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Transkript:

Zwischen Elternhaus und Front Herausgeberin: Christa Grothe

Copyright Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Herausgeberin unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlagvorderseite: Fotos im Innenteil: Christa Grothe Christa Grothe Christa Grothe, Herausgeberin ISBN Nr. 978-3-940751-98-0 Verlag J. Mitzkat, Holzminden Druck: Lönneker, Stadtoldendorf Printed in Germany

In dankbarer Erinnerung an Helene Fendler geb. Bertram Gegen das Vergessen an Heinrich Bertram

Nichts gelingt gut, außer man vollbringt es mit Freude Thomas von Aquin

Unser Leben ist in die Zukunft gerichtet, verstehen können wir es aber nur mit dem Blick in die Vergangenheit. Für alle meine Lieben, ganz besonders aber meine Enkelkinder.

Inhalt Vorwort Seite 7 Foto Bertrams Hof 9 Foto Geschwister Bertram 10 Familie Bertram 11 Familienverband Bertram 12 Bertrams Nachbarschaft 13 Überblick Golmbach und Umgebung 14 Wissenswertes vorm Einstieg ins Buch 15 Briefe 1939 17 1940 115 1941 354 1942 606 1943 703 Briefe an Familie Bertram 778 Karte Heeresabschnitt Mitte 789 Einsatzgebiete von Heinrich Bertram zwischen 1939 1943 790 Tagesmeldungen vom 2. Oktober 1943 aus der Heeresgruppe Mitte 791 Unternehmen Zitadelle 792 Was ich noch sagen wollte 795 Helene wie geht es weiter? 796 Danke 798 Erläuterungen 799 Quellen 808

Vorwort Schon lange wusste ich, dass gut verpackt - in zwei alten, schwarzen und bauchigen Blechkisten - diese vielen Briefe seit Kriegszeiten ruhten. Als Kind hatte ich im Anflug einer Leidenschaft zum Briefmarkensammeln die Briefmarken aus den Kuverts herausgeschnitten. Die Umschläge wurden weggeworfen, die Briefe kamen wieder in die mit bunten Rosen verzierten Behälter. Da ruhten sie nun bis zu jenem Novembertag, an dem meine Neugierde sie aus der Versenkung holte. Spontan versuchte ich einen dieser Briefe zu lesen, stellte aber bald fest, dass es wenig Sinn machte, so einen Brief unter all den vielen zu verstehen. So begann ich in akribischer Feinarbeit diese vielen Briefe zu sortieren, nach Jahren, Monaten, innerhalb eines Monats. Bald hatte ich mir einen Überblick verschafft und begab mich an die nächste Aufgabe. Nachdem ich die Briefe von Heinrich geordnet hatte, stand die gleiche Arbeit noch für die Briefe von Helene und anderen Personen bevor. Die Spannung war inzwischen gestiegen, ich wollte endlich wissen, was in diesen Briefen geschrieben stand. Also versuchte ich mich am ersten Brief von Heinrich. Dafür holte ich meine Schulkenntnisse über die deutsche Schrift aus meiner Erinnerung hervor und begann mit der Übertragung der Inhalte. Bei unleserlichen Worten half mein Mann, bei gänzlich unbekannten, gar nicht geläufigen Worten und Begriffen stand eine Nachbarin mit ihrem Wissen aus frühen Tagen mit Rat und Tat zur Seite. Sie war es, die diese Worte mit Inhalt füllte. So wuchsen einzelne Briefe zu einem Monatsüberblick. Mit dem Ablauf der verschiedenen Jahreszeiten reihten sich die Heinrich-Briefe nach Daheim zu einem Jahr. Mit dem Zufügen der Helene- und anderen Briefe war der erste Schriftwechseljahrgang komplett. So wuchsen aus den vielen Briefen die Jahrgänge 1939 1943. Aus insgesamt über 800 Briefen ist das vorliegende Buch entstanden. Die in diesem Buch beschriebene Zeit liegt schon lange hinter uns, ebenso auch die Sprache jener Zeit. Heute können wir uns diese nachstehend beschriebenen und durchgeführten landwirtschaftlichen Arbeiten von Mensch und Tier nicht mehr vorstellen. Die damals vorherrschende Technik lässt sich 70 Jahre später nur noch im Museum betrachten. Diese Aussage gilt für den bäuerlichen Erwerbsbetrieb und schließt den landwirtschaftlich geführten Haushalt ein. Gleiches gilt für die Sprache jener Zeit: Der Satzbau unterscheidet sich von unserem heutigen. Die verwendeten Ausdrücke finden Anwendung in der Landwirtschaft und darüber hinaus im täglichen Leben. In Bedeutung und Aussprache entsprechen sie dieser südniedersächsischen Region. Einige Formulierungen ließen sich nur mit Hilfe alteingesessener Golmbacher Bürgerinnen und Bürger ins Jahr 2012 übertragen. Auch aufgezeigte Verhaltensweisen und Moralbegriffe mit ihrer starken Ausprägung von Tugend und Gehorsamkeit entsprechen jener Zeit und sind für uns heute nicht mehr nachvollziehbar. Die Geschehnisse jener Zeit werden hier ausschließlich widergegeben eine Richtigkeit für diese Angaben wird nicht übernommen. Golmbach, Frühjahr 2012 Christa Grothe

Bertrams Hof in Golmbach mit Stall rechts und Scheune links vom Wohnhaus in Nachbarschaft mit Papes links und Heinrichs zur rechten Seite

Geschwister Bertram Heinrich, Auguste und Helene um 1926

Familie Bertram Erste Ehe Heinrich Bertram I Auguste Bertram geb. Stapel Golmbach Holenberg *11. 5. 1867-9. 2. 1930 ₀₀ 1912 * 11. 9. 1878 7. 12. 1924 Kinder: Karoline Auguste Amalie * 11. 8. 1913 Karl Heinrich II Wilhelm Christian * 8. 2. 1915 Helene Frieda Marie * 12. 1. 1918 Zweite Ehe Heinrich Bertram I Auguste Bertram geb. Harre Rühle ₀₀ 1925 * 26. 5. 1882 14. 5. 1958 Kind: Hildegard * 31. 3. 1926

Familienverband Bertram Geschwister von Heinrich Bertram I in Golmbach: Wwe. Marie von August Bertram 2. Ehe mit Karl Engelke, mit Kindern Frieda verh. Dempewolf, Negenborn; Helene verh. Specht, Holzminden (mit Tochter Helene Bertram), Marie, August mit Lisbeth, Braunschweig ; in Negenborn: Schwester (Caro)Line und Heinrich Bonhage, mit Wilhelm, Hermine, Karl, Reinhard, Helene, Marie, Heinz ; in Engelade: Bruder Hermann und Alwine mit Sohn Karl und Erna; in Wenzen: Schwester Auguste und Hermann mit Hermann, Albert und Hilda; in Braunschweig: Bruder Otto und Minna mit Otto jun. Bruder und Halbschwester von Auguste geb. Stapel in Holenberg: (Heinrich + (Meta ) 2. Ehe mit Minna, mit Anneliese, Waltraud, Lisbeth, Heinz; in Scharfoldendorf: Wwe. Anna Lücke, mit Hermann und Irmgard; Cousinen / Cousins in Golmbach: Wwe. Anna Heinemann mit Kindern und Familien in Braunschweig: Elisabeth (Lisbeth) und Adolf mit Rudolf und Friedrich, in Kreiensen: Theodor (Theo) und Lenchen mit Christa und Manfred, in Rinteln: Karl (Kalli) mit Ehefrau und Sohn; in Schöningen / Wolfenbüttel: Auguste Knaust, Grete und Hermann Knaust; in Bad Harzburg: Karl und Ina Strote; Schwestern und Familien von Auguste geb. Harre in Dohnsen, Linse, Rühle: Schwestern Friederike, Marie, Karoline mit Familien in Rühle: Familien Borchers, Grupe, Schmidt, in Dohnsen: Familie Grupe, in Linse: Familie Jago, Wolf in Portenhagen: Schwester Anna Helmker mit Familie in Lenne: Lisbeth Koch mit Familie Tochter von Anna

