Veränderte Lehrerrolle im Umgang mit individueller Förderung und Differenzierung



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Transkript:

Veränderte Lehrerrolle im Umgang mit individueller Förderung und Differenzierung Dr. Angela Kräft SSDL (BS) Karlsruhe

4 Bereiche der Individuellen Förderung Beziehungsgestaltung Pädagogische Diagnose Individuelle Förderung Unterrichtsgestaltung Rahmenbedingungen

Rollen von Lehrpersonen Beziehungsgestalter Diagnostiker Individuelle Förderung Unterrichtsgestalter Mitgestalter von Rahmenbedingungen

Beziehungsgestalter Kultur der Anerkennung Anerkennung erster Ordnung Anerkennung zweiter Ordnung Positive Einstellung gegenüber anderen Personen und positive Bewertung ihrer Eigenschaften und Leistungen

Die vier Arten von Zuwendung Anerkennung und Zurückweisung der Person (bedingungslos) und des Verhaltens (bedingt) bedingungslos Wie schön, dass Sie da sind! zulächeln Ich will Sie nicht mehr sehen! sich wegdrehen bedingt Das Plakat ist Ihnen gut gelungen! nicken bei richtiger Antwort Der Text enthält Fehler. den Kopf schütteln bei unpassendem Verhalten positiv: verbal nonverbal negativ: verbal nonverbal Vgl.G. Hennig/ G. Pelz, Transaktionsanalyse, Lehrbuch für Therapie und Beratung, Freiburg (Herder) 1997, S. 71-76

Anregung zur Selbstreflexion Denken Sie einmal über unterschiedliche Formen der Anerkennung nach, die Sie in den letzten Tagen erhalten haben: 1. Positive Strokes, die ich in den letzten Tagen anderen Menschen gegeben habe: 2. Negative Strokes, die ich in den letzten Tagen anderen Menschen gegeben habe: 3. Positive Strokes, die ich in den letzten Tagen bekommen habe: 4. Negative Strokes, die ich in den letzten Tagen bekommen habe: Bilanz: Anzahl bedingungsloser Strokes vs. Anzahl bedingter Strokes?

2 Ebenen: Beziehungsgestalter - Haltung und Einstellung der Lehrperson - Gestaltung der Beziehung mit Schülern und der Schüler untereinander Materialien: Handreichung: Beziehungsgestaltung als Instrument der individuellen Förderung (Fachberater für IF an den RPen)

http://www.fhnw.ch/ph/iwb/beratung/gesundheit/publikationen/harmo-nie

Umfrage: Wie hoch ist der Anteil der Unterrichtszeit, die Sie der Beziehungsgestaltung widmen? 10 % oder weniger = 25% - 30% = mehr als 30 % =

Diagnostiker Aufgaben der Pädagogischen Diagnostik (Ingenkamp, 2008): in die Diagnostik zur Verbesserung des Lernens (förderorientierte Lerndiagnostik) die Diagnostik zur Erteilung von Qualifikation (Selektionsdiagnostik)

Förderorientierte Diagnostik Selektionsdiagnostik aus: Buholzer/KummerWyss (2010). Alle gleich alle unterschiedlich! S. 98 Selektionsdiagnostik Förderdiagnostik Funktion der Diagnostik Dokumentation der Lernleistung = Grundlage für Selektionsentscheidung Methoden beim Diagnostizieren Verschiedene Formen der Leistungsmessung Individuelle Lernförderung, adaptiver Unterricht, Beratung Beobachtung, Lehr-Lern- Gespräch, Lernstandserfassung Form der Rückmeldung Zensuren oder Noten Rückmeldegespräch, Analyseergebnisse, Reflexion Folgen Langfristig in Bezug auf die Schullaufbahn Kurzfristig in Bezug auf den anschl. Unterricht

Förderorientierte Diagnostik -Ressourcen erkennen aus: Buholzer/KummerWyss (2010). Alle gleich alle unterschiedlich! S. 100 Für die Lehrkraft Was kann der Schüler/die Schülerin gut? Wo ist er/sie besser geworden? Was sollte sich bei ihm /ihr nicht ändern? Welche Ressourcen sehe ich beim Elternhaus, in der Klasse, im Kollegium? Welche Personen sind ebenfalls an einer Änderung interessiert? Für den Schüler/die Schülerin Welche Eigenschaften besitze ich, die ich als positiv beurteile? Welches sind meine Stärken? Welche Interventionen habe ich zur Lösung der Problemsituation unternommen? Welche Interventionen haben zum Erfolg geführt? In welchen Situationen/Settings arbeite ich besonders gut? In welchen ähnlichen Fällen habe ich bereits Erfolge erzielt

