit nach dem Einschlafen) veränderten sich nicht. Der prozentuale Wachanteil ab 4:30 Uhr war in den Jahren 2011 und 2012 nicht statistisch signifikant unterschiedlich.

Personen, die den Flugverkehr eher positiv bewerteten, zeigten in beiden Jahren weniger objektiv gemessene (physiologische) Schlafstörungen als Personen mit negativer Einstellung. Die Kausalität des Zusammenhangs, ob also der gestörtere Schlaf eine negative Einstellung nach sich zieht oder umgekehrt, konnte nicht aufgeklärt werden.

Vergleich der Flughäfen Frankfurt und Köln-Bonn Die Wahrscheinlichkeit, durch ein Überfluggeräusch mit gleichem Maximalpegel zu erwachen, war in der Köln-Bonner- Studie (2001/2002) höher als in NORAH im Jahr 2012 - z. B. bei einem Maximalpegel von 45 db(a) um 5% höher Die Schlafquantität und qualität waren in Köln-Bonn 2001/2002 vermindert ggü. FRA im Jahr 2012 Schlafeffizienz, Gesamtschlafzeit und Tiefschlafzeit waren statistisch signifikant verringert Einschlaflatenz und Schlaffragmentierung statistisch signifikant erhöht

Mögliche Ursachen der Unterschiede zwischen den Flughäfen Frankfurt und Köln-Bonn andere Anzahl und zeitliche Verteilung der Fluglärmereignisse anderer Flugzeugmix (ältere Frachtflugzeuge in Köln-Bonn) Zubettgeh- und Aufstehzeiten waren verschieden Anderer Scorer (Auswerter) => Deshalb sind direkte Vergleiche nur eingeschränkt mit den DLR-Erhebungen am Flughafen Köln/Bonn 2001/2002 möglich.

Vegetativ-motorische Messungen Die Messung vegetativ-motorischer Reaktionen während des Schlafs ist geeignet, lärmbedingte physiologische Ereignisse abzubilden. Diese Ereignisse sind möglicherweise besser geeignet als reine Aufwachreaktionen, um die Assoziationen kardiovaskulärer Erkrankungen mit langjähriger Lärmexposition zu erklären.

Ergebnisse Befragungen zur subjektiven Schlafqualität und Belästigung durch Fluglärm in der vorherigen Nacht Nachgewiesen wurde ein statistisch signifikanter Einfluss der Anzahl an Überflügen und des energieäquivalenten Mittelungspegels auf die Kurzzeitbelästigung durch den Fluglärm der vergangenen Nacht. Die Reaktion ist erheblich. Quelle: NORAH-Studie, 2015

Längsschnittanalyse der subjektiven Schläfrigkeit in den Jahren 2011 bis 2013 ergab, dass die Anwohner morgens häufiger müde sind. Quelle: NORAH-Studie, 2015

1. Belästigung und Lebensqualität 2. Krankheitsrisiken 3. Blutdruck 4. Schlaf 5. Lernverhalten von Kindern

6. Lernverhalten von Kindern (bereits Ende 2014 veröffentlicht) Fluglärm verringert die Leseleistungen von Schulkindern statistisch signifikant: 10 Dezibel höhere Dauerschallpegel verzögern das Lesenlernen um 1 Monat. Kinder in stark lärmbelasteten Gebieten fühlen sich gesundheitlich (körperlich und psychisch) weniger wohl als Kinder an ruhigeren Orten. Kinder in stark fluglärmbelasteten Gebieten erhalten häufiger ärztlich verordnete Medikamente. Darüber hinaus ist bei ihnen häufiger eine Sprech- oder Sprachstörung diagnostiziert worden. Fluglärm stört den Unterricht beträchtlich in stark durch Fluglärm belasteten Schulen: Der Unterricht wird durch Fluglärm unterbrochen und die Aufmerksamkeit der Kinder abgelenkt.

ZUSAMMENFASSUNG Belästigung: Fluglärm ist die mit großem Abstand lästigste und störendste Lärmquelle im Vergleich mit Schienen- und Straßenverkehrslärm. Die Fluglärm-Belästigung ist bundesweit an allen 4 untersuchten Standorten deutlich angestiegen und liegt weit über den national und auf EU-Ebene zu Grunde gelegten Lärmwirkungskurven. Wenn neben Fluglärm noch eine weitere Verkehrslärmart (Straße oder Schiene) auftritt, ist der Fluglärm ausschlaggebend für die Gesamt-Belästigung (nicht der Pegel).

Krankheitsrisiken bzgl. Fluglärm: ZUSAMMENFASSUNG Bezogen auf den 24h-Mittelungspegel steigt das Risiko an Depressionen zu erkranken um 8,9% bei 10 db Dauerschallpegel, das Risiko an Herzschwäche zu erkranken steigt um 1,6%. Das Krankheitsrisiko in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und teilweise Brustkrebs steigt bei bestimmten möglichen Wirkzusammenhängen besonders häufig und stark an: Nachtfluglärm (Kernnacht und Nachtrandstunden) hohe Dauerschallpegel und hohe Maximalschallpegel Wirkung von Fluglärm auf den Krankheitsverlauf

ZUSAMMENFASSUNG Ein Zusammenhang zwischen Fluglärm und dem Mittelungspegel sowie der Höhe des Blutdrucks konnte nicht nachgewiesen werden. Fluglärm verringert die Leseleistungen von Kindern: 10 db höhere Dauerschallpegel verzögern das Lesenlernen um 1 Monat. Der Unterricht wird durch Fluglärm unterbrochen und die Aufmerksamkeit der Kinder abgelenkt. Kinder in stark lärmbelasteten Gebieten fühlen sich gesundheitlich weniger wohl als Kinder an ruhigeren Orten. Kinder in stark fluglärmbelasteten Gebieten erhalten häufiger ärztlich verordnete Medikamente und haben häufiger Sprech- oder Sprachstörungen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!