3. Versuch Durchführung Seite G - 6 Invertierender (nichtinvertierender) Schmitt-Trigger und Speicheroszilloskop Prof. Dr. R. Schulz Vorbemerkung: Betreibt man einen Operationsverstärker ohne Gegenkopplung, so erhält man einen Komparator (Abbildung 13). Wegen der sehr hohen Differenzverstärkung A D (idealer Operationsverstärker A D ) eignet sich diese Schaltung zum Vergleich der Eingangsspannung U 1 und U 2. Man erhält eine Übertragungskennlinie gemäß Abbildung 14. G - 1
Für U 1 gleich U 2 springt U a von U a max auf U a min oder umgekehrt. Der Komparator befindet sich praktisch in einem instabilen Zustand. Für die anderen Betriebszustände gilt entsprechend: U a = {U a max für U 1 U 2 U a min für U 1 U 26 Ein spezieller Komparator, bei dem die Ein- und Ausschaltpegel nicht zusammenfallen, sondern um die sogenannte Schalthysterese U e auseinanderliegen, wird Schmitt-Trigger genannt. Schmitt-Trigger werden beispielsweise als Rechteckumformer zur Umwandlung eines sinusförmigen Eingangssignals in ein rechteckförmiges Ausgangssignal verwendet. Man kann sie auch zur Abtrennung des Rauschanteils eines Digitalsignales verwenden. Je nach Ausgangsspannung als Funktion der Eingangsspannung spricht man von einem invertierenden oder nichtinvertierenden Schmitt-Trigger. A) Invertierender Schmitt-Trigger (siehe Abbildung 15) Die Übertragungskennlinie des invertierenden Schmitt-Triggers ist in Abbildung 16 dargestellt. G - 2
Die Übertragungskennlinie wird dadurch realisiert, daß ein Komparator, gemäß Abbildung 13, über einen Spannungsteiler R1, R2 mitgekoppelt wird. Die Funktionsweise der Schaltung läßt sich einfach durch folgende Überlegung verstehen: Wird die Eingangsspannung U e genügend negativ, so erhält man U a gleich U a max. Am positiven Eingang des Operationsverstärkers tritt folgende Spannung auf: U p R 1 R 2 U a max U a max wird dabei vom Typ des Operationsverstärkers und von der Versorgungsspannung V bestimmt. Bei V = ± 15 V liegt U a max bei ca. 14 V. Wird jetzt U e > U p, so springt die Ausgangsspannung von U a max auf U a min. Die Spannung U a min liegt entsprechend bei ca. -14 V. Zusammenfassend erhält man also: Einschaltpegel: U e ein R 1 R 2 U a min Ausschaltpegel: U e aus R 1 R 2 U a max Schalthysterese: U e R 1 R 2 U a max U a min B) Nichtinvertierender Schmitt- Trigger Legt man das Eingangssignal auf den Fußpunkt des Spannungsteilers und den negativen Eingang des Operationsverstärkers auf Masse, so erhält man den nichtinvertierenden Schmitt-Trigger (siehe Abb. 17). G - 3
Die Übertragungkennlinie des nichtinvertierende Schmitt-Triggers ist in Abbildung 18 dargestellt. Die Funktion dieser Schaltung erhält man wieder einfach durch folgende Überlegung: Legt man eine genügend große positive Spannung U e an, so wird die Ausgangsspannung U a gleich U a max. Reduziert man jetzt die Eingangsspannung U e, so passiert solange nichts, bis U p = 0 V ist. Die Eingangsspannung hat dann den Wert: U e = R 1 R 2 U a max (Dies folgt aus der Maschenregel.) Die Ausgangsspannung springt jetzt auf den Wert U a =U amin. Wird jetzt die Eingangsspannung U e wieder vergrößert, so springt die Ausgangsspannung entsprechend den vorangegangenen Überlegungen bei: U e = R 1 R 2 U a min auf den Wert U a = U a max Zusammenfassend erhält man also: Einschaltpegel: U e ein = R 1 U R a min 2 Ausschaltpegel: U e aus = R 1 U R a max 2 G - 4
