Umweltstrafrecht. Wintersemester 2014/2015



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Transkript:

Umweltstrafrecht Wintersemester 2014/2015 Literaturhinweise I. Spezielle Lehrbücher Saliger, Umweltstrafrecht, München 2012 Kloepfer/Heger, Umweltstrafrecht, 3. Aufl., München 2014 II. Allgemeine Lehrbücher z.b. Rengier, Strafrecht BT II, 15. Aufl. 2014, 47, 48 Wessels/Hettinger, Strafrecht BT 1, 36. Aufl. 2012, 24 A. Überblick I. Bekannte Umweltkatastrophen: Giftgasunfall in Seveso (1976) nur 2 kg Dioxin verpuffen in Fabrik, aber in der Folge müssen 70.000 Tiere notgeschlachtet werden, Menschen bekommen schlimme Hautkrankheiten Nuklearkatastrophen von Tschernobyl (1986), Fukushima (2011) Tankerunglück Exxon Valdez 1989: 40.000 t Öl fließen ins Meer Austrocknen des Aralsees: seit den 1960er Jahren hat er die Hälfte seiner Fläche verloren Verschmutzung der Meere Schmelzen des Polareises Schwinden der Ozonschicht II. Staatsziel Umweltschutz: Art. 20a GG Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. (eingefügt 1994)

Verfassung Bayern Art. 3 (2) 1 Der Staat schützt die natürlichen Lebensgrundlagen und die kulturelle Überlieferung. Art. 141 (1) 1 Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut. 2 Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt. 3 Mit Naturgütern ist schonend und sparsam umzugehen. 4 Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen, eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen und auf möglichst sparsamen Umgang mit Energie zu achten, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten und dauerhaft zu verbessern, den Wald wegen seiner besonderen Bedeutung für den Naturhaushalt zu schützen und eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen, die heimischen Tier- und Pflanzenarten und ihre notwendigen Lebensräume sowie kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten. III. Probleme: Problem (1): viele Umweltschäden durch Wirtschaft und kommerzielle Nutzung des Bodens und der Meere bedingt, z.b. Abholzung des Regenwaldes, Aufbohren der Tundra etc. Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie Mensch nutzt Umwelt: wirtschaftl. Nutzung als Ressource für die Produktion und Konsum zur Regeneration und zur Aufnahme von Abfall Belastungen als Spiegelbild der Nutzung, aber auch des modernen Lebens (Stichwort: Wohlstandsmüll, Treibhausgase, Autoabgase etc.)

Wer kann diesen Konflikt auflösen? zunächst einmal Staat (vgl. Staatsziel) Umweltschutz als öffentl. Umweltrecht (z.b. Erteilung von Genehmigungen zur Nutzung oder zur Entsorgung von Abfällen), d.h. Steuerung der Nutzung Verstöße zunächst einmal Verwaltungsunrecht Umweltstrafrecht flankiert diese Maßnahmen und ergänzt Verwaltungsrecht, indem es besonders schädliche Verhaltensweisen unter Strafe stellt Verwaltungsakzessorietät des Umweltstrafrechts! aber: ultima-ratio-charakter des Strafrechts zu beachten! Problem (2): globale Ausmaße Stichworte: Globalisierung, Risikogesellschaft kann ein Staat Probleme alleine lösen? Konflikt mit anderen Staaten wer kann diesen auflösen? internationale Vereinbarungen, z.b. Kyoto-Protokoll, Konventionen der UN EU-Recht als Chance großes Interesse der EU an Umweltschutz diverse Regelungen, insbesondere Richtlinien zum Schutz der Umwelt und der Meere, vgl. Art. 83 Abs. 2 AEUV zur RL-Kompetenz Europäisierung des deutschen Umweltstrafrechts vgl. z.b. RICHTLINIE 2008/99/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt deutsches StGB wurde angepasst, z.b. 330d II StGB Artikel 3 Straftaten Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die folgenden Handlungen unter Strafe gestellt werden, wenn sie rechtswidrig sind und vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig begangen werden: a) die Einleitung, Abgabe oder Einbringung einer Menge von Stoffen oder ionisierender Strahlung in die Luft, den Boden oder das Wasser, die den Tod oder eine schwere

