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Allgemeines Die Dichtheitsprüfung von Freispiegelleitungen ist gemäß DIN EN 1610 bzw. ATV-DVWK-A 139 durchzuführen. Abweichend hiervon gilt für die Prüfung von Abwasserkanälen und -leitungen in Wassergewinnungsgebieten das ATV- DVWK-A 142. Abwasserdruckleitungen sind nach DIN EN 805 zu prüfen (siehe hierzu Katalog Gussrohrsysteme für Trinkwasser ). Für die Dichtheitsprüfung stehen nach DVWK-A 139 drei verschiedene Verfahren zur Verfügung. Prüfung mit Luftüberdruck Prüfung mit Luftunterdruck Prüfung mit Wasser Sicherheit Dichtheitsprüfungen mit Luft sind in Anlehnung an 36 (1) der UVV Allgemeine Vorschriften (BGV A 1) als gefährliche Arbeit einzustufen. Dabei gelten folgende Mindestanforderungen: Die Dichtheitsprüfung darf nicht von einer einzelnen Person durchgeführt werden. Es sind geeignete Personen zu beauftragen, denen die mit der Prüfung verbundenen Gefahren bekannt sind. Es ist ein Aufsichtsführender zu bestellen, der im Bereich der Arbeitsstelle ständig zu erreichen ist. Das zur Dichtheitsprüfung verantwortlich eingesetzte Personal sollte bau-, betriebs- und materialtechnisches Fachwissen über Abwasserleitungen und -kanäle und eine mindestens einjährige Praxis besitzen. Kapitel 10 269
Das Prüfobjekt muss gereinigt werden, um den sicheren Sitz der Absperrelemente und die störungsfreie Durchführung der Dichtheitsprüfung zu ermöglichen. Nicht erdüberdeckte oder oberirdisch verlaufende Leitungen und Kanäle sind unter Berücksichtigung des Prüfdruckes ausreichend zu sichern. Rohrleitungsteile und Prüfelemente sind zu verankern. Lageänderungen sowie Druckfreisetzungen müssen vermieden werden, z.b. durch Einschlagen von Pfählen, Aufbringen von Schüttkegeln bzw. durch Verwendung entsprechender Sicherungsschellen. Gerätschaften Bei der Luftüber- und Unterdruckprüfung ist mindestens folgende Ausrüstung erforderlich: Absperrelemente, Kompressor bzw. Verdichter oder Unterdruckpumpe, Befülleinrichtung inkl. Druckminderungsventil, bzw. elektronischer Druckabschaltung, Druckmesseinrichtung, Einrichtung zur Protokollierung und Archivierung der Messdaten Zur Durchführung von Wasserdruckprüfungen ist ein Freispiegelbehälter oder eine entsprechende Ausrüstung zur drucklosen Füllung erforderlich. Zur Druckmessung ist ein Manometer mit einer Messabweichung von maximal 10% Dp zu verwenden. Alle Ausrüstungsgegenstände müssen den Vorschriften gemäß VDE und DIN sowie den UVVs entsprechen. Dichtheitsprüfung Eine Prüfung gilt als bestanden, wenn die Prüfkriterien eingehalten werden. Die Dichtheitsprüfung kann alternativ mit Wasser oder Luft durchgeführt werden. Die Prüfung mit Luft ist deutlich schneller durchzuführen als die Prüfung mit Wasser. 270
