Dr. Joachim Kölpien Corporate Director Human Resources. und. Armin Zisgen Personalleiter KSB AG, Frankenthal



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Transkript:

Dr. Joachim Kölpien Corporate Director Human Resources und Armin Zisgen Personalleiter KSB AG, Frankenthal Dr. Joachim Kölpien ist Corporate Director Human Resources, Armin Zisgen ist Personalleiter der KSB Aktiengesellschaft mit Sitz in Frankenthal. Der KSB-Konzern zählt mit einem Umsatz von rund 1,2 Milliarden Euro zu den führenden Anbietern von Pumpen, Armaturen und zugehörigen Systemen. KSB ist in Deutschland mit vier Werken, elf Vertriebshäusern und 17 Service- Centern in der Gebäude-, Industrie- und Wassertechnik sowie in der Energietechnik vertreten. www.ksb.de Schwerpunkt: Ältere Mitarbeiter KSB macht von sich reden, weil so genannte ältere Mitarbeiter bewusst und konzeptionell eingesetzt und gefördert werden. Was sind eigentlich in Ihrem Verständnis ältere Mitarbeiter bzw. ab wann gehört man dazu? 57

Wir haben die Grenze bei dem 55. Lebensjahr gesetzt. Wenn man aber schaut, was eigentlich dahinter steckt, dann ist die Grenze wahrscheinlich fließend. Denn es kommt darauf an, herauszufinden, wann Mitarbeiter an ihrem angestammten Arbeitsplatz ein Stück weit ihre Leistungsfähigkeit verlieren was immer man zunächst drunter verstehen mag. Und das ist bei einem Arbeitsplatz, auf dem ein Mitarbeiter über viele Jahre hinweg am Mehrschichtbetrieb teilgenommen hat, anders zu sehen, als wenn jemand in einer reinen Verwaltungstätigkeit gearbeitet hat. Erstreckt sich Ihr Konzept über alle Ebenen und Funktionen, oder beschränkt es sich speziell auf bestimmte Tätigkeitsbereiche im Unternehmen? Es zieht sich durch alle Ebenen hindurch und umfasst auch die Führungsebenen bis hin zur Ebene unter dem Vorstand. Wie kamen Sie dazu, gezielt auf ältere Mitarbeiter zu setzen, wo doch viele Unternehmen eher eine andere Strategie verfolgen und auf jüngere Leute setzen oft mit Schlagworten wie Flexibilität, Mobilität, Lernfähig, Netzwerkdenken etc.? Das speist sich aus verschiedenen Quellen. Man muss zum einen sehen, dass hier am Standort schon ein Drittel der Mitarbeiter älter als 50 Jahre ist. Dann haben wir in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass durch damals übliche Vorruhestandsregelungen oder auch im Rahmen von Personalreduzierungen sehr viel Know how verloren gegangen ist. Das ist gerade für uns als Technologie getriebenes Unternehmen ein sehr wichtiger Punkt. Zum anderen befinden wir uns aufgrund der demographischen Entwicklung sowie des dramatischen Rückgangs an Absolventenzahlen in Bereich Maschinenbau in einer Situation, in der wir hier gar nicht mehr das Potenzial an Nachwuchskräften haben, das wir brauchen. Und außerdem schlägt im Moment auch die Entwicklung in der Rentengesetzgebung durch, nach der die Leute länger arbeiten müssen. Aus diesen drei Quellen speist sich unser Konzept. Folglich müssen wir uns als Unternehmen darüber Gedanken machen, wie wir unsere älteren Mitarbeiter für diese längeren Arbeitszeiten motivieren. Das heißt also, Ihre Initiative kam von Ihrer Frage: Wie motivieren wir die Leute dazu, länger zu arbeiten? und nicht umgekehrt von älteren Mitarbeitern, die gesagt haben: Jetzt schmeißen die uns mit 50 zum Alten Eisen? Genau, wir haben das aus unserer Verantwortung für das Unternehmen heraus gemacht. Sie müssen eines sehen: Wir haben heute einen Altersdurchschnitt von 43,8 Jahren im Unternehmen, was für die deutsche Industrie sehr hoch ist. Ein idealer Zustand läge bei etwas unter 40 Jahren. Die Problematik rührt daher, 58

