Bericht BA PLUS J.G., Universidad de Granada, Praktikum an der Universidad de Salamanca, 2014/15 Ich habe vor meiner Entscheidung, nach Spanien zu gehen, lange mit mir gerungen. Mein Spanisch war ganz passabel, aber nicht herausragend, und ich fürchtete, in Spanien schlecht zurechtzukommen. Schließlich gab ich mir aber doch einen Ruck und bewarb mich auf einen Bachelor Plus mit Auslandssemester und Praktikum und wurde tatsächlich für Granada angenommen. Meine größte Angst vor der Abreise war, in Granada keine Wohnung zu finden. Glücklicherweise hatte mir die Universidad Granada einen Buddy zugeteilt, die mir einige Facebook-Gruppen empfahl, in denen Wohnungen angeboten werden. Daher hatte ich die Möglichkeit, bereits von zu Hause aus nach Angeboten zu schauen und habe auch ein gutes, günstiges und ziemlich zentrales Zimmer gefunden. Nach einem Skype-Gespräch mit meiner neuen Mitbewohnerin, die dort ebenfalls traducción studiert, war ich in der Hinsicht beruhigt, denn alles klappte sehr unkompliziert und es war mir auch möglich, ein flüssiges Gespräch mit ihr zu führen. Die Angst, dass mein Spanisch nicht gut genug sein würde, war nämlich ebenfalls sehr groß. Im Nachhinein habe ich mich geärgert, die Wohnung so voreilig organisiert zu haben. Viele meiner neuen Freunde und Freundinnen waren nämlich einfach nach Granada gekommen, hatten dort ein paar Nächte in einem hostal gewohnt und sich die Wohnungen und Menschen vor Ort angeschaut, und wirklich jeder von ihnen hat auch so ein Zimmer gefunden, ganz egal wie gut deren Spanisch war. Ich wünschte, ich wäre ebenfalls etwas lockerer an die Wohnungssuche herangegangen. Nichtsdestotrotz war ich mit meiner Wohnung sehr zufrieden und meine neue Mitbewohnerin holte mich sogar an der estación de autobuses ab, die etwas außerhalb liegt, damit ich mich nicht in der neuen Stadt mit meinem Koffer verirre. Sie half mir auch bei der Erstellung meines Stundenplans, was wirklich nett von ihr war, da ich zu dieser Zeit bereits kaum mehr Kontakt zu meinem Buddy hatte. Wir hatten uns zwar mehrmals vorgenommen, uns mit ihren
anderen beiden Schützlingen aus Kanada und Italien zusammen auf einen Kaffee zu treffen oder sogar ein Sprachtandem zu machen, aber dazu ist es leider nie gekommen. Die Erstellung des Stundenplans war extrem kompliziert. Es gab zwar eine Einführungsveranstaltung, in der uns das theoretisch erklärt wurde, aber in der Praxis war es dann nochmal um einiges schwieriger. Ich brauchte sehr lang, um mir einen kompletten Stundenplan zusammenzustellen, da ich mir unter der Kursbezeichnung oft wenig vorstellen konnte und auch viele Wörter nicht kannte. Als ich schließlich fertig war, musste ich den Plan in der Studienberatung teilweise noch einmal umwerfen, weil es einige Kurse nur im Sommersemester gab. Es ist auf jeden Fall wichtig, zumindest einmal in die Kurse reinzuschauen, bevor man sie fest belegt, da die Dozenten das gleiche Fach oft sehr unterschiedlich angehen und man in einem Kurs vielleicht eine Klausur schreiben muss, während es im Parallelkurs auf Gruppenarbeit und Präsentationen ankommt. Natürlich gab es Dozenten, mit denen ich hervorragend klargekommen bin und andere, mit denen ich nicht so gut harmoniert habe, aber das und der Schwierigkeitsgrad der Kurse haben sich die Waage gehalten. So war zum Beispiel der Spanischkurs für Erstsemester extrem schwer, aber dafür konnte ich beim Fachübersetzen Spanisch-Deutsch durchatmen und meinen spanischen Kommilitonen unter die Arme greifen. Generell ließ die Organisation der Fakultät leider etwas zu wünschen übrig. Oft waren wir nicht ausreichend darüber informiert, wie wir als ausländische Studierende vorzugehen hatten. Dies zeigte sich vor allem in der Anfangsphase, in der wir die Stundenpläne entwerfen und uns einschreiben mussten. Schon die Internetpräsenz der Fakultät ist sehr unübersichtlich organisiert und es ist gerade für nicht-muttersprachler schwer, dort gezielt nach Informationen zu suchen. Außerdem werden für die Organisation und Verteilung der Materialien je nach Dozent drei verschiedene moodle-ähnliche Plattformen verwendet, in die man sich erst einmal einarbeiten muss. Oft wissen auch die Dozenten nicht genau Bescheid. Granada an sich ist eine unfassbar tolle und vielseitige Stadt, wo es wirklich immer etwas zu entdecken und erleben gibt. Man muss nur etwas aufpassen, auch tatsächlich Kontakt zu Spaniern zu knüpfen, da es wirklich unfassbar viele Erasmus-Studenten gibt, bei denen man natürlich auch sehr schnell Anschluss findet. Die Übersetzer-Fakultät liegt glücklicherweise in der Innenstadt und nicht außerhalb, sodass man wirklich mitten im Geschehen ist und schnell überall hinkommt.