Bertrams Nachbarschaft Familie Jäger Familie Grupe Familie Eikenberg Friedrich Jäger Onkel Grupe Schuster Eikenberg Ehefrau Lina Tante Grupe Ehefrau Anna Tochter Irmgard Tochter Johanne Ripke Sohn August Tochter Lisa Ehemann Karl Ripke Frau Dehn, Mutter Der kleine Friedrich Tochter Ruthilde Familie Heinrichs Herr Heinrichs Ehefrau Heinrichs Luise oo Hermann Sander Else oo Otto Sander (Bruder) Auguste Helene Elisabeth (Betty) Familie Bertram Familie Ebeling Wilhelm Ebeling Ehefrau Else Sohn Willi Tochter Irmgard Frau Ebeling, Mutter Familie Pape Karl Pape sen ( 1939) Ehefrau Lina Söhne: Karl oo Marie Tochter Annemarie Otto Willi Familie Lange Herr Lange Frau Lange Kinder: Anneliese Hermine oo Hans Hartart Helene Walter, Otto

Wissenswertes vorm Einstieg Das Verständnis der Briefe, die zwischen den Schwestern und der Mutter im Elternhaus mit dem jungen Landwirt Heinrich Bertram gewechselt werden, der als Soldat an die Front muss, setzt einige Vorkenntnisse voraus. Auguste Stapel, die Mutter der Geschwister Auguste, Heinrich und Helene entstammt einem Bauernhof in Holenberg, wo sie mit ihrem Bruder Heinrich und ihrer Halbschwester Anna (die seit der Heirat in Scharfoldendorf wohnt) aufgewachsen ist. Durch ihre Eheschließung mit dem Bauern Heinrich Bertram kam sie auf den Hof nach Golmbach. Die Geschwister ihres Mannes waren zu dieser Zeit schon aus dem Haus: Bruder August war in Golmbach, Hermann in Engelade, Otto in Braunschweig, Schwester Auguste in Wenzen, Caroline in Negenborn verheiratet. In Augustes Ehe mit dem Bauern Heinrich Bertram wurden drei Kinder geboren: Auguste 1913, Heinrich 1915 und Helene 1918. Auguste Bertram geb. Stapel starb im Dezember 1924 an einer Herzerkrankung. Für die Kinder im Alter von 13, 11 und 6 Jahren sowie den Vater und Ehemann war dies ein sehr schwerer Schicksalsschlag. Für einige Zeit übernahm die Cousine der Mutter, Elisabeth Becker, den Haushalt und die Betreuung der Kinder. Heinrich Bertram fand in der Haustochter Auguste Harre, einer der sechs Harre-Töchter aus Rühle, eine Haushälterin. Im Sommer 1925 wurde sie seine zweite Frau und Mutter der drei Kinder aus erster Ehe. 1926 kam ihre gemeinsame Tochter Hildegard zur Welt. Diese zweite Ehe von Heinrich Bertrams war nicht von langer Dauer: Beim Beladen eines Erntewagens auf dem abschüssigen Gelände am Eichholz rutschten die Getreidegarben vom Wagen und begruben ihn unter der Ladung. Die Folge dieses Unfalls war eine Schulterverletzung, zu der sich noch eine Lungenentzündung einstellte. Sie beendete das Leben des Bauern, Vaters und Ehemannes Heinrich Bertram nach fünfjähriger Ehe im Februar 1930 jäh. Vormund für die unmündigen Kinder wird der Cousin des Vaters, Karl Henze. Die gemeinsamen, schweren Schicksalsschläge haben Auguste Bertram, Sohn Heinrich, Tochter Auguste, Helene und Hildegard miteinander verschweißt. Gemeinsam arbeiten sie hart am Erhalt des väterlichen Hofes. Heinrich tritt nach acht Jahren Schulbesuch in Golmbach in den elterlichen Betrieb ein. Er absolviert eine landwirtschaftliche Ausbildung im fremden Musterbetrieb in Esperde und besucht in den Winterhalbjahren 1932/33 und 1933/34 die Landwirtschaftliche Schule in Eschershausen. Neben dem Arbeitsdienst durchläuft er die militärische Dienstzeit. Sehr intensiv beschäftigt er sich mit der Weiterentwicklung des Hofes. Mit 21 Jahren wird Heinrich 1936 zum Bauern erklärt und arbeitet aktiv an der Umsetzung seiner Ideen und Pläne. Und dann kommt der 26. August 1939, der Tag an dem Heinrich, der junge Landwirt auf dem vaterlosen Betrieb, als Soldat eingezogen wird

1 9 3 9

Deutschland August Postkarte Abs. H. Bertram Poststempel: Gadenstedt 29. 8. 39 Gadenstedt Frau Kreis Peine Auguste Bertram Golmbach über Stadtoldendorf Kreis Holzminden Liebe Mutter und Geschwister! Ich teile Euch mit, dass ich in Gadenstedt gut angekommen bin. Ich war schon um 9.00 Uhr da. Ich war bei Beckers vorbei, die waren aber nicht zu Hause. Da bin ich noch zu Onkel Otto gegangen, der kam aber erst um ½ 12 Uhr. Wir sind alle bei den Einwohnern einquartiert. Ich bin noch mit anderen zusammen bei einem Bauern. Auch habe ich den Kracke getroffen, mit dem ich in Halberstadt zusammen war. Ihr braucht nicht zu schreiben, denn ich weiß selbst noch nicht, wie lange wir hier bleiben. Nun seid vielmals gegrüßt von Deinem Sohn und Eurem Bruder Heinrich. Es geht in Eile. Sobald ich die Adresse weiß, schreibe ich.

* September Ansichtskarte Feldpost Lommersdorf (Eifel) Blankenheim(Eifel) 5. 9. 39 Abs. Soldat H. Bertram Frau Postsammelstelle Hannover 10087 Auguste Bertram Golmbach über Stadtoldendorf ü. Stadtoldendorf Kreis Holzminden Meine Lieben! Die besten Grüße aus Lommersdorf sendet Euch Dein Sohn und Euer Bruder H. Bertram. Hier steht das ganze Korn noch auf dem Halm. Es ist eine traurige Gegend. Wenn Ihr hier wärt und schauen könntet, so würdet Ihr die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Nun seid noch vielmals gegrüßt. * Golmbach, den 6. 9. 1939 Lieber Heinrich! Vielen herzlichen Dank für Deinen heutigen Brief sowie für die Karte. Wir hatten schon lange auf ein Schreiben von Dir gewartet. Nun bist Du schon 1 ½ Wochen von uns fort. Sicher befindest Du Dich auf dem großen Übungsplatz, der dort in der Eifel liegt. Unsere Arbeit reißt nicht ab. Nachdem Friedrich Zinternacken, Eichholz und das Land für die Leute in der Bremke und unser Weizenland gestrekt hat, pflügt er jetzt den Burgberg. Morgen früh wird er damit fertig. Vorhin habe ich bei Karlbaum wegen Gerste angefragt. Sie wird diese Woche erst eintreffen. Sie haben mir versichert, dass Jünke Sonntag wegen Dünger vorkommen soll. Nun musst Du uns mal schreiben, was wir bestellen sollen. Ferner wie viel pro Morgen ausgestreut werden soll. Die Wicken haben wir vergangenen Dienstag gedroschen. Es waren 75 Pfund Wicken und noch 8 Zentner Sommerweizen, ein gutes Ergebnis. In den letzten Tagen hatten wir auch sehr regnerisches Wetter. Das hintere Stück Luzerne haben wir zum Trocknen abgemäht. Falls das Wetter günstig ist wollen wir sie Donnerstag reinholen. 8 Zentner davon müssen wir für die Pferde abliefern. Die Lieferung des Dorfes soll 400 Zentner betragen. Fütterung haben wir reichlich. 8 Tage lang hüten wir die Kühe schon. Stoppelklee kann nötigenfalls schon gemäht werden. 4 Fuder Luzerne haben wir noch, dann ein Stück Wicken und den Klee im Garten. Diese Tage kommen nach hier 160 Flüchtlinge aus Aachen. Wir bekommen 2 davon. Diese nehmen wir alle gern auf, wenn nur bald wieder alles vorbei ist. Wir hören alle Tage bei Eikenbergs oder Papes die Nachrichten. Heute wurde ja von den Engländern sowie den Franzosen noch nichts durchgegeben. Hoffentlich werden sie doch vernünftig. Beckers kommen Sonntagabend wieder zurück. Sie sind um ½ 9 hier noch weggefahren und waren um ½ 1 Uhr in Braunschweig. Hätten wir das geahnt, konntest Du gut mit denen fahren. Hoffentlich hast Du keine Schwierigkeiten mit Onkel Otto gehabt. Onkel Adolf musste sich eigentlich schon Sonntag stellen, ist dann Montag erst hingegangen, und ist auch schon aus Braunschweig raus. Wohin weiß Tante Anna noch nicht. Auch Theo ist mit unbestimmtem Ziel fort. Kalli ist wieder zurückgekommen. Unser Karl hat lange Zeit wegen Geschwüren im Krankenhaus gelegen, wo er sich jetzt aufhält wissen wir nicht. Von hier sollen schon