Joachim Kölpien und Armin Zisgen dass wir 1996 über Sozialpläne etwas mehr als 1000 Mitarbeiter in Deutschland abgebaut haben. Dieser Abbau hatte im Wesentlichen zwei Zielgruppen: Erstens die jungen Mitarbeiter, die über die Sozialauswahl definiert wurden, womit natürlich der Altersdurchschnitt steigt. Und zweitens die Mitarbeiter, die 56 Jahre alt sind, weil man über die bestehenden Vorruhestandsregelungen gemeint hat, dass man den Personalabbau auf diese Weise relativ sozialverträglich machen kann. Denn diese Leute haben relativ wenig Einkommenseinbußen und können ab dem 60. Lebensjahr in die Rente gehen. Wir haben im Anschluss daran gemerkt und damals mussten wir das einfach tun, sonst hätten wir noch viel mehr Mitarbeiter in jüngeren Jahren abbauen müssen dass unseren Betrieben die Erfahrungsträger verloren gegangen sind. Wenn ich die beiden genannten Gründe Erfahrungsverlust und mangelnder Nachwuchs für ihr Konzept, mit dem Sie ältere Mitarbeiter im Unternehmen halten wollen, anschaue, heißt das dann auch, dass selbst wenn der Nachwuchs zahlenmäßig gesichert wäre und so viele jüngere Leute neu eingestellt werden könnten, wie ältere ausscheiden, der Erfahrungsverlust nicht ausgeglichen werden kann? Denn wenn man manche Schlagworte hört, nach denen Jüngere leistungsfähiger, kreativer, flexibler etc seien, dann klingt es ja, wenn man jüngere Mitarbeiter einstellt, nicht nur nach Kompensation, sondern gleich nach einer deutlichen Verbesserung. Zunächst geht die Erfahrung verloren. Natürlich ist aber auch bei der Altersstruktur der Mix das wichtige. Sie müssen einerseits auch die fortschrittlichen Ideen und neuen Themen angehen, aber auf der anderen Seite ist es so, dass gerade die Erfahrungsträger auch dafür da sind, den Neuen zu sagen, dass man mache neuen Wege mit bestimmten Erfahrungen bereits selbst gegangen ist bzw. worauf man bei Veränderungen achten sollte. Gibt es bei Ihrem Programm auch entsprechende Kommunikationswege? Unsere Nachfolgeregelungen, Mentorenprogramme und ähnliche Dinge, zielen auf eine Institutionalisierung unseres Konzepts ab. Wir schauen auch bewusst, dass ältere mit jüngeren Mitarbeitern zusammen arbeiten, damit ihr Know how transferiert werden kann. Das heißt also, wir bringen gezielt den Absolventen mit dem erfahrenen Ingenieur zusammen, um den Erfahrungstransfer sicher zu stellen. Aber auch in der Fertigung, wird erfahrenen Facharbeitern ein Teil ihrer Kapazität und Zeit dafür zur Verfügung gestellt, Jungfacharbeiter oder Auszubildende zu betreuen, denen sie dann ihre Fertigkeiten vermitteln können. 59

Wann wurde Ihr Konzept entwickelt und gestartet? Zum Jahresende 2002 waren wir mit der Entwicklung des Konzepts soweit fertig, dass es starten konnte, so dass es jetzt etwa ein Jahr läuft. Haben sie denn in dieser Zeit schon Erfahrungswerte sammeln können, um zu prüfen ob das Konzept ältere Mitarbeiter greift? Es gibt Maßnahmen, die erkennbar angenommen werden, wie zum Beispiel der Gesundheits-Check oder die PC-Kurse u.s.w. Es ja auch nicht so, dass ein Mitarbeiter komplett alle Programmpunkte durchläuft, sondern jeder nach Interesse Schwerpunkte wählt. Wie kommt das Konzept bei den jüngeren Mitarbeitern an? Es könnte ja sein, dass diese Gruppe sich gegenüber