Anfangs fiel mir vor allem der neue Tagesrhythmus schwer. Die Kurse gehen theoretisch komplette zwei Stunden lang und finden auch zwei Mal die Woche statt. Das erfordert viel Konzentration und Disziplin unter der Woche, da man nicht immer das Wochenende Zeit hat, um die Hausaufgaben zu bearbeiten, sondern sie oft beispielsweise schon von Dienstag auf Donnerstag parat haben muss. Glücklicherweise hatte ich mittwochs frei und konnte mir die Arbeit so gut einteilen. Aber auch an das neue Arbeitspensum habe ich mich gewöhnt, dabei geholfen hat mir vor allem die siesta von 14 bis 16 Uhr, in der ich immer nach Hause gegangen bin, um mir etwas zu kochen und mich auszuruhen. Alles in Allem gewöhnt man sich tatsächlich recht schnell an den neuen Rhythmus, vor allem auch was Mahlzeiten angeht Abendessen gibt es nämlich in der Regel nicht vor 22 Uhr und oft auch erst gegen Mitternacht. Die Monate in Granada vergingen wie im Flug, ich lernte jeden Tag neue Leute kennen und reiste viel, wir fuhren nach Sevilla, Córdoba, Madrid, Cádiz, Ronda, Lissabon und in die Sierra Nevada. Ich achtete immer darauf, nicht so viel mit Erasmus-Studenten zu machen, von denen es in Granada wirklich enorm viele gibt, sondern eher mit Spaniern, die ich darum bat mein Spanisch immer zu korrigieren, damit ich weiter lernen konnte. Vor allem bezüglich der Vergangenheits-Zeitformen und des subjuntivo habe ich so eine Menge dazu gelernt und ich wurde immer sicherer, lockerer und selbstbewusster im Umgang mit der Sprache. Der Kontakt zu meiner Mitbewohnerin wurde nach kurzer Zeit leider immer knapper, da es sich herausstellte, dass wir oberflächlich zwar ganz gut miteinander klarkamen, persönlich aber leider nicht viel gemeinsam hatten. Auch in Bezug auf die Sauberkeit der Wohnung und die Freizeitgestaltung kam es leider immer wieder zu Streitereien, sodass wir letztendlich nicht mehr viel miteinander zu tun hatten. Ich hatte mich in der Zwischenzeit aber schon etwas mit Spaniern aus der Uni angefreundet, sodass ich trotzdem den Anschluss nicht verlor. Mit der Suche nach den Praktika sollte man möglichst früh beginnen, zumindest sollte man sich schon kurz nach der Ankunft Gedanken darüber machen, wo man das Praktikum absolvieren will, einen geeigneten Lebenslauf auf Deutsch und Spanisch vorbereiten und sich schon früh nach interessanten Stellen umschauen. Wenn man zum Beispiel bei einer großen Firma wie BOSCH arbeiten will, sollte man den Kontakt möglichst früh aufnehmen, da sonst durch die Weihnachtsferien oder ähnliche Umstände viel Zeit vergehen kann. In meinem Fall war der entsprechende Posten leider schon besetzt. Durch die Vermittlung der Bachelor Plus- Koordinatorin in Heidelberg fand ich aber schließlich einen Praktikumsplatz an der Universität in Salamanca, wo ich Anfang März meine Stelle antrat.