Schalthysterese: U e R 2 U a max U a min Mit Hilfe einer Schmitt-Trigger Schaltung kann man noch leicht eine wichtige Kenngröße des Operationsverstärkers, nämlich die sogenannte Anstiegsrate (Slew Rate) bestimmen. Sie ist definiert zu: du a t dt Aus ihr ergibt sich eine obere Frequenzgrenze für sinusförmige Aussteuerung eines Verstärkers. Will man beispielsweise am Ausgang eines Verstärkers die Spannung: max U a t =U a o sin t so erhält man für die Größe du a t dt max => du a t dt max = U a o mit =2 f m Daraus erhält man eine maximale Frequenz f m als Funktion der Ausgangsspannung U a (t) bei der noch keine Verzerrungen auftreten. f m ergibt sich zu: f m = du a t dt max 2 U a o Das Oszilloskop im Speicherbetrieb Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, verwenden wir hier im Praktikum sogenannte Speicher-Oszilloskope. Im Rahmen dieses Versuches sollen Sie sich mit dieser Betriebsart der Oszilloskope vertraut machen. Dabei wird der Kurvenzug, der bei der Auslenkung des Elektronenstrahls auf dem Bildschirm entsteht, in einzelne Punkte zerlegt und diese Information in einem digitalen Speicher (RAM) eingespeichert. Im folgenden wird das Speicherprinzip kurz erläutert. Es ist bei allen Speicheroszilloskopen gleich oder zumindest sehr ähnlich. Hochwertige Geräte zeichnen sich nur durch höhere Auflösung und kürzere Wandlerzeiten aus. Die Vertikalauslenkung bei den Oszilloskopen des Praktikums beträgt 9 cm von denen 8 cm im Bildschirmraster liegen. Diese 9 cm werden auf 256 Punkte aufgeteilt. Man erhält also eine Punktdichte von 28 Punkten/cm. Um diese 256 verschiedenen Punkte zu unterscheiden benötigt man ein Binärwort von 8 Bit, da 2 8 = 256 ist. G - 5
Die Horizontalauslenkung beträgt 10 cm. Diese 10 cm werden auf 2048 Punkte aufgeteilt (Speichertiefe 2 k). Man erhält also eine Punktdichte von 204 Punkten/cm. Zur Unterscheidung benötigt man jetzt ein Binärwort von 11 Bit, da 2 11 =2048 ist. Dem gesamten Bildschirm ist also ein Raster von 28 * 204 = 5712 Punkten/cm2 unterlegt. Ein eingebauter schneller A-D-Wandler (Analog-Digital-Wandler) wandelt die gemessenen Spannungen in ein 8 Bit Wort um und speichert dieses in einem RAM. Bei der nächsten A-D-Wandlung wird automatisch die RAM Adresse um eins erhöht. Die kürzeste Zeit zwischen 2 A-D-Wandlungen beträgt 50 ns. Wird die Zeitbasis auf größere Ablenkzeiten z. B. 1s/cm eingestellt, so beträgt die Zeit zwischen 2 A-D-Wandlungen 1s/cm: 204 Punkte/cm = 4,9ms. Versuchsdurchführung a) Schmitt- Trigger Bauen Sie einen invertierenden Schmitt-Trigger mit R 1 = 47 k und einer Schalthysterese von U e = 5 V auf. An diesem Schrnitt-Trigger soll nun eine sinusförmige Spannung U e =U 0 sin t mit U o = 10 V und f = 1 khz angelegt werden. Stellen Sie jetzt sowohl die Eingangsspannung U e als auch die Ausgangsspannung U a auf dem Oszilloskop dar. Bestimmen Sie damit experimentell die Schaltpunkte des Triggers aus den Schnittpunkten der Ein- und Ausgangsspannung. Sie können auch die Schalthysterese direkt darstellen. Schalten Sie dazu das Oszilloskop in den X- Y -Mode und geben die Eingangsspannungen U e auf die x-achse und die Ausgangsspannung U a auf die y-achse. Man erhält jetzt eine Darstellung der Übertragungskennlinie gemäß Abbildung 16. Diese Darstellung erhalten Sie automatisch, wenn Sie das gemessene Oszillogramm auf den PC übertragen (LAB-VlEW Versuch 3). Gehen Sie zurück in die Zeitdarstellung ( U e (t); U a (t) ). Messen Sie jetzt an einer der beiden Triggerschaltungen die Anstiegszeit der Ausgangsspannung des Operationsverstärkers. Dazu muß das Oszilloskop auf eine Flanke der Ausgangsspannung getriggert werden. Durch das Einstellen entsprechend