den älteren nun benachteiligt fühlt. Es kommt auch bei den jüngeren an, denn die müssen sich ja vorstellen, dass sie auch einmal älter werden und es daher gut ist, wenn man dies in der Firma berücksichtigt. Wir haben in unserem Programm z.b. auch das Thema Eigenvorsorge für sein späteres Alter drin. Darüber ist das Konzept für uns auch ein Stück Imagebildung bei der eigenen Belegschaft. Geht diese Imagebildung auch nach außen Stichwort Reputationsmanagement? Vielleicht von der Seite aus, dass man es zwar zunächst nicht für die Öffentlichkeit entwickelt hat, aber nun feststellt, es greift aufgrund seiner sozialen Aspekte so gut, dass man es auch Instrument der Außendarstellung nutzen kann? Das tun wir sicherlich und es ist eines der Instrumente, mit dem wir das erste Mal eigentlich im Personalwesen breit in die Öffentlichkeit getreten sind. Die Resonanz, die wir darauf haben ist auch sehr gut. So haben wir mit unserem Konzept den Innovationspreis des Landes Rheinland-Pfalz 2002 gewonnen. Außerdem sind wir mit einem etwas weiter gefassten Thema für die Initiative des Bundeswirtschaftsministers Teamarbeit in Deutschland nominiert. Gibt es einen speziellen Ansprechpartner, einen internen Sponsor bzw. Initiator des Konzepts "ältere Arbeitnehmer"? Es wird im operativen Geschäft an die Personalreferenten delegiert. Ansprechpartner im Unternehmen ist Herr Zisgen, der gemeinsam mit dem Betriebsratsvorsitzenden das Konzept initiiert hat, wobei der Konzernvorstand von Anfang an hinter dem Programm stand. Man muss aber auch hervorheben, dass es unter sehr konstruktiver Begleitung des Betriebrates entstanden ist. 60

Joachim Kölpien und Armin Zisgen Wie werden die Arbeitnehmer eingesetzt im angestammten Beruf bzw. vergleichbarer Funktion, oder eher als Coach, Trainer etc? Sowohl als auch. Wenn eine Maßnahme den Verbleib am bisherigen Arbeitsplatz sicherstellt, dann wird dieser Weg vorgezogen. Auf der anderen Seite stellt sich natürlich immer wieder die Überlegung, gerade für die Leute aus dem gewerblichen Bereich, die in irgendeiner Form vielleicht beeinträchtigt sind, einen anderen Arbeitsplatz zu finden. Hier sind wir noch dabei auch in Diskussion mit dem Betriebsrat Arbeitsplätze zu identifizieren, auf denen die Mitarbeiter sinnvoll eingesetzt werden können. Und zwar ohne dass sie Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, was wir auch im Konzept niedergelegt haben. Ein gutes Beispiel sehen Sie gleich an unserem Empfangsbereich, in dem viele Fremdkräfte eingesetzt sind. Hier kann sich die Unternehmensleitung durchaus vorstellen, eigene Mitarbeiter einzusetzen, die erfahren sind, sich hier auskennen und auch ein entsprechendes Auftreten haben. Denn es ist klar, dass sie an die Pforte nicht mehr jeden hinsetzen können, da man hier gleich einen ersten Eindruck vom Unternehmen abgibt. Vorreiterin ist eine Dame am Empfang, die als Sekretärin bei uns gearbeitet hat und von sich aus ihre Stundenzahl reduzieren wollte sie kann Fremdsprachen, hat einen guten Auftritt und repräsentiert so hervorragend unser Unternehmen. Werden ältere Arbeitnehmer gezielt gesucht und neu eingestellt oder geht es nur darum, den eigenen Leuten eine Perspektive zu geben? Wir suchen nicht aktiv nach älteren Mitarbeitern von außen, aber es ist für uns überhaupt kein Thema mehr, selbst im Management, Leute einzustellen, die 50 Jahre oder älter sind. Aber das Programm als solches zielt zunächst