über 40 Männer weg sein. Karl Ripke ist noch bei Hildesheim. Rudi Lange, Karl Bruns und R. Eikenberg sollen auch an der Westgrenze sein. Karl Streicher ist in Hanau. Aute Grupe soll ja mit in Polen sein. Heini Grupe, Helmut Samse, Willi Ebeling und Fritze Greff sind auch schon eingezogen. Sie liegen in Holzminden, geben auch Soldatenuniformen aus. Auch die Älteren liegen noch in Holzminden. Wo wird unsere Lotte wohl sein? Heinrich, bist Du denn jetzt Reiter geworden? Sei nur recht vorsichtig mit den Pferden, Mutter ängstigt sich schon sehr. Albert Eilers ist nicht wieder da. Er hat sein Zeug auch schon geschickt. Dein Paket haben wir Montag gekriegt. Karl Pape ist noch hier. Der Stellungsbefehl ist ungültig. Hermann Jakob ist auch schon weg. Karl Fischer ist wieder zurückgekommen. Otto Kiehne ist noch an der Westfront. Nun will ich schließen und hoffen, dass wir uns bald gesund wiedersehen. Im festen Gottvertrauen grüßen Dich herzlich Deine Lieben im Elternhaus. Deine Schwester Lene. Lass öfter von Dir hören, damit wir uns keine unnötigen Sorgen machen. Lieber Bruder! Da ich eben vom Dienst komme, möchte ich Dir eben noch ein paar Zeilen schreiben. Jeden Tag hüten Auguste und ich die Kühe. Es macht sehr viel Spaß. Lieber Heinrich, schreib doch bitte, in welchem Orte Du bist, damit ich es auf dem Atlas suchen kann oder darfst Du es nicht? Nun will ich schließen, sei nochmals herzlich gegrüßt von uns allen bis aufs baldige Wiedersehen von Deiner lieben Schwester Hildegard. Lieber Sohn Heinrich! Ich will Dir auch noch ein paar Zeilen schreiben, es ist nicht mehr viel Platz auf dem Bogen. Du möchtest gerne wissen, wie es mit meinem Magen ist: Etwas ist es besser. Nun sei vielmals gegrüßt von Deiner Mutter und Auguste. Nächstes Mal mehr. * Gönnersdorf d. 11. 9. 1939 Meine Lieben! Als ich Sonntag vom Dienst in meinem Quartier zurückkehrte, wurde Post verteilt und ich war glücklich, auch einen Brief von den vielen zu empfangen. Denn Ihr wisst gar nicht, wie einem zu Mute ist, wenn alle Post empfangen und ich bekomme keine. Wie ich aus dem Brief ersehen habe, seid Ihr noch alle gesund, dasselbe kann ich von mir auch schreiben. Über den Dienst darf ich nicht schreiben, denn Ihr wisst ja, wie das geahndet wird. Meine Lieben, wenn Ihr mal Armut sehen wollt, dann müsst Ihr mir mal hier her fahren: Denn Ihr könnt Euch gar keinen Begriff machen, was es hier für Zustände gibt. Hier gibt es Häuser, die sind so wie Bartels Haus und werden noch bewohnt und in solchen Häusern muss man schlafen. Dann könnt Ihr Euch denken, wie einem zu Mute ist. Aber man tut dieses gern, denn die Hauptsache ist, dass es keinen Krieg gibt. Aber Hoffnung habe ich nicht. Ludwig Brümmer aus Scharfoldendorf und Wilhelm Düe aus Heinrichshagen sind auch hier. Denkt Euch mal, ich bin bei Robert Dannenbergs Schwager. Der ist aus Broitzem und heißt Willi Zimmermann. Die meisten Männer hier sind 42 45 Jahre, junge von meinem Alter sind nicht viele dabei. Nun noch etwas über unsere Reise. Wir sind über Kreiensen, Göttingen, Kassel, Bebra, Köln und Remagen bis Ahrweiler gefahren. Von da aus sind wir durch die schönen Weinberge geritten, es war herrlich. Aber je näher wir der Eifel kamen desto schlechter wurde die Gegend. Auch sind wir am