Da ich in Bezug auf meine Spanischkenntnisse bereits viel selbstbewusster geworden war, beschloss ich, einfach mit all meinem Gepäck nach Salamanca zu fahren und mir vor Ort ein Zimmer zu suchen. Ich lebte also einige Tage in einem hostal und sah mir die Wohnungen und Menschen direkt an. Die Wohnungssuche lief erstaunlich gut, da es in Salamanca sehr viele freie Zimmer für Studenten gibt, die gar nicht alle belegt werden. Ich fand schließlich ein Zimmer in einer Wohnung in der Gran Vía, wo ich mit zwei Spaniern zusammen wohnte, die mich sofort in ihren Freundeskreis integrierten und mit denen sich im Laufe der Zeit eine großartige Freundschaft entwickelt hat. Dadurch war es mir in Salamanca auch möglich, deutlich mehr Kontakte zu Spaniern zu knüpfen als in Granada, wo ich im Verhältnis mehr mit Erasmus-Studenten unternommen habe. Das Praktikum an der Universität war sehr spannend und lehrreich. Zusammen mit einer anderen deutschen Studentin von der Universität Leipzig habe ich Marian Recio assistiert, die Deutsch- und Übersetzungskurse an der Facultad de traducción y documentación gibt. Wir halfen ihr bei der Organisation der Stunden eines Masterkurses und eines Bachelorkurses, bei dem wir im Wechsel einen Teil der Stunde übernahmen und verschiedene grammatikalische oder kulturelle Themen und Problematiken mit den Studenten bearbeiteten. Außerdem organisierten und leiteten wir einen Kommunikationskurs, der eine Ergänzung zum Unterricht einer anderen Dozentin darstellte, und in dem wir mit den Studenten über die im Kurs besprochenen Themen diskutierten und verschiedene Aufgaben bearbeiteten. Die Zusammenarbeit mit den Studenten war meistens sehr entspannt, da viele von ihnen bereits selbst einen Erasmus-Aufenthalt in Deutschland gemacht hatten und sich sehr für die deutsche Sprache und Kultur interessierten. Besonders herausfordernd und spannend fand ich die Organisation und Mitarbeit am 5. STIAL (Simposio de Traducción e Interpretación del/al alemán) vom 08. bis 10. April 2015, bei dem sich viele Dozenten, Übersetzer und Dolmetscher in Salamanca zusammenfanden und Vorträge zu den verschiedensten Themen, die im Zusammenhang mit Übersetzung stehen, gehalten wurden. Wir trugen zu einem reibungslosen Ablauf bei, indem wir im Vorhinein alles Notwendige vorbereiteten und während des Kongresses hinter den Kulissen dafür sorgten, dass alles reibungslos ablief. Bei der Betreuung der einzelnen Präsentationen hatte ich die Möglichkeit, einige interessante Vorträge mit anzuhören, was mir eine neue Perspektive auf die Vielseitigkeit des Übersetzerberufes ermöglichte. Dieser Einblick wurde noch einmal verstärkt, da uns nach dem Kongress die Aufgabe anvertraut wurde, die dazugehörigen schriftlichen Ausarbeitungen auf Inhalts- und Formfehler Korrektur zu lesen.
Zum Schluss bleibt mir nur noch zu sagen, dass dieses Jahr einfach unfassbar großartig war und mich sowohl in meiner persönlichen, als auch in meiner akademischen Entwicklung enorm vorangebracht hat. Ich bin sehr froh darüber, ins Ausland gegangen zu sein und empfehle es uneingeschränkt jedem (Sprach-)Studenten, mal die Perspektive zu wechseln und aktiv in andere Kulturen einzutauchen. Vor allem das Praktikum war eine tolle Erfahrung, bei der ich sehr viel über Deutsch und Spanisch gelernt habe. Ich möchte mich außerdem für die Unterstützung der Bachelor Plus Koordinatorin in Heidelberg bedanken, die mir bei Fragen immer schnell und freundlich zur Seite stand und mir auch bei der Vermittlung des Praktikumsplatzes sehr geholfen hat.