kurzer Ablenkzeiten (0,2µs/cm) kann die Anstiegszeit am Bildschirm abgelesen werden. Berechnen Sie daraus die Anstiegsrate (Steigung) (engl. slew rate) in V/µs der Ausgangsspannung des Operationsverstärkers. b) Speicheroszilloskop Messen Sie an einer Schmitt-Triggerschaltung f = 1 khz die Ausgangskurve und schalten dabei den Druckknopf STOR ON ein. Damit befindet man sich im Speicherbetrieb. Durch drücken der Taste HOLD wird das eingelesene Bild festgehalten, auch wenn man das Eingangssignal wegnimmt. Wichtig für die korrekte Darstellung eines Signals im Speicherbetrieb ist das Verhältnis G - 6
von Abtastrate (Abtastungen/Zeit) zur Signalfrequenz. Hier gilt das Nyquist-Theorem, das besagt, dass man für die höchste vorkommende Frequenz in einem Signal mindestens 2 Abtastungen pro Periodendauer braucht, um eine korrekte Signalwiedergabe zu erhalten. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so kann auf dem Bildschirm eine wesentlich niedrigere Frequenz dargestellt werden, als tatsächlich vorhanden ist (Aliasing-Effekt). Um diesen Effekt zu demonstrieren, schließen Sie das Oszilloskop direkt an den Generator an und stellen die Frequenz f= 10 Hz (Rechteck) ein. Gehen Sie mit der Ablenkrate auf 0,1 s/cm und Speicherbetrieb. Man erkennt jetzt klar die Rechteckkurve. Für eine Periode (Periodendauer 0,1 s) erhält man ca. 200 Abtastpurikte. Bei einer Steigerung der Frequenz auf einige 100 Hz kann man die einzelnen Rechteckkurven nicht mehr optisch auflösen und man erhält ein einheitlich leuchtendes Band. Bei der eingestellten Ablenkrate beträgt die Zeit zwischen 2 Abtastungen 0,1 s/cm: 200 Punkte/cm = 0,5 ms. Gemäß dem Nyquist- Theorem erhält man damit eine maximal darstellbare Frequenz von 1 khz. Bis zu dieser Frequenz treten auch keine besonderen Effekte am Bildschirm auf. Erst bei einer Frequenz von ca. 1,9 khz wird am Bildschirm die dargestellte Frequenz wieder niedriger. Sie kann theoretisch bis auf f = 0 absinken. Jedoch bei geringfügig höheren und niedrigeren Frequenzen ist die dargestellte Frequenz wieder höher. Das Nyquist-Kriterium ist jetzt nicht mehr erfüllt. Die dargestellte Frequenz ist wesentlich niedriger als die tatsächlich vorhandene. Bei allen abtastenden Messverfahren ist dies immer zu beachten. Andererseits kann man sich diesen Effekt auch zunutze machen, um sehr hohe Frequenzen (Gigahertz Bereich) durch Abtastung als wesentlich niedrigere Frequenz auf einem Bildschirm darzustellen. Man nutzt diese technisch in sogenannten Sampling- Oszilloskopen aus. (Literatur z.b. Roland Best "Handbuch der analogen und digitalen Filterung AT Verlag.) G - 7
Bildschirmsdarstellung des Schmitt-Trigger-Versuches: Auswertung: Drucken Sie die gemessenen Oszillogramme für die Ein- und Ausgangsspannung des invertierenden und nichtinvertierenden Schmitt- Triggers mit dem Computer aus. Geben Sie dazu die jeweilige Schaltung mit den entsprechenden Widerstandswerten an. Welche Schalthysterese erhält man beim nichtinvertierenden Trigger? Berechnen Sie aus der gemessenen Anstiegszeit die maximal mögliche Frequenz, die noch verzerrungsfrei bei einer Ausgangsspannung von U a o = 10 V bzw. 3 V übertragen G - 8
werden kann. Nehmen Sie an, ein einstufiger Verstärker (Versuch 1) hat die Verstärkung A = 10. Welche Grenzfrequenz ergibt sich damit für den Verstärker, bei einer angenommenen Transitfrequenz von f t = 3 MHz? Welche der beiden Grenzfrequenzen ist bei einer Ausgangsspannung von U a o = 10 V für den Verstärker maßgebend? (Kurze Begründung.) G - 9