Nürburgring, wo die großen Rennfahrten durchgeführt werden, vorbeigekommen. Das gesamte Korn steht noch auf dem Halm und es ist nicht so gut wie bei uns. Die Bevölkerung ist katholisch und der Empfang ist nicht so wie bei uns. Noch nicht einmal eine Tasse Kaffee wird einem angeboten. Nun fragt Ihr nach dem Düngerplan. Auf das Gartenland werft Ihr 4 Zentner 9 x 9; Roggen 14 Zentner 9 x, denn der kommt auf die Flöte. 3 Zentner ins Eichholz, 4 Zentner auf den Zinternacken. Wo der Weizen gewesen ist 5 Zentner, und dann bringt Ihr noch Roggen dahin wo der Hafer gestanden hat, bis da wo das Weizenland aufhört aber das muss Fritze am besten wissen. Wenn Du, Mutter, aber anderer Ansicht bist, dass auf das Weizenland an Sanders entlang Roggen soll, müsst Ihr am Zinternacken unten aufs Haferland keinen bringen. Wollt Ihr denn nun Winterweizen mit Roggen säen, so nehmt 2 Zentner Winterweizen und 1 Zentner Roggen pro Morgen. Ihr müsst um den 20. 25. September an der Bremke hoch säen. Auf den Weizen werfen wir 14 Zentner 5 x 10. Hoffentlich sind wir dann wieder zuhause. Denn bald muss sich doch was entscheiden entweder zum Guten oder Bösen. Was machen denn die Fohlen? Auf der Weide ist noch genug Futter da, und das Kleine zuhause macht sich wohl auch gut. Mutter, sollte mal was geschehen, dass Lotte wieder zurückkommt und sie sollte lahmen oder irgendeinen anderen Fehler haben, so nehmt sie ja nicht wieder zurück. Hier wird gut mit den Pferden umgegangen, die erleben schönen Sport. Wenn Ihr den Stoppelplan mäht, so stellt den Grasmäher dabei, denn das geht doch schneller als mit der Sense. Liebe Mutter, sieh Du Dich man mächtig vor und schone Dich. Wie viel Molkereigeld habt Ihr bekommen? Wer schrotet denn? Lene, Du oder Walter? Futter habt Ihr doch auch schon geschnitten. Ihr rodet wohl jeden Tag tüchtig Kartoffeln. Habt Ihr von dem Binder die Laken runtergenommen und dann macht das Messer raus und fettet es ein. Auf die Finger könnt Ihr auch etwas Fett streichen. Wenn Ihr Kartoffeln rodet, nehmt doch bitte Papen Haspel, denn der geht nicht so schwer. Solltet Ihr nun schon eher Roggen säen, dann achtet auf die Scharten, dass die alle runter sind, mit dem Saatroggen müsst Ihr mal sehen, ob Ihr Euch welchen borgt oder Ihr müsst welchen dreschen. Nun will ich schließen, denn ich muss noch zum Gewehrappell. Nun bleibt bis zum Wiedersehen vielmals gegrüßt von Deinem Sohn und Eurem Bruder Heinrich. Schreibt bald wieder. Mutter, bekommt Ihr für Friedrich Geld und was verdient er? Wenn Ihr nichts bekommt, geht immer wieder zum Vorstand. * Golmbach, den 15. 9. 1939 Lieber Bruder! Vielen Dank für Deinen heutigen Brief. Wir hatten schon einige Tage auf Nachricht von Dir gewartet. Eben regnet es hier mächtig. Sobald die Gerste ankommt, wollen wir sie säen. Montagnachmittag und Dienstag den ganzen Tag haben wir mit dem Wechselwagen Mist gefahren. Er ging gut aufzuladen und es waren 18 Fuder. Wir hatten gerade genug. Mittwoch haben wir ihn gleich gestreut, Friedrich hat anschließend gepflügt. Gestern, am Donnerstag, ist er damit fertig geworden. Sonnabend wird er auch auf dem Zinternacken mit Pflügen fertig werden. Er hat das Querstück des Haferlandes auch schon gepflügt. Nun haben wir uns entschlossen nach der Bremke keinen Roggen mehr zu bringen, denn es sind schon 14 Morgen: 7 Morgen Zinternacken, 3 auf der Flöte und 4 im Eichholz. Nächste Woche werden wir im Eichholz anfangen. Danach kriegen die Pferde es auch besser. Wir sind noch immer die Ersten bei der Herbstbestellung. Falls wir es später nicht schaffen sollten, so hilft Onkel Heinrich mal mit.

Im Garten haben wir die Kartoffeln schon alle aufgerodet. Die dicken haben wir alle in den Keller gebracht. 6 Sack Pflänzer haben wir gelesen und sie im Garten eingemietet. Die Kartoffeln mussten eigentlich besser sein. Zum Frühjahr müssen wir doch neue Esskartoffeln kaufen, infolgedessen werden wir in der Bremke keine Pflänzer lesen. Nächste Woche wollen wir die Flora aushaspeln. Heute Mittag haben wir die Fohlen und die Rinder auf den großen Burgberg gebracht. Da begann aber ein Wettlauf! Da können die Tiere noch ein paar Wochen fressen. Die Kühe bleiben immer ½ Tag im Stalle und nachmittags hütet Hilde sie auf Eikenbergs Wiese. Wir haben 225 M Molkereigeld bekommen und die gelieferte Milch hatte bei der Milchkontrolle 3,6 3,7 3,8% Fett. Die Pferde dürfen wir des Nachts nicht zusammenstellen, sie schlagen sich immer. Bei Schmidts in Negenborn hat sich ein Pferd auch schon das Bein abgeschlagen. Den Ochsen können wir nicht mästen, dazu reicht unser Korn nicht. Mutter will mal zu Streichers und wegen Dreschen fragen, in 14 Tagen ist das Stroh auch alle. Unsere kleine Liese ist immer munter. Onkel Adolf ist in Aachen. Lisbeth kommt wahrscheinlich nach hier. Von Theo weiß ich nichts. Hast Du Tante Annas Karte schon bekommen? R. Schünemann, W. Jäger, Buhr, W. Notbohm sowie Hofmeisters Schweizer sind alle in Polen. Sie haben bislang noch keinen Schuss abgegeben. Karl Remke hat vor einigen Tagen auch geschrieben. Er ist schon am 5. verletzt worden: Brust- und Oberkieferdurchschuss. Er kommt in nächster Zeit nach Deutschland in ein Lazarett. Albert Eilers ist auch in der Eifel. Er hat dort auch schon mal Otto Tacke gesehen. Karl Bruns ist auch in der Nähe. Er hat geschrieben, dass er Oerkes Pferd hätte. Die meisten von hier sind doch im Westen. Gestern war Albert Bertrams Frau hier. Der Schwiegervater ist auch schon 4 Wochen krank. Sie haben auch keinen zum Ackern. Emmy war schon bei Christian Ahlbrecht gewesen, der hatte Stichnote vorgeschlagen. Nun muss man abwarten, ob er hingeht. Unser Karl ist noch in Salzwedel, er ist jetzt in der Küche beschäftigt. Lange Zeit hat er wegen Geschwüren im Krankenhaus gelegen. Tante Line musste ihm Deine Anschrift hinschicken. Vielleicht schreibt er Dir ja mal. Fritze bekommt 70 M Gehalt; 10 M Kassengeld müssen wir bezahlen und das Essen ist mit 35 M angesetzt. Einen Antrag auf Zuschuss haben wir gestellt, sicherlich gibt es wohl 20 M. Karl Ripke ist zur Beaufsichtigung der Gefangenen nach Polen gekommen. Sind die Fortschritte unseres Militärs in Polen nicht gewaltig? Hoffentlich besinnen sich England und Frankreich noch mal, so dass im Westen alles ruhig bleibt. Denk mal, auch in Höxter und Holzminden haben leichte englische Jagdflugzeuge vor 8 Tagen schon mal Hetzblätter geworfen. Aber durch solche Sachen lassen wir uns bestimmt nicht verleiten. Nun sei für heute in Liebe recht herzlich gegrüßt von uns allen Deine Schwester Lene. Lieber Bruder. Soeben war Mutter zu Streichers und hat wegen Dreschen gefragt. Aber es geht nicht, denn sie bekommen kein Rohöl und Karl kommt noch nicht wieder zurück. Nun sei noch vielmals gegrüßt, auf ein baldiges Wiedersehen von uns allen Deine liebe Schwester Hilde. * Im Westen, d. 19. 9. 39 Meine Lieben! Gestern, Montag, habe ich Euren Brief erhalten wofür ich herzlich danke. Es freut mich immer von Euch zu hören. Dass Ihr alle gesund und munter seid ist die Hauptsache. Mir geht es gesundheitlich gut, über mich braucht Ihr Euch keine Gedanken zu machen. Meine Gedanken sind viel

