Beitrag: Kinder in der Werbefalle Süße Verführung



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Transkript:

Manuskript Beitrag: Kinder in der Werbefalle Süße Verführung Sendung vom 6. Oktober 2015 von Jörg Göbel und Julian Prahl Anmoderation: Achtung, der folgende Beitrag enthält Werbung! Eltern, achten Sie bitte auf ihre Kinder. Denn die sind eine äußerst lukrative Zielgruppe für die Lebensmittelindustrie. Die 6- bis 13-Jährigen verballern pro Jahr 2,5 Milliarden Euro Taschengeld gerne für Limo, Süßigkeiten, Kekse, Fastfood, und was es noch so an ungesundem Zeug gibt. Und: Kinder sind mit Marketing kinderleicht zu ködern. Das lohnt sich für die großen Konzerne, zum Schaden der kleinen Kunden. Jörg Göbel und Julian Prahl über Kinder in der Werbefalle. Text: Wenn Kinder einkaufen gehen: Cars. Das sind so sprechende Rennautos. Das sind Cars. Woher kennst Du die? Aus dem Fernsehen. Weil ich es schon mal geguckt habe. Weil es halt mein Kindheitstraum war, sozusagen auch ein Cars zu sein. So etwas würde ich mir auch kaufen.

O-Ton Emily: Die sind lustig. Die sind lustig? O-Ton Emily: Ja. Und woher kennst Du die? O-Ton Emily: Aus dem Fernsehen, also, aus der Werbung. Wenn wir schauen, was in Fernsehspots beworben wird, sind das natürlich Produkte, die wir als Kinderärzte nicht empfehlen würden. Es sind Produkte, die durch die Bank eigentlich zu süß, zu salzig und zu fett sind. Dauerbeschallung für unausgewogene Lebensmittel, zum Beispiel auf Super RTL im Kinderprogramm. Werbung wirkt. Werbung verändert das Verhalten von Kindern. Werbung führt dazu, dass die Präferenz, der Kaufwunsch, der Konsum von beworbenen Produkten, Speisen und Getränken steigt. Und viele Studien zeigen auch, dass mehr Werbung auch zu mehr Übergewicht und Adipositas führt. In Deutschland sind etwa 15 Prozent aller Kinder übergewichtig. Der Werbewelt zu widerstehen, gar nicht so einfach. Dieses Einkaufstraining soll Kindern und Eltern helfen. O-Ton Silke Hölzer, Ernährungsberaterin: 125 Gramm Zucker - in so einer Packung. Das ist der Hammer, oder? Dabei haben 2007 namhafte Lebensmittelhersteller den sogenannten EU Pledge vereinbart. Pledge heißt Versprechen. Das lautet: Wir werden unsere Lebensmittelwerbung für Kinder verändern. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft also, mit der alles besser werden sollte.

O-Ton Oliver Huizinga, foodwatch: Die Lebensmittelwirtschaft inszeniert sich, als wäre sie Teil der Lösung. Dabei ist sie Kern des Problems. Denn wir haben nachgewiesen mit unserer Studie, dass die Hersteller fast ausschließlich ungesunde Produkte gezielt an Kinder vermarkten und dass sie freiwillig mit ihrer Selbstverpflichtung mit diesem verantwortungslosen Verhalten auch nicht aufhört. Foodwatch hat 281 Lebensmittel für eine Studie identifiziert, für die extra Werbung für Kinder gemacht wird. Diese Lebensmittel haben die Verbraucherschützer mit den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO verglichen. Die hat Kriterien für Lebensmittel aufgestellt, die für eine Vermarktung an Kinder erfüllt sein sollten: maximal zehn Prozent Zucker in Joghurts, 15 Prozent Zucker in Frühstücksflocken oder nur 0,1 Gramm Salz in Snacks. Das ernüchternde Ergebnis der Foodwatch-Untersuchung: 90 Prozent der beworbenen Lebensmittel erfüllen die WHO- Empfehlungen nicht. O-Ton Oliver Huizinga, foodwatch: Die Unternehmen haben den EU Pledge ganz gezielt so ausgestaltet, dass an Kinder gerichtetes Marketing für ungesunde Produkte weitergehen kann. Es kann trotzdem mit Comics auf der Verpackung geworben werden. Frühstücksflocken dürfen bis zu 30 Prozent Zucker enthalten. All das führt dazu, dass diese Selbstverpflichtung wirkungslos ist. Die Hersteller bestreiten das. Außerdem würde die freiwillige Selbstverpflichtung nicht generell gelten. Werbung auf den Verpackungen etwa zähle nicht dazu. Die Unternehmen gehen davon aus, Zitat: dass Kaufentscheidungen bei Lebensmitteln von Eltern und nicht von Kindern getroffen werden Im Supermarkt sieht das ganz anders aus. O-Ton Christina Berndt, Mutter: Ich bin dann kaputt nach dem Einkauf. Mit Kindern zusammen dauert der Einkauf anderthalb Stunden, alleine 45 Minuten. O-Ton Jens Mertens, Vater: Und ich will hier haben, ich will da haben - und dann, ja aber. Die werden doch ziemlich oft angelockt von den bunten Bildern quasi.