einmal auf Mitarbeiter, die bei uns sind. Wie sieht KSB die Frage der Demographie wird nicht durch die EU-Ost-Erweiterung der Bedarf an jungen Leuten gedeckt, kostengünstig und mit aktueller Qualifikation, so dass der von der Politik projizierte Run auf ältere Arbeitnehmer ab 2008-2010 gar nicht einsetzt? Wenn es Leute sind, die vom Osten her kommen, um hier zu arbeiten, aber ihren Lebensmittelpunkt dort lassen, dann wird das nicht viel bringen. Denn die stärken eher die Volkswirtschaft im Osten als unsere eigene. Wir haben schon ein Problem in Deutschland: Die rückläufige Zahl an Beschäftigten. Angesichts über vier Millionen Arbeitslosen sieht das zwar kaum jemand, aber seriöse Prognosen sagen uns für das Jahr 2030 einen Arbeitskräftemangel in der Größenordnung der heutigen Arbeitslosenzahl voraus. Und die Experten sagen auch, dass sich das demographische Problem durch Zuzug nicht lösen lässt, weil die Herkunftsländer im Grunde genommen uns gegenüber keine so stark 61

veränderte Geburtenrate haben. Auch kann man dieser Entwicklung demographisch gesehen kurzfristig nicht gegensteuern, um den Beschäftigungsmarkt zu beeinflussen, da dies erst 2050 wirklich greifen würde. Zudem wäre ein völliges Umdenken in der Familienplanung erforderlich sowohl bei den Rahmenbedingungen des Staates als auch bei den Unternehmen. In unserem Unternehmen sind wir dabei, mit einem Pendant zum Programm Ältere Mitarbeiter, die Familienpolitik zu verändern, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stärker in den Vordergrund zu stellen. Wir glauben, dass wir als Unternehmen auch damit wieder vorne dabei sind und so einen Teil der kommenden Probleme abschöpfen. Sie kennen sicher das Stichwort War for talents. Ist dieses Antizipieren kommender Probleme auch ein Teil dieses so genannten Krieges um die besten Köpfe? Momentan haben wir diesen Krieg bei uns noch nicht. Aber wir haben auch Vorteile, die viele andere deutsche Unternehmen nicht haben. Wir sind sehr international aufgestellt, und bevor es zu einem War for Talents hier in Deutschland kommt, werden wir die Kapazitäten außerhalb Deutschlands stärker als heute nutzen. Ist das Konzept ältere Arbeitnehmer ein weltweites Konzept oder standortgebunden? Es ist ein deutschlandweites Konzept, weil hier das Problem der älteren Mitarbeiter durch den Personalabbau, der 1996, 1997 bei uns stattgefunden hat, ausschließlich Deutschland betrifft. In den Standorten um Deutschland herum haben wir deutlich jüngere Belegschaften. Ist denn das Konzept Ältere Mitarbeiter konjunkturabhängig? Das darf es eigentlich nicht sein. Die Frage ist natürlich berechtigt. Wir haben auch schon in Diskussionen erlebt, dass Kollegen eines angeschlagenen Unternehmens argumentierten, sie müssten jetzt schnell Leute entlassen, um das Unternehmen zu sichern. Vor dem Hintergrund gerade der Rentengesetzgebung müssen wir uns als Unternehmen Gedanken darüber machen, wie wir mit dieser Frage umgehen. Das kann gar nicht konjunkturabhängig im eigentlichen Sinne sein, wenngleich es immer zu Situationen kommen kann, in denen man auch verstärkt mit älteren Mitarbeitern hinsichtlich ihres Ruhestandes reden muss. Unser Programm ist auch vor dem Hintergrund entstanden, dass wir einen klaren Trend erkannt haben, nachdem die Leute mit 56 keine Lust mehr haben, zu arbeiten. Das ist das eine Extrem. Das andere Extrem wäre, dass sie bis 65 62