bei Euch zuhause und ich frage mich oft, wie es Euch geht. Wie ich aus Eurem Schreiben entnehme, seid Ihr mit der Arbeit schon weit im Voraus. Denkt mal, hier steht noch viel Roggen draußen, ebenso stehen noch Weizen und Hafer auf dem Halm. Ich kann es nicht fassen, dass es so etwas überhaupt noch gibt! Hat Ella wohl aufgenommen? Lasst es mal langsam gehen mit der Arbeit, denn wir hoffen, bald wieder zu Hause zu sein. Gleich wollen wir erst einmal Hitlers Rede hören. Hoffentlich geht es jetzt an den Engländer, denn der muss die Jacke voll haben und alles in Ordnung kommen. Wann muss denn die Sau ferkeln, der Termin ist doch sicher bald? Wenn Ihr über der Vorwerksdiele Stroh wegnehmt, so seht Euch am hinteren Ende vor, die Latten liegen da lose. Solltet Ihr dreschen, so fragt Onkel Heinrich, ob er mit helfen kann. Karl Tappe habe ich neulich gesprochen, er wollte auch mit helfen und ich sollte ihm dafür über Winter Mist fahren. Die Rede Adolf Hitlers war gewaltig. Hoffentlich besinnen sich die Engländer und der Franzose und kommen zur Vernunft. Tante Annas Karte habe ich erhalten. Grüßt sie bitte und sagt ihr herzlichen Dank. Mutter, nun fragt Lene wegen einem Paket an. Lasst bitte das Schicken, denn man weiß nicht, wie lange wir hier noch bleiben. Mit dem Essen geht es hier so leidlich. Meine Kasse hat noch einen Bestand von 28 RM. Wie funktioniert denn das Futterschneiden und das Schroten? Hoffentlich geht alles gut! Liebe Mutter, wie ich erfahren habe, sollen schon viele Gesuche in der Schreibstube eingegangen sein. Du kannst ja mit Onkel Karl Henze sprechen, was der zu meinem Gesuch noch schreiben kann. Vielleicht könnt Ihr ja auch selbst eines schreiben und müsst es dann beim Wehrbezirkskommando Holzminden einreichen. Lene, Du musst mal öfter nach dem Burgberg sehen und überprüfen ob der Draht noch heil ist. Von August Grupe wisst Ihr wohl gar nichts, oder? Habt Ihr schon Kartoffeln gehaspelt? Hoffentlich sind sie gut. Nun will ich schlafen gehen, denn meine Augen wollen es nicht mehr tun. Vorige Nacht habe ich Wache geschoben. Wir schlafen in der Stube auf Stroh. Viele Grüße bis zum Wiedersehen von Deinem Sohn und Eurem Bruder Heinrich. P.S. Viele Grüße an alle Verwandte und Bekannte. Schreibt bald wieder. Macht ein Gesuch, denn die Bauern haben fast alle eins gemacht. * Abs. Bertram Postkarte Feldpost Soldat Heinrich Bertram Postsammelstelle Hannover 10087 Golmbach, den 19. 9. 1939 Lieber Heinrich! Damit Du über alles orientiert bist, schreibe ich Dir diese Karte. Nun haben wir am Sonnabend doch noch Gerste gesät. Heute, Dienstagvormittag, ist Friedrich auf dem Zinternacken fertig geworden. Am Nachmittag hat er noch im Eichholz geeggt. Morgen wollen wir mit dem Auseinanderstreuen des Mistes beginnen, wahrscheinlich Freitag Kartoffeln haspeln. Eben füttern wir den Klee aus der Bremke. Onkel Karl oder Walter mähen ihn, da ich ihn nicht abkriege. Zum Säen des Futterroggens haben wir keine Zeit. Heute sind die Äpfel an der Straße verkauft, das war aber ein Betrieb. Wir rodeten gerade Spur. 2 3 Zentner von den frühen Äpfeln wollen wir Donnerstag nach Tackes bringen, sie fangen

schon an zu faulen. Am Sonntag vor 8 Tagen haben wir die Gravensteiner abgenommen, ein schönes Teil. Sonntag war Karl hier. Er kommt wahrscheinlich nächste Woche aus Salzwedel weg. Heute schreibt uns Tante Minna. Sie klagt, wie immer. Auch schreibt sie vom Kommen und tüchtigem Helfen an den Kartoffeln! Glaubst Du das? Mutter hat nichts mit ihr im Sinn. Vor allen Dingen ist es ihr um Speck zu tun! Heute schreibt Lisbeth, dass sie eine Karte an Dich abgeschickt hat. Ebenfalls hat sie Theo und Onkel Adolf Deine Anschrift hingeschickt. Hast Du von Walter und Engelken schon die Post? In Liebe grüßen wir Dich alle Deine Lene. * Golmbach, den 23. 9. 1939 Lieber Heinrich! Heute, am Sonnabend, haben wir Deinen Brief erhalten. Inzwischen wirst Du unsere Karte wohl schon bekommen haben. Hier haben wir immer mistiges Wetter. Darum haben wir diese Woche doch noch nicht gehaspelt. Freitag und heute haben wir in der Bremke auf der Fuhr die Kartoffeln gerodet. Eigentlich konnten sie besser sein, aber alle klagen über die Kartoffeln. Friedrich ist heute Mittag mit dem Pflügen fertig geworden. Am Nachmittag hat er noch im Drünhagen für Langes und Müllers gestrekt, anschließend ein Fuder Stoppelklee geholt, den Herr Müller gemäht hatte. Wenn es Montag gutes Wetter ist wollen wir die Flora haspeln und Friedrich für Langes Gerste säen. Danach fangen wir im Eichholz an zu säen. Wahrscheinlich will er den Roggen mit der Hand säen. Den Dünger von Karlbaum haben wir schon. Wahrscheinlich sollen wir Freitag ½ Tag dreschen. Otto ist bei der Maschine. Etwas Getreide wollen wir gleich für Düngerschulden liefern. Karlbaum bekommt 300 M. 9 x 9 Dünger gibt es nicht, daher hat er für uns den 12 x 12 Dünger besorgt. Heute Nachmittag haben wir ein Päckchen für Dich abgeschickt: Von uns ein Kasten Pralinen und von Tante Anna eine Tafel Schokolade. Lass es Dir nur recht gut schmecken. Denk mal an, wie Lisbeth schrieb haben sich Onkel Adolf und Theo getroffen. Sie haben sich mächtig gefreut. Als Onkel Adolf einmal Telefondienst hatte, hat er nachts bei Lisbeth angerufen. Vielleicht triffst Du noch mal jemanden an. Heute hat unsere Irmgard geaast. Die Sau muss nächsten Freitag ferkeln. Sie wird wohl nicht viele Ferkel haben oder sie ferkelt gar nicht. Falls sie nicht ferkelt wollen wir sie schlachten, sonst wird sie doch zu schwer. Das Futterschneiden und Schroten klappt. Die Messer sind neu geschärft. Nun musste August Jäger auch ein Pferd abgeben. Böker hat seins wieder mit zurücknehmen können. Das sind die oberen Herren. August hat daraufhin den Kassiererposten vom Gesangverein Henze vor die Füße geworfen. Ebenfalls hat er sich aus der SA abgemeldet. Fischers altes Pferd ist auch schon tot gegangen. Karl ist übrigens schon lange wieder im Hause. Wilhelm hat für ihn reklamiert, den Hof wollte nämlich keiner bewirtschaften. Jetzt ist Frieda aus Wien auch noch zu Fischers gekommen. Auch die eine aus Warbsen ist wiedergekommen. Aute Grupe ist in Polen. Heinrich, schreib uns doch mal, wie wir es mit den Fohlen machen sollen, wohin wir sie stellen sollen. Bei Kleinem muss man doch daran auch schon denken. 180 Pfund Äpfel haben wir verkauft, der Zentner kostet 5 M, das ist nicht viel. Aber die frühe Sorte wurde ja schon fleckig. Dienstag will ich mit dem Handwagen nach Rühle und 1 Zentner Äpfel mosten lassen. Dort soll es auf 1 Zentner Äpfel 40 Flaschen zum ¾ l Most geben. Hilde liegt schon im Bett. Sie lässt Dich herzlich grüßen und Dir sagen, dass sie das Klassenziel voraussichtlich mit gut erreicht. Mutter will noch mal zu Henzes und reklamieren. Wir werden unser