Viele Hersteller setzen inzwischen auf eine besonders perfide Masche. Sie werben immer öfter mit den Comic-Helden der Kinder - auch in der Fernsehwerbung. Hinter dieser Glasfassade sitzt eine Firma, die im Hintergrund die Fäden zieht: Studio 100. Die Agentur hält die Lizenz zum Beispiel an Wickie und Biene Maja, die tauchen auf völlig unterschiedlichen Lebensmitteln auf. Die wenigsten erfüllen die WHO-Kriterien. Momentan werden allein in Deutschland 34 Produkte mit Wickieund Biene Maja-Motiv verkauft. In einer Selbstdarstellung schwadroniert Studio 100 davon, ethisch verantwortlich zu handeln. Doch weiter unten wird klar, worum es geht: verkaufen. Die Agentur wirbt mit 20 Millionen verkauften Biene-Maja- Produkten. O-Ton Tobias Effertz, Experte für Kindermarketing: Man kann zeigen, dass durch diese Übertragung eben dieser Comic-Charaktere oder Stars und Idole der Kinder aus dem Nicht-Lebensmittelbereich auf die Produkte des Lebensmittelbereiches eben hier eine Emotionalität transportiert wird, ein Image transportiert wird, was dazu führt, dass diese Lebensmittel dann plötzlich attraktiver für die Kinder sind und die die mal ausprobieren wollen oder deren Konsum intensivieren, wie auch immer, aber die Nachfrage deutlich erhöhen. Comic-Werbung für mehr Profit? Wir fragen nach bei Danone. Der Konzern lockt mit Disney-Figuren auf bunten Verpackungen. Danone geht auf den Vorwurf nicht ein. Teilt schriftlich mit, das Unternehmen halte sich an die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie. Wir müssen sicherlich Werbung an Kinder stärker einschränken, wenn uns die Zukunft unserer Kinder am Herzen liegt und wenn wir auch die Kosten, die durch die Adipositas-Epidemie entstehen, einschränken wollen. Das will auch die Verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Sie kritisiert: Deutschland sei für Lebensmittelhersteller ein Land mit fast unbegrenzten Möglichkeiten. O-Ton Nicole Maisch, B 90/GRÜNE, Verbraucherpolitische Sprecherin: In vielen anderen europäischen Staaten, in Großbritannien, in Dänemark, in Finnland müssen sie schon seit vielen Jahren Zucker reduzieren, Salz reduzieren, bestimmte ungesunde Fette reduzieren, da leben die auch damit, da leben die auch

mit viel stärkeren Einschränkungen ihrer Marketingmaßnahmen. Und hier in Deutschland tun auch die internationalen Unternehmen, die das in anderen Staaten in der Unternehmenspolitik schon lange implementiert haben, so, als hätten sie noch nie was vom Thema Übergewicht bei Kindern gehört. Der Bundesminister für Ernährung könnte Kinderwerbung einschränken oder verbieten. Doch Christian Schmidt lässt schriftlich mitteilen, Zitat: Verbote von Lebensmitteln oder Werbeverbote sind der falsche Weg Damit stellt sich Schmidt gegen viele Ärzte- und Patientenverbände. In einem Positionspapier fordern sie ein Verbot von Werbung, die sich an Kinder richtet. Diese Forderung findet in der Regierungskoalition kein Gehör - vor allem nicht bei CDU und CSU. Mit einer Ausnahme: Ausgerechnet der CDU-Gesundheitspolitiker Friedrich Monstadt fordert Gesetzesverschärfungen. Monstadt ist an Diabetes erkrankt. O-Ton Dietrich Monstadt, CDU, MdB: Ich glaube, dass die Selbstverpflichtung nicht ausreicht. Ich denke, auch wenn meine Partei vielleicht noch nicht so weit, ist, ich denke, dass wir vielleicht auch gesetzgeberisch, gerade im Kinderprogramm, diese Dinge aufgreifen müssen. Lebensmittelhersteller geben Millionen aus für Werbung, damit Kinder nicht widerstehen können. Ohne schärfere Gesetze wird das so bleiben. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.