mit Luft (nach ATV-DVWK-A 139) Abnahmekriterium ist bei der Prüfung mit Luft der zulässige Druckabfall bzw. -anstieg und bei der Prüfung mit Wasser der zulässige Wasserzugabewert bezogen auf die Prüfzeit. Die Dichtheitsprüfung der Schächte ist vorzugsweise als Wasserdruckprüfung durchzuführen. Die Absperrelemente sind sind formschlüssig gegen unbeabsichtigte Lageänderung zu sichern. Die Prüfung wird haltungsweise bzw. abschnittsweise (ca. 100 m) empfohlen (siehe Bild 1). Bild 1 : Prinzip für die Luftüber- und -unterdruckprüfung (ohne Darstellung der Ausschubsicherung) Für die Luftüberdruckprüfung werden aus messtechnischen Gründen die Verfahren LC und LD empfohlen. Bei Rohren größerer Dimensionen (ca. > DN 1000) ist aus Gründen der Arbeitssicherheit das Verfahren LC zu bevorzugen. Es wird eine Beruhigungszeit von 10 x DN [m] in min, mindestens jedoch 5 min, empfohlen. Kapitel 10 271
mit Luft (nach ATV-DVWK-A 139) Bei anstehendem Grundwasser ist der höchste Grundwasserstand in der Prüfstrecke zu berücksichtigen. Der Prüfdruck ist pro Meter Grundwasser über der Rohrsohle um 10 kpa zu erhöhen. Aus sicherheitstechnischen Gründen bleibt der Prüfdruck in jedem Fall auf 20 kpa beschränkt. Prüfdrücke und Prüfzeiten sind in Tabelle 1 und 2 unterschieden nach Luftüberdruck- bzw. Luftunterdruckprüfung in Abhängigkeit vom Nenndurchmesser und Prüfverfahren dargestellt. Bei Dichtheitsprüfungen in Wasserschutzgebieten sind die Tabellen 3 und 4 anzuwenden. p o *) p Prüfzeit t [min] [kpa] DN 100 DN 200 DN 300 DN 400 DN 600 DN 800 DN 1000 LA 1 0,25 5 5 7 10 14 19 24 LB 5 1 4 4 6 7 11 15 19 LC 10 1,5 3 3 4 5 8 11 14 LD 20 1,5 1,5 1,5 2 2,5 4 5 7 Kp-Wert **) 0,058 0,058 0,040 0,030 0,020 0,015 0,012 *) Druck über Atmosphärendruck **) p t = 1 ln 0 K p p 0 p Kp = 12/DN mit einem Höchstwert von 0,058, wobei t bei t 5 min ist auf die nächste halbe Minute, und bei t > 5 min auf die nächste ganze Minute zu runden. 1 kpa = 10 mbar und entspricht 0,1 mws ln = log e Tabelle 1: Prüfbedingungen für die Luftüberdruckprüfung Prüfverfahren Prüfverfahren p o *) p Prüfzeit t [min] [kpa] DN 100 DN 200 DN 300 DN 400 DN 600 DN 800 DN 1000 LCU -10 1,1 2,5 2,5 3 4 6 8 10 LDU -20 1,1 1 1 1,5 2 3 4 5 Tabelle 2: Prüfbedingungen für die Luftunterdruckprüfung 272
mit Luft in Wassergewinnungsgebieten (nach ATV-DVWK-A 142) p o *) p Prüfzeit t [min] [kpa] DN 100 DN 200 DN 300 DN 400 DN 600 DN 800 DN 1000 10 1,5 3,5 7 10 14 21 28 35 20 1,5 2,5 5 7 10 14 19 24 Zwischenwerte und Prüfzeiten für größere Nennweiten können mit folgenden Formeln berechnet werden: für p o = 20 kpa : t = 24 x d in min (Innendurchmesser d in m) für p o = 10 kpa : t = 34,5 x d in min (Innendurchmesser d in m) t ist bei t 5 min auf die nächste halbe Minute und bei t > 5 min auf die nächste ganze Minute zu runden. 1 kpa = 10 mbar und entspricht 0,1 mws Tabelle 3: Prüfbedingungen für die Luftüberdruckprüfung in Wassergewinnungsgebieten p o *) p Prüfzeit t [min] [kpa] DN 100 DN 200 DN 300 DN 400 DN 600 DN 800 DN 1000-10 1,5 3,5 7 10 14 21 28 35-20 1,5 2,5 5 7 10 14 19 24 Zwischenwerte und Prüfzeiten für größere Nennweiten können mit folgenden Formeln berechnet werden: für p o = -20 kpa : t = 24 x d in min (Innendurchmesser d in m) für p o = -10 kpa : t = 34,5 x d in min (Innendurchmesser d in m) t ist bei t 5 min auf die nächste halbe Minute und bei t > 5 min auf die nächste ganze Minute zu runden. 