möglichstes tun für Dein Gesuch. Bekommst Du auch mal Zeitungen zu lesen oder sollen wir sie Dir nachschicken? Nun mach weiter mit Gott und frohen Mut, so wird schon alles gut werden. Eben ist Otto Lange hier, er muss sich Dienstag stellen. Lene ist gestern mit Luise gekommen, die aber noch sehr schwach ist. Lene hat 8 Tage Urlaub. Nun recht herzliche Grüße und ein frohes baldiges Wiedersehen von uns allen Deine Schwester Lene. Wir wollen jetzt hurtig ins Bett, denn wir sind alle schon müde. In den nächsten Tagen wollen wir Zwetschenmus kochen. Schreib bald mal wieder. Herzliche Grüße auch von Tante Anna. * Im Westen, d. 24. 9. 39 Meine Lieben! Es ist Sonntagmorgen 10.00 Uhr, der Dienst ist beendet und ich will gleich Eure Karte beantworten. Es freut mich sehr, dass Ihr schon so weit mit dem Pflügen seid. Ich denke oft, wie gut ich es jetzt hätte, wenn ich zu Hause wäre, aber es ist nichts daran zu machen. Die Einwohner sind hier wie verrückt. Ihr müsstet nur mal sehen, wenn sie am frühen Morgen um 6.00 Uhr zur Kirche gehen und dann das Beten beim Tisch! Das Vieh wird nicht gefüttert, das Haus wird nicht sauber gemacht. Es ist wie in einer Rumpelbude. Es wird bald Zeit, dass wir hier verschwinden. Habt Ihr denn am Freitag die Kartoffeln gehaspelt? Hoffentlich war der Ertrag gut. Den Klee im Garten habt Ihr doch noch nicht aufgefüttert? Wie steht es denn mit dem Hühnerstall? Wollt Ihr solche Dielen, wie Karl Pape meint, reinnehmen? Sonst könnt Ihr auch alte Düngersäcke rein nageln. Legen die Hühner denn noch gut? Hat der Mist im Eichholz ausgereicht? Wie viel Flüchtlinge habt Ihr denn im Haus? Hier wird erzählt, dass die Polen in der Landwirtschaft untergebracht werden sollen. Ich würde Euch raten, keinen zu nehmen, da er mehr zum Schaden als zum Vorteil gereicht. Wer weiß wann wir nach Hause kommen die Aussichten sind nicht gut. Nun seid vielmals gegrüßt von Deinem Sohn und Eurem Bruder Heinrich. * Im Westen, d. 27. 9. 39 Meine Lieben! Seit Sonnabend bin ich nun ohne Nachricht von Euch. Vielleicht habt Ihr von mir den Kartenbrief und Brief erhalten. Hoffentlich seid Ihr noch alle gesund und munter, wie es bei mir auch der Fall ist. Seit Sonntag haben wir gutes Wetter und müssen tüchtig bei den Einwohnern mit helfen. Ich muss heute den ganzen Tag pflügen, was ich mit Lust und Liebe tue, denn es geht nichts über das, was man gelernt hat. Ihr seid wohl tüchtig beim Roggen säen? Hat Karl ihn auch über die Windfege gehen lassen oder ist er gereinigt worden? Sind zu Hause bei Euch auch die Kartoffeln noch so grün? Hier sind sie grasgrün, aber die Leute sind schon mächtig beim Roden. Von Dienstag auf Mittwoch hat es hier tüchtig gereift, Erbsen und Bohnen lassen ihre Blätter hängen. Beim Geländeritt am Montag hat mein Pferd ein Bein gebrochen. Es war eine kräftige Stute, die dann geschlachtet wurde. Es hat mich sehr gedauert, denn das Tier war fromm und anhänglich. Ich wurde verhört, aber als unschuldig befunden. Am liebsten wäre ich zu Hause, denn Ihr wisst gar nicht was für eine Verantwortung man hier hat. Zweimal hatten wir Pferdeappell, ich bin aber bisher noch nicht aufgefallen. Am Sonntag habe ich

Onkel Adolf und nach Wenzen eine Karte geschrieben und bin nun gespannt, ob ich wohl wieder Post von ihnen bekomme. Wisst Ihr wo Karl Ripke sich derzeit aufhält? Wie geht es denn bei Papes? Vermutlich ist wohl alles noch beim Alten. Muss Hermann Bruns bei Bocks auch zum Arbeitsdienst? Von unserer Lotte wisst Ihr wohl auch nicht wo sie steht? Ich möchte mal wissen wo sie nun steckt! Sie wird wohl jetzt ganz verdorben sein. Was macht unser anderer Viehbestand? Hoffentlich ist alles gesund und es gedeiht alles gut. Nur der kleinen Liese müssen noch die Hufe ausgewerkt werden, vielleicht kann das Heinrich Kreikenbohm machen. Liebe Mutter, ich weiß selbst nicht, ob ich es Euch schon mitgeteilt habe: Wenn die Ella wieder trächtig sein sollte, so lasst sie doch wieder versichern. Ich will Dir aber keine Vorschriften machen. Liebe Hilde, Du denkst wohl gar nicht an mich, denn ich warte immer noch auf Post von Dir aber vergebens. Oder hast Du gar keine Zeit zum Schreiben? Du hast wohl viele Schularbeiten zu machen und danach Kühe zu hüten. Ich glaube ich werde in diesem Jahr keine mehr hüten. Liebe Hilde, bald gibt es nun Herbstferien. Es sind Deine letzten! Nutze sie gut aus und dann hast Du auch mehr Zeit zum Schreiben. Was habt Ihr denn für die Äpfel bekommen? Ihr schlagt wohl aus allem Geld. Ich bekomme alle 10 Tage 10 Mark und komme gut mit dem Gehalt aus. Mutter habt Ihr schon mit Heinrich Kreikenbohm abgerechnet? Wie hoch war die Rechnung? Was habt Ihr für die Flöte bekommen? Jetzt müssen alle Mädels zum Arbeitsdienst und das ist für manche ganz angebracht. Dir, Mutter, wünsche ich recht baldige Genesung und dass Du wieder stark wirst. Ansonsten weiß ich nichts Neues mehr. Nun also Gute Nacht und verlebt den Sonntag gut. Seid bis zum Wiedersehen vielmals gegrüßt von Deinem Sohn und Eurem Bruder Heinrich. P.S. Viele Grüße an alle Verwandten und Nachbarn. Schreibt bald mal wieder. * Golmbach, den 28. 9. 1939 Lieber Heinrich! Vielen Dank für Deine beiden Briefkarten. Hast Du unser Päckchen und den Brief schon bekommen? Morgen ist ja der Abschlusstag in Polen, das ist ja schnell gegangen. Wie wird es nun wohl im Westen werden? Der liebe Gott mag doch alles zum Besten kehren. Aus Warbsen und Lütgenade sind heute schon wieder 8 Pferde abtransportiert worden. Otto Tacke hat geschrieben, dass er unsere Lotte schon mal beschlagen hat. Der ist auch im Westen. Montagfrüh haben wir die Flora gehaspelt und nachmittags aufgelesen. Friedrich hat dann für Langes 1 Morgen gepflügt. Die Kartoffeln waren ganz gut, wir hatten 60 Sack. Dienstagmorgen hat Friedrich dann die Gerste gesät und am Nachmittag für sich gepflügt. Hilde und ich haben in der Zeit Rüben gerodet. Von 1 Zentner Äpfeln haben wir 43 Flaschen Most bekommen, Preis: 7,60 M. Mag Gott geben, dass wir ihn mit Dir gesund verzehren können. Mittwoch haben wir im Eichholz Roggen gesät. Friedrich hat Dünger gestreut und den Roggen mit der Hand drauf geworfen, ich habe erst einzeln auf geeggt, nachher doppelt zu geeggt. Heute haben wir am Zinternacken angefangen. Es ist sehr klutig. Sonnabend will uns Reinhard mit 2 Pferden helfen, dann kriegen wir den Zinternacken auch fertig. Morgen wollen wir dreschen, um 11.00 Uhr ist Anfang. Jeder darf nur erst ½ Tag dreschen, sonst reicht das Öl nicht. Karlbaum sollte nur 30 Säcke schicken, es sind aber keine gebracht. Scheinbar darf er nichts aufkaufen. Stoppelklee haben wir noch 1/3 und im Garten die Hälfte. Dann sind noch die ganzen Wicken da. Also wir kommen gut bis zum Rübenkraut.