Förderorientierte Diagnostik -Ressourcen erkennen aus: Dr. Angela Kräft, Judith Wolber (2011) Erfolgreich Starten an der MHS Trainingsprogramm zur Steigerung der Selbstkompetenz von Schüler in der beruflichen Schule Stärken-Analyse: Übung 3: Deine Stärken Schreibe alles auf, worin du gut bist und wo deine Stärken liegen. Beispiele: Teamarbeit, Kommunikation, Organisation, Erledigung von Aufgaben

Die SOFT-Analyse Gegenwart S Zukunft O Darauf bin ich stolz. Das sind meine Möglichkeiten. Das sind meine Stärken. Das sollte ich nutzen. F T Hier gibt es bei mir Probleme. Da muss ich vorsichtig sein. Das behindert mein Lernen. Hier lauern Gefahren. S = Satisfactions (Stärken für die Weiterentwicklung) O = Opportunities (Chancen) F = Faults (Probleme und Defizite) T = Threats (Gefahren)

Förderorientierte Diagnostik - Einschätzung der individuellen Lernentwicklung der Schüler Rückmeldung i. S. einer formativen Evaluation (Hattie 2009) Self-Verbalisation/Self-Questioning 0.64 Metakognitive Strategien 0.69 Verteiltes vs. Massiertes Lernen 0.71 Lehrkraft-Schüler-Verhältnis 0.72 Feedback 0.73 Reziprokes Lernen 0.74 Klarheit der Instruktion 0.75 Akzelerationsprogramme 0.88 Formative Bewertung 0.90

Förderorientierte Diagnostik Lehrerrolle Im Rahmen von Individueller Förderung sind Lehrpersonen Diagnostiker im Sinne einer förderorientierten Diagnostik aber darüber hinaus: Coach Berater Lernbegleiter Instrumente: Ich-Kann-Listen, Kompetenzraster, Portfolios Rückmeldung zur persönlichen Lernentwicklung der Schüler Individueller Entwicklungsplan

Rollen von Lehrpersonen Beziehungsgestalter Diagnostiker, Coach, Berater Individuelle Förderung Unterrichtsgestalter Mitgestalter von Rahmenbedingungen

Umfrage: Wie hoch ist der Anteil der Unterrichtszeit für Diagnose, Coaching, Beratung? 10 % oder weniger = 25% - 30% = mehr als 30 % = Wie hoch sollte der Anteil im Rahmen von individueller Förderung sein?

Unterrichtsgestalter (Didaktiker) Der Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern ist dann am größten, wenn eine hohe Ausprägung der diagnostischen Kompetenz mit einer hohen Ausprägung der didaktischen Kompetenz zusammenfällt (z.b. Klarheit und Verständlichkeit, Strukturierung, Klassenführung, Darstellen und Erklären). Buholzer (2010), S. 103

Differenzierung nach Leistungsvermögen eher Fremdeinschätzung nach Neigung eher Selbsteinschätzung Methode Lernzielinhalt Lernzielniveau Zeitbedarf Zeitpunkt Äußere Differenzierung (Trennung von Lerngruppen) Innere Differenzierung (im Klassenraum) Wahl- und Freifachkurse Stütz-, Förder und Niveaugruppen Soziale Lehrformen: Lernpartnerschaft Altersdiff. LG Gruppenpuzzle Eigenständiges Lernen: Werkstattunterricht, Wochenplan, Strategien, Transfer (in Anlehnung an Strittmatter, 1999)

Unterrichtsgestalter (Didaktiker) Differenzierung im Unterricht: - Forschung zu ATI (Aptitude-Treatment-Interaction): - Schüler mit defizitärem Vorkenntnisniveau, Wissenslücken und geringerer Sprachkompetenz sprechen besser auf einen Unterricht an, der ihre noch nicht voll entwickelte eigene kognitive Struktur durch entsprechende Unterrichtsangebote ersetzt bzw. unterstützt (Weinert & Helmke, 1987a). - Formen des offenen Unterrichts, die den Lernern viel Freiheit lassen, wenige Vorgaben machen und kaum Rückmeldungen vorsehen, sind für diese Schülergruppe kontraindiziert; Schüler mit günstigen Lernvoraussetzungen können dagegen von einem derartigen Unterricht profitieren (Helmke, 2009, S. 248-249).

Differenzierung nach Sozialform und Methode Tafel

Rollen von Lehrpersonen Beziehungsgestalter Diagnostiker, Coach, Berater Individuelle Förderung Unterrichtsgestalter Mitgestalter von Rahmenbedingungen