Körperverletzung von Personen oder erhebliche Schäden hinsichtlich der Luft-, Boden- oder Wasserqualität oder an Tieren oder Pflanzen verursacht oder verursachen kann; b) die Sammlung, Beförderung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen, einschließlich der betrieblichen Überwachung dieser Verfahren und der Nachsorge von Beseitigungsanlagen sowie der Handlungen, die von Händlern oder Maklern übernommen werden (Bewirtschaftung von Abfall), die den Tod oder eine schwere Körperverletzung von Personen oder erhebliche Schäden hinsichtlich der Luft-, Boden- oder Wasserqualität oder an Tieren oder Pflanzen verursacht oder verursachen kann; c) die Verbringung von Abfällen, sofern diese Tätigkeit unter Artikel 2 Nummer 35 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (6) fällt und in nicht unerheblicher Menge erfolgt, unabhängig davon, ob es sich bei der Verbringung um eine einzige Verbringung oder um mehrere, offensichtlich zusammenhängende Verbringungen handelt; d) der Betrieb einer Anlage, in der eine gefährliche Tätigkeit ausgeübt wird oder in der gefährliche Stoffe oder Zubereitungen gelagert oder verwendet werden, wodurch außerhalb dieser Anlage der Tod oder eine schwere Körperverletzung von Personen oder erhebliche Schäden hinsichtlich der Luft-, Boden- oder Wasserqualität oder an Tieren oder Pflanzen verursacht werden oder verursacht werden können ( ) IV. Besondere Funktionen des Umweltstrafrechts Absicherung und Durchsetzung des öffentl. Umweltrechts positive Generalprävention: Bewusstsein für Umwelt stärken und sozialschädl. Charakter der Umweltstraftat deutlich machen (Bewusstseinswandel in der Öffentlichkeit) aber: Akzeptanz des Umweltstrafrechts in der Bevölkerung? seit 1998 und 2005 Rückgang der Umweltstraftaten: geändertes Anzeigeverhalten? Zahl der Einstellungen der Verfahren sehr hoch niedrige Strafen Freiheitsstrafen nur im Ausnahmefall, idr zur Bewährung ausgesetzt besonderes Problem: Genehmigungen durch Verwaltung, sodass viele der besonders starken Belastungen der Umwelt legal sind!

V. Begriff Umweltstrafrecht i.w.s.: alle Normen, die Handlungen zu Lasten der Umwelt mit Kriminalstrafe belegen (in StGB und im Nebenstrafrecht) Umweltstrafrecht i.e.s.: Normen des 29. Abschnittes des StGB ( 324 bis 330d StGB) in dieser VL interessiert v.a. das Umweltstrafrecht i.e.s., aber auch andere Normen des StGB zu beachten: z.b. 307, 309, 310, 311, 312 und 314 StGB VI. Normen (man spricht von 4 Entwicklungsphasen:) zunächst war Umweltstrafrecht nur Nebenstrafrecht, d.h. Strafvorschriften als Annex zu verwaltungsrechtl. Normen in jeweiligen Gesetzen, z.b. in BImSchG, WasserhaushaltsG etc. 1980 Überführung vieler Strafvorschriften in 29. Abschnitt des StGB 1994 weitere Verschärfung, Umgestaltung und Neueinführung von Strafvorschriften in den 324-330d StGB; Lockerung der Verwaltungsakzessorietät in 330d I Nr. 5 StGB Europäisierung des Umweltstrafrechts, 2008 beachte: trotz Überführung vieler Strafvorschriften in StGB, blieben einige nebenstrafrechtliche Strafnormen bestehen, z.b. in den 70, 71 BNatschG, 17 TierschutzG etc. Was spricht für Regelung im Nebenstrafrecht? enger Zusammenhang mit den verwaltungsrechtl. Normen Bestimmtheit, da Verweis auf dasselbe Gesetz, insbesondere bei Blanketten alle denselben Gegenstand betreffenden Regelungen in einem Gesetz Bestimmtheit und Rechtssicherheit Was spricht für Regelung in StGB? Symbolik! (Stärkung des Bewusstseins bzgl. der Strafwürdigkeit und Strafbarkeit des Verhaltens) Vereinheitlichung der Strafvorschriften, Schaffung einheitlicher Rechtsgüter Zusammenfassung der über viele Gesetze verteilten Strafvorschriften (Übersichtlichkeit und Vorhersehbarkeit der Strafe)