1 kpa = 10 mbar und entspricht 0,1 mws Tabelle 4: Prüfbedingungen für die Luftunterdruckprüfung in Wassergewinnungsgebieten Kapitel 10 Das Prüfobjekt darf bei der Wasserdruckprüfung keine direkte Verbindung zu einer unter Überdruck stehenden Leitung bzw. Pumpe besitzen. Die zu prüfende Leitung ist so mit Wasser zu füllen, dass die eingeschlossene Luft an dem am Hochpunkt der Haltung installierten Absperrelement entweichen kann. 273
mit Wasser (nach ATV-DVWK-A 139/142) Zulässige Wasserzugabemengen für die Wasserdruckprüfung: 0,15 l/m² in 30 min für Rohrleitungen, 0,20 l/m² in 30 min für Rohrleitungen einschl. Schächte, 0,40 l/m² in 30 min für Schächte und Inspektionsöffnungen. Zulässige Wasserzugabemenge über 30 min in l für 100 m Rohrleitung und 15 l/m² DN 100 150 200 250 300 400 500 600 700 800 900 1000 Füllmenge 4,7 7,1 9,6 12 14,4 19,1 23,8 28,6 33,3 38,1 42,9 47,7 Für die Prüfung von Rohrleitungen und Schächten in Wassergewinnungsgebieten gelten die gleichen Wasserzugabemengen, jedoch bei einer Prüfdauer von 45 min. Die Vorbereitungszeit sollte eine Stunde nicht unterschreiten. Während dieser Zeit ist die Prüfstrecke vollständig mit Wasser gefüllt zu halten. Der Prüfdruck wird bezogen auf Geländeniveau. Er beträgt maximal 50 kpa und mindestens 10 kpa über dem Rohrscheitel am höchstgelegenen Punkt des Prüfobjektes. Die Prüfung wird haltungsweise einschließlich Schacht empfohlen (siehe Bild 2). Bild 1: Prinzip für die Wasserdichtheitsprüfung von Kanal, Anschluss und Schacht (ohne Darstellung der Ausschubsicherung) 274
(nach ATV-DVWK-A 139) Ein Prüfprotokoll ist für jede Prüfung separat zu erstellen. Es muss im Einzelnen beinhalten: Auftraggeber, Auftragnehmer, ggf. Projektleiter, Geräteführer, Prüfort, Datum, Uhrzeit, Straßenname, Haltungsnummer und/oder die Bezeichnungen der die Haltung begrenzenden Schächte; Bestandsdaten des zu prüfenden Objektes, wie z.b. Art des Objektes, Nennweite, Querschnittsabmessung, Prüflänge, Werkstoff, Kanalart, Baujahr, Ursprung der Längenmessung, Grundwasserstand; Angaben über Prüfvorschrift, Prüfdruck, Prüfdauer, Beruhigungszeit, zulässige Druckdifferenz bzw. Wasserzugabemenge; Angaben zum Messergebnis: gemessene Druckdifferenz bzw. Wasserzugabe; Messgrafik bei einer Luftüber- bzw Unterdruckprüfung: grafische Darstellung des Druckverlaufes über die Prüfzeit mit Angabe des geforderten Prüfdruckes, der zulässigen Druckdifferenz, dem Beginn und dem Ende der erforderlichen Beruhigungs- und Prüfzeitzeit; Angaben zu Korrekturmaßnahmen während der Prüfung; Prüfvermerk über das Ergebnis der Dichtheitsprüfung mit Unterschrift aller beteiligten Parteien; Die Prüfprotokolle sind mit einer durchlaufenden Nummer zu versehen und systematisch zu archivieren. Kapitel 10 275
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