Joachim Kölpien und Armin Zisgen arbeiten wollten. Aber wir haben relativ wenig Mitarbeiter, die für sich persönlich gesehen bis 65 an Bord sein wollen. Daher sehen wir auch keinen Widerspruch zum Programm Ältere Arbeitnehmer, wenn wir sagen, wir nutzen die altersbedingte Fluktuation zum Personalabbau, denn wer bis 63 in Altersteilzeit gehen will, der kann das auch. Aber im Bereich zwischen 55 und 61 Jahren sind unsere erfahrensten Leute und die wollen wir völlig unabhängig von der Konjunktur an Bord behalten. Ansonsten begegnen wir Konjunkturzyklen im Rahmen der Personalplanung mit der Steuerung der Einstellungsquote. Spielen für Sie auch so genannte Wertemanagement-Aspekte ein Rolle, die davon ausgehen, dass zusätzlich zu finanziellen Anreizen auch wertebasierte Anreize, wie zum Beispiel die soziale Verantwortungsübernahme des Unternehmens von potenziellen Mitarbeitern berücksichtigt werden? Gerade auch Ihr Konzept Ältere Mitarbeiter ist ja auch auf lange Sicht angelegt und eröffnet Mitarbeitern die Perspektive, langfristig im Unternehmen bleiben zu dürfen. Wir haben schon ein Wertemanagement mit einer werteorientierten Personalpolitik. Als jüngstes Beispiel: Wir haben momentan einen Beschäftigungsüberhang in einer Größenordnung um die 500 Mitarbeiter. Jetzt könnte man sagen, wir machen einen Sozialplan und setzen diese Mitarbeiter nach und nach frei. Aber wir haben uns entschlossen, es anders zu machen und strecken nun diesen Prozess. Denn gerade in der jetzigen wirtschaftlich schwierigen Situation wollen wir Mitarbeiter, die zum Teil auch Familie haben, nicht einfach in die Ungewissheit entlassen. Wenn man das Stichwort Ältere Arbeitnehmer hört, denkt man sehr schnell an die sozialen Komponenten, die dahinter stehen, auch wenn es zunächst einmal darum ging, den Erfahrungsschatz im Unternehmen zu halten. Welche Rolle spielen gesellschaftliche und soziale Aspekte? Das sind mehrere Aspekte, die hier zusammenkommen und gleichgewichtig nebeneinander stehen. Wir sind als Unternehmen in dieser Gesellschaft verankert und wir haben überhaupt kein Interesse daran, dass es dem Standort Deutschland irgendwann einmal noch schlechter geht als heute. Was wir tun können als Unternehmen, tun wir sicherlich im Rahmen unserer wirtschaftlichen Aktivitäten. Wir sehen uns bewusst als Wirtschaftsunternehmen und haben nicht per se den Anspruch, etwa zu Lasten eines schlechteren Ergebnisses Sozialpolitik zu machen und evtl. staatliche Defizite auszugleichen. Aber im Rahmen unseres wirtschaftlichen Handelns ist es ganz klar so, dass wir da, wo wir können, Rücksicht auf die sozialen Belange unserer Mitarbeiter nehmen. 63

Wir haben zum Beispiel völlig gegen den Trend unsere Altersversorgungssysteme drastisch nach oben gefahren, weil wir nicht wollen, dass Mitarbeiter die hier viele Jahre gearbeitet haben wenn sie mit 65 oder 63 in Rente gehen, ihren eigenen Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren können. Denn im Moment ist ja die gesetzliche Altersvorsorge auch nicht so, dass sie die Einbußen durch das entfallene Gehalt ausgleichen würde. Denken Sie, dass Unternehmen künftig neben ihrer finanziellen Performance auch an sozialen Kriterien gemessen werden? Wir glauben schon, dass es eine Rolle spielt. Das ist genau das Thema: Reputation eines Unternehmens. Als schlechter Finanzmann kann man natürlich immer nur von einem Jahr zum anderen gucken. Man kann aber als strategisch orientierter Finanzmann auch einmal