Heute Nacht hat es etwas gefroren. Mittags haben wir Stroh nach der Bude gebracht und gleichzeitig das Vieh um gesperrt. Flüchtlinge sind hier noch nicht angekommen. Henze hatte uns auch wegen einem Polen gefragt, wir haben aber gleich abgewunken. Mutter war zu ihm wegen des Gesuches. Er ist furchtbar komisch gewesen und hat immer dagegen geredet. Er wollte es ja erst mal versuchen. Hoffen wir doch das Beste. Der Mist hat für das Eichholz gerade gereicht. Wenn wir auf dem Berge haspeln, wollen wir immer gleich etwas Mist mitnehmen. Sollen wir uns für den Berg und Zinternacken anderen Weizen besorgen? August Jäger hat den doch auch. Denk mal, Kürig aus Holenberg ist auch tot. Was wollen die nun auch anfangen? Er war nur acht Tage krank. Bleßmanns haben einen kleinen Jungen. Sind bei der Drillmaschine 34 Umdrehungen notwendig? Die Gerste steht ausgezeichnet. 6 8 Eier holen wir täglich aus dem Nest. Nun wollen wir uns zur wohlverdienten Ruhe begeben und hoffen, dass Du bald ein besseres Quartier bekommst. Sonst grüßen Dich innig alle Deine Lieben Deine Schwester Lene. Bist Du noch erkältet, so sieh Dich nur vor. Es ging in Eile. Schreib bald mal wieder. * Im Westen, d. 29. 9. 39 Meine Lieben! Ich habe nun zwei Stunden Mittag, da will ich doch gleich mal an Euch schreiben. Wie geht es Euch denn noch gesundheitlich? Gut, wie es bei mir auch der Fall ist? Nur noch etwas erkältet bin ich. Der Schnupfen lief nur immer aus der Nase, das kann man sich leicht denken. Heute will ich beim Ortsbauernführer Hafer mit aufbinden, dazu habe ich mich freiwillig gemeldet. Gestern habe ich von Langen und Engelken Post bekommen. Von Bertrams habe ich ein Päckchen gekriegt. Pralinen und Zigarren waren darin mitgeschickt. Gestern hat mich Richard Schünemann aufgesucht. Er ist aus Ernestinenthal, mit Ebelings verwandt und nach hier versetzt worden. Elisabeth hat mir die Adressen von Onkel Adolf und Theo aufgeschrieben und wenn es die Zeit erlaubt werde ich mal hinschreiben. Mutter, wenn es mal fest regnet müsst Ihr mal an den Fohlenstall denken. Seht mal, wie Ihr das am besten macht. Vielleicht müsst Ihr noch Holz aus dem Tannenkamp holen. Natürlich müssen Ewald und Herta allein gesperrt werden. Solltet Ihr darüber noch im Zweifel sein, so schreibt bitte. Viele Grüße von Deinem Sohn und Eurem Bruder Heinrich. * Im Westen, d. 30. 9. 39 Meine Lieben! Euren Brief vom 23. 9. habe ich erhalten, wofür ich herzlich danke. Die Karte habe ich schon am 23. 9. bekommen. Es freut mich sehr, dass Ihr noch alle gesund seid, denn das ist doch die Hauptsache von allem. Wir wollen zufrieden sein und ferner hin den lieben Gott bitten, dass er seine segnende Hand über uns halten möge. Wir schauen diese Tage hauptsächlich nach England und Frankreich, wie die sich verhalten gegen den Pakt, den Deutschland und Russland in diesen Tagen geschlossen haben. Hoffentlich werden sie vernünftig damit wir bald nach Hause kommen. Ich habe nun schon zwei Tage Kartoffeln gerodet.

Ich kann heulen, dass ich hier mithelfen muss und Ihr zu Hause müsst den Leuten gute Worte geben und Euch quälen von 6.00 Uhr morgens früh bis abends spät. Liebe Mutter, seht mal zu, dass Ihr mich frei bekommt, denn Karl Fischer ist nicht mehr hier so wie ich es bin. Auch das kannst Du gut vor Wilhelm oder Karl antworten oder was der für einen Unterschied macht bei der Genehmigung? Dann fragt Lene wegen dem Fohlenstall an. Dazu denke ich folgendermaßen: Ihr bringt Ewald und Herta in den Schafstall. Am besten bringt Ihr das dazugehörige Geschirr raus und wo der linke Balken steht stellt Ihr eine Wand auf. Ihr könnt noch etwas Holz aus dem Tannenkamp holen und Karl Pape schneidet es zu Brettern. Die Wand wird von rechts nach links gezogen, die Krippe genau in die Mitte gemauert. Auf die Scheune kommen ein paar Klappen, durch die die Pferde gefüttert werden, damit die Fohlen sich nicht aufhängen. Manches Pferd ist schon über eine Zwischenwand gesprungen und der Pansen ist geplatzt. Es muss wohl auch noch ein Fenster eingesetzt werden, so ist es zu dunkel im Stall. Euer Päckchen habe ich noch nicht erhalten. Sobald ich es bekommen habe, schreibe ich wieder. Ich bin im Schreiben nicht so träge, wie Ihr wisst. Die Zeitung schickt mal lieber nicht mit. Wir kriegen hier auch welche zu lesen. Liebe Hilde, über Deinen Schulfleiß bin ich sehr erstaunt und freue mich sehr darüber. Liebe Guste, Du lässt gar nichts von Dir hören. Wenn sie alle so im Hause wären wie Du, so hätte ich noch keine Post von zu Hause bekommen. Liebe Mutter, der Winter steht vor der Tür. Ihr wisst, dass ich eine Unterjacke benötige. Habt Ihr daran gedacht? Ihr könnt mir bei Kleinem eine schicken. Man weiß noch gar nicht wie das endet. Ich bin sehr ermüdet und will nun ins Bett. Seid vielmals gegrüßt von Deinem Sohn und Eurem Bruder Heinrich. P.S. Viele Grüße an Tante Anna, Engelken und an alle Bekannten. Schreibt öfter, ich bin der Soldat, der die wenigste Post bekommt. * Oktober Im Westen, 1. 10. 39 Liebe Mutter und Geschwister! Heute ist Erntedanktag, da wollen wir dem lieben Gott für die gute Ernte, die er uns beschieden hat, danken. Ich denke heute Nachmittag besonders an zu Hause, denn die gute Tasse Kaffee mit dem guten Kuchen belebt auch. Euer Päckchen habe ich erhalten und danke herzlich dafür. Die Pralinen habe ich gleich gekostet, sie schmecken vorzüglich. Denkt mal, das Päckchen war 8 Tage unterwegs. Ist das normal? Wir sind schon zweimal geimpft worden, einmal gegen Pocken und einmal gegen Typhus. Die zweite Spritze haben wir unter die linke Brustwarze bekommen, es schmerzt heftig. Heute Morgen war ich nicht im Stande die Pferde zu putzen. Außer diesen beiden Spritzen bekommen wir noch zwei weitere. Ich habe schon mächtig Angst davor. Heute Morgen hatten wir einen Appell im Geschirr aber an Auffallen ist kein Gedanke. Unser Hauptwachtmeister ist ein prima Mann, auch ein Bauer mit fast 500 Morgen Land. Mit dem kann man sich unterhalten so als wenn wir uns zu Hause unterhalten. Soeben habe ich Post von Linse erhalten. Emma schreibt, dass Friedrich in Holzminden und August Wolf in Bremen ist. Sie schreibt, wenn ich Langeweile hätte, dann könnte ich ihr mit Runkeln roden helfen. Sie haben auch noch Hoffnung, dass bald alles vorbei ist. Heute habe ich mich fotografieren lassen. Sobald ich die Bilder habe werde ich Euch welche zukommen lassen. Ja Hilde, dann wirst Du Deinen Bruder mal als Reiter sehen. Liebe Mutter, wenn die Sau nicht ferkeln sollte, würde ich sie an Eurer Stelle doch nicht schlachten. Ob wir so eine fromme Sau wieder bekommen ist doch die Frage. Das schwarze Rind von der Weide kann jetzt noch Bullen, aber