VII. Rechtsgut Umwelt sehr abstrakt und unbestimmt! Was ist darunter zu verstehen? sehr weit: Lebensgrundlagen und Bedingungen aller Lebensformen restriktiv: nur natürliche Umwelt des Menschen fraglich, was Umweltstrafrecht schützt (str.) geht es um ein einheitliches Rechtsgut? Mensch oder Umwelt an sich? Problem: unterschiedliche Zielrichtungen der Tatbestände stellen teilweise Beeinträchtigung von Umweltmedien (Luft, Wasser, Boden) unter Strafe teilweise den Verstoß gegen verwaltungsrechtl. Pflichten teilweise Beeinträchtigung der körperl. Unversehrtheit (vgl. 330a StGB) tva. (anthropozentrische Sicht): Tatbestände sollen nur Menschen schützen Arg.: legitimer Zweck des Strafrechts kann alleine Schutz eines Menschen sein (personale Rechtsgutslehre) Konsequenz: Tatbestand nur erfüllt, wenn Gefährdung von Menschen nachweisbar (zumindest abstrakt) Gegenarg: entspricht nicht Willen des Gesetzgebers; schon Überschrift macht deutlich, dass es um Schutz der Umwelt und nicht nur des Menschen geht; in 324 ff. StGB finden sich Tatbestände, die Schädigung oder konkr. Gefährdung von Menschen nicht voraussetzen, vgl. 324 I, 324a I Nr. 2 StGB; Gesetz schützt in erster Linie bestimmte Umweltmedien, wie etwa Luft, Wasser oder Boden; außerdem Staatsziel Umweltschutz: überindividuelles Rechtsgut anerkannt tva (ökologischer Ansatz): Umwelt als ideelles Gut um ihrer selbst Willen geschützt, d.h. die Umweltmedien selbst sind die einzig geschützten Rechtsgüter; Mensch nur mittelbar mitgeschützt Arg.: diese Güter sind nicht nur wertvoll als Lebensgrundlage des Menschen, sondern um ihrer selbst Willen; so erklären sich auch die 324 I, 324a I Nr. 2 StGB Gegenarg.: auch Staatszielbestimmung in Art. 20a GG bezieht die Umwelt auf Menschen; auch dies vom Gesetzgeber nicht gewollt; bestimmte Tatbestände erfordern gerade Gesundheitsschädigung, vgl. 324a I Nr. 1 StGB

tva (Schutz der Verwaltung): Straftaten sind Verstöße gegen die verwaltungsrechtl. Pflichten; Verwaltung regelt die Bewirtschaftung der Umwelt; Schutzgut sei also staatl. Bewirtschaftungsmonopol, d.h. staatl. Dispositionsbefugnis, bzw. das konkrete Bewirtschaftungskonzept; man müsse als Konsequenz in die 324 ff. StGB das Merkmal Verstoß gegen das ör Nutzungskonzept hineinlesen Arg.: so erklärt sich Verwaltungsrechtsakzessorietät; Umwelt ist nur in dem Zustand geschützt, den Verwaltung festlegt; strafbar sind nur solche Handlungen, für die keine Genehmigung vorliegt, vgl. 327 I StGB Gegenarg.: auch Genehmigung als behördl. Vorkontrolle dient Schutz des Menschen und der Umweltmedien ; auch Gesetzgeber wollte nicht Schutz des Verwaltungsrechts, sondern der Umwelt; außerdem können sich auch Amtsträger strafbar machen; auch Gewässer oder Boden ohne Nutzungskonzeption können Schutzgut sein; bloßer Verwaltungsungehorsam würde auch nicht die hohe Strafandrohung rechtfertigen (sondern eher Owi) h.m.: gemischt anthropozentrisch-ökologische Sichtweise: 324 ff. StGB schützen Umwelt, aber mit doppelter Einschränkung: (1) nicht Umwelt an sich, sondern nur die genannten Umweltmedien und Erscheinungsformen sind geschützte Rechtsgüter (2) Schutz nicht um ihrer selbst willen, sondern nur als Lebensgrundlage des Menschen doppelter Rechtsgutsbezug Rechtsgüterschutz kann bei einzelnen Tatbeständen unterschiedlich akzentuiert sein: primär anthropozentrisch: 325a I, 330a StGB primär ökologisch: 324, 324a, 325, 329 StGB beides gleich: 325a II, 326, 328 StGB problematisch: 327 StGB: eher nur Verwaltung Merke: Diese Einordnung wirkt sich aus auf Frage der Einwilligung! bei Delikten, die primär oder auch Umweltmedien schützen (und damit überindividuelles Rechtsgut), scheidet Einwilligung aus nur bei primär anthropozentrischen Tatbeständen Einwilligung möglich: bei 330a StGB unstreitig; bei 325a I StGB str.