sagen, mich interessiert zwar das Ergebnis vom 31.12. diesen Jahres, aber mich interessiert auch, wo wir in zehn oder mehr Jahren stehen. Dies ist eine strategische Frage, eine Frage der Produkte, der Standorte, der Märkte usw. Aber es spielt letztendlich auch ein wichtige Rolle, zu überlegen: Welche Mitarbeiter haben wir in 10 Jahren? Im Rahmen einer absinkenden Zahl von Absolventen und um nicht auch in dieses Thema War for talents hineinzukommen, wo man über Geld die Leute motivieren muss, ins Unternehmen zu kommen ist es sicherlich richtig, schon heute eine Personalpolitik zu fahren, die es im Bewusstsein möglicher Bewerber und Kandidaten wertvoll macht, sich mehr mit diesem Unternehmen zu befassen, ohne auf die letzte Mark zu schauen. Sondern deshalb, weil sie sich sagen, hier hat man einen innovativen, interessanten und sicheren Arbeitsplatz in einem kulturellen Umfeld, in dem ich mir gut vorstellen kann, in Zukunft zu arbeiten. also geht es hauptsächlich um das strategische Element das ist genau der Punkt. Natürlich muss auch das Ergebnis stimmen, aber auch hinsichtlich der unterschiedlichen Zielgruppen. Für die Bewerber spielen sicherlich auch andere Kriterien als Finanzkennzahlen eine sehr wichtige Rolle. Von welchen Stellen oder Gruppen kommt denn die größte Resonanz auf ihr Konzept? Zum einen natürlich von den Mitarbeitern, für die wir das Konzept letztendlich gemacht haben. Wir sind aber auch überrascht über die positive Resonanz von außen. In den Medien ist eine sehr große Resonanz, auch in Institutionen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Was nun etwas im Kommen ist, ist das Interesse von Firmen selbst, denn da sind wir natürlich noch Vorreiter. Wir hatten z.b. gerade Besuch von einem prominenten ehemaligen Staatsbetrieb, der sich nun auch mit dem Thema befasst. 64

Dr. Henning Kreke Vorstandsvorsitzender der Douglas Holding AG, Hagen Dr. Henning Kreke ist seit 2001 Vorstandsvorsitzender der Douglas Holding AG, Hagen. Zuvor war er Vorstand für die Bereiche Mode, Immobilien und Investitionscontrolling. Seinem Einstieg bei Douglas gingen eine Einzelhandelsausbildung, ein Betriebswirtschaftsstudium in den USA sowie eine Tätigkeit bei der Investmentbank Salomon Brothers in New York, London und Frankfurt voraus. Die Douglas-Gruppe gehört zu den führenden europäischen Handelsunternehmen. Die Tochtergesellschaften sind leistungsfähige Einzelhandelsunternehmen, die in ihren Branchen zu den Marktführern und Trendsettern gehören. In über 1500 Fachgeschäften werden Produkte rund um Schönheit und Pflege (Parfümerien Douglas), Bücher (Thalia), Schmuck und Uhren (Juweliergeschäfte Christ), Mode (Appelrath-Cüpper, Pohland) sowie Süßwaren (Hussel) verkauft. Das Unternehmen setzt auf herausragenden Service, erstklassige Sortimente und ansprechendes Ambiente. www.douglas-holding.com Schwerpunkt: Lifestyle und Wohlgefühl durch ethisches Handeln Unternehmensethik ist der Überbegriff von Denkansätzen und Konzepten, die sich mit Fragen der Verantwortung von Unternehmen befassen, die über das traditionelle betriebswirtschaftliche Verständnis hinausgeht. Besonders aktuell sind zurzeit die Schlagworte CSR Corporate Social Responsibility oder Corporate Citizenship. Was bedeutet für Sie persönlich Unternehmensethik? Ich unterscheide zwischen einer externen und einer internen Unternehmensethik. Unter der externen Unternehmensethik verstehe ich, wie sich das 65