wenn es zu viele Umstände macht, so lasst es sein. Wie viel Hafer habt Ihr denn noch zu füttern? Liegt der noch alle in der Schneidekammer? Wie viel füttert Ihr? Wie macht sich die alte Luzerne, könnt Ihr sie noch einmal mähen? Die neue Luzerne hat sich wohl recht gut erholt? Das Kartoffelkraut in der Bremke könnt Ihr gleich hinter die Büsche werfen, guckt mal wo der beste Platz ist. Was gibt es denn sonst noch Neues im Dorf? Müsst Ihr auch jeden Abend die Fenster verdunkeln? Einige Einwohner haben schon Strafzettel bekommen. So lange ich von zu Hause weg bin habe ich mich einmal gründlich gewaschen. Hose und Hemd habe ich schon drei Wochen an. Das Drillichzeug lasse ich alle acht Tage waschen. Es kostet 75 Pfennig, dafür kann ich es selber nicht waschen. Mutter, für alles in der Welt möchte ich nicht katholisch sein! Du musst mal beim Essen das Beten hören. Es ist so, als wenn Polacken zu sprechen anfangen. Wir liegen hier in meiner Stube auf Stroh, acht Decken haben wir zum Zudecken. Auch einen Ofen haben wir drin stehen. Wir haben uns schon öfter eingeheizt. Meine Winterkleidung habe ich empfangen, Ihr braucht keine Angst zu haben, dass ich friere. Die Unterjacke habe ich schon jeden Tag an. Habt Ihr nun Freitag gedroschen? Wie war das Ergebnis? Welche Getreidearten habt Ihr gedroschen? Willi Lange von Bessinghausen habe ich auch angetroffen, er hat mich gleich wieder erkannt, er kam öfter zu seinem Onkel. Bekommt Ihr auch schon die Butter zugeteilt, und Brot und Zucker auch? Ob wohl in diesem Jahr auch wieder die Schlachtschweine zugeteilt werden? Von unserer Bitte habt Ihr wohl nichts gehört? Ich möchte mal gern wissen, wo der Antrag steckt!! Hat Onkel Karl oder Wilhelm schon ein Gesuch aufgesetzt? An Tante Anna bestellt einen Gruß und meinen Dank für die Schokolade, ich werde ihr bald schreiben. Mit vielen Grüßen verbleibe ich Dein Sohn und Euer Bruder Heinrich. P.S.: Schreibt öfter. Im Brief sind 10 Mark enthalten. Sprecht niemals darüber, was ich schreibe, denn Ihr wisst, es ist alles geheim. * Golmbach, den 1. 10. 1939 Lieber Heinrich! Heute, am Erntedanktag, haben wir Deinen Brief erhalten. Leider ist von uns heute keiner zur Kirche gekommen, da Mutter heute früh wegen einer Erkältung länger geschlafen hat und wir furchtbar viel Arbeit hatten. Wie geht es Dir denn? Ist Dein Hintern wieder besser? Lene Bonhage berichtete uns mündlich, dass Du mit Lisbeths Bruder aus Salder zusammen in Gadenstedt warst, daher die Erklärung. Sollen wir Dir auch mal Salbe oder Stärkepuder schicken oder bist Du wieder hergestellt? Freitag haben wir den halben Tag gedroschen. Gerste und Weizen haben gut gegeben, der Roggen nur mäßig. Die Banse Gerste und den Weizen sowie 1 ½ Bansen Roggen haben wie gedroschen. Es hat tadellos geklappt, besser als bei Karl Streicher. 21 Zentner Weizen haben wir eingesackt. Gestern haben wir die 8 Morgen Roggen auf dem Zinternacken gesät, 1 Zentner pro Morgen. Reinhard hat uns mit 2 Pferden geholfen. Jetzt müssen wir nur noch die Flöte einsäen. Morgen, Montag, wollen wir auf dem Berge die alten Kartoffeln haspeln die neuen sind noch grün Dienstag nochmals in der Bremke haspeln. Hoffentlich bleibt es Wetter, es sieht nämlich schon wieder nach Regen aus. Dann säen wir erst den Roggen. Heute schreibt Robert Schünemann: Von den 100 Mann sind 10 tot und 20 verletzt. Der Buhr und Walter Notbohm waren 4 Tage in polnischer Gefangenschaft, sind dann aber durch Fliegeralarm entkommen. Hier waren die Züge voll besetzt mit Militär nach dem Westen. Die Frauenschaft hat schon Äpfel gespendet, die in Holzminden dem Militär überreicht wurden. Die Butter

soll ja für die Erzeuger (pro Person) 125g betragen. Das Einschlachten pro Person macht 75 Pfund aus. Wir werden uns wohl sehr hin helfen müssen. Unser Vieh ist alles gesund und gut im Gange. Über die Sau sind wir uns im Zweifel. Wenn sie ferkelt geht sie jedenfalls über. Heute war Karl aus Rinteln hier, bis Bodenwerder mit dem Zuge, von Rühle aus mit dem Rade. Er kriegt nur für Geschäftsfahrten Benzin. Onkel Adolf schreibt uns heute auch aus der Eifel. Die Karte legen wir bei, leider hat er Deine Adresse von Elisabeth noch nicht bekommen. Na, wenn Du ihm geschrieben hast, so könnt Ihr Euch doch verständigen. Schreib ihm doch mal Deinen Quartierort, vielleicht besuchen Dich Onkel Adolf oder Theo mal. Heute fragt Onkel Karl Henze an, ob wir ein Pferd haben wollen, müssen es aber pro Tag bezahlen. Ob es Polenpferde sind, weiß er auch nicht. Für einige Wochen gibt es keins. Wir wollen keins, wissen auch nicht, was man da kriegt. Eventuell helfen Heinrich oder Onkel Heinrich. Wir haben auch ein Urlaubsgesuch aufgesetzt. Morgen will Henze es noch befürworten, danach noch die Kreisbauernschaft. Hoffentlich hat es doch Erfolg! Für Albert Bertram soll ja auch ein Urlaubsgesuch eingereicht sein. Eben ist es Montag, wir können nichts Richtiges anfangen da es regnet. Denk mal, über Heinade und Holzminden soll wieder ein englisches Flugzeug Blätter abgeworfen haben. Nach einem Kampf sollen unsere Soldaten das Flugzeug bei Neuhaus abgeschossen haben. Die Luzerne hüten wir jetzt ab. Das zweite Stück ist ganz mächtig, bis auf einige Fehlstellen, noch gekommen. Wir liefern eben 50 l Milch und hatten 3,5 und 3,6 % Fett. Mit Kreikenbohms haben wir gleich abgerechnet. Das Geld haben wir abziehen lassen. Es waren noch 250 M Schulden. Für den Weizen haben wir 45 M bekommen. Onkel Karl hat einen wehen Fuß, die Kuh ist mit dem Kopfe darauf geschlagen. Nun kann er uns nicht mal mit helfen. Hast Du das Päckchen sowie einen Brief vom Sonntag und Donnerstag erhalten? Deine Post haben wir auch bekommen. Nun recht herzliche Grüße von uns allen